
- •Kohle: importieren ist billiger
- •Kali: Bergwerke als Öfen
- •Öl: Run auf den letzten Tropfen
- •Der kleine Goldrausch
- •Kupfer: wieder lukrativ
- •Rohstoffe: Deutschland, reich an Bodenschätzen
- •Von Hansjakob Ginsburg und Mark Fehr
- •Das Lausitzer Kupferrevier ist das reichste noch unerschlossene Bodenschatzvorkommen in Deutschland
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Kohle: importieren ist billiger
Wirklich reich ist Deutschland an Braun- und Steinkohle. Ohne sie hätte das Deutsche Reich die Industrialisierung im 19. Jahrhundert nicht geschafft, wären das BRD-Wirtschaftswunder und der DDR-Aufbau nicht möglich gewesen. Heute übernimmt Kohle als wichtigste heimische Energiequelle zu rund 50 Prozent die Stromerzeugung und deckt laut Energiebericht des Bundeswirtschaftsministeriums ein Viertel des Primärenergie-Verbrauchs in Deutschland ab. 42 Prozent der Kohle sind subventionsfreie Braunkohle: Sie wird im Tagebau im Rheinischen Becken abgebaut und fast ausschließlich zur Stromerzeugung genutzt. Auch in Sachsen-Anhalt und Brandenburg gibt es riesige Lagerstätten.
Die hoch subventionierte Steinkohle im Ruhrgebiet, im Saarland, im Aachener Becken und in Oberbayern zu fördern lohnt sich inzwischen nicht mehr. Schon heute werden zwei Drittel der Steinkohle aus Australien, China und der Ukraine importiert – das ist billiger als die Förderung in Deutschland. Deshalb ist der Ausstieg aus dem Steinkohlebergbau beschlossene Sache – 2018 ist Schluss.
Dabei lagern noch 21,6 Milliarden Tonnen Steinkohle im Boden – das würde, gemessen an der Fördermenge 2007 (24 Millionen Tonnen), für die nächsten 400 Jahre reichen. Damit wäre eine viel längere Energieversorgung als mit Öl und Gas sichergestellt – wenn nur das leidige CO2-Problem bei der Verbrennung nicht wäre. Dieses Klimagas wieder in die Erde zu pumpen wäre die eine Möglichkeit, Steinkohle weiter zu nutzen – sie zu verschwelen – die andere. Bei dieser unter Sauerstoffabschluss stattfindenden Pyrolyse entstehen brennbare Gase oder synthetische Kraftstoffe, die Motoren antreiben. Aber noch sind die Verfahren großtechnisch nicht ausgereift, auch die Rohstoffpreise zu niedrig, als dass sich diese Nutzung lohnte.
Kali: Bergwerke als Öfen
Wie sehr der Hunger nach Rohstoffen und die weltweite Steigerung der Lebensmittelproduktion die Geschäfte befeuern können, zeigen die deutschen Kaliwerke. Die für die Kunstdüngerproduktion notwendigen Salze aus Hessen und Thüringen haben den Untertageabbau höchst profitabel gemacht.
Im Zuge der eingetretenen Abkühlung der Rohstoffmärkte kann es auch mit lukrativen deutschen Vorkommen vorbei sein. Für den Fall hat das Institut für Geowissenschaften an der Universität Mainz einen Plan: Es will die Wärme des Grubenwassers in aufgelassenen Bergwerkstollen als Fernwärme für Wohnsiedlungen nutzen. Erfolgreiche Versuche sind bereits in der Grube Merkur in Bad Ems unternommen worden. Macht das Beispiel Schule und werden die Flöze geflutet, ist der Bergbau in Deutschland endgültig abgesoffen.
Öl: Run auf den letzten Tropfen
Nur 3,3 Prozent des deutschen Öl- und 18 Prozent des Gasverbrauchs kommen aus heimischen Reserven, vor allem aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Das scheint ein Klacks zu sein, macht aber bei der Ölförderung in absoluten Zahlen fünf Millionen Tonnen jährlich aus. Die Sache lohnt sich. Die multinational auftretenden Firmen streichen die sogenannten Windfallprofite ein, die Differenz zwischen Förderkosten und Marktpreisen.
Die ergiebigsten der bekannten Reserven liegen unter dem Wattenmeer vor den ostfriesischen Inseln. Aus einer Tiefe von 3000 Metern wurden hier seit 1987 von Deutschlands einziger Ölplattform, Mittelplate A, 20 Millionen Tonnen Rohöl gefördert. Ein Gebiet, das vermutlich noch weitere Lagerstätten birgt – das Bohren hier ist jedoch wegen der Auflagen des Naturschutzes sehr kompliziert: Das sensible Ökosystem Wattenmeer darf nicht leiden.
Gebohrt und gefördert wird auch im bayerischen Voralpenland zwischen Holzkirchen und Augsburg: Im Lechfeld ist die BASF-Tochter Wintershall aktiv – jene Ölfirma, die 1930 im thüringischen Volkenroda Kalisalz abbauen wollte, aber Erdöl fand. Ein Jahr später wurden hier schon jährlich 51 000 Tonnen gewonnen – und der damalige Verbrauch in Deutschland damit zu einem Drittel gedeckt. Zum Vergleich: Allein der Verbrauch eines einziges Tages beträgt heute 304 500 Tonnen.
Seit den 1970er Jahren sprudelt in der Schotterebene des Lechfelds aus 1200 Meter Tiefe kontinuierlich Rohöl – zwar nicht druckvoll mit meterhohen Fontänen, aber immerhin wurde schon eine Million Tonnen des flüssigen Goldes abgepumpt. Die hohen Preise, die verfeinerte Exploration durch die seismischen Messungen reflektierter Schallwellen, zielgenaue Testbohrungen und verbesserte Fördertechniken lassen selbst kleinste Felder lukrativ erscheinen. Im Lechfeld rechnet man sogar mit einer Verdoppelung der derzeitigen Förderung von täglich 75 Tonnen. Überhaupt birgt der gesamte Voralpengürtel nach Einschätzung von Rohstoffexperten noch mehr Öl und Gas. Bei den Behörden liegen bereits über zwei Dutzend Anträge auf Probebohrungen vor.
Auch in Brandenburg und nahe der Ostseeinsel Rügen wurden größere Explorationsareale entdeckt, und in den Gemarkungen Ibbenbüren, Bramsche und Minden haben die Ämter neue Lizenzgebiete für Gas und Öl zugeteilt. So hat 140 Jahre nach der ersten Ölförderung so etwas wie ein Run auf die letzten Tropfen des schwarzen Goldes eingesetzt.