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Иностранный язык учебный год 2022-23 / Texte - deutsches Verfassungsrecht + Fragen zur Prüfungsvorbereitung.pdf
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LESEBUCH

VERFASSUNGSRECHT

KAPITEL 1

EINFÜHRUNG

STAAT UND VERFASSUNG

Der Begriff Staat setzt nach der ”Drei-Elemente-Lehre“ Folgendes voraus: Ein bestimmtes, zumindest grundsätzlich umgrenztes Gebiet (Staatsgebiet), auf diesem Gebiet wohnende Menschen (Staatsvolk) und eine Regierung, die auf dem Staatsgebiet die Ordnung wahrt (Staatsgewalt).

Die Verfassung eines Staates ist die Summe der geschriebenen oder ungeschriebenen Rechtsnormen, die die staatliche Grundordnung, also die Staatsund Gesellschaftsform mitsamt ihren wesentlichen Organisationsprinzipien, festlegen. Im engeren, formellen Sinn meint ”Verfassung“ nur das geschriebene Gesetz, das die Staatsgewalt legitimiert, organisiert und bindet.

Deutschland wurde, anders als die USA oder Frankreich, erst spät zum Verfassungsstaat. Die deutsche Geschichte der letzten 200 Jahre ist durch einen raschen Wechsel der Staatsund Verfassungsformen gekennzeichnet:

17. und 18. Jh.: In der absoluten Monarchie (Absolutismus) existiert keine Verfassung im heutigen Sinn. Die Staatsgewalt wurde von einer einzigen Person ausgeübt, die rechtlich nicht gebunden war (princeps legibus solutus). Herrschaft legitimierte sich durch die Herkunft des Monarchen aus dem Hochadel.

18. Jh.: Der aufgeklärte Absolutismus stellt eine abgeschwächte Form der absoluten Monarchie dar. Der Herrscher wurde als zwar nicht rechtlich, aber doch moralisch gebunden betrachtet (Monarch als erster Diener des Staates).

19. Jh.: In der konstitutionellen Monarchie ist der Herrscher an eine Verfassung gebunden. 1815 wurde in der Bundesakte des Deutschen Bundes allen Bundesstaaten eine Verfassung versprochen. Die erste deutsche Reichsverfassung entstand 1871, wobei auch das Deutsche Reich eine konstitutionelle Monarchie war.

1918 wechselte die Staatsform erneut: Deutschland wurde eine Republik. Die neue Weimarer Reichsverfassung (WRV) wurde 1919 von der Nationalversammlung verabschiedet. Deutschland war nun ein demokratischer Verfassungsstaat.

1933: Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde die WRV durch das Ermächtigungsgesetz vom 24. 3. 1933 in wesentlichen Teilen außer Kraft gesetzt. Unter Hitlers Diktatur war der ”Wille des Führers“ oberste Rechtsquelle.

1945: Nach dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen Herrschaft wurde Deutschland geteilt. Mit dem Inkrafttreten des GG 1949 wurde West-

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Deutschland wieder ein demokratischer Verfassungsstaat (Bundesrepublik Deutschland). In Ost-Deutschland herrschte die Sozialistische Einheitspartei (SED), die nur auf dem Papier an die Verfassung gebunden war (Deutsche Demokratische Republik), bis zur Wende 1989. Durch den Einigungsvertrag vom 31. 8. 1990 traten die fünf neugegründeten ostdeutschen Bundesländer der BRD bei.

Zu unterscheiden sind das materielle und das formelle Verfassungsrecht. Das materielle Verfassungsrecht (Staatsrecht) umfasst die grundlegenden Regeln über die Legitimation, Organisation und Bindung der Staatsgewalt (bes. Staatsorganisationsrecht und Grundrechte). Dagegen besteht das formelle Verfassungsrecht aus allen im GG enthaltenen Normen.

Das GG nennt folgende grundlegenden Verfassungsprinzipien (Verfassungsgrundsätze): Republik, Demokratie, Gewaltenteilung, Rechtsstaat, Bundesstaat, Sozialstaat (Art. 20,28 GG).

Die Grundrechte gewährleisten dem Einzelnen eine eigenständige und in ihrem Kern unantastbare Rechtsposition gegenüber der Staatsgewalt.

Die in der Verfassung vorgesehenen obersten Staatsorgane heißen Verfassungsorgane. Nach dem GG sind dies der Bundestag (Parlament), der Bundesrat, der Gemeinsame Ausschluss, die Bundesversammlung, der Bundespräsident, die Bundesregierung und das Bundesverfassungsgericht.

