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Lffler_Dialektologie

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Heinrich Löffler

Dialektologie

Eine Einführung

~ Gunter Narr Verlag Tübingen

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

<http://dnb.ddb.de> abrufbar.

© 2003 . Gunter Narr Verlag Tübingen

Dischingerweg 5 . D-72070 Tübingen

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmu~~ des

Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektro-

nischen Systemen.

Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem und säurefreiem Werkdruckpapier.

Internet: http://www.narr.de

E-Mail: info@narr.de

Satz: Nagel, Reutlingen

Druck: Gulde, Tübingen

Verarbeitung: Nädele, Nehren

Printed in Germany

ISSN 0941-8105

ISBN 3-8233-4998-8

Vorwort

Das vorliegende Bändchen soll die seit einiger Zeit vergriffenen "Probleme der Dialektologie" ersetzen bzw. fortführen. Das Grundkonzept wurde beibehalten. Der Text wurde insgesamt überarbeitet und an vielen Stellen aktualisiert und erweitert. Die gesamten Literaturangaben wurden neu gefasst. Sie sollen weiterhin den Anschluss an die traditionelle Mundartforschung herstellen und gleichzeitig den aktuellen Stand der Dialektologie reflektieren. Der raschen Benutzbarkeit sollen weiterhin die beiden Register dienen, die ebenfalls neu erstellt wurden.

Der Charakter einer Einführung für den akademischen Unterricht und angehende Dialektforscher wurde beibehalten. Das Hauptaugenmerk gilt weiterhin den großen Linien der Methoden, den Erhebungs-, Darstellungsund Deutungsverfahren und weniger den Ergebnissen und der Beschreibung einzelner Dialekte. Das Buch kann daher auch als systematische Einführung in die linguistischen Grundbegriffe und -verfahren dienen.

Die Neubearbeitung ist auf vielfachen Wunsch bisheriger Benutzer erfolgt. Der Autor hofft, dass deren Erwartungen nicht enttäuscht werden. Dem Verleger Gunter Narr und seinen Leuten sei gedankt für die Bereitschaft, das Buch in ihr Verlagsprogramm aufzunehmen und sachkundig zum Druck zu bringen.

Basel, im Januar 2003 H. Löffler

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Inhalt

Vorwort .................................................. .

V

Vorbemerkung ............................................. .

XI

l.

Dialekt - Mundart: Definitionsprobleme ............... .

1

2.

Geschichte und Stand der Dialektforschung ............ .

II

2.0

Vorbemerkung ....................................... .

II

2.1

Das normative Interesse ................................ .

12

2.2

Das antiquarische Interesse ............................. .

15

2.3

Das dokumentarische Interesse .......................... .

16

2.4

Das linguistische Interesse .............................. .

20

2.4.1

Dialektologie als Sprachgeschichte ....................... .

20

2.4.2

Dialektologie als Lautphysiologie ......................... .

21

2.4.3

Dialektgrammatik als Ortsgrammatik ..................... .

23

2.4.4

Dialektgeographie .................................... .

25

2.4.5

Das sprachliche Weltbild der Mundarten .................. .

30

2.4.6

Strukturelle Dialektologie .............................. .

31

2.5

Das kulturgeographische Interesse ....................... .

32

2.6

Das soziolinguistische Interesse

33

3.

Spracherhebung .................................... .

40

3.1

Objektsprache und Corpus-Problem ...................... .

40

3.2

Sprecher-Auswahl .................................... .

41

3.3

Text-Auswahl ........................................ .

43

3.4

Fragebuch .......................................... .

45

3.5

Aufnahmemethode ................................... .

47

3.6

Erhebung historischer Sprachzustände .................... .

50

!'

VIII Inhalt

4.

Beschreibung und Darstellung von Mundarten ......... .

53

4.0Problem der Beschreibung und Darstellung von Sprache

 

überhaupt .......................................... .

53

4.1

Systematik einer grammatischen Beschreibung von Mundart .. .

53

4.l.!

Übersicht ........................................... .

54

4.1.2

Grammatische Bereiche ... ............................. .

54

4.1.3

Außersprachliche Bezugsbereiche ........................ .

55

4.1.4

Beziehungsart punktuell/komparativ ..................... .

56

4.2

Dialektologische Darstellungsmittel ....................... .

57

4.2.1

Dokumentation als Kompetenzersatz ..................... .

57

4.2.2

Ortsund Gebietsmonographie .......................... .

59

4.2.3

Dialektwärterbuch .................................... .

60

4.2.4

Dialektkarte und Dialektatlas ............................ .

60

4.2.5

Dialektometrische Darstellungen ......................... .

62

5.

Grammatische Beschreibung von Mundart ............. .

65

5.0

Vorbemerkung ....................................... .

65

5.1

Phonetik / Phonologie ................................. .

65

5.l.!

Abstarnmungsund Bezugsgrammatik .................... .

65

5.1.2

Phonologische Analyse ................................ .

69

5.1.3 Akustische Phonetik / Phonologie ........................ .

74

5.1.4

Generative Phonologie ................................. .

75

5.1.5

Lautgeographie oder diatopische Phonologie ............... .

77

5.1.6

Lautgeschichte oder diachrone Phonologie ................. .

81

5.1.7

Soziophonetik oder diastratische Phonologie ............... .

83

5.2

prosodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

5.3

Morphologie ......................................... .

87

5.3.1

Historisch-vergleichende Formenlehre .................... .

87

5.3.2

Strukturelle Morphologie .............................. .

