
- •Thema 1. Strafrecht im rechtssystem
- •Aufgaben zum Thema
- •Thema 2. Ablauf des strafverfahrens
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- •Thema 3. Formen der straftat
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- •Thema 4. Vollendetes vorsatzdelikt: prüfungsaufbau
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- •Thema 5. Vorsatz
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- •2. Analysieren Sie die beiden Fälle unten. Mit welchen Formen der Fahrlässigkeit bzw. Des Vorsatzes haben wir es hier zu tun?
- •Sich mit dem Erfolg abfinden / darauf vertrauen, dass alles gut geht / die Möglichkeit des Erfolgseintritts nicht erkennen
- •Thema 6. Rechtswidrigkeit. Rechtfertigungsgründe
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- •1. „Das Thema: n__________
- •Thema 7. Schuld
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Thema 7. Schuld
Das deutsche Strafrecht basiert auf dem Schuldprinzip:
Strafe setzt Schuld voraus.
Die Strafhöhe wird durch die Schuld begrenzt.
Während es beim Tatbestand und der Rechtswidrigkeit um die Beantwortung der Frage geht, ob die Tat im Widerspruch zur Rechtsordnung steht, wird bei der Schuld die Frage beantwortet, ob man dem Täter diese rechtswidrige Tat persönlich vorwerfen kann. Dabei geht man davon aus, dass ein Mensch sich frei und richtig zwischen Recht und Unrecht entscheiden kann.
Man unterscheidet folgende Elemente der Schuld:
1) Schuldfähigkeit
Schuldfähigkeit ist die Fähigkeit, das Unrecht der Tat zu erkennen und nach dieser Einsicht zu handeln. Das Strafrecht kennt vier Stufen der Schuldfähigkeit:
volle Schuldfähigkeit
verminderte Schuldfähigkeit
kann nur einen Strafmilderungsgrund in folgenden Fällen darstellen: psychische oder psychiatrische Erkrankungen, sehr starker Alkohol- oder Drogenkonsum.
bedingte Schuldfähigkeit
Bedingt schuldfähig sind Jugendliche unter 18 Jahren. Das Gericht muss die Reife des Täters in jedem Fall einzeln prüfen.
Schuldunfähigkeit
ist ein Schuldausschließungsgrund. Schuldunfähig sind z.B. Kinder unter 14 Jahren, seelisch kranke oder schwachsinnige Menschen. Tiefgreifende Bewusstseinsstörungen (z.B. Vollrausch, Erschöpfung, hochgradiger Affekt) können auch zur Schuldunfähigkeit führen.
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Eine Schuldunfähigkeit des Täters kann sich aus dem Konsum berauschender Mittel ergeben. Um seine Straflosigkeit zu vermeiden, wurde § 323a StGB geschaffen - „Vollrausch“. Nach § 323a wird derjenige bestraft, der sich in einen Rausch versetzt und in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat begeht. Doch was passiert, wenn jemand sich bewusst in diesen Zustand versetzt? Die Antwort gibt uns die actio libera in causa, auf Deutsch: „eine bei der Verursachung freie Handlung“. Da führt der Täter zuerst seine Schuldunfähigkeit herbei und begeht in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat. |
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Beispiel: Theo (T) will seinen Rivalen Otto (O) töten. Deshalb hat er sein Auto vor dessen Haus geparkt. Hier trinkt T 1,5 Flaschen Wodka, bevor er schließlich O aus einem Hinterhalt auf seiner Veranda erschießt. |
2) Spezielle Schuldmerkmale charakterisieren den „Gesinnungsunwert“ einer Tat (z.B. niedrige Beweggründe, § 211 StGB), d.h. die fehlerhafte Einstellung zur Rechtsordnung und die mangelnde Rechtsgesinnung des Täters.
3) Schuldform
Man unterscheidet zwei Formen der Schuld: die Vorsatzschuld, d.h. die rechtsfeindliche und gleichgültige Einstellung des Täters zur verletzten Rechtsnorm, und die Fahrlässigkeitsschuld, d.h. die nachlässige oder sorglose Einstellung des Täters gegenüber den Sorgfaltsanforderungen.
4) Unrechtsbewusstsein
Wenn der Täter nicht erkennt, dass sein Verhalten rechtlich verboten ist (Verbotsirrtum), so hängt seine Strafbarkeit davon ab, ob er seinen Irrtum vermeiden konnte (17 StGB). Nur bei einem unvermeidbaren Irrtum entfallen die Schuld und die Strafbarkeit. Dieser Schuldausschließungsgrund kommt in der Praxis selten vor.
5) Entschuldigungsgründe
Typische Beispiele dafür sind:
• der entschuldigende Notstand (§ 35 StGB) liegt vor, wenn der Täter bei gegenwärtiger Gefahr für sein Leben, seine körperliche Unversehrtheit oder seine Freiheit eine Straftat begeht, um diese Gefahr abzuwenden. Die Tat muss geeignet sein, die Gefahr abzuwenden, und das mildeste aller verfügbaren Mittel darstellen. Auch die Rettung nahestehender Personen kann entschuldigt sein. Eine Interessenabwägung (s. Thema 6) findet bei § 35 StGB nicht statt.
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"Das Brett des Karneades": zwei Menschen treiben nach einem Schiffbruch auf einer Planke, A schubst B ins Wasser, um sich selbst zu retten - jener ertrinkt. A handelt nicht gerechtfertigt, da der Schutz des Lebens absoluten Vorrang hat. Eine Abwägung „Leben gegen Leben“ (nach § 34 StGB) ist nicht zulässig. Aber A wird nach § 35 entschuldigt. |
Die Schuld entfällt allerdings nicht, wenn dem Täter nach den Umständen zugemutet werden konnte, die Gefahr hinzunehmen.
• die Notwehrüberschreitung (§ 33 StGB). Von einer Notwehrüberschreitung spricht man, wenn der Angegriffene sich stärker verteidigt als notwendig.
Beispiel: B wird von dem ihm körperlich unterlegenen A angegriffen. B könnte A ohne weiteres mit einem Schlag ins Gesicht aufhalten, was er auch weiß, er zieht aber sein Messer und sticht auf A ein.
Geschieht die Überschreitung aus Verwirrung oder Furcht ist sein Handeln gemäß § 33 StGB entschuldigt.
Beispiel: B wird von dem unbekannten aber körperlich unterlegenen A angegriffen. B könnte A ohne weiteres mit einem Schlag ins Gesicht aufhalten. B gerät aber in Panik und zieht sein Messer und sticht damit auf A ein.
Wenn bei einer rechtswidrigen Tat keine Schuldausschließungs- oder Entschuldigungsgründe vorliegen, wird in der Regel „schuldhaftes Handeln“ festgestellt.
Beantworten Sie die Wiederholungsfragen:
1. Was versteht man unter „Schuldprinzip“?
2. Welche Formen der Schuldfähigkeit sind Ihnen bekannt?
3. Welche Stufen der Schuldfähigkeit kennen Sie?
4. Was bedeutet „actio libera in causa“?
5. Können Sie die Begriffe „Vorsatzschuld“ und „Fahrlässigkeitsschuld“ erläutern?
6. Was ist unter einem unvermeidbaren Irrtum zu verstehen?
7. Welche Schuldausschließungsgründe und Entschuldigungsgründe sind Ihnen bekannt?
8. Beschreiben Sie die Situation des „Brettes des Karneades“.
9. Unter welchen Voraussetzungen wird eine Notwehrüberschreitung entschuldigt?
10. Welche Rolle spielen die Schuldausschließungs- und Entschuldigungsgründe?