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Лисак для 3 курса, Теорграмматика, лекции.doc
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5. Die strukturelle Grammatik von Hans Glinz

Strukturelle Forschungen im Bereich der deutschen Grammatik wurden durch die Untersuchungen von Hans Glinz eingeleitet, vor allem durch das in Bern 1952 erschienene Buch „Die innere Form des Deutschen. Eine neue deutsche Grammatik" (5. Aufl. 1968).

Wir finden in diesem Buch alle Charakteristiken wieder, die den taxonomisch-distributionalistischen Strukturalismus der 40er- und 50er- Jahre kennteichnen — eine streng synchrone Darstellungsweise, das Ausgehen von einem größeren Textganzen und die Segmentierung des Textes zwecks Ausgliederung und Klassifizierung der sprachlichen Einheiten, die Hervorhebung des Systemcharakters der Sprache und die Erhebung von Systemzusammenhängen zwischen den Strukturelementen der Sprache zum Hauptobjekt der Forschung, die für den Strukturalismus übliche Auflösung der Morphologie in der Syntax, die Suche nach objektiven, exakten Forschungsmethoden. In den Schriften von Glinz nehmen die Probleme der Forschungsmethoden einen großen Platz ein. Sein methodisches Verfahren ist vor allem lautbezogen. Was das bedeutet, kann man am Beispiel seiner Satzdefinition erkennen. Indem Glinz eine „rein sprachliche Bestimmung" des Satzes erstrebt, die frei von logischen oder psychologischen Sehweisen wäre, verzichtet er auf das Kriterium des Satzinhaltes und will den Satz „nicht von der Inhalts-, sondern von der Klangbildseite her" definieren. Als einziges prägendes Merkmal des Salzes nennt er die Stimmführung, d. h. ein Element der Satzform. Der Satz ist nach Glinz „die Einheit des stimmlichen Hinsetzens, das in einem Zug und unter einem Atem hervorgebrachte sprachliche Gebilde"..., die kleinste Sprecheinheit, die kleinste Hervorbringungseinheit, „die kleinste Atemeinheit der normal dahinfließenden Rede".

Das experimentierende Verfahren von Glinz besteht aus den sog. Proben. Glinz will alle Vorstellungen über die deutsche Sprache beiseite schieben und alle sprachlichen Phänomene neu erschließen; „Wir treten mit unserem Experimentierverfahren an die Sprache heran, ohne die vertrauten Begriffe wie Satz, Wort, Substantiv, Verb, Adverb, Subjekt, Prädikat usw. anzuwenden, ja wir schalten sie bewußt aus. Wir müssen naiv anfangen, um wirklich prüfen zu können, was uns Jahrzehnte lang selbstverständliche Grundlage war".

Mit Hilfe der Klangprobe gliedert Glinz den Text/Sätze und erarbeitet die oben zitierte Definition des Satzes. Außer der Klangprobe verwendet Glinz Ersatzproben, Verschiebeproben, Weglassproben.

Die Ersatzprobe dient zur Abgrenzung und Bestimmung der zweiten Grundeinheit der Sprache, — des Wortes, z. B.:

den anderen Tag

am anderen Tag

am folgenden Tag (Morgen)

Durch Verschiebeprobe gliedert Glinz den Satz in die sogenannten Stellungsglieder (Wörter und Wortblöcke, aus welchen der Satz unmittelbar besteht. Die Ersatzprobe bei den Stellungsgliedern hilft Glinz, das sog. Leitglied des Satzes zu bestimmen, das durch ein finites Verb ausgedrückte Prädikat der herkömmlichen Grammatik.

Glinz verwendet den Begriff „innere Form der Sprache", der auf Humboldt zurückgeht. Doch deutet ihn Glinz anders als die Neohumboltianer, nämlich aus struktureller Sicht. Er versteht darunter die Systemzusammcnhänge zwischen den Elementen einer Sprache, ihr „Spiel", den Mechanismus der Sprache, die „Gesamtheit der mehr oder minder durchlaufenden Strukturzüge".

Unter diesem Gesichtspunkt werden von Glinz auch die Wortarten neu gegliedert und neu benannt. Ausschlaggebend ist dabei vor allem die „Kombinationsfähigkeit" des Wortes, die aus der Stellung des Wortes im Satz und aus seiner Ersetzbarkeit, d. h. aus seiner Distribution hergeleitet wird.

Zum Unterschied von den „strengen" Strukturalisten gehört Glinz jedoch nicht zu den Forschern, die die Erforschung der Inhalte aus ihrem Gesichtskreis ausschließen. Nach der Ausgliederung von Sätzen und Wörtern, von Satzgliedern und Wortarten geht Glinz zur Interpretation der einzelnen Wortformen flektierbarer Wortarten über. Die „lautbezogene" Analyse wird auf dieser Stufe von der inhaltlichen Deutung auf Grund der Selbstbeobachtung, von der sog. Interpretation abgelöst. Doch strebt Glinz auch hier zur möglichsten Methodenstrenge: „Was wir als Interpretation bezeichnen, ist denn auch nicht das Gleiche wie ein primares „Ausgehen vom Bezeichneten". Das voraus- und nebenhergehende Erprobungsverfahren liefen die Grenzen, innerhalb welcher sich die Interpretation bewegen kann und muss".