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Sind sie im bilde 1?

N a d j a: Kennen Sie Moskau?

H e г t a: Ein wenig. Aus Zeitungen und Berichten von Freunden und Bekannten.

K u r t: Wir haben auch eine Karte von Moskau studiert, sind aber noch nicht ganz im Bilde.

N a d j a: Danke — für das «Bild». «Ich bin im Bilde» — Nummer 506! Nochmals vielen Dank!

H e r t a: Keine Ursache. Sie helfen uns, und wir werden uns bemühen, Ihnen zu helfen.

K u r t: Herta, du mußt sagen: Wir werden uns alle Mühe geben 2, wir werden alle Hebel in Bewegung setzen 3, um Ihnen behilflich zu sein 4.

N a d j a: Sie meinen das wohl ironisch, Herr Bruck?

K u r t: Keine Spur 5, Fräulein Nadja!

H e r t a: Genug, Kinder, los! Wir sehen uns zuerst einmal Ihre Hauptgeschäftsstraße an — die Gorkistraße. Aber wie gelangen wir dorthin?

N a d j a: Auf Schusters Rappen 6.

K u r t: Wa-a-as? Das ist ja allerhand! 7 Und wissen Sie auch, was der Ausdruck bedeutet?

N a d j a: Zu Fuß. Aber warum eigentlich? Ein Rappen ist ein schwarzes Pferd, und ein Schuster ist dasselbe wie ein Schuhmacher. Wie soll man das verstehen?

Н e r t a: Schwarze Schuhe nennt man die «Rappen des Schusters».

N a d j a: Ach so! Es ist also eine Metapher. Sehr interessant! Jetzt bin ich im Bilde.

Die gorkistrAßE auf und ab 8

Dieses Gespräch fand auf dem Swerdlowplatz statt. Herta und Kurt hatten ihre Kameras (Fotoapparate) mitgenommen. Sie fotografierten alles, was ihnen gefiel. Nadja gab die nötigen Erklärungen. Sie gingen die Gorkistraße hinauf.

‑‑‑‑‑‑‑‑‑‑

1 im Bilde sein — быть в курсе дела, быть информированным

2 sich alle Mühe geben — прилагать все усилия

3 alle Hebel in Bewegung setzen — нажать на все кнопки

4 jemandem behilflich sein — помогать кому-либо

5 Keine Spur! — Ничего подобного!

6 auf Schusters Rappen — пешком, на своих двоих

7 Das ist ja allerhand! — Ну и ну! Вот это да!

8 auf und ab — вверх и вниз, туда и обратно

17

N a d j a: Die drei Theater auf dem Swerdlowplatz haben Sie bereits gesehen. Hier bekommen Sie gleich ein viertes zu Gesicht 1: das Jermolowa-Theater. Herr Bruck, warum schauen Sie mich denn so sonderbar an? Habe ich einen Fehler gemacht?

K u r t: Das nicht, aber...

Н e r t a: Lieber Kurt, ich sehe, Nadjas Deutsch verschlägt dir die Sprache 2.

К u r t: Herta, ich fühle, wir werden mit dem Mädchen noch unser blaues Wunder erleben 3. Übrigens — ist das hier nicht das Gebäude des Moskauer Sowjets?

N a d j a: Richtig. Und hier sehen Sie das Juri-Dolgoruki-Denkmal, dahinter das Institut für Marxismus-Leninismus. So, und nun gehen wir weiter, zum Puschkinplatz. Bitte, richten Sie Ihre Blicke auf das Puschkindenkmal!

K u r t (lacht und weint gleichzeitig): Ja ... ich richte... meine Blicke...

N a d j a (zu Herta): Herr Bruck lacht Tränen 4. Warum? Habe ich etwas Dummes gesagt?

Н e r t a: Dummes? Nein, nein. Dumm ist das nicht, aber ...

N a d j a: Was denn? Warum lacht er denn so?

H e r t a: Übersetzen Sie genau «Richten Sie Ihre Blicke...»!

N a d j a: Устремите свои взоры...!

Н e r t a: Sagt man russisch so, im täglichen Leben?

N a d j a: Nein, Sie haben recht. Der Stil ist zu gehoben. Es klingt wahrscheinlich komisch.

Н e r t a: Sie müssen mehr moderne deutsche Prosa lesen, Nadja.

K u r t: Was ist denn dort für ein interessantes Gebäude?

N a d j a: Das ist das neue Großkino «Rossija». Gefällt Ihnen die Bauart?

Н e r t a: Ich finde sie sehr schön.

N a d j a: Nebenan in der Tchechowstraße befindet sich das Theater des Leninschen Komsomol, und hier, wenn wir weiter die Gorkistraße hinaufgehen, sehen Sie das Stanislawski-Schauspielhaus.

‑‑‑‑‑‑‑‑‑‑

1 zu Gesicht bekommen — увидеть

2 das verschlägt mir die Sprache (die Rede) — я от этого теряю дар речи; у меня от этого отнимается язык

3 sein blaues Wunder erleben — насмотреться чудес, наслушаться небылиц

4 Tränen lachen — хохотать до слёз

18

Н e r t a: O, wie viele Theater!

К u r t: Moskau ist die bedeutendste Theaterstadt der Welt. Das wissen wir ja.

N a d j a: Und hier erhebt sich vor Ihren Blicken eines der schönsten Museen der Stadt: das Revolutionsmuseum.

Н e r t a: O, davon habe ich schon gehört.

K u r t: Nadja, warum wieder so poetisch — «erhebt sich vor Ihren Blicken»? Warum nicht einfach: «sehen Sie»?

N a d j a: Poesie ist doch schöner als Prosa!

Н e r t a: Es sind verschiedene Sphären. Man muß sie gut unterscheiden.

N a d j a: Ob ich nun sage «erhebt sich vor Ihren Blicken» oder einfach «sehen Sie» — fällt denn der Unterschied wirklich so ins Auge 1?

К u r t: In der Umgangssprache sagt man: ist der Unterschied so groß? — Ja, es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht 2. Aber wo sind wir denn?

N a d j a: Am Majakowskiplatz. Dort drüben ist das Denkmal des Dichters, rechts das Staatliche Puppentheater, das von Obraszow geleitet wird. Und hier der Tschaikowski-Konzertsaal.

Н e r t a: Nadja, schauen Sie doch bitte, wann hier ein Schostakowitsch-Konzert stattfindet.

N a d j a: Erst nächste Woche. Aber hier im Kiosk gibt es Karten für die Schostakowitsch-Operette «Moskau — Tscherjomuschki».

Н e r t a: Für die Musik von Schostakowitsch bin ich nämlich Feuer und Flamme 3.

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