89

5.3.3

Generative Morphologie ............................... .

91

5.3.4

Komparative Morphologie .............................. .

92

5.4

Lexik und Semantik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93

5.4.0

Vorbemerkung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93

5.4.1

Wortfeldtheorie .......................................

94

5.4.2

Strukturelle Semantik ..................................

96

5.4.3

Wortgeographie ................. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

97

5.4.4

Dialektwärterbücher ...................................

104

5.4.5

Wortsoziologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

107

 

 

Inhalt IX

5.5

Syntax ............................................. .

109

5.5.0

Vorbemerkung ....................................... .

109

5.5.1

Gesprochene und geschriebene Sprache ................... .

109

5.5.2

Wortsyntax - Satzsyntax ............................... .

111

5.5.3

Merkmale dialektaler Syntax ............................ .

112

5.5.4

Strukturelle Syntax ................................... .

114

5.5.5

Komparative Syntax .................................. .

116

6.

Probleme der Interpretation ......................... .

117

6.0

Vorbemerkung ....................................... .

117

6.1

Isoglosse und Sprachgrenze ............................. .

117

6.2

Sprachraum und das Problem der Einteilung der Mundarten .. .

122

6.2.1

Linguistische und extralinguistische Kriterien .............. .

122

6.2.2

Alter der Sprachgrenzen und Sprachräume ................ .

123

6.2.3

Dialektraum und Stammesgebiet ......................... .

124

6.2.4

Sprachraum und Kulturraum ........................... .

126

6.2.5

"Problemgebiete" ..................................... .

127

6.2.6Systemlinguistische Kriterien für Grenzen und Sprachräume .. . 128

6.3

Sprachbewegung und Sprachwandel ...................... .

131

6.3.1

Das Kartenbild als Bewegungsablauf ...................... .

132

6.3.2Umkehrbarkeit von diachroner und diatopischer

 

Sprachbewegung ..................................... .

135

6.3.3

Innere Ursachen der Sprachbewegung .................... .

137

6.3.4

Äußere Ursachen der Sprachbewegung ................... .

139

7.

SchIussbemerkung .................................. .

142

Sachregister ................................................

143

Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

154

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Vorbemerkung

Die Dialektologie hat als Mundartforschung eine ebenso lange Tradition wie die germanistische Sprachwissenschaft überhaupt. In den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts hatte sie nach einer Phase des akademischen Nischendaseins einen neuen Aufschwung genommen. Mit dem Aufkommen der Soziolinguistik sind die Dialekte in einem neuen Kontext der soziokulturellen sprachlichen Verschiedenheit gesehen worden. Neben der traditionellen Dialektgeographie entwickelte sich eine neue Soziodialektologie, die auch auf die traditionelle Dialektforschung (Sprachatlasund Wörterbucharbeit) nicht ohne Einfluss blieb. Alte Projekte in Form von Sprachatlasunternehmen und Wörterbüchern wurden zu Ende geführt oder stehen vor dem Abschluss. Zahlreiche neue Untersuchungen mit modernisierten Methoden der empirischen Sprachforschung, der Sozio-, Pragma-, PsychooderVarietätenlinguistik ntit und ohne Einsatz von Computern wurden in Angriff genommen. Dies war nicht zuletzt auch eine Folge davon, dass die Dialektologie seit mehr als 25 Jahren im universitären Lehrprogramm der Philologien einen festen Platz einnimmt. Dialektologie hat nicht nur eine neue Funktion als Hilfswissenschaft der Soziolinguistik oder Varietätenlinguistik bekommen, sie ist integraler Bestandteil der germanistischen Linguistik überhaupt.

Als diatopische Linguistik befasst sie sich mit geographisch-räumlichen Sprachbefunden. Phonetik und Phonologie arbeiten vorwiegend an dialektalem Beispielmaterial. Auch die Spracherwerbsforschung hat die Dialekte als muttersprachliehe Erstsprachen mit in ihren Blick genommen. Fast alle linguistischen Theorien, ob empirisch oder spekulativ ausgerichtet, bewähren sich in der Regel an den Dialekten. Dialektforschung ist somit das Übungsund Bewährungsfeld vieler alter. und neuer Theorien und Methoden.

Ziel des vorliegenden Bandes ist es nicht so sehr, die Dialekte im Einzelnen darzustellen. Hierüber gibt es eine Reihe von Handbüchern und Monographien. Es sollen vielmehr mit dieser Einführung so viele elementare Fakten und Verfahrensweisen vorgestellt werden, dass Interessierte, seien es Linguisten, Germanisten, Volkskundler oder Pädagogen, die einschlägige Literatur verfolgen oder an geeigneter Stelle des Gesamtzusammenhangs selbst einen sinnvollen Forschungsbeitrag leisten könnten.

I1

XII Dialektologie

Die Anlage des Buches ist auf dieses Ziel hin ausgerichtet. Die Darstellung der einzelnen Problemkreise ist so angelegt, dass diese auch kapitelweise benutzt werden können, Die weiterführende Literatur steht daher auch immer hinter den einzelnen Abschnitten in vollem ausführlichen Zitat. Die Nummern sollen das Zitieren und Auffinden erleichtern. Wiederholungen bestimmter Themen und Aspekte ließen sich unter diesen Umständen nicht ganz vermeiden.

 

Handbücher und Darstellungen der Dialektforschung

 

und der deutschen Dialekte in chronologischer Reihenfolge:

[1]

Adolf Bach, Deutsche Mundartforschung. Ihre Wege, Ergebnisse und Aufgabe.

 

Heidelberg 1934, '1969

[2]Bernhard Martin, Die deutschen Mundarten. Marburg 1939, 21959

[3]Walther Mitzka, Deutsche Mundarten. Marburg 1943

[4]Ernst Schwarz, Die deutschen Mundarten. Göttingen 1959

[5]Walther Mitzka, Hochdeutsche Mundarten. In: Deutsche Philologie im Aufriss.

 

Hrsg. von Wolfgang Stammler. Berlin 1952fl., '1957 I, S. 655-783

[6]

William Foerste, Geschichte der niederdeutschen Mundarten. Ebd. I,

S. 1729-1898

[7]Victor M. Schirmunski, Deutsche Mundartkunde. Vergleichende Lautund Formenlehre der deutschen Mundarten. Berlin/Ost 1962

[8]Gunter Bergmann, Mundarten und Mundartforschung. Leipzig 1964

[9]Heinrich Protze, Die deutschen Mundarten. In: Die deutsche Sprache. Kleine Enzyklopädie. Leipzig 1969 I, S. 312-422 Vgl. jetzt: Besch [19]

[10]Jan Goossens (Hrsg.), Niederdeutsch - Sprache und Literatur. Eine Einführung. Bd. 1 Sprache. Neumünster 1973

[11]Jan Goossens, Deutsche Dialektologie (Slg. Göschen). Berlin 1977

[12]Thomas L. Markey, Prinzipien der Dialektologie. Einführung in die deutsche Dialektforschung. Mit einer ausführlichen Bibliographie. Großen-Linden 1977

[13]Gerhard Hard, Zur Mundartgeographie. Ergebnisse, Methoden, Perspektiven. In: Wirkendes Wort, Beih. 17, Düsseldorf 1966

[14]Werner Besch U.a. (Hrsg.), Dialektologie. Ein Handbuch zur deutschen und allgemeinen Dialektologie. 2 Bde. Berlin 1982-1983 (Neuauflage in Vorbereitung)

[15]

Klaus Mattheier, Peter Wiesinger (Hrsg.), Dialektologie des Deutschen. For-

 

schungsstand und Entwicklungstendenzen. Tübingen 1994

[l6]

John Kenneth Chambers, Peter Trudgill, Dialectology. Cambridge '1998

[l7]

Stephen Barbour, Patrick Stevenson, Variation im Deutschen. Soziolinguistische

 

Perspektiven. Berlin, New York 1998. Kap. 3: Dialektologie im deutschsprachigen

 

Raum, Kap. 4: Die "neue Dialektologie"

[18]Hermann Niebaum, Jürgen Macha, Einführung in die Dialektologie des Deutschen. Tübingen 1999 (Weiterführung von: Hermann Niebaum, Dialektologie (Germanistische Arbeitshefte 26). Tübingen 1983)

[19]We'rner Besch, Grundzüge der Varietätenlinguistik: Territoriale Differenzierung. In: Kleine Enzyklopädie Deutsche Sprache. Hrsg. von Wolfgang Fleischer, Gerhard Helbig, Gotthard Lerchner. Frankfurt a. M. 2001, S. 383-423

[20]Heinrich Löffler, Wörter in der Mundart. Grundzüge der Dialektologie, insbesondere der Wortgeografie. In: Über Wörter. Grundkurs Linguistik. Hrsg. von Jürgen Dittmann und Claudia Schmidt. Freiburg LBr. 2002, S. 125-145

Vorbemerkung XIII

Forschungsberichte:

[2l] Regionale Dialektologie. Arbeitsberichte der Forschungsunternehmen. In: Zeitschrift für Mundartforschung 32,1965, S. 97-169

[22]Berichte über dialektologische Forschungen in der DDR. Berlin/Ost 1965

[23]Ludwig Brich Schmitt (Hrsg.), Germanische Dialektologie. Festschrift für Walther Mitzka zum 80. Geburtstag. Zeitschrift für Mundartforschung, Beih. NF 5/6, 1968. Darin: Stefan Sonderegger, Alemannische Mundartforschung, S. 1-29; Rudolf

Freudenberg, Bairische Mundartforschung, S. 30-74; Hans Friebertshäuser,

Westmitteldeutsche Mundartforschung, S. 75-104; WolfgangPutschke, Ostmitteldeutsche Dialektologie, S. 105-154; Joachim Hartig, Gerd Keseling, Niederdeutsche Mundartforschung der Stammlande, S. 155-179; Jan Goossens, Zur Geschichte der niederländischen Dialektologie, S. 180-208; Walther Mitzka, Zur Erforschung der ostniederdeutschen Mundarten, S. 603-609

[24]Lexikon der germanistischen Linguistik (LGL). Hrsg. von Hans Peter Althaus, Helmut Henne, Herbert Ernst Wiegand. Tübingen 1973, 21980. Art. 45: Areallinguistik (Jan Goossens), 46: Dialekt (Heinrich Löffler), 47: Westniederdeutsch (HennannNiebaum), 48: Ostniederdeutsch (Dieter Stellmacher), 49: Westmitteldeutsch (Hartmut Beckers), 50: Ostmitteldeutsch (Wolfgang Putschke), 51: Nordoberdeutsch (Erich Straßner), 52. Westoberdeutsch (Wolfgang Kleiber), 53: Ostoberdeutsch (Rudolf Freudenberg), 54: Deutsche Sprachinseln (Peter Wiesinger). Vgl. auch Niebaum, Macha [l8] und Besch [19]

Zeitschriften:

[25]Die deutschen Mundarten. Hrsg. von Jos. Ans. Pangkofer, Georg Karl Fromman, 7 Bde. 1854-1859, 1877

[26]Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung 1f1. 1875ff.