In der Normenpyramide besitzt das formelle Verfassungsrecht den höchsten Rang: Vorrang der Verfassung.

Rechtsnormen, die dem GG widersprechen, sind verfassungswidrig und damit grundsätzlich unwirksam.

Vor jeder Anwendung einer im Rang unter dem formellen Verfassungsrecht stehenden Norm muss deshalb geprüft werden, ob sie mit dem GG vereinbar ist. Praktisch ist dies fast immer der Fall. Wenn ein Gesetz mehrere Auslegungen zulässt, ist diejenige zu wählen, die mit der Verfassung am besten in Einklang zu bringen ist

(verfassungskonforme Auslegung).

Das Grundgesetz (GG)

Das GG ist die Verfassung Deutschlands. Es legt die Grundordnung des Staates fest, indem es die Werte und politische Strukturprinzipien vorgibt.

Aufbau des GG

Der Aufbau des GG ist relativ einfach: Der erste Abschnitt des GG enthält die Grundrechte (Art. 1-19), wobei die Menschenwürde (Art. 1 I GG) als Leitwert des Staates an die Spitze gestellt wurde. Der zweite Abschnitt (Art. 20-37 GG) enthält unter der etwas irreführenden Überschrift „Der Bund und die Länder“ u. a. Aussagen über die wesentlichen Strukturprinzipien des Staates (Republik, Rechtsstaat, Demokratie, Bundesstaat, Sozialstaat). In den Abschnitten drei bis sechs folgen Bestimmungen über den Bundestag (Art. 38-48 GG), den Bundesrat (Art. 50-53 GG), den Bundespräsidenten (Art. 54-61 GG) und die Bundesregierung (Art. 62-69 GG). Der siebte Abschnitt (Art. 70-82 GG) ist dem Gesetzgebungsverfahren gewidmet. Die Ausführung der Bundesgesetze wird im achten Abschnitt festgelegt (Art. 83-91 GG).

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Der neunte Abschnitt regelt die Rechtsprechung (Art. 92-104 GG), der zehnte das besonders wichtige Finanzwesen (Art. 104 a - 115 GG) und der elfte (letzte) Abschnitt (Art. 116-146 GG) enthält Übergangsund Schlussbestimmungen.

Dazu kommen drei nachträglich in das GG aufgenommene Abschnitte: der nur aus Art. 53 a bestehende Abschnitt IV a, der den Gemeinsamen Ausschuss von Bundestag und Bundesrat regelt, der Abschnitt VIII a (Art. 91 a, 91 b GG) über Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern und Abschnitt X a (Art. 115 a - 115 1 GG) über den Verteidigungsfall.

In seiner über 60-jährigen Geschichte hat sich das GG als tragfähige Grundlage von Staat und Gesellschaft bewährt. Trotz heftiger Kontroversen (etwa um die Westintegration oder die Notstandsverfassung) hat es keine echten Verfassungskrisen gegeben.

KAPITEL 2

STRUKTURPRINZIPIEN DES DEUTSCHEN STAATES

2.1 DEMOKRATIE

Der Demokratiebegriff ist außerordentlich weit. Er taucht nicht nur im Verfassungsrecht, in der allgemeinen Staatslehre und der politischen Philosophie auf, sondern auch im Alltag der politischen Auseinandersetzung. Dementsprechend vielfältig sind seine Verwendungsweisen. Demokratie meint Herrschaft des Volkes. Diese kann direkt (also unmittelbar von der Bevölkerung) oder indirekt (mittels gewählter Repräsentanten) ausgeübt werden; die letztgenannte Staatsform heißt repräsentative Demokratie.

Im GG ist das Demokratieprinzip in Art. 20 I und II festgelegt. Alle Staatsgewalt geht vom Volk aus. Dies bedeutet, dass das Volk als Ursprung und Träger jeder staatlichen Herrschaft anzusehen ist. Das Volk übt die Staatsgewalt unmittelbar durch Wahlen und Abstimmungen und mittelbar über das Parlament als Volksvertretung, die Exekutive und die Judikative aus. Eine Änderung dieser Grundsätze ist unzulässig (Art. 79 III GG, sogenannte Ewigkeitsgarantie). ”Volk“ im Sinne des Demokratieprinzips ist die Gesamtheit der Staatsangehörigen.

