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- •3. 1. Die Merkmale des Althochdeutschen
- •3. 2. Die zweite Lautverschiebung
- •3. 3. Vokale des Althochdeutschen
- •3. 4. Der lexikalische Aspekt des Althochdeutschen
- •3. 5. Der grammatische Aspekt des Althochdeutschen
- •3. 6. Der syntaktische Aspekt des Althochdeutschen
- •Infinitiv im einfachen Satz
- •Der zusammengesetzte Satz
3. 5. Der grammatische Aspekt des Althochdeutschen
Die grammatische Seite der Entwicklung der Sprache charakterisiert sich durch Erscheinungen, die die Sprache unifizieren. Es geht vor allem um den Syntax. Eingehend findet die Unifizierung von Typen der Konjugation der Verben und Adjektive (starke, schwache), der Kasusendungen der Substantive statt.
Das allgemeine Bild der Deklination des Substantivs:
Sing. Nom. tag wort geba
Gen. tages wortes geba, -o
Dat. tage worte gebu, -o
Akk. tag wort geba
Instr. tagu, -o wortu, -o
Plur. Nom. taga, -á wort gebâ
Gen. tago worto gebôno
Dat. tagum, -om wortum, -om gebôm, ôn
Akk. taga, - á wort gebâ
Die Personalpronomen hatten solche Formen:
Nom. ic dū er (ir) wir ir sie
Gen. min din sin unsêr iuwér
Dat. mir dir imu, -o uns iu
Akk. mih dih inan, in unsih sie
Die althochdeutschen Verben hatten folgende Formen: das Genus des Aktivs, die Tempora des Präsens und des Präteritums, die Modi des Indikativs, Konjunktivs, Imperativs, die Numeri des Singulars und Plurals, an Verbalnomina einen Infinitiv des Präsens und Partizipien des Präsens und des Präteritums.
Die Art der Konjugation der Verben charakterisierte sich schon damals durch die Ablautreihen. Es waren 6 Ablautreihen.
Als Beispiele wird hier das Konjugieren von einigen Typen der Verben dargestellt:
Präsens: (helfen) (erzählen) (salben) (haben)
ih hilfu zellu salbô habén
du hilfis zelis salbôs habés
er hilfit zelit salbôt habét
wir helfemés zellemés salbômés habénmés
ir helfét zellet salbôt habét
sie helfant zellent salbônt habént
Präteritum: (helfen) (erzählen) (salben) (haben)
ih half zalta salbôta habéta
du hulfi zaltôs salbôtos habétos
er half zalta salbôta habéta
wir hulfun zaltun salbôtun habétun
ir hulfut zaltut salbôt habét
sie hulfun zaltun salbôtun habétun
Partizip: giholfan gizalt gisalbôt gihabét
3. 6. Der syntaktische Aspekt des Althochdeutschen
Der althochdeutsche Satzbau ererbte Charakterzüge des Indoeuropäischen. Sie sind folgende:
Die vorherrschende Satzform ist der zweigliedrige Satz mit einer Subjekt-Prädikat-Struktur:
Thō uuîb habéta einen sun. – Die Frau hatte einen Sohn.
Ther kuning reit kuono. – Der König ritt kühn.
Fohūn habēnt loh. – Füchse haben einen Bau.
Die eingliedrige Sätze kommen sehr selten vor: EƷ âbandêt – Es wird Abend; EƷ nahtêt – Es wird Nacht; EƷ ist spâti – Es ist spät.
2. Die Hauptausdrucksmittel der syntaktischen Beziehungen zwischen den Wörtern im Satz sind Kongruenz und Rektion.
Die Wortstellung im einfachen Satz vereinigte freie und feste Regeln. Im Großen und Ganzen hängte die Stellung des Subjekts, Objekte und Attribute meist mit der kommunikativen Aufgabe zusammen.
Das Subjekt ist meist der Ausgangspunkt des Satzes und nimmt die erste Stellung im Satz ein (die gerade Wortfolge):
Ther kuning nam her skild. – Der König nahm das Schild.
Her habêta zuuênê suni. – Er hatte zwei Söhne.
Sie sint guote liutin. – Sie sind gute Leute.
Die invertierte Wortfolge weist meist darauf hin, was der Sprecher im Satz
unterstreichen will:
In thaƷ gebirgi floh her. – In das Gebirge floh er.
Thô quad iru der heiland: „gib mir trinkan“. – Da sagte ihr
der Heiland: „Gib mir zu trinken!“
Sus in uuege quam ein uuîb. – Da kam des Weges ein Weib.
Vorangestellt werden manchmal auch die anderen Satzglieder, wenn sie im
Satz „das Neue“ (das Rhema) sind:
Einen man uueiƷ ik. – Einen Man kenne ich.
Tot ist her. – Tot ist er.
Das Prädikat im Althochdeutschen offenbart sich die Tendenz zur festen
Stellung im Satz: Der häufigste Fall ist wohl die Zweitstellung:
Sum man gieng in ferra lantscaf. – Ein Mann reiste in ein fernes Land
DaƷ uuîb quad: „ni habu gomman.“ – Das Weib sagte: „/Ich/ habe keinen Man“
Verbreitet ist aber auch die Anfangsstellung des Prädikats im Aussagesatz. In der Regel hat die Anfangsstellung des verbalen Prädikats eine stilistische Funktion: Sie verleiht der Erzählung die epische Gehobenheit. Das Prädikat kann allein oder mit ergänzenden Satzgliedern das Rhema des Satzes sein. Z.B.:
Fater, zelluh (zellu ih) thir ein … – Fater, (ich) erzähle dir eins …
Die Aufforderungssätze zeigen auch regelmäßig die Anfangsstellung des
Prädikats. Das zeigt sich in der Regel in Ausrufungssätzen und in Fragesätzen mit
dem Fragewort:
Gib mir trinkan! – Gib mir zu trinken!
Faret ir in mînan garten! – Geht in meinen Garten!
Uuer pist dû? Uuna guimis? UuaƷ sôhtut? –
Wer bist du? Woher kommst du? Was habt ihr gesucht?
Auch Fragesätze ohne Fragewort sind durch die Anfangsstellung des Prädikats gekennzeichnet; die Partikel eno („etwa“) in solchen Sätzen ist kein Satzglied:
Eno bin ich iz, brouder? Bin das ich etwa, Bruder?
Eno nist (ni ist) these din sun? Ist das etwa nicht dein Sohn?
Trotz der Tendenz zur Zweitstellung des verbalen Prädikats sind die Fälle nicht selten, wo das Prädikat am Satzende steht, z. B.:
Alla thesa naht arbeitende niuuih ni gifiengumês (Endstellung).
Die ganze Nacht haben wir gearbeitet und nichts gefangen.
Ansätze zur Entwicklung der verbalen Klammer
Gewisse Ansätze zur Entwicklung der verbalen Klammer sind bereits im Althochdeutschen vorhanden. Die Teile des biverbalen Prädikats nehmen folgende Stellung zueinander ein:
Unmittelbare Kontaktstellung:
Her frâgên gistuont min sun. – Er begann, meinen Sohn zu fragen.
Klammer:
Nioman ni mag zuuein herrôn thionôn. – Keiner kann zwei Herren dienen.
Kontaktstellung:
Sin sun uuas cund themo uns. – Sein Sohn war uns bekannt.
Klammer:
Huob her gundfanon ûf. – Er hob die Kriegsfahne auf.