[27]Zeitschrift für hochdeutsche Mundarten, hrsg. von Otto Heilig und Philipp Lenz 1-6, 1900-1905; fortgeführt als Zeitschrift für hochdeutsche Mundarten 1-19, 1906-1923; fortgeführt als Teuthonista. Zeitschrift für deutsche Dialektforschung und Sprachgeschichte, hrsg. von Hermann Teuchert 1-10, 1924-34; fortgeführt als Zeitschrift für Mundartforschung (ZFM), hrsg. von Walther Mitzka 11-35, 1935-69; fortgeführt als Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik (ZDL), hrsg. von Ludwig Erich Schmitt 36fl. 1968fl.

[28]Niederdeutsches Wort 1ff. 1960fl.

[29]Phonetica. Internationale Zeitschrift für Phonetik 1f1. 1957fl.

[30]Dialectologia et Geolinguistica. Journal of the International Society for Dialectology and Geolinguistics 1fl. 1993fl.

Reihen:

[311 Deutsche Dialektgeographie. Untersuchung zum Deutschen Sprachatlas. Hrsg. von Ferdinand Wrede u.a. (DDG) 1f1. Marburg 1908fl. bis 2002 94 Bände

[321 Beiträge zur schweizerdeutschen Grammatik (BSG). Hrsg. von Albert Bachmann. Bd. 1-20. Frauenfeld 1910-1941

[33]Mitteldeutsche Studien. Hrsg. von Theodor Frings u.a. 1f1. 1932fl. bis 197130 Bände

XIV Dialektologie

[34]Beiträge zur Schweizerdeutschen Mundartforschung (BSM). Hrsg. von Rudolf

Hotzenköcherle. Bd. 1-24. Frauenfeld 1950-1982

[35]Deutsche Wortforschung in europäischen Bezügen. Untersuchungen zum Deutschen Wortatlas. Hrsg. von Ludwig Erich Schmitt u.a. 1-5. 1958-1968

[36]Sprachlandschaft. Hrsg. von Robert Schläpfer u.a. Bd. 1-25. Aarau 1984-2000

Bibliographien:

[37]Bibliographie der deutschen Mundartforschung für die Zeit vom Beginn des 18. Jahrhunderts bis zum Ende des Jahres 1889. Von Ferdinand Mentz. Leipzig 1892; fortgesetzt in verschiedenen Nummern der Zeitschriften [27]

[38]Bibliographie zur deutschen Mundartforschung und -dichtung in den Jahren 1921-26. Von Bernhard Martin. Teuthonista, Beih. 2, 1926

[39]Die schweizerdeutsche Mundartforschung 1800-1959. Bibliographisches Handbuch mit Inhaltsangaben. Von Stefan Sonderegger. Frauenfeld 1962; fortgeführt von Rolf Börlin, Die schweizerdeutsche Mundartforschung 1960-82. Aarau 1987

[40]Germanistik. Internationales Referatenorgan mit bibliographischen Hinweisen. Bd. Iff. Tübingen 1960ff.; darin Abt.: Hochdeutsche und niederdeutsche Mundar- ten. (Seit 1960 das vollständigste Nachschlagewerk)

[41]Ergebnisse der Dialektologie. Bibliographie der Aufsätze in den deutschen Zeit-

schriften für Mundartforschung 1854-1968. Von-Hans Peter Althaus, (Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik, Beih.7). Wiesbaden 1970

[42]Bibliographie zur Namenforschung, Mundartforschung und historischen Sprachwissenschaft Bayerisch-Schwabens. Von Rülf Bergmann, Werner König, Hugo

Stopp. München 1978

[43]Bibliographie zur Grammatik der deutschen Dialekte. Laut-, Formen-,

Wortbildungsund Satzlehre 1800-1980. Von Peter Wiesinger, Elisabeth Raffin. Bern, Frankfurt 1982; Nachtrag 1981-1985 und zu früheren Jahren. Bern, Frank- furt 1987

[44]Bibliographie zur Mundartforschung in Baden-Württemberg, Vorarlberg und Liechtenstein von den Anfängen bis zum Jahr 2000. Von Gerhard W. Baur.

