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Учебный год 22-23 / Michaels - schuldrechts.doc
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IV. Entwicklungen vor dem bgb

vor § 241

chungen: Die actio in rem entsprach schon seil jeher der Vindikation, andererseits wurde die actio inpersonam bald mit der obligatio gleichgesetzt88 und demenIspre­chend die obligatio aus der Kategorie der res ausgegliedert. Schon in dei' von Theo-philos, einem Mitarbeiter an der justinianischen Kodifikation, herausgegebenen grie­chischen Paraphrase der Institutionen89, erschien die obligatio - eher aus didak­tischen Überleitungsgründen denn als scharfe Kategorienbildung90 - als vierte Ka­tegorie eigenständig zwischen den res und den actiones, weil Obligationen zum ei­nen res, zum anderen die »Mütter der Aktionen« seien. Diese Vierteilung des Theo-jihilos ging über den Brachylogus91 in die europäische Rechtswissenschaft ein92 und begründete die Selbständigkeit des Schuldrechts als Kategorie, freilich vor Sa­vigny noch ohne die Begründung in der individuellen Freiheit.

Damit ging der Zusammenhang zwischen Schuld- und Sachenrecht in der Pan-dektistik verloren, und zwar in beiden genannten Varianten. Das ist einerseits er­staunlich, insofern das pandektistische System das Ergebnis der Kombination zweier Gebiete -formal humanistische Systematisierung25* und inhaltlich römisches Rechts - war. in denen wie gesehen jeweils einer dieser Bezüge vorhanden war. Die gaia-nische Klassifizierung der Forderung als Sacheging unter (ebenso wie das gaianische System insgesamt)259, weil sich schon im Gemeinen Recht ein engerer, auf körper-

Grundlage isl, dass sowohl die actio in personam als auch die obligatio auf dare oder fucert gerichtet sind; vgl. Karl Adolph v. Vungeroai, Lehrbuch der Pandekten, Ed. J, 7. Aull. Marburg 1S63 169f.

154 E, C. femni(Hg.), Institulionum Graeca Paraphrasis Theopbilo Anlecessorivulgo tiibula, 2 Bde., Berlin 1884/1897 (ND 1967); vgl. Affoller, Institutionen-System (Fn. 184). 70-76; zur Fragt der Autorschaft bejahend J.H.A. Lokin, Theophilus anlecessor, TRG 44 (1976), 337, 339-344.

1!S Hans-Erich Troje, WiüsenschBhlichkeit und System (Fn.201), 74.

WS Der Brachylogus war eine Institulionenausgabe £.us Orleans aus dem 12. Jahrhunderts; vgl. Peter Weimar, Die legislische Literatur der Glossalnienzeit, in; H. Coing (Hg.), Handbuch dei Quellen und Literatur der neueren europäischen Privatrechtsgeschichte, Bd.l, 1973, 207f.

357 Zur Abgrenzung im Mittelalter vgl. Emanuele Corde, Cnse, persone, obbligazioni, consuetu-dini. Ficcole osservazioni su grandi temi, in; E. Faron, E. Hubert (Hg.), Le sol et l'immeuble, 1995 27-S9 allgemeiner D}elir Norr 'i-Ur Frage des subjektiven Rechls in der mittelalterlichen Rechts­Wissenschaft, in: Festschrift für Hermann Lange, 1992,193-204.

Die vielen Spielarten von Systematik im 19. Jahrhundert (organisch versus apriorisch, deduk­tiv versus induktiv, etc.) können luer nicht behandelt werden. Zum System in der Pandektistis umfassend Paolo Cappellini, Syslema Iuris, 2 Bde., l°84/85; speziell zum Streil zwischen Stah und Puchta Hans-Peter Haferkamp, Recht als System bei Georg Friedrich Puchta, 2003 (http:/' www.forhistiur.de/zitat/0311ha ferkamp.htm).

™ Verwendet wurde es noch (allerdings mit den Obligationen als eigenein Teil) von Gustav Hugo, Lehrbuch eines civilistischen Cursus, 2. ganz von neuem ausgearbeiteter Versuch, Bd.l. Berlin 1799, 47; dems., Lehrbuch dei- Geschichte des Römischen Rechts (Lehrbuch eines civilis­tischen Cuieus), Bd.II; dems., Die Obligationen gehören in den letzten Theil des Privat rechts, in: ders., Civilistisches Magazin, Bd.IV, Berlin 1815, 1, 20II-; Karl Sucher, System der Pandekten (Fn.165), 49; ebenso noch Ferdinand Mackeldey, Leintuch des heuligen römischen Rechts, Bd.tl,

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vor § 141

Systemfragen des Schuldrechl*

liehe Gegenstande begrenzter Sachbegriff durchgesetzt hatte260. Damit waren For­derungsrechte keine Sachen mehr241; Eigentum an Rechten (also auch an Forde-rungsrecliten) konnte man nicht haben, und die Vorschriften des Sachenrechts waren nicht anwendbar2". War so einerseits diese Trennung von Schuld- und Sachenrecht eine Frucht der humanistischen Scheidung von ius in re und im ad rem263, so wurde andererseits der in dieser humanistischen Gliederung enthaltene Gedanke, dass For­derungen Beziehungen zur Sache vermitteln, abgelehnt, denn er kollidierte mit dem römischen Recht, aber auch mit der Begründung des Privatrechts in der individuellen Freiheit. Sachenrecht und Schuldrecht entsprachen unterschiedlichen actiones des römischen Rechts (actio in rem einerseits, actio in personam andererseits) und be­trafen unterschiedliche Herrschaftsbereiche menschlicher Willkür (über Sachen zum einen, über Personen zum anderen). Auch die Trennung zwischen auf facere und auf dare gerichteten Obligationen wurde vