
- •Seminar zum Thema „Phraseologie“
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- •1. Allgemeines
- •2. Merkmale der Phraseologismen
- •2.1. Idiomatizität
- •2.2. Stabilität
- •2.3. Lexikalisierung und Reproduzierbarkeit
- •3. Klassifikationen der Phraseologismen
- •3.2. Strukturell-semantische Klassifikation
- •4. Sinnrelationen zwischen den Phraseologismen
- •4.1. Phraseologische Polysemie und Homonymie
- •4.2. Phraseologische Synonymie
- •4.3. Phraseologische Antonymie
- •5. Funktion von Phraseologismen
- •6. Übersetzung von Phraseologismen
2.2. Stabilität
In engem Zusammenhang mit der Idiomatizität steht auch die Stabilität von Phraseologismen. Die Stabilität der Phraseologismen ist durch die Unersetzlichkeit ihrer Komponenten und durch die Einheitlichkeit ihrer Bedeutung bedingt. Der häufige Gebrauch von Phraseologismen, ihre Verbreitung in der mündlichen und schriftlichen Sprache trägt auch zu ihrer Stabilität bei.
Während in einer freien syntaktischen Fügung die einzelnen Komponenten durchaus mit Hilfe von Synonymen ersetzbar sind, ist eine Austauschbarkeit bei Phraseologismen meist nicht möglich. So kann man auch nicht den Stuhl vor die Tür stellen - 'jemanden rauswerfen‘ durch den Sessel vor die Tür stellen ersetzen.
Manche Phraseologismen bewahren infolge ihrer Stabilität lexikalische und grammatische Archaismen, z. B. mit Mann und Mage 'mit der ganzen Familie'; das schon aus dem Sprachgebrauch verschwundene Wort Mage (Verwandter) ist nur in dieser Verbindung vorhanden. Dieselbe Erscheinung finden wir in dem Wortpaar mit Kind und Kegel 'mit der ganzen Familie'; Kegel (uneheliches Kind) ist jetzt nicht mehr gebräuchlich.
Veralten kann auch die Bedeutung des Einzelwortes, z. B. in dem Wortpaar schlecht und recht 'bescheiden', 'schlicht', 'gerade* bewahrt das Wort schlecht seine alte Bedeutung 'eben', 'glatt', 'gerade', 'richtig'. Dasselbe auch in dem Wortpaar in Hülle und Fülle 'im Überfluss', das Wort Hülle bedeutete früher 'Kleidung' und das Wort Fülle —- 'Nahrung', also eigentlich 'mit Kleidung und Nahrung' versehen.
Phraseologisch gebundene Wörter können auch mit unikalen Komponenten existieren. Das sind Wörter, die außerhalb der Wendung nicht mehr vorkommen: Fersengeld geben - 'fliehen', auf dem Holzweg sein - 'sich irren', mit Verlaub gesagt - 'mit Deiner/Ihrer Erlaubnis', fehl am Platze - 'unpassend sein', lautbar werden - "bekannt werden', vorstellig werden - 'sich mit einem Anliegen an jemanden wenden'.
Stabilität zeigt sich weiterhin durch syntaktische Anomalien - 'Abweichungen', wie durch den unflektierten Gebrauch des attributiven Adjektivs: frei Haus liefern - 'Transport bis zum Haus ohne zusätzliche Kosten', auf gut Glück - 'ohne Garantie eines günstigen Ausgangs‘, sich bei jemandem lieb Kind machen - 'sich bei jemandem einschmeicheln'
oder auch durch Voranstellung des attributiven Genitivs: auf des Messers Schneide stehen - 'kurz vor der Entscheidung mit ungewissem Ausgang', auf Schusters Rappen - 'zu Fuß', aus aller Herren Länder - 'aus allen Teilen der Erde'.
2.3. Lexikalisierung und Reproduzierbarkeit
Als ein weiteres Merkmal von Phraseologismen ist anzusehen, dass sie wie ein Wort im Gedächtnis gespeichert werden. Die syntaktischen Einheiten müssen bei dem Sprecher nicht nach einem syntaktischen Modell produziert werden, sondern Phraseologismen werden als fertige sprachliche Einheiten reproduziert.
Reproduzierbarkeit bedeutet, dass Phraseologismen als Wortgruppeneinheiten im Prozess der Äußerung nicht immer neu gebildet werden. Das hängt eng mit den vorher beschriebenen Kriterien der Idiomatizität und Stabilität zusammen. Da aber nicht immer alle drei hier genannten Kriterien in einem Phraseologismus vorhanden sind, muss man Abstufungen und Übergangsbereiche benennen, die eine Vielzahl von Klassifizierungsversuchen hervorgerufen haben. Nachfolgend sollen einige Möglichkeiten der Klassifikation genannt werden.