
- •Stilistik der deutschen sprache
- •Введение
- •Kapitel 1. Stilistische Grundbegriffe
- •1.1. Stilistik als gesellschaftswissenschaftliche Disziplin
- •1.1.1. Gegenstand und Aufgaben der Stilistik
- •1.1.2. Stilistik im System der Wissenschaften
- •1.1.3. Stilistik unter dem soziolinguistischen und pragmatischen Aspekt
- •1.2. Problem der Stilklassifikation
- •1.2.1. Der Stil der öffentlichen Rede
- •1.2.2. Der Stil der Wissenschaft
- •1.2.3. Der Stil der Presse und Publizistik
- •1.2.4. Der Stil der Alltagsrede
- •1.2.5. Der Stil der schönen Literatur
- •1.3. Sprach- und Stilnormen. Abweichung von der Norm als Stilmittel
- •Termini zum 1. Kapitel
- •Aufgaben zum 1. Kapitel
- •Licht am Ende des “Rohres”
- •Свет в конце трубы
- •Kapitel 1. Fragen zur selbstkontrolle
- •Kapitel 2. Einige Fragen der Makrostilistik
- •2.1. Kompositionsformen
- •2.2. Erzählperspektive als linguistische Kategorie
- •2.3. Arten der Rededarstellung
- •2.4. Sprachporträt
- •Termini zum 2. Kapitel
- •Aufgaben zum 2. Kapitel
- •3.2. Thematische und synonymische Verwandschaft der Wörter
- •3.2.1. Thematische Gruppen und thematische Reihen. Synonymische Reihen
- •3.2.2. Gemeinsprachliche und kontextuale Synonyme
- •3.3. Stilistische Charakteristik des deutschen Wortschatzes
- •3.3.1. Der stilistisch undifferenzierte Wortbestand
- •3.3.2. Der stilistisch differenzierte Wortbestand
- •3.4. Mittel der Bildkraft
- •3.4.1. Die treffende Wortwahl als Mittel der Bildhaftigkeit
- •3.4.2. Vergleiche
- •3.4.3. Metaphern
- •3.4.4. Metonymien
- •3.4.5. Mittel der Umschreibung
- •3.4.6. Epitheta
- •3.5. Mittel zum Ausdruck von Humor und Satire
- •3.5.1. Wortwitze (Doppelsinn und Wortspiel)
- •3.5.2 Unlogische Verbindungen
- •3.5.3 Stilistische Paradoxe
- •3.6. Stilistische Leistung der Wortbildung
- •3.6.1. Stilwert der Transposition
- •3.6.2. Stilistische Möglichkeiten der Ableitungen
- •3.6.3. Stilistische Möglichkeiten der Zusammensetzungen
- •3.7. Stilistische Leistung der Phraseologismen
- •Termini zum 3. Kapitel
- •Aufgaben zum 3. Kapitel
- •Kapitel 3. Fragen zur selbskontrolle
- •Kapitel 4. Grammatik der deutschen Gegenwartssprache aus stilistischer Sicht
- •4.1. Stilfärbung in der Grammatik
- •4.1.1. Absolyte Stilfärbung in der Grammatik
- •4.1.2. Kontextstilfärbung in der Grammatik
- •4.2. Mehrdeutigkeit der grammatischen Formen
- •4.3. Grammatische Seme
- •4.4. Morphologie aus stilistischer Sicht
- •4.4.1. Stilwert der Wortarten
- •4.4.2. Stilwerte des Artikels
- •4.4.3. Stilwerte der Modi
- •4.4.4. Stilistische Möglichkeiten der Genera verbi
- •4.5. Syntax aus stilistischer Sicht
- •4.5.1. Stilistische Leistung der Wortfolge
- •4.5.2. Stilistisch kolorierte Wortfolge
- •4.5.3. Stilistische Ausdruckswerte der Satztypen
- •4.6. Verbindungsmöglichkeiten zwischen Wörtern, Wortgruppen, Sätzen und Absätzen
- •4.6.1. Neben- und Unterordnung
- •4.6.2. Lexisch-grammatische Stilfiguren
- •Termini zum 4. Kapitel
- •Aufgaben zum 4. Kapitel
- •Kapitel 4. Fragen zur selbskontrolle
- •Seminarfragen Seminarplan 1.
- •Seminarplan 2.
- •Seminarplan 3.
- •Seminarplan 4.
- •Seminarplan 5.
- •Seminarplan 6.
- •Seminarplan 7.
- •Seminarplan 8.
- •Seminarplan 9.
