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Mittelhochdeutsch

Die mittelhochdeutsche Periode der deutschen Sprachgeschichte (11.-12. Jh.) fallt in die Blütezeit der ritterlichen Kultur und Literatur. Zum Unterschied vom Althochdeutschen trägt die mittelhochdeutsche Kultur einen ausgeprägt weltlichen Charakter. Diese Zeit ist durch mannigfaltige literarische Werke verschiedener Gattungen vertreten. In der ritterlichen Literatur herrschen zwei Hauptrichrungen: die Lyrik der Minnesänger (Walther von der Vogelweide, Dietmar von Aist u.a.) und epische Dichtung, sog. ritterliche Romane: Parzival (Wolfram von Eschenbach), Tristem und Isolt (Gottfried von Straßburg), Iwein (Hartman von Aue) u.a.m. Fast alle Ritterromane sind Übersetzungen aus dem Französischen, da Frankreich bei der Herausbildung der Ritteikultur die führende Rolle spielt und als Vorbild angesehen wird. Die deutsche Kultur und Sprache des Hochmittelalters stehen auch unter einem starken französischen Einfluß. Die eigene deutsche Heldendichtung ist vor allem durch das Nibelungenlied (Autor unbekannt) und durch Spielmannsepen (König Rother, Herzog Emst) vertreten.

Im 11. Jh. beginnt der Aufschwung der Städte. Ihre Zahl beträgt um das Jahr 1200 etwa 250 und steigt allein im 13. Jh. um 800 an. Mit der Entwicklung einer städtischen Gesellschaft treten allmählich die bürgerliche Kultur und Literatur (Schwänke, didaktische Sprüche, Versnovellen, Balladen) in den Vordergrund.

Außer den Werken der ritterlichen und bürgerlichen Kultur ist die mittelhochdeutsche Zeit durch andere Textsorten vertreten: Sach- und Fachbücher in Medizin und Biologie, Rechtstexte, mystische Schriften, Chroniken der deutschen Städte, Geschäfts- und Kanzleiprosa. In Bildung, Wissenschaft und Kirche herrscht das Latein, in Rechts- und Amtssprache überwiegt es noch.

Auch Mittelhochdeutsch ist noch keine einheitliche Sprache. Die herrschende Existenzform der deutschen Sprache bleiben die Territorialdialekte. Gleichzeitig machen sich die Integrationsprozesse bemerkbar. Sie fuhren im 13. Jh. zur Entwicklung einer übermundartlichen Literatursprache, die oft als mittelhochdeutsche Dichtersprache bezeichnet wird (das sog. klassische Mittelhochdeutsch).

Frühneuhochdeutsch

Die frühneuhochdeutsche Zeit (14.-16. Jh.) ist durch einen wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung, aber auch durch tiefgreifende soziale und politische Widersprüche und daraus resultierende Erschütterungen und Umwandlungen gekennzeichnet.

Mit dem Aufschwung der Städte (ihre Zahl beträgt im 15. Jh. bereits 3000) beginnt auch der allmähliche Verfall des Rittertums und die Schwächung der Kaisermacht. Ritter und Bauern, die von dem Umbruch der Zeit am schwersten getroffen sind, verarmen immer mehr und geraten ins soziale Abseits. Das fuhrt zu wiederholten Ritter- und

Bauernaufständen (1502-1525), deren letzter Ausbruch als Großer Bauernkrieg bekamt ist.

Zugleich ist in den Städten ein kultureller Aufschwung zu verzeichnen: hier entwickeln sich die Universitäten und ein vom Bürgertum getragenes Schulwesen, die den Bildungswilligen aus allen Schichten zugänglich sind. Die ersten deutschen Universitäten entstehen im 14. Jh.: in Prag (1348), Wien (1365), Heidelberg (1386), Köln (1388) und Erfurt (1392). Das 15. Jahrhundert erlebt geradezu einen Universitätsgründungsboom: Leipzig (1409), Rostock (1419), Mainz und Tübingen (1477), Wittenberg (1502) etc. Der Bildungsgrad wird nun (anstelle der Herkunft) mehr und mehr zum Kriterium für soziale Geltung. Die Einführung des billigeren Beschreibstoffes Papier und die Erfindung des Buchdrucks im 15. Jh. haben eine “Explosion” der Texrproduktion und -Verbreitung zur Folge und fördern Lese- und Schreibbedürfnisse bei breiteren sozialen Schichten. Die Erfindung der Lesebrille erweitert zudem den Leserkreis. Das 15. und 16. Jahrhunderte sind geistesgeschichtlich vom Humanismus bestimmt. Der Humanismus ist eine Bewegung in der Renaissance mit einer anthropozentrischen Orientierung und Anknüpfung an die antike Kultur. Zu den bedeutendsten Humanisten gehören Erasmus von Rotterdam, Ulrich von Hutten, Johann Reuchlin, Albrecht Dürer, Paracelsus, Melanchthon u.a.