Das GG stellt das Demokratieprinzip neben die Verfassungsprinzipien Rechtsstaat, Bundesstaat, Republik und Sozialstaat. Diese fünf Prinzipien bilden eine Sinneinheit, die als freiheitliche demokratische Grundordnung umschrieben wird.

Zur grundgesetzlich verbürgten repräsentativen Demokratie gehören folgende Merkmale:

Die Meinungs- und Pressefreiheit, die Versammlungsfreiheit und die

Vereinigungsfreiheit (Kommunikationsgrundrechte) müssen gewährleistet sein. Das

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Recht der freien Meinungsäußerung garantiert die freie Auseinandersetzung der Ideen und Interessen und ist deshalb für die Demokratie von besonderer Bedeutung. Die öffentliche Meinung übt eine Kontrollfunktion gegenüber der Staatsgewalt aus.

Es müssen periodisch allgemeine, unmittelbare, freie, gleiche und geheime Wahlen durchgeführt werden (Art. 38 I GG), um die die Staatsmacht ausübenden Personen demokratisch zu legitimieren.

Ein entscheidender Vorzug der Demokratie gegenüber anderen Staatsformen liegt darin, dass sie die Möglichkeit eröffnet, schlechte Herrscher abzuwählen. Kennzeichnend für die Demokratie ist die Herrschaft auf Zeit.

Es muss ein Mehrparteiensystem existieren, so dass der jeweils herrschenden Partei eine Opposition gegenübersteht, die sie auf demokratischem Wege ablösen kann. Dabei gilt das Prinzip der Mehrheitsentscheidung. Im GG (Art. 21) wird die große Bedeutung der Parteien für die demokratische Willensbildung ausdrücklich anerkannt (Parteiendemokratie). Zwischen den Parteien muss Chancengleichheit bestehen.

2.2 RECHTSSTAAT

Kerngedanke des Rechtsstaatsprinzips ist die rechtliche Bindung der Staatsgewalt. Sein Zweck ist der Freiheitsschutz. Anders als die übrigen Strukturprinzipien des GG ist das Rechtsstaatsprinzip, so wie es in Art. 20 III, 28 I GG formuliert ist, in Deutschland entstanden. Seine Ursprünge liegen in der ersten Hälfte des 19. Jh., als das Bürgertum in Auseinandersetzung mit dem noch herrschenden Adel die Bindung der staatlichen Gewalt an Verfassung und Gesetze verlangte.

Es hat sich eingebürgert, einen formellen und einen materiellen Rechtsstaatsbegriff zu unterscheiden.

Kennzeichen eines formellen Rechtsstaats sind die Gewaltenteilung (Art, 20 II GG), also die Trennung von Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung, die

Bindung der Gesetzgebung an die Verfassung, die Bindung der Verwaltung an die Gesetze (Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes) sowie die Garantie eines effektiven Rechtsschutzes durch eine unabhängige, nur an die Gesetze gebundene Rechtsprechung.

Zum materiellen Rechtsstaat gehören Grundrechte, die als Abwehrrechte den Bürger vor Zugriffen des Staates schützen. Eingriffe in Freiheit und Eigentum sollen nur aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung zulässig sein (Vorbehalt des Gesetzes). Auf diese Weise werden der Staatsmacht Fesseln angelegt.

Einen wescntlichen Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips bildet die Rechtssicherheit. Gesetze müssen klar und verständlich formuliert sein, so dass sich jeder auf sie einstellen kann. Sehr unbestimmt formulierte Gesetze sind mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht zu vereinbaren und damit verfassungswidrig.

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Das Rechtsstaatsprinzip steht zum Demokratieprinzip in einem deutlichen Spannungsverhältnis, denn es legt dem demokratischen Souverän Zügel an. Besonders in die Grundrechte darf auch das demokratisch legitimierte Parlament nur in Ausnahmefällen eingreifen. Der Kern der Grundrechte ist dem Zugriff des Gesetzgebers völlig entzogen. Bei seiner Tätigkeit ist der demokratische Gesetzgeber an die von der Verfassung vorgegebenen Formen gebunden.

Im demokratischen Rechtsstaat des GG bildet die Demokratie das dynamische, die Rechtsstaatlichkeit das statische Element. Nur ihr Zusammenwirken sichert die Freiheit des Einzelnen.

Gefährdet wird das Rechtsstaatsprinzip heute durch die Gesetzesflut und die zunehmend komplizierten Gesetze. Die Freiheit des dem Recht unterworfenen Bürgers wird dadurch eingeschränkt. Er kann immer seltener erkennen, was in seinem Fall rechtlich gilt. Dies führt zu einem Verlust an Rechtssicherheit.