- •Interpretationsschema
- •Literaturnachweis
- •I. Pflichtliteratur
- •II. Zusätzliche Literatur
- •III. Wöterbücher Ахманова о.С. Словарь лингвистических терминов. М., 1966
- •IV. Die schöngeistige Literatur
3.6. Stilistische Leistung der Wortbildung
3.6.1. Stilwert der Transposition
Der Terminus „Transposition“ wird hier im weiteren Sinn gebraucht als Überführung einer Wortart in eine andere Wortart ohne besondere Wortbildungsmittel (Konversion) sowie als Substantivierung einer Wortgruppe oder eines Satzes (Zusammenrückung).
Sehr verbreitet ist im Deutschen die Transposition einer Wortart in die Klasse der Substantive. In der Rangordnung der Seme geschieht folgendes:
1. Alle Substantivierungen weisen als gemeinsames Sem ersten Ranges (nach dem Grad der Verallgemeinerung) „Gegenständlichkeit“ auf;
2. Die für jede Wortart charakteristischen Seme sinken zu Semen zweiten Ranges: „der Vorgang“ bei den Verben, „das Merkmal“ bei den Adjektiven;
3. Dazu kommen noch die Seme dritten Ranges – die Seme des Geschlechts (männlich/weiblich): der Blonde – die Blonde, der Laufende – die Laufende; das Neutrum verleiht den meisten Substantivierungen die Seme „Verallgemeinerung“, „Unbestimmtheit“: das Laufen, das Rote – das Rot, das Morgen, das Aber, das Ich. Nur bei den Zahlwörtern ist das grammatische Geschlecht unmotiviert: die Drei. Bei der Gegenüberstellung aller drei Geschlechter eines substantiviertes Grundwortes treten die Seme klar zutage: der Gesuchte – die Gesuchte – das Gesuchte.
Die Vereinigung dieser dreistufigen Seme erzeugt einen komplizierten Stileffekt: Er hatte das Ganze Dick: das Bitten und Betteln, das Humpeln und Pumpen, das Schwitzen und Schwatzen [Seghers 1]. Der Infinitiv besitzt die Seme „Vorgang“ und „Dauer“, die infolge der Substantivierung durch das Sem „Gegenständlichkeit“ überlagert werden. Das sächliche Geschlecht dient zur Verallgemeinerung des Begriffs. Die Mitwirkung dieser Seme, verstärkt durch den syntaktischen und phonologischen Parallelismus, erzeugt die Konnotation: das Gefühl der Überdrüssigkeit wegen ständiger, eintöniger, zum Lebensstandard gewordener Wiederholung erniedrigender Handlungen. Dass die Handlungen erniedrigend sind, bezeugt allerdings die Lexik.
Oft substantiviert man die Verben der Geräusche, um ihre Dauer und eine gewisse Selbstständigkeit zu betonen: Von weitem ertönte das Dengeln der Sensen, das Knattern und Quietschen der schwerfälligen Wagen …, das Mahlen und Muhen der Kühe, das Stampfen der Pferde und das muntere Geplapper der Kinder in der altvertrauten Mundart [Joho].
Wenn man alle Substantivierungen durch finite Verben ersetzt, so verwandelt sich das Bild in eine bewegungsreiche Schilderung; die substantivischen Attribute werden zu Subjekten der Aussage und rücken somit in den Vordergrund, die Geräusche erhalten zeitliche und modale Präzisierung: Von weitem hörte man, wie die Sensen gedengelt wurden, die schwerfälligen Wagen knatterten und quietschten …, die Kühe mahlten ubd muhten, die Pferde stampften, die Kinder plapperten munter in der altvertrauten Mundart.
Der substantivierte Infinitiv ohne Attribute widergibt den reinen Verlauf des Geschehens ohne Begrenzung und ohne Blick auf die Zeit: Ein Drängen und Hasten, Rufen und Winken, Begrüßen und Küssen [Bredel].
Das Sem „Unbestimmtheit“ tritt klar hervor: Es roch nach Staub, nach Dumpfem und Sauerem [Zweig].
Die Substantivierung der unflektierten Wortarten schafft einprägsame Synonyme zu den allgemeingebräuchlichen, stilistisch unmarkierten Bezeichnungen: das Entweder-Oder – die Alternative; das Für und Wider – die Vorteile und Nachteile; das Woher – der Ursprung; das Wohin – das Ziel; das Jetzt – die Gegenwart.
Die Verbalisierung einer Wortart kommt im Deutschen seltener vor als die Substantivierung. Als Überführungsmorphem fungiert das Infinitivsuffix -(e)n: bluten (von Blut), löffeln (von Löffel), reifen (von reif) u.a. [näheres siehe Riesel, Schendels: 171-174].