
- •Einleitung
- •Teil 1 Übersicht der Traklsuntersuchungen in der Ukraine und im Ausland
- •1.1.Einfluß der sakralen Barockkunst auf die Gestaltung der poetischen Welt g.Trakls.
- •1.2.“Identität des Kunstraums von Georg Trakl im Kontext der Zeit, der Traditionen und des Kulturdialogs“
- •1.2.1. Stichwörter bei Trakl in der Untersuchung von k.Lipinski
- •1.2.2. Kompositionsprinzipien der Dichtung von g. Trakl (c. Csuri)
- •1.2.3.Vergleich der Farbsymbolik bei g. Trakl und p. Celan. Die Rolle der Farbbezeichnungen in der semantischen Struktur des Textes am Beispiel der Interpretation eines Gedichts (p. Rychlo)
- •1.3. Zu den Versuchen der literarhistorischen Einordnung der Dichtung von g. Trakl (h.-g. Kemper)
- •1.4. Der Einfluss der universellen Symbolik von o. Weininger auf die Farbsymbolik g. Trakls
- •1.5. I. Riedel über die Farben in Religion, Gesellschaft, Kunst und Psychotherapie
- •Verflossen ist das Gold der Tage.
- •2. Zu den Farbbezeichnungen und zur Farbsymbolik bei Georg Trakl Einleitung
- •2.1. Zur Definition des Begriffs „Farbbezeichnung“
- •2.2. Blau
- •2.3. Schwarz
- •2.4. Golden
- •3. Zum Problem der Übersetzung von Farbbezeichnungen ins Ukrainische
- •Schlussfolgerungen
- •Quellenverzeichnis
1.5. I. Riedel über die Farben in Religion, Gesellschaft, Kunst und Psychotherapie
Ingrid Riedel, die sich mit den Untersuchungen der psychologischen Wirkung der Farben und deren Symbolik befasst, hat in ihrem Buch „Farben in Religion, Gesellschaft, Kunst und Psychotherapie“, das 1999 im Kreuz Verlag Stuttgart erschien, zwei Artikel der Farbsymbolik bei Trakl gewidmet. Die Autorin stellt fest, dass „die Farbe Braun … neben Blau in Trakls Poesie eine auffällig große Rolle spielt“. Als Beispiel führt sie die Gedichte „ Kindheit“, „In der Heimat“, „Die schöne Stadt“, „ Im Dorf“, „In den Nachmittag geflüstert“, „ Dämmerung“ und „Rondel“ an. Für all diese Gedichte ist die Herbst- und Erntestimmung, der Begriff des Verfalls, Abschiedsschmerz um das verfließende Jahr eigen. Im Gedicht „Rondel“ wird „zugleich … das Verdunkeln des Golds in Braun spürbar: Braun wird also auch als dunkel gewordenes Gold erfahren [15, S. 144]“.
Ingrid Riedel hebt auch die Bedeutung der goldenen Farbe hervor. Für Trakl ist ein Herbstgefühl auch mit Gold verbunden. „Es erscheint als Glanz der Reife, … die … schon hinab ins Braun, ins Vergehen … sinkt“. So beschreibt Georg Trakl in seinem Gedicht „Rondel“ das Ende des Sommers, aber auch des Lebens, in betörender Sprachmelodie:
Verflossen ist das Gold der Tage,
Des Abends braun und blaue Farben:
Des Hirten sanfte Flöten starben,
Des Abends blau und braune Farben;
Verflossen ist das Gold der Tage.
„Gold, Blau und Braun bilden dabei einen farblichen Dreiklang …. Die Farbe des Himmels und der Erde verbinden sich im Gold … zur Farbe des höchsten Wertes [15, S. 254]“. In seinem Gedicht „Ein Winterabend“ stellt Georg Trakl das Gold dem winterlichen Weiß entgegen. Hier „… treten die Bilder des Schnees, der Wanderschaft, des dunklen Pfades und der versteinerten Schwelle den Gegenbildern des Tisches, des Hauses, des Mahles gegenüber… . Golden symbolisiert im Gedicht den Baum der Gnaden, … eigentlich Brot und Wein, als Gottesgabe“. Es fällt auf, dass die Symbolik von Gold bei Trakl der biblischen Symbolik dieser Farbe nahesteht. In dem Artikel „Gold in der Bibel“ desselben Buches lesen wir: „In der biblischen Symbolik gilt Gold als der höchste Wert, mit den menschlichen und spirituellen Werten wie Weisheit und Liebe verbunden [15, S. 255]“.
TEIL 2
2. Zu den Farbbezeichnungen und zur Farbsymbolik bei Georg Trakl Einleitung
„Wer den Dichter will verstehen, muss in Dichters Lande gehen“, hat seiner Zeit J. W. Goethe gesagt. Ebenso wichtig scheint uns ein Exkurs in die Zeit, in der Georg Trakl lebte und wirkte. Es war nämlich die Jahrhundertwende, die man kurz als „Herbst und Abend einer Kultur [16, S. 379]“ charakterisieren kann. Der erste Weltkrieg stand vor der Tür. Niemand wusste es um 1910. Jeder ahnte etwas Drückendes, spürte die Schatten der kommenden Jahrzehnte. Die Literatur des 20. Jahrhunderts nimmt eigentlich ihren Anfang viel früher, in den 70-er Jahren des 19. Jahrhunderts, und es waren die Naturalisten, die sich von der reinen Formkunst, dem Ästhetentum, der Sentimentalität epigonenhafter Lyrik abwandten. Sie haben mit aller literarischen Tradition gebrochen. Dabei ging es ihnen vor allem um Darstellung der Natur, und zwar nicht der schönen Natur, sondern ihrer Schattenseiten und des Elends. Selbst die Weltbetrachtung des Realismus schien ihnen zu viel Schönfärberei, zu unwahr, veraltet und verwerflich. Natur und Lebenswahrheit bis zum Extrem war ihre Losung. Der reine Naturalismus war doch nur von kurzer Dauer. Aber er hatte neue Impulse für ein Lebendigwerden der Dichtung gegeben, Altes, überreif Gewordenes beseitigt und manche Anregungen geboten. Im Großen gesehen, hatten sich schon um 1890 drei deutlich unterscheidbare geistig-dichterische Strömungen aus oder gegen den Naturalismus, der nebenher weiterlebte, entwickelt: der Impressionismus, der Symbolismus („Neuromantik“) und der Expressionismus. Was Trakls Dichtung angeht, enthält sie Elemente all dieser Richtungen, doch muss man seine Bedeutung für den Expressionismus hervorheben [2]. „Seine Verse sind – zunächst von außen gesehen – musikalisch, voll Zauber, formschön, reich an schweren und tiefen Farben, wie dunkler Wein und voll – man könnte sagen – göttlicher Trunkenheit. In seine Visionen und Gesichte von schönen, großen und heiligen Dingen drängen sich aber krass nebeneinander Grässlichkeiten und böse Bilder in einer gewollten Gleichzeitigkeit, die zeigt, dass es dem Dichter um eine Darstellung seiner Zeit, einer Verfallszeit, die schon im Begriff war, in den ersten Weltkrieg zu gleiten, geht, in deren Kulturüberreife sich hinter den schönen Früchten faules Verderben verbirgt und bange Zeichen eines kommenden Ungewissen zittern [16, S. 377]“.