2.3 SOZIALSTAAT

In der deutschen Verfassungsgeschichte stellt das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 I, 28 I GG) ein Novum dar. Während sich nach dem älteren liberalen Rechtsstaatsverständnis der Staat darauf zu beschränken hatte, jeden Bürger formal gleich zu behandeln (Gleichheil vordem Gesetz), fordert das Sozialstaatsprinzip, auch die realen Voraussetzungen der rechtlich gebotenen Gleichheit zu sichern.

Sowohl inhaltlich als auch mit Blick auf seine Folgen ist das Sozialstaatsprinzip nur ungenau bestimmt und daher auslegungsbedürftig. Seine Konkretisierung ist weitgehend dem politischen Prozess überlassen.

Sozialpflichtigkeit des Staates bedeutet, dass im Sozialstaat alle staatlichen Organe, also Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung verpflichtet sind, dafür zu sorgen, dass die Voraussetzungen realer Freiheit und Gleichheit gewahrt werden. Der Staat muss jedem Bürger ein der Menschenwürde angemessenes Dasein sichern. Dazu gehört zunächst die Gewährleistung des materiellen Existenzminimums. Der Staat ist in sozialen Notlagen zur Fürsorge verpflichtet. Dies bedeutet zum einen die Aufrechterhaltung und Fortentwicklung der Sozialversicherung (Renten-, Kranken-, Unfallund Arbeitslosenversicherung, seit 1992 auch Pflegeversicherung), zum anderen die Gewährleistung von Sozialhilfe. Jeden Bundesbürger umgibt heute ein Netz sozialer Sicherungen, das einen Absturz in existenzbedrohende materielle Not verhindern soll.

Darüberhinaus ist der Staat zu Maßnahmen allgemeiner Daseinsvorsorge verpflichtet, die die Leistungsfähigkeit von Individuen überschreiten.

Beispiel: Sicherung der Wasserund Energieversorgung, Erhalt eines leistungsfähigen Straßenund Schienennetzes sowie eines öffentlichen Verkehrssystems. Außerdem hat der Staat die Leistungsfähigkeit des Bildungssystems zu erhalten und zu verbessern.

Der Zugang zu den Gerichten muss so ausgestaltet sein, dass jeder die reale Chance hat, sein Recht durchzusetzen. Dem dient unter anderem die

Prozesskostenhilfe.

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Auch das Steuerrecht hat sozialen Grundsätzen zu entsprechen.

Das Sozialstaatsprinzip verpflichtet den Staat dazu, die Versorgung der Bevölkerung mit allen wichtigen Gütern sicherzustellen.

Den staatlichen Organen kommt eine soziale Gestaltungsfreiheit zu. Sie können entscheiden, wie sie ihren aus dem Sozialstaatsprinzip folgenden Pflichten nachkommen. Nur ausnahmsweise kann der Bürger unter Berufung auf das Sozialstaatsprinzip Leistungen einfordern. In aller Regel wird sich in derartigen Fällen sein Anspruch zusätzlich aus einem Grundrecht herleiten lassen.

Beispiel: Das materielle Existenzminimum ist jedem Bürger nicht nur durch das Sozialstaatsprinzip, sondern auch durch die Menschenwürde (Art. 11 GG) gewährleistet.

In letzter Zeit sehen viele den Sozialstaat in der Krise. Dabei wird auf die negativen Begleitumstände des modernen Sozialstaats verwiesen: erhebliche Kostenbelastung des Staates und der Unternehmen, Schwächung der Selbstverantwortung und des Leistungswillens beim Einzelnen, Außerkraftsetzung von Marktmechanismen mit zum Teil sehr unsozialen Folgen (Arbeitslosigkeit), Vernachlässigung von Arbeitslosen und Frauen zugunsten der Erwerbstätigen.

2.4 BUNDESSTAAT

Im Bundesstaat besitzen sowohl der Gesamtstaat wie die Gliedstaaten originäre (d. h. nicht von einem anderen Staat abgeleitete) Staatsgewalt, also Souveränität. Ein Bundesstaat ist also sowohl vom Staatenbund als einer auf völkerrechtlichem Vertrag beruhenden Verbindung von Einzelstaaten ohne eigene Staatsqualität als auch vom Einheitsstaat als Gesamtstaat, dessen Untergliederungen lediglich Verwaltungseinheiten ohne eigene Staatsqualität darstellen, abzugrenzen.

