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§§ Einführung in die Sprache des deutschen Strafrechts

§§

EINFÜHRUNG

IN DIE SPRACHE DES DEUTSCHEN STRAFRECHTS

Lomonossov-Universität Moskau, Rechtswissenschaftliche Fakultät

§§

Thema 1. Strafrecht im rechtssystem

Die deutsche Rechtsordnung unterscheidet drei Bereiche:

- Privatrecht

- Öffentliches Recht

- Strafrecht

Formal betrachtet ist das Strafrecht ein Teil des öffentlichen Rechts. Das öffentliche Recht folgt dem Prinzip der Subordination: Der Polizist verbietet dem Bürger, Alkohol zu konsumieren. Hier ist also eine Behörde berechtigt, einen Bürger zu etwas zu verpflichten. Im Privatrecht herrscht dagegen das Prinzip der Gleichordnung: Der Kunde zahlt den Kaufpreis und verlangt vom Bäcker die bezahlte Ware. Hier ist der Bäcker nur zur Herausgabe der Ware verpflichtet, weil er mit dem Kunden freiwillig einen Kaufvertrag geschlossen hat.

Aus traditionellen Gründen und wegen der hohen Bedeutung einer strafrechtlichen Verurteilung wird das Strafrecht aber als eigenständiger Bereich der Rechtsordnung verstanden.

Welche Aufgaben hat das Strafrecht? Die Strafnormen sollen die Menschen von Handlungen abhalten, die Interessen anderer Menschen verletzen. Bei der Entscheidung, welche Verhaltensweisen zu bestrafen sind, orientiert sich der Gesetzgeber an der Sozialmoral. Das Strafrecht schützt anerkannte Güter wie Leben, Freiheit und Eigentum, die dadurch zu Rechtsgütern werden. Aber nicht alles ist strafbar, was sozialethisch missbilligt wird. Bestraft werden nur solche Verhaltensweisen, die vom Gesetzgeber als besonders schwerwiegend angesehen werden. Man sagt auch, dass die Aufgabe des Strafrechts darin besteht, den Rechtsfrieden zu sichern. Unter Rechtsfrieden versteht man das friedliche Zusammenleben der Bevölkerung im Schutz des Rechts.

Das Strafrecht ist das schärfste Schwert im Arsenal des Rechts. Deswegen folgen die meisten demokratischen Staaten im Strafrecht dem Prinzip der „ultima ratio“. Strafrecht wird wenn möglich gar nicht, ansonsten als ein allerletztes Mittel zum Erzwingen des Rechtsfriedens verwendet. Zum Beispiel muss bei Bagatelldelikten garantiert werden, dass vor einer strafrechtlichen Sanktion andere Mittel und Wege benutzt wurden, um den Täter vom Begehen weiterer Taten abzuhalten.

Anselm von Feuerbach, der Begründer der modernen deutschen Strafrechtswissenschaft formulierte den Grundsatz »nullum crimen, nulla poena sine lege«* (»kein Verbrechen, keine Strafe ohne Gesetz«), der als Gesetzlichkeitsprinzip bekannt ist. Das Prinzip umfasst vier Aspekte, die man zusammen als die Garantiefunktion des Strafgesetzes bezeichnet:

1. Verbot des Gewohnheitsrechts: das Strafgesetz muss schriftlich sein.

2. Verbot der Analogie: strafbar ist nur die Handlung, die das Gesetz eindeutig mit Strafe bedroht, und nicht etwa eine ähnliche.

3. Verbot von gesetzlicher Unbestimmtheit: das Gesetz muss Art und Voraussetzungen der Strafe klar beschreiben.

4. Verbot der Rückwirkung: das Strafgesetz muss vor der Straftat existiert haben. Eine belastende Rückwirkung ist im Strafrecht unzulässig.

Das deutsche Strafrecht hat drei Teile:

  • Das materielle Strafrecht beschreibt die Voraussetzungen der Strafbarkeit und deren Rechtsfolgen. Beides ist nach deutschem Recht im Strafgesetzbuch (StGB) und in zahlreichen Bestimmungen des sogenannten Nebenstrafrechts geregelt, z.B. im Außenwirtschaftsgesetz oder im Arzneimittelgesetz. Schon seit 1872 ist das deutsche Strafgesetzbuch in Kraft. Es wurden seitdem sehr viele Aktualisierungen und Änderungen gemacht. Das StGB besteht aus zwei Teilen. Der Allgemeine Teil des StGB regelt Grundsätzliches, z.B. Fragen des Vorsatzes, des Versuches und der Rechtfertigungsgründe. Der Besondere Teil behandelt die einzelnen Unrechtstypen und die Strafen, die dafür vorgesehen sind.

  • Zum formellen Strafrecht gehört das Strafprozessrecht. Es enthält zum einen (u.a. im Gerichtsverfassungsgesetz, GVG) Bestimmungen über den Aufbau und die Zuständigkeiten der Organe der Rechtspflege (v.a. Gerichte und Staatsanwaltschaft), zum anderen (in der Strafprozessordnung, StPO) Bestimmungen über den Ablauf des Strafverfahrens. Eine wichtige Rechtsquelle ist auch das Jugendgerichtsgesetz (JGG).

  • Das Strafvollzugsrecht beinhaltet (im Strafvollzugsgesetz) die Bestimmungen über die Durchführung der Rechtsfolgen, die von den Strafgerichten verhängt wurden. Dabei ist der Vollzug der Freiheitsstrafe besonders wichtig.

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Bagatelldelikt n. – eine Straftat von geringer Bedeutung

*Gesetzlichkeitsprinzip: Erstmals ausdrücklich formuliert wurde das Postulat „nulla poena, nullum crimen sine lege“ (keine Strafe ohne Gesetz, kein Verbrechen ohne Gesetz) von Paul Johann Anselm von Feuerbach in seinem „Lehrbuch des gemeinen in Deutschland gültigen peinlichen Rechts“ aus dem Jahr 1801. Feuerbach griff hierbei auf vorangegangene staats- und rechtstheoretische Überlegungen anderer europäischer Philosophen und Juristen der Aufklärung zurück und führte diese in der lateinischen Kurzformel begrifflich zusammen.

Rückwirkung f. - Wirkung eines Gesetzes auf einen bestimmten Zeitpunkt vorher

Beantworten Sie die Wiederholungsfragen:

1. In welche Bereiche ist die deutsche Rechtsordnung unterteilt?

2. Erklären Sie den Unterschied zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht.

3. Erzählen Sie über die Aufgaben des Strafrechts.

4. Warum nennt man das Strafrecht „das schärfste Schwert“ im Arsenal des Rechts?

5. Aus welchen Bereichen besteht das deutsche Strafrecht?

6. Was steht im Allgemeinen Teil des StGB?

7. Was ist im Besonderen Teil aufgelistet?

8. Was bedeutet der Begriff „Strafvollzug“?

9. Welche Stellung nimmt das Strafrecht im deutschen Rechtssystem ein?

10. Was versteht man unter „Gesetzlichkeitsprinzip“?