Добавил:
Upload Опубликованный материал нарушает ваши авторские права? Сообщите нам.
Вуз: Предмет: Файл:
TEmpus.Aspekt.docx
Скачиваний:
0
Добавлен:
01.05.2025
Размер:
67.93 Кб
Скачать

Semantische Merkmale der Tempora

Traditionsgemäß werden die Tempora im Deutschen den drei Stufen des objektiv-realen Zeitverlaufs mit der zusätzlichen Verwendung des aktionalen Merkmals (vollendet-unvollendet) zugeordnet.

Imperfekt Präsens Futur I

Plusquamperfekt Perfekt Futur II

In diesem Schema ist die Zeitlinie in drei Stufen gegliedert: das Präteritum bezeichnet das Geschehen, das vor dem Redemoment abgelaufen ist; das Präsens bezeichnet das, was im Redemoment abläuft und das Futur I – das Geschehen nach dem Redemoment. Ihnen entsprechen die Vollendungsstufen: Plusquamperfekt, Perfekt und Futur II.

Solch ein schematisches Verfahren kann der angemessenen Beschreibung des Tempussystems und der Tempusfunktionen nicht gerecht werden. „... der deutsche Sprachgebrauch stimmt mit diesem logischen Zeitschema in mehrfacher Hinsicht nicht überein“ (Schmidt, 213). Einerseits können einzelne Tempusformen mehrere Bedeutungen (sowohl temporale, als auch modale) zum Ausdruck bringen und damit unterschiedliche Stufen der Temporalität schildern, andererseits wird eine Zeitstufe mit Hilfe unterschiedlicher Tempora dargestellt. Somit soll die Polysemie oder die Polyfunktionalität der Tempora beachtet werden. Im Nachstehenden wird auf Fragen der Semanalyse und der Bedeutungsstruktur der Tempora eingegangen.

Das Sem ist die kleinste unzerlegbare Komponente in der Bedeutngsstruktur einer lexikalischen oder grammatischen Größe. Es fungiert als ein semantisches distinktives Merkmal (Unterscheidungsmerkmal) auf der Inhaltsebene, dem ein formelles Merkmal auf der Ausdrucksebene entspricht. Das Sem kann erst in einer Gegenüberstellung/ einer Opposition zur Geltung kommen. Dabei tritt ein Oppositionsmitglied als markiert hervor (d.h. in seiner semantischen Struktur ist das distinktive Merkmal vorhanden). Das andere Oppositionsmitglied, dessen Bedeutungsstruktur das entsprechende Merkmal nicht aufweist, ist unmarkiert. Z.B.: das Präteritum und das Perfekt haben dasselbe Sem „Vergangenheit“, das die beiden Formen voneinander nicht unterscheiden würde. Dafür aber hat das Perfekt noch zwei Seme „Gegenwartsbezogenheit“ und „Vollendung des Geschehens“. Die beiden Seme sind distinktive Merkmale in der Opposition Präteritum – Perfekt, und sie machen das Perfekt zum markierten Oppositionsmitglied. Daraus folgt, dass grammatische Kategorien (in diesem Fall die verbale Kategorie der Zeit) im grammatischen System durch ihre eigenen Oppositionen repräsentiert werden. „....ebenso wie sich die Bedeutung eines Wortes aus Semen zusammensetzt, deren Bündelung ein Semem darstellt, besteht die Bedeutung einer Wortform (oder eíner anderen grammatischen Größe wie Wortfügung oder Satz) aus grammatischen Semen, deren Bündelung wir ein Grammem nennen wollen, um es vom lexikalischen Gehalt abzugrenzen und die Spezifik der grammatischen Terminologie zu behalten. Das Grammem bezieht sich somit auf die Inhaltsebene, ist aber unbedingt an eine Wortform als Grammemträger gebunden“. [Schendels, 5-6]

Jede grammatische Kategorie ist demzufolge eine Gegenüberstellung/ Opposition mindestens von zwei oder mehr Formen und grammatischen Inhalten (Grammemen). Sie kann aber in der Sprache einzeln nicht bestehen und wird nur in der Sprachforschung abgesondert betrachtet. Z.B.: die Wortform ich komme beherbergt zugleich die Bedeutungen aller grammatischen Kategorien, die dem deutschen Verb eigen sind - der Zeit, der Person, der Zahl, des Modus, des Genus. Diese Erscheinung bezeichnet man in der Sprachwissenschaft als Amalgamierung der Bedeutungen (A.Martinet) oder synchrone Polysemie (Schendels). In dem vorliegenden Abschnitt wird nur die Kategorie der Zeit ausgesondert und analysiert. Sie erfasst 6 Gegenglieder, die als Grammeme oder kategorielle Formen zu benennen sind (Präsens, Präteritum, Perfekt, Plusquamperfekt, Futur I und II) und dementsprechend eine komplexe Bedeutungsstruktur aufweisen.