Auf philologischem Gebiet lassen sich im Humanismus zwei Richtungen erkennen: eine starke Orientierung an den antiken Sprachen, besonders am Latein, einerseits und eine Zuwendung zur deutschen Sprache und Kultur andererseits. Der Humanismus orientiert sich am klassischen Latein, das Mittellatein, das sich im Mittelalter zu einer fast lebendigen Sprache entwickelt hat, wird als “Küchenlatein” abgetan. Der lateinische Einfluß ist stark wie nie zuvor und läßt sich im Wortschatz (zahlreiche Entlehnungen), im Satzbau (Accusativus cum infinitivo, Partizipialkonstruktion) und in der Latinisierung der deutschen Familien- und Vornamen erkennen {Müller > Molitor, Weber > Textor, Fischer > Piscator, Bauer > Agricola, Schottel > Schottelius, Jost > Justus etc.). 1520 sind 90% aller gedruckten Bücher lateinisch abgefaßt und 1570 sind es noch immer 70%.

Trotz der Pflege des klassischen Lateins und des Altgriechischen wird die Hinwendung der humanistischen Gelehrten zur deutschen Sprache immer deutlicher, ihr werden neue Anwendungsbereiche erschlossen, die bis dahin dem Latein Vorbehalten waren. Das Deutsche dringt in die Wissenschaft, Bildung, Theologie. Paracelsus hält 1526/1527 seine medizinischen Vorlesungen in deutscher Sprache ab und schreibt seine Traktate auf Deutsch. 1525 verfaßt Dürer sein geometrisches Lehrbuch Underweisung der Messung für deutsche Leser - Maler und Gesellen,

Sebastian Franck schafft eine Reihe Schriften in der Geschichte, Fuchssperger in der Philosophie.

Im 16. Jh. erscheinen die ersten Lehrbücher in der deutschen Grammatik: Teutsche Grammatika von V. Ickelsamer (1527), Teutsch Grammatik von L.Albertus (1573); die ersten deutschen Wörterbücher (P.Dasypodius, J.Maaler, S.Roth u.a.).

Die wichtigsten literarischen Gattungen der frühneuhochdeutschen Periode sind Schwänke, Fastnachtspiele, Volksbücher (Till Eulenspiegel, Historia von D. Johann Fausten u.a.). Die bedeutendsten deutschen Dichter sind S.Brant (Narrenschiff), H.Sachs, U.v.Hutten, J.Fischart. Sehr intensiv wird die Übersetzungstätigkeit betrieben: ins Deutsche werden die Werke der lateinischen und altgriechischen Autoren, der italienischen und französischen Humanisten übersetzt. Die Fülle des überlieferten Sprachmaterials erlaubt nur, die Textsorten aufzuzählen: Akten und Urkunden, Chroniken der deutschen Städte, Lebensbeschreibungen, Bibelübersetzungen, Predigten, schönliterarische Werke verschiedener Gattungen, Kirchenlieder, Sachliteratur.

Die humanistische Weltanschauung auf dem Feld der Theologie führt zur Reformationsbewegung. Sie beginnt am 31. Oktober 1517, als Martin Luther mit seinen Thesen gegen den Ablaßhandel und damit gegen die katholische Kirche auftritt. M.Luther (1483-1546) ist Professor der Philosophie und Theologie an der Universität Wittenberg. Jahrelang wird er von der katholischen Kirche und dem Kaiser verfolgt, aber er hat viele Anhänger, die den Kampf für die Reformation auch nach seinem Tode weiterführen. 1555 wird endlich in Augsburg ein Vertrag abgeschlossen, der die Spaltung der Kirche post factum bestätigt und den lutheranischen (protestantischen) Bekenntnissen Gleichberechtigkeit neben der katholischen Kirche gewährt.

Für die Herausbildung der deutschen Literatursprache ist die Übersetzungstätigkeit Luthers von großer Bedeutung, vor allem seine Bibelübersetzung. Luther ist nicht der erste, der die Bibel ins Deutsche übersetzt, aber erst seine Übersetzung wird in weiten Kreisen der Bevölkerung populär. Die Verbreitung seiner Bibel und anderer Schriften über alle deutsche Länder fördert die Durchsetzung einer überdialektalen verhältnismäßig normalisierten deutschen Sprache in ganz Deutschland.

In der frühneuhochdeutschen Zeit gibt es jedoch noch keine einheitliche nationale Literatursprache, sondern in verschiedenen Regionen entwickeln sich die sog. übermundartlichen Literatursprachen: Mittelniederdeutsch (auf der Grundlage des Niedersächsischen, die Geschäftssprache der Stadt Lübeck), Mittelniederländisch (auf der Grundlage des

Niederfränkischen, in Flandern und Brabant), Ostmitteldeutsch (in Obersachsen, Thüringen, Schlesien, Lausitz, Böhmen), das Gemeine

Deutsch (in Bayern und Österreich). Mittelniederdeutsch verliert im 16. Jh. seine Bedeutung und wird aus dem schriftlichen Verkehr verdrängt. Mittelniederländisch entwickelt sich wegen der Abspaltung der Niederlande zu einer selbständigen Nationalsprache. Aus den übrigen Literatursprachen entstehen gegen das Ende der frühneuhochdeutschen Zeit drei Varianten der deutschen Literatursprache: Ostmitteldeutsch, Oberdeutsch und Schweizerisch.