Tübingen 2002

1.Dialekt - Mundart: Definitionsprobleme

Bei der eingangs schon erwähnten Fülle an dialektologischen Untersuchungen und Handbüchern dürfte man erwarten, dass Definitionen des Begriffs Mundart oder Dialekt reichlich zur Verfügung stehen. Die Durchsicht der wichtigsten Arbeiten mit umfassenderer ThemensteIlung ergibt jedoch eine auffällige Zurückhaltung in der Formulierung und Abgrenzung des Gegenstandes. Man könnte vermuten, dass den Fachleuten die Begriffe Dialekt und Mundart so klar sind, dass sie eine genaue Definition vor jeder größeren Arbeit für überflüssig und sinnlos halten. Dass dem nicht so ist, belegen schon die wenigen Stellen, an denen man sich ernsthaft um eine genauere Ausgrenzung bemüht. Statt einer Definition werden dann Erscheinungsweisen aufgezählt, Beispiele beigebracht für Mundart und Beispiele für Fälle, bei denen man nicht mehr eigentlich von Mundart sprechen kann (Schwarz [4] 17-19). Der interessierte Leser hat jedenfalls größte Mühe, sich darüber zu informieren, was Mundart sei und was Dialekt oder ob beide Begriffe vielleicht identisch sind. Es gibt zwar vereinzelte Definitionen wie:': "Mundart: die Sprache der schlichten Schichten der Völker" (Martin [2] 5) oder: "Örtlich oder regional gebundene besondere Form einer Sprache" (Brockhaus, Enzyklopädie 5, 1988, 446). Sobald man jedoch mit diesen Definitionen an eine wissenschaftliche Arbeit herangehen will, kOITunt man nicht weit. Man wird dann mit weiteren Begriffen wie Halbmundart. echte und unechte Mundart Grundmundart, Bauernmundart Diasystem, Subkode, Mundart des Kindes, historische Mundart usw. konfrontiert, die offensichtlich nicht in die schlichte Form einer der genannten handfesten Definitionen passen wollen. So stellt sich die einfache Frage nach der Definition des Begriffes Mundart und Dialekt gleich zu Beginn als eines der Probleme, wenn nicht gar als eines der Hauptprobleme der Dialektforschung heraus. Eine wissenschaftliche Disziplin, dazu noch eine der exakt sein wollenden Linguistik kennt offenbar ihren Gegenstand nicht. Bei genauerem Hinsehen weiß diese Wissenschaft aber auch nicht, was keine Mundart ist oder was nicht mehr oder noch nicht zu ihr zu rechnen ist. Über das andere Ende des sprachlichen Spektrums - der Hochsprache, Schriftsprache, Einheitssprache, Gemeinsprache, Koine oder Verkehrssprache - herrschen ebenso viele undeutliche Vorstellungen, wie es Namen dafür gibt. Der Mangel an präziser begrifflicher Abgrenzung des Gegenstandes ist offensichtlich kein Versäumnis der Dialektolo-

2 Dialekt - Mundart: Definitionsprobleme

gie. Der Grund der schieren Unmöglichkeit zu sagen, worüber man handelt, ist der gleiche, der auch die Frage: Was ist Sprache? oder: Was ist ein Satz? zum Anlass hundertfacher Definitionsversuche werden ließ. So sehr die Begriffsdefinition im Argen liegen mag, so klar und eindeutig steht es um die Wortbedeutung und Wortgeschichte von Dialekt und Mundart:

Dialekt stammt aus dem Griechischen: 1'] ö"d.eK.6<; heißt die Unterredung, von ö"d.€yeathXt: sich unterhalten, dann die Art des Redens, die Redeweise. Das Wort wurde in gleicher Form ins Lateinische übernommen. Bei Sueton ist von dialeelas

Doris, dem dorischen Dialekt, die Rede oder bei Terenz von dialectos Aeolica (Georges [50]). Gemeint waren die verschiedenen, landschaftlich geprägten Varianten des Griechischen: das Attische, Dorische, Jonische etc. mit hauptsächlich lautlich phonetischen Differenzen (vgl. Glinz [52] 76), wie z.B. iJuAaoo" gegen MA""" "das Meer", wobei die Verständlichkeit zwischen diesen Dialekten gegeben war, was man daraus schließen kann, dass in den griechischen Tragödien für Chor und Personen zwei verschiedene Dialekte verwendet werden konnten. Das griechischlateinische Wort wurde nachweisbar seit Spee (1634) in der Vorrede zur 'Trutznachtigall' im Deutschen gebraucht. Bei Karl Wilh. Ramler (1749) ist das deutsche Wort "der Dialekt" belegt. In fast allen heutigen Dialekten ist dieses Fremdwort die heimische Bezeichnung für das, was man unterortsgebundener, einheimischer Sprache versteht, wofür man gewöhnlich aber die Ortsadj ektivBildung auf-isch verwendet: Kölsch, Münchnerisch, Schwäbisch, Fränkisch. Neben diesem eher gelehrten Strang des heutigen Wortes Dialekt vom fremden Kunst- wort zum linguistischen Terminus einerseits und zum Volkswort andererseits lässt sich die deutschsprachige Linie feststellen: In Hugo von Trimbergs 'Renner' (ca. 1300) werden die "Dialekte" des deutschen Sprachgebietes aufgezählt und schlag-

wortartig charakterisiert:

Swäbe ir Wörter spaltent

Die Franken ein teil si valtent ...

Im Folgenden (Vs. 22 240) werden diese Dialekte "Iantsprachen" genannt. Erst sehr viel später versuchte Philipp von Zesen (1641) für das komplementäre Begriffspaar Schreibart - Redart das neue Wort "Mundart" einzuführen (Bach [1] § 3, Henzen [48] 12) als deutsche Entsprechung für lat. dialectus oder idioma, wie andererseits Schreibart die Übersetzung für stilus darstellen sollte. Die deutsehen Grammatiker des 17. Jahrhunderts (Gueintz, Schotte!, Harsdörffer) übernahmen das neue deutsche Wort. Sogar !in Dänischen und Schwedischen ist (nach Kluge [51] 130) mundart und munart der Terntinus für Dialekt.

