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Arbeitsrecht Lagutina.docx
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  1. Gemeinsame Probleme der neuen Richtlinien

Die Richtlinien 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2006/54/EG haben der unmittelbaren und der mittelbaren Diskriminierung eine dritte Form grundsätzlich unzulässigen Verhaltens zur Seite gestellt, deren Auswirkungen nur schwer abzusehen sind. Nach Art. 2 Abs. 3 Richtlinie 2000/43/EG bzw. 2000/78/EG sind «Verhaltensweisen unerwünscht, die im Zusammenhang [mit einem Diskriminierungsmerkmal] stehen und bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird, (...) Belästigungen, die als Diskriminierung im Sinne von Absatz 1 gelten». Eine entsprechende Definition enthält Art. 2 Abs. 1 lit. c) Richtlinie 2006/54/EG.14

Belästigung als Diskriminierung. Schutz vor Belästigungen durch ein Gleichbehandlungsgebot zu realisieren, ist für das europäische Recht recht neu. Die früheren Richtlinien gegen die Geschlechterdiskriminierung enthielten eine solche Vorschrift nicht und dementsprechend wurden die Diskriminicrungsverbote

des deutschen, französischen und englischen Rechts ursprünglich nicht unter Einbeziehung des Belästigungsschutzes formuliert.

Warum hostile environment? Wenn nun die Richtlinie aber nicht jede Belästigung des Arbeitgebers wegen der verbotenen Diskriminierungsmerkmale als unzulässige Ungleichbehandlung ansieht, sondern nur solche, die das Arbeitsumfeld prägen, so mag dies auf den ersten Blick verwundern. Das Gleichbehandlungsgebot gibt diese Einschränkung nicht her: Auf die Schwere und Reichweite der Belästigung kommt es hier nicht an, entscheidend ist allein die Schlechterstellung gegenüber dem nicht Belästigten. Ein Blick auf das U.S.-amerikanische Arbeitsrecht führt auch hier weiter: Seit nunmehr über 30 Jahren geht dort die ständige Rechtsprechung davon aus, dass Belästigungen Diskriminierungen sein können. Diese werden in zwei Fallgruppen aufgeteilt: Zum einen das sog. quid pro quo harassment durch das Versprechen von Vorteilen oder die Androhung von Nachteilen als Antwort auf ein bestimmtes, auf ein Diskriminierungsmerkmal bezogenes Verhalten, zum anderen das hostile environment harassment, d. h. ein schuldhaftes Verhalten des Arbeitgebers, das eine Arbeitsumgebung schafft oder billigt, in der es leichter zu auf ein Diskriminierungsmerkmal bezogenen Belästigungen kommt.

FRAGEN ZU VORLESUNG 2

  1. Was versteht man unter Diskriminierung?

  2. Was haben Abfindung und Diskriminierung miteinander zu tun?

  3. Was besagen Gleichbehandlungsgrundsatz und Diskriminierungsschutz?

  4. Worin unterscheiden sich Gleichbehandlungsgrundsatz und Diskriminierungsschutz?

  5. Verbietet der Gleichbehandlungsgrundsatz willkürliche Begünstigungen?

  6. Gebietet der Gleichbehandlungsgrundsatz, dass «gleicher Lohn für gleiche Arbeit» gezahlt wird?

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Vorlesung 3. Prekäre Arbeitsverhältnisse

  1. Einordnung

Das europäische Individualarbeitsrecht umfasst ein sehr heterogenes Gemisch. Allen Regelungen gemeinsam ist das in Art. 136 EG formulierte Ziel der Verbesserung und Angleichung der Lebens – und Arbeitsbedingungen. Einige setzen allgemeine Schutzstandards, die alle Arbeitsverhältnisse umfassen. Dazu gehört der Diskriminierungsschutz nach den Richtlinien 2002/73/EG (Geschlecht), 2000/43/EG (Rasse und ethnische Herkunft) sowie 2000/78/EG (Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter), der Schutz vor Massenentlassungen gemäß Richtlinie 98/59/EG, beim Betriebsübergang (2001/23/EG als Nachfolger von 77/187/EWG), durch die Nachweisrichtlinie (91/533/EWG) und durch die Arbeitszcitrichtlinie (93/104/EG, geändert durch RL 2000/34/EG). Daneben wurden spezifische Schutzstandards für besondere Arbeitnehmer-Gruppen geschaffen. Dazu gehört in erster Linie die Mutterschutzrichtlinie 92/85/EWG, die Jugendarbeitsschutzrichtlinie 94/33/EG, aber auch die Elternzeitrichtlinie 2010/18/EU (als Nachfolger der Elternurlaubsrichtlinie 96/34/EG). Sie richten sich an bestimmte Personengruppen (schwangere Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillende Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz sowie «Jugendliche und junge Menschen» und «erwerbstätige Eltern»). Dazwischen liegen besondere Schutzstandards fur «prekäre» Arbeitsverhältnisse, also solche, die vom Normalarbeitsverhältnis durch besondere vertragliche Gestaltungen abweichen. Ein abschließender Katalog ist hier noch nicht gefunden: Ziffer 7 der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte nennt «das befristete Arbeitsverhältnis, Teilzeitarbeit, Leiharbeit und Saisonarbeit». Der Kreis lässt sich aber sicherlich weiter ziehen: Heimarbeit, Telearbeit und Abrufarbeit.

Der besondere Schutzstandard für prekäre Arbeitsverhältnisse wurde bislang im europäischen Recht in der Arbeitsschutz-Leiharbeitrichtlinie 91/383/EWG, der Teilzeitarbeitsrichtlinie 97/81/EG, der Befristungsrichtlinie 99/70/EG und der bis 5. Dezember 2011 umzusetzenden Leiharbeitsrichtlinie 2008/104/EG realisiert. Das Grünbuch «Ein moderneres Arbeitsrecht für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts» (KOM [2006] 708 endg.) gibt auch hier neue Impulse. Die liegen zum einen in der Wortwahl: Man spricht nicht mehr in Anlehnung an die französische Begrifflichkeit von «prekären Arbeitsverhältnissen», sondern von «Arbeitnehmern, die keinen Standardarbeitsvertrag 16

haben». Hierunter fasst es «befristete Arbeitsverträge, Teilzeitverträge, Abrufverträge, Null-Stunden-Verträge, Verträge für Arbeitnehmer, die über Zeitarbeitsfirmen eingestellt werden, Freelance-Vertrage usw». Daneben fragt man sich: «Wie könnte die Aufnahme befristeter oder unbefristeter Arbeitsverhältnisse arbeitsrechtlich oder tarifvertraglich erleichtert werden, sodass im Rahmen der zu Grunde liegenden Arbeitsverträge ein höherer Grad an Flexibilität ermöglicht und gleichzeitig aber auch eine angemessene Beschäftigungssicherheit und ein angemessener sozialer Schutz gewährleistet werden?». Die Antwort hierauf wird entscheidend sein fur die weitere Entwicklung des Arbeitsrechts in Europa.

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