Strukturell-semantische Subklassen der Substantive
Wie beim Verb besteht auch für die Substantive die Notwendigkeit der Ausgliederung bestimmter strukturell-semantischer Subklassen, weil die Substantive verschiedenen Umfang des Paradigmas aufweisen.
Unabhängig von der lexikalischen Bedeutung der Substantive ist der Anteil aller Substantive an der Kategorie des Kasus gleich. Für die Ausgliederung von strukturell-semantischen Subklassen ist diese Kategorie überflüssig.
Anders steht es um die grammatischen Kategorien des Numerus und der Bestimmtheit / Unbestimmtheit. So muss man bei der Behandlung der Kategorie des Numerus berücksichtigen, dass einige Bedeutungsgruppen der Substantive keinen Plural haben, z.B.: die Stoffnamen (das Kupfer, der Stahl); viele Abstrakta (das Bewusstsein, die Gerechtigkeit); die Kollektiva (das Vieh, das Publikum, das Laub); solche Substantive wie die Erde, die Sonne (die sog. Unika).
Im Hinblick auf die Kategorie des Numerus sind also zwei strukturell-semantische Klassen zu unterscheiden: 1) zählbare (numerusfähige) Substantive, die sowohl die Singular- als auch die Pluralform haben können: der Mensch — die Menschen, der Baum — die Bäume, die Idee — die Ideen; 2) unzählbare (numerusunfähige) Substantive, die meistens nur die Singularform besitzen: das Obst, der Hagel, das Wasser, das Bewusstsein, der Schlaf, das Leben oder seltener nur die Pluralform: die Leute, die Ferien, die Geschwister.
Auch die Regeln des Artikelgebrauchs sind für die verschiedenen Subklassen von Substantiven nicht gleich. Sehr wesentlich für den Gebrauch der Artikelformen ist die Unterscheidung von zählbaren und unzählbaren Substantiven. Während bei den zählbaren Substantiven im Singular Formen mit dem bestimmten und mit dem unbestimmten Artikel einander gegenüberstehen: der Mensch—ein Mensch, die Idee— eine Idee, ist die Verwendung des unbestimmten Artikels bei unzählbaren Substantiven sehr eingeschränkt.
Der Form mit dem bestimmten Artikel tritt hier in der Regel das Substantiv mit der Nullform des Artikels entgegen: das Wasser—Wasser, die Liebe — Liebe (aber: treue Liebe und eine treue Liebe).
Vom Artikelgebrauch her gesehen, ist eine weitere Untergliederung der Substantive notwendig:
1) unabhängig von der Zählbarkeit / Unzählbarkeit ist es wesentlich, Konkreta und Abstrakta zu unterscheiden. Die Abstrakta werden auch in der bestimmten Bedeutung oft artikellos gebraucht: Wissen ist Macht.; aus Angst; mit großem Vergnügen;
2) Sehr wesentlich ist die Ausgliederung verschiedener Arten von Eigennamen (Personennamen, geographische Namen u. a.), deren Artikelgebrauch sich wesentlich von dem Artikelgebrauch von Sachnamen und Abstrakta unterscheidet;
3) Innerhalb der Konkreta variieren die Regeln des Artikelgebrauchs ebenfalls stark. Sie sind verschieden für Gattungsnamen (der Baum — ein Baum), Stoffnamen (das Wasser — Wasser) und Unika (die Erde —).
Unter dem Gesichtspunkt der Motivierung des Genus und der Vertretung des Substantivs durch Fragepronomen, Indefinitpronomen und Pronominaladverbien im Satz ist die Unterscheidung von Namen für Lebewesen und Nichtlebewesen,
Stepanova gibt folgendes Schema der strukturell-semantischen Klassifizierung der Substantive:
Eigennamen: Gattungsnamen:
belebt - geographisch 1) Konkreta: 2) Abstrakta 3) Unika 4) Stoffnamen
a) belebt - unbelebt a)zählbar - unzählbar
b) Kollektiva- Individuativa
Bei mehrdeutigen Substantiven und bei der Zerlegung eines mehrdeutigen Wortes in Homonyme können die Einzelbedeutungen des Wortes bzw. die Homonyme verschiedene strukturell-semantische Charakteristiken haben.
Vgl. das Brot— Brot (Stoffname) ohne PL, unbestimmter Artikel nicht gebräuchlich;
das Brot — ein Brot — die Brote — Brote (=„ein Laib Brot");
die Schönheit — Schönheit (Eigenschaft) ohne PL, Gebrauch des unbestimmten Artikels nur bedingt.
die Schönheit — eine Schönheit — die Schönheiten — Schönheiten (=„eine schöne Frau");
die Schönheiten (z. B. landschaftliche Schönheiten) nur PL
Ein besonderer Aspekt der strukturell-semantischen Klassifizierung der Substantive ist die Einteilung der abgeleiteten Substantive (Deverbativa und Deadjektiva) nach Wortbildungsmodell und Bedeutung in:
a) nomina actionis (Tätigkeitsbezeichnungen), z.B. die Reise, das Spielen, die Übersetzung, die Tätigkeit;
b) nomina agentis (Täterbezeichnungen), z.B. der Reisende, der Übersetzer, der Dreher;
c) nomina acti (Ergebnisbezeichnungen), z.B. die Übersetzung, die Beschreibung, die Tat;
d) nomina instrumenti (Bezeichnungen für Mittel und Werkzeuge), z.B. der Bohrer, das Messer, der Hebel;
e) nomina qualitatis (Eigenschaftsbezeichnungen), z.B. die Schönheit, die Höhe, die Aufgeschlossenheit.