Von der Vorgeschichte her ist Mundart also die gelehrte deutsche Entsprechung für das Fremdwort Dialekt. Da Dialekt auch von den Dialektsprechern für die eigene Sprache gebraucht wird, ergibt sich der seltsame Fall, dass das Fremdwort volkstümlich ist, das eingedeutschte Wort jedoch ein Kunstwort und ein Ausdruck der Fachwissenschaft geblieben ist. So klar jedenfalls die Wortgeschichte von Dialekt und Mundart zu sein scheint, so aussichtslos erscheint eine endgültige

Dialekt - Mundart: Definitionsprobleme 3

Klärung des Definitionsproblems, zumal es neben dem synonymen Gebrauch von Dialekt und Mundart offensichtlich auch eine differenzierte Verwendungsweise gibt. So wird bei Socin [63] Dialekt für landschaftliche Schreibsprache in historischer Zeit verwendet, Mundart für die hinter einer Schrift erscheinende mündliche Sprechsprache. Bei J. Grimm [90] sind die Dialekte die Äste eines Sprach-Baumes, die Mundarten die Zweige an den Ästen. Heute besteht eine Tendenz, den Terminus Dialekt und Dialektologie für das Objekt und die Forschungsdisziplin der strukturell ausgerichteten Linguistik zu reservieren, während Mundart und Mundartforschung eher für das "untere" Sprachleben und die traditionell "sprachwissenschaftliche" Forschungsrichtung gebraucht wird.

Das unübersichtliche Durcheinander von historischer Entwicklung, modischer Tendenz und sachgerechter Abgrenzung lässt sich einigermaßen ordnen, wenn man die Einteilungsund Abgrenzungskriterien einiger Definitionsversuche getrennt hält. Dabei zeigt sich, dass die Unübersichtlichkeit zum Teil daher kommt, dass die Einteilungskriterien entweder zu vordergründig sind oder zu vollständig sein wollen oder dass ganz verschiedene Kriterien gleichzeitig ununterschieden verwendet werden. Allen Definitionsversuchen gemeinsam ist die relative Unselbständigkeit des Begriffs Dialekt/Mundart. Eine Bestimmung wird immer nur auf dem Hintergrund des Gegenstücks - der Hochsprache, Schriftsprache etc. - versucht. Dialekt steht also immer in einer komplementären Beziehung zu einer genauso schwer zu definJerenden Bezugsgröße, meist der übergeordneten Hochsprache.

Die Abund Ausgrenzung von Dialekt gegenüber der übergeordneten Sprache einerseits und gegenüber den Nachbarmundarten oder Mit-Dialekten oder gegenüber verschiedenen Zwischenstufen zwischen Dialekt und Hochsprache kann nach mehreren Gesichtspunkten geschehen:

I. Das linguistische Kriterium. Das naheliegendste Kriterium zur Abgrenzung von Dialekt und Sprache, nämlich das streng linguistische, wurde erst in jüngster Zeit systematisch angewendet. Dialekt ist danach ein Subsystem S' zu einem übergreifenden Sprachsystem S. Die Teildeckung oder Abweichung zwischen Sund 5' darf auf allen grammatischen Ebenen nur so weit gehen, dass die gegenseitige Verstehbarkeit gewahrt bleibt. Dialekt wäre danach also eine SprachsystemVariante mit ungestörter Verstehbarkeit. Wieweit die sprachlichen Einheiten jedoch abweichen dürfen, dantit die Verstehbarkeit nicht gestört ist, kann man nicht genau angeben. F.B. Agard [55] hat denn auch versucht, die linguistischen Abweichungen zwischen einem übergreifenden Sprachsystem und einem davon abgeleiteten Dialekt genauer zu fassen, indem er z.B. im morphonematischen Bereich nur ganz bestimmte Systemabweichungen zulässt. Werden diese flexivischen Abweichungen überschritten, handelt es sich nicht mehr um zwei Dialekte, sondern um zwei verschieden,!Sprachen. Es wird aber nicht verlangt, dass jeder Dialekt einer Sprache gegenüber der Hochoder Einheitssprache diese nahe Systemverwandtschaft hat. Auch wenn z.B. Dialekt A mit dem System S nahe verwandt ist, Dialekt B aber nicht, so sind A und B dennoch Dialekte von S, wenn

4 Dialekt - Mundart: Definitionsprobleme

A und B ihrerseits Systemnähe zeigen. Die Anwendung der Agardschen Kriterien auf die deutschen Dialekte wäre einmal wünschenswert, zumal noch hinzukommt, dass viele deutsche Dialekte nur über gemeinsame historische Vorstufen überhaupt miteinander verwandt sind, d.h. dia-systematisch verglichen werden können.

Innerhalb der generativen Transformationsgrammatik wird die - allerdings noch nicht verifizierte - Hypothese vertreten, der sich z.B. auch Labov [145] 159 anschließt, "dass die Dialekte einer Sprache sich wahrscheinlich in niedrigstufigen Regein voneinander unterscheiden, und dass die oberflächlichen Unterschiede größer sind als diejenigen, die, wenn überhaupt, in ihren Tiefenstrukturen festgestellt werden". Ein Dialekt Dj hat demnach mit dem übergeordneten Sprachsystem S gemeinsame Tiefenstrukturen auf phonologischer, morphologischer, semantischer und syntaktischer Ebene und unterscheidet sich lediglich in der Art und Zahl der Transformationsregeln, die zu einer dialektal abweichenden Oberflächenstruktur führen. Die genaue Realisierung dieser Hypothese würde hier eine intensivere Auseinandersetzung mit der Theorie und der Arbeitsweise der generativen Grammatik voraussetzen. Es sei daher nur so viel festgestellt, dass hier der Begriff Dialekt lediglich als eine synchrone (gleichzeitige) Variante von einer Hauptsprache aufgefasst wird, wie sie in den USA in vielen Formen vorliegen als Slang, als Afro-English, als fremdsprachlich gefärbtes Amerikanisch der nationalen Gruppen oder als amerikanisch gefärbte Nationalsprache. Den Dialektverhältnissen in Deutschland dürfte man mit der oberflächen -strukturellen Varianz bei gleicher Tiefenstruktur mit der Hochsprache wohl nicht gerecht werden.