In der einschlägigen Literatur wird die Semantik der Zeitformen nicht einhellig geschildert. L.Weisgerber schlägt vor, die Anwendungsbereiche und die Inhalte der Tempusformen zu erkennen. Er geht davon aus, dass einzelne Tempora unterschiedliche Bedeutungen ausdrücken und bestreitet die Möglichkeit, „zeitliche Grundfunktion“ der Tempusformen zu bestimmen (Weisgerber, 330). So wird dem deutschen Futur I „der modale Wert“ zugeschrieben, der in den Personalformen unterschiedlich ausgeprägt ist. Das Willensmäßige kommt in der 1. Person zum Vorschein: Ich werde mich darum kümmern. Wir werden kommen. In der 2. Person kommt die Voraussage zum Ausdruck: Du wirst noch einmal im Gefängnis enden. Der Ausdruck der Wahrscheinlichkeit bestimmt vorwiegend den Gebrauch der 3. Person: Er wird jetz (wohl) im Zuge sitzen. Die Umschreibung werden +Inf. kann nach Weisberger keineswegs allein zum Ausdruck zeitlicher Bedeutung des Zukünftigen gebraucht werden, dazu dient „eine ganze Reihe von Sprachmitteln“. (W.325). Auch dem Präsens wird der bestimmte zeitliche Inhalt abgesprochen: „Je weiter wir es durchdenken, um so unsicherer wird es, ob unser Präsens immer oder auch nur vorwiegend zeitlich Gegenwärtiges meint“ (324). Schmidt kritisiert Weisgerber für die „atomisierende Betrachtung“ der Tempora, die dadurch ihre Einheitlichkeit als grammatische Formen verlieren. „Der Fehler liegt eher bei Weisgerber, der nicht erkennt, wie sich die verschiedenen Funktionen dieser Form um eine zentrale Leistung gruppieren“. (215) Diese Meinung, dass jedes Tempus im Deutschen eine Grund- und Sonderbedeutung hat, wird von mehreren Sprachwissenschaftlern vertreten. (Schendels, 15; Flämig, 4; Schmidt, 215, Admoni, 188; Brinkmann,32; Glinz, 103). Für die Grundbedeutung gebraucht man auch die Begriffe paradigmatische/potentielle Bedeutung (Grundzüge, 508), die im Sprachsystem angelegt, kontextunabhängig ist und den Bestand an semantischen Elementen umfasst, „auf deren Grundlage im konkreten Rede-/Textzusammenhang jeweils bestimmte – kontextabhängige – syntagmatische/aktuelle Bedeutungen realisiert werden. (Grundzüge, 508). Aus dem oben gesagten läßt sich schlußfolgern, dass einzelnen Tempusformen im Deutschen mehrere Bedeutungskomponenten (Seme) innewohnen, die eine komplexe Bedeutungsstruktur bilden. In dieser semantischen Struktur gilt ein Sem als Grundbedeutung und tritt daher bei jedem konkreten aktuellen Gebrauch der Tempusform auf. Es wird je nach der Verwendungsweise des Tempus, je nach den kontextuellen Gegebenheiten durch die Sonderbedeutung/Sonderbedeutungen ergänzt. Wir können es am Beispiel des Präsens betrachten. Die Grundbeutung dieser Wortform ist Gültigkeit im Redemoment. Im Kontext werden zusätzlich Sonderbeutungen realisiert: punktueller Zusammenfall vom Geschehen und Redemoment beim punktuellen Präsens (es donnert) oder beim inklusiven Präsens (Vater schläft) - teilweiser Zusammenfall von Geschehen und Redemoment; Erstreckung auf Vergangenheit und Zukunft. Zugleich sind die genannten Seme distiktive Merkmale des Präsens in den Oppositionen: Präsens – Präteritum; Präsens – Zukunft

1 In neuerer Zeit wird die Bedeutung des Begriffs Aspekt ausgeweitet, wobei für das Englische eine andere Aspekt-Opposition behauptet wird: I sing / I am singing – eine einfache und eine progressive Form. Über solch eine komplexe Frage sind die Sprachwissenschaftler nicht einig, daraufhin läßt sich nur von den Ansätzen des Aspekts im Englischen sprechen.

2 In neueren Darstellungen betrachtet man die Verbbedeutung nur als einer der mehreren Faktoren, die die aktionsartmäßige Bedeutung des Satzes bestimmen. Daher verwendet man den Begriff „Aktionsart“ für die Klassifikation der Situationen, Verbphrasen, Sätze, Propositionen (Fabricius-Hansen, Thieroff, Ehrich/Vater 1989, Lyons 1983, Мыркин и др.). Bei der Wiedergabe der Besonderheiten im Verlauf des verbalen Vorgangs, was mit den Aktionsarten zusammenhängt, spielt der Kontext zweifelsohne eine sehr wichtige Rolle (s.u.)

Соседние файлы в предмете [НЕСОРТИРОВАННОЕ]