Föderalismus (lat. foedus 'Bündnis') meint das Prinzip, die Gliedstaaten unter Wahrung des Gesamtstaates zu stärken. Der Zentralismus dagegen tendiert zu einer Stärkung des Gesamtstaates.

Das GG schreibt in Art. 20 I die bundesstaatliche Ordnung vor. Durch Art. 79 III ist sie sogar einer Verfassungsänderung entzogen.

Ein Bundesstaat ermöglicht die einheitliche Verfolgung grundlegender gemeinsamer Staatsziele, z. B. Soziales, Außenpolitik, Verteidigung, wahrt aber die Existenz historisch gewachsener kleiner und damit überschaubarer politischer Gestallungscinheiten. Er sichert so Pluralität und schafft für den Bürger zusätzliche Möglichkeiten politischer Beteiligung. Außerdem hemmt ein bundesstaatlicher Staatsaufbau den zentralistischen Durchgriff auf die Belange der Einzelnen

(vertikale Gewaltenteilung).

Die deutschen Bundesländer sind eigene Staaten, besitzen allerdings nicht die volle Souveränität. Sie können z. B. nicht aus der BRD austreten.

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Die Länder besitzen eigene Verfassungen und eine eigene Verfassungsgerichtsbarkeit. Außerdem schreibt das so genannte Homogenitätsgebot vor, dass ihre Verfassungsordnung den in Art. 20 GG für den Bund vorgeschriebenen Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates entsprechen muss (Art. 28 I S. 1 GG).

Die Grundrechte des GG gelten unmittelbar auch für die Länder. Bundesrecht bricht ihm widersprechendes Landesrecht (Art. 31 GG). Durch diese Bestimmungen soll die Einheitlichkeit der Gesamtrechtsordnung gewahrt bleiben.

Dennoch liegt die Kompetenz zur Ausübung staatlicher Macht grundsätzlich nicht beim Bund, sondern bei den Ländern (Art. 30 GG). Die Verwaltung liegt (Art. 83 ff. GG) überwiegend noch in den Händen der Länder, die Gesetzgebung dagegen geht überwiegend vom Bund aus (Art. 70 ff. GG).

Die Rechtsprechung wird durch Gerichte der Länder ausgeübt, die sich stark an den obersten Gerichtshöfen des Bundes (z.B. BGH, BSozG, BVerwG) orientieren.

Zu den wichtigsten verbleibenden Aufgabenbereichen der Länder zählen die Kultur, die Schulen und Universitäten, das Gesundheitswesen und die Polizei.

Die Tendenz zum Einheitsstaat wird dadurch verstärkt, dass die Länder die ihnen verbliebenen Kompetenzen häufig gleichförmig wahrnehmen, um bundesweit die gleichen Lebensverhältnisse zu gewährleisten. Nicht selten binden sich die Länder untereinander durch Staatsverträge und schaffen gemeinsame Einrichtungen.

Ein wichtiger Faktor im föderalen Wechselspiel ist die Verteilung der Steuern zwischen Bund und Ländern (Art. 104 a ff. GG). Die besonders ertragreichen Gemeinschaftssteuern, Lohnund Einkommensteuer, Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) und Körperschaftsteuer, stehen Bund und Ländern gemeinsam zu, ausschließlich dem Bund die meisten Verbrauchsteuern, wie Mineralöl-, Tabakund Branntweinsteuer. Dasselbe gilt für die Zölle. Dagegen sind den Ländern die Erbschaftsund die KfzSteuererträge zugewiesen. Daneben existieren noch einige kleinere Steuern, z. B. die Hundesteuer, deren Erträge den Kommunen zufallen.

Die bundestaatliche Ordnung verpflichtet die Länder zu bundesfreundlichem Verhalten, d.h. Bund wie Länder sind zur Zusammenarbeit und gegenseitigen Rücksichtnahme angehalten. Daraus wird sogar die Pflicht abgeleitet, andere Bundesländer finanziell zu unterstützen, wenn deren Haushaltslage desolat geworden ist. Der Bund darf von seinen Kompetenzen nicht Gebrauch machen, ohne betroffene Länder vorher zu informieren. Über den Bundesrat können die Länder auf die Willensbildung des Bundes Einfluss nehmen. Auch in anderen Bundesorganen wirken sie mit, etwa in der Bundesversammlung zur Wahl des Bundespräsidenten und im Richterwahlausschuss, der die Richter für die obersten Gerichtshöfe des Bundes bestimmt.