Die strukturlinguistischen Ansätze zur Definition und Ausgrenzung von

Dialekt gegenüber einer Hauptsprache sind jedoch ernstzunehmen. Dringend erforderlich wäre die Anwendung der Kriterien auf die deutschen Verhältnisse.

Zur linguistischen Ausgrenzung von Dialekt aus der Hochsprache gehört auch die so genannte Defizit-Hypothese, die besagt, dass die Dialekte auf fast allen grammatischen Ebenen eine mangelhafte Ausstattung gegenüber der übergeordneten Kultursprache hätten. Vor allem in der Zeit der Suche nach der hochsprachlichen Norm (s. Kap. 2.1) war diese Auffassung weitverbreitet. Die Unterschiede Dialekt - Hochsprache ließen sich danach ungefähr so skizzieren (vgl. Löffler [60]):

 

 

 

Dialekt - Mundart: Definitionsprobleme 5

 

 

 

 

 

 

Dialekt

 

Hochsprache

 

 

 

 

 

Dürftige Besetzung aller grammatischen

 

Optimale Besetzung aller grammatischen

 

 

Ebenen: Es fehlen ganze Kategorien wie

 

Ebenen. Maximales Inventar aller gram-

 

 

z.B. das Präteritum der Verben. Reduzier-

 

matischen Kategorien, z,B. Plusquamper-

 

 

teI Wortschatz, wenig syntaktische Pläne,

 

lek!. Futur II. Maximaler Wortschatz.

 

 

wenig Möglichkeiten der logischen Struk-

 

Syntaktische Vielfalt. Alle Möglichkeiten

 

 

turierung, z.B. keine hypotaktischen Kon-

 

der logischen Verknüpfung.

 

 

junktionen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Einzelforschung hat jedoch nachgewiesen, dass sich Dialekt und Hochsprache nach ihren prinzipiellen Möglichkeiten nicht unterscheiden. Der auffallende Unterschied liegt vielmehr in der Besetzung und der Häufigkeit der Verwendung (Frequenz) bestimmter grammatischer Möglichkeiten. Die Unterschiede, z.B. die häufigere Parataxe im Dialekt (beigeordnete Sätze) oder die konkrete Ausdrucksweise gegenüber der Hypotaxe und der abstrakteren Ausdrucksweise in der Hochsprache, sind keine Systemunterschiede, sondern lassen sich durch die verschiedenen Verwendungsbereiche von Dialekt und Hochsprache erklären. Die grammatischen und kommunikativen Möglichkeiten sind grundsätzlich gleich angelegt (Lyons [56] 35fl.). Dennoch wird das Wort Dialekt umgangssprachlich oft in dieser pejorativen Bedeutung gebraucht als fehlerhafte Variante der nationalen Einheitssprache.

2. Das Kriterium des Verwendungsbereiches. Wie eben schon angedeutet. lässt sich Dialekt von der Hochsprache auch durch die verschiedenen Verwendungsbereiche ausgrenzen. Die Verwendung erstreckt sich dabei auf:

Dialekt

 

Hochsprache

Familiär-intimen Bereich, örtlichen Be-

Öffentlichen Bereich, überörtlichen Be-

reich und Arbeitsplatz, mündliches Spre-

reich,

mündliche

und schriftliche Rede,

ehen.

Literatur, Kunst, Wissenschaft, öffentliche

 

Rede,

feierliche

Anlässe, Gottesdienst,

Schule.

Da alle Verwendungsbereiche, die den Dialekt angeblich kennzeichnen, auch von der Hochsprache prinzipiell abgedeckt werden können und dies in manchen Gegenden auch geschieht, können die speziellen Verwendungsweisen des Dialekts nicht die konstituierenden Merkmale von Dialekt sein. Es gibt jedoch eine alte Tradition, die für die genannten dialektspezifischen Verwendungsweisen jeder Sprache überhaupt die Bezeichnung Mundart verwendet.

3. Das Kriterium der Sprachbenutzer. Nach der Art des Personenkreises, der die eine oder andere Sprachvariante benutzt, ließen sich Dialekt und Hochsprache einteilen:

6 Dialekt - Mundart: Definitionsprobleme

 

Dialekt

 

Hochsprache

 

 

 

 

Unterschicht: Arbeiter, Bauern, Handwer-

Mittelund Oberschicht, Höhere Beamte,

 

ker, kleine Angestellte, geringe Schul-

Unternehmer,

akademische Berufe des

 

bildung.

öffentlichen

und kulturellen Lebens,

 

 

 

 

 

 

 

höhere Schulbildung.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nach dieser Einteilung ist Dialekt die Sprache der "schlichten Schichten der Völker" (s.o.). Abgesehen davon, dass in nördlichen Gegenden Deutschlands auch bei unteren Schichten durchaus Hochsprache, oder was man dafür hält, gesprochen wird, findet man nach Süden hin jenseits der Mainlinie, besonders aber in der Schweiz und in Österreich, auch bei gehobenen Schichten durchaus Dialekt als die erste Verständigungssprache auch im öffentlichen Leben. Dialekt als Bauernund Arbeitersprache kann also auch nur ein zufällig-akzidentelles Merkmal benennen. Die Definition von den Benutzern her trifft also auch nicht die gesamte Merkmalsbeschreibung, die für alle Verwendungsweisen des Wortes Dialekt gelten können.

4. Das Kriterium der sprachgeschichtlichen Entstehung. Beim Werdegang einer Kultursprache, d.h. ihrer Entstehung als Einheitsoder Kompromissform unter mehreren Teilsprachen, wird oft von Dialekten gesprochen. So ist.

 

Dialekt

Hochsprache

 

 

Zeitliche Vorstufe "Antecedent" (Agard

Vereinigungsform von zeitlich vorgelager-

 

[53]), reine oder echte Mundart; zeitlich

ten Dialekten als Verkehrsoder Kultur-

 

nachgeordnete Ableitungsstufe: "Desce-

sprache, Aufwertungsstufe eines Einzel-

 

dent", gesunkene Kultursprache, Jargon.

 

dialekts zur einheitssprachlichen Norm.

 

 

 

Ausgangsstufe für weitere Descedenten.

 

 

 

 

 

 

 

 

Unter eine solche Einteilung fallen die griechischen Dialekte (Attisch, Jonisch, Dorisch, Aeolisch etc.), die Vorstufen der hellenistischen Koine (Verkehrsund Kultursprache ) waren, oder auch die italischen Dialekte, von denen der Dialekt Latiums zur Verkehrsund Kultursprache (Latein) erhoben wurde. Daraus entstanden später wieder Ableitungen (Vulgärlatein), von denen der florentinische Dialekt wiederum als einheitliche Schrift-, Verkehrsund Einheitssprache (Italienisch) die alte Kultursprache Latein ersetzte (W. v. Wartburg [53]12fl.). Die Entwicklung der deutschen Sprache zeigt ebenfalls ein ständiges Wechseln zwischen Dialekten als Vorstufen von Verkehrssprachen und den davon abgeleiteten Nachfolgern. So hatte sich aus den germanischen, besser westgermanischen Dialekten, die keine übergeordnete Kultursprache kannten, ein Übergewicht der hochdeutschen Dialekte als Kultursprache ergeben. Dabei kann man aber nicht von einer Vereinigungsstufe oder dem Prinzipat eines einzelnen Dialektes reden.

Dialekt - Mundart: Definitionsprobleme 7

Erst seit dem ausgehenden Mittelalter, mit dem Aufkommen des Buchdrucks und durch die Einheitswirkung von Luthers Bibelsprache entstand eine deutsche Kulturund Einheitssprache als Kompromissform aus verschiedenen Dialekten, die über diesen verschiedenen Dialekten als Ausgleichssprache stand. Ähnlich wie die hellenistische Koine hat die deutsche Einheitssprache alle deutschen Dialekte in verschiedenem Maße zu Vorstufen. Das Verhältnis des Einzeldialekts zur Hochsprache ist demnach auch jeweils verschieden.

5. Das Kriterium der räumlichen Erstreckung. Schon unter 4. war mit dem Kriterium der zeitlichen Vorstufe oder Ableitung auch, wie im Namen vieler Dialekte schon angedeutet wird (Attisch, Jonisch, Fränkisch, Schwäbisch), die räumlich-land- schaftliche Erstreckung mit ausgedrückt. Von allen genannten Einteilungsprinzipien ist das der räumlichen Geltung das weitverbreitetste und am häufigsten gemeinte, wenn von Dialekt die Rede ist. Danach ist

Dialekt

Hochsprache

 

 

 

 

Orts- und raumgebunden, landschafts-

Überörtlich, räumlich nicht begrenzt,

 

spezifisch.

nicht landschaftsspezifisch.

 

 

 

 

Vielfach wird Dialektforschung gleichgesetzt mit Dialektoder Sprachgeographie. Auch hieraus kann man die Sonderstellung dieses Merkmals von Dialekt erkennen. Dennoch darf die Charakterisierung von Dialekt nicht ausschließlich nach dem Kriterium der räumlichen Erstreckung erfolgen.

6. Das Kriterium der kommunikativen Reichweite. Eng verbunden mit dem Kriterium der räumlichen Erstreckung ist das der kommunikativen Reichweite. Danach ist

Dialekt

Hochsprache

 

 

 

 

von begrenzter und dadurch minimaler

von unbegrenzter und optimaler kommu-

 

kommunikativer Reichweite; geringster

nikativer Reichweite; größter Verständi-

 

Verständigungsradius.

gungsradius.

 

 

 

 

Von H. Bausinger [57] und U. Ammon [173] wird Dialekt gegenüber der Einheitssprache dadurch gekennzeichnet, dass er einen geringen, oft nur kleinsträum - lichen sprachlichen Verständigungsradius habe, während jeder Schritt weg vorn Dialekt in Richtung Einheitssprache die kommunikative Reichweite vergrößere. Ähniich wie beim eigentlich linguistischen Kriterium (1.) ist auch hier die Operationalisierung von "Reichweite" nach linguistischen Merkmalen noch nic)J.t.

durchgeführt. Es wäre vor allem streng zu unterscheiden zwischen rez~l~elft Sq~

Reichweite (des Hörens und Verstehenkönnens) und der produktiven R~weite

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(des Sprechens und Verstandenwerdens). In diesem Punkte stehe>l, uefl:1'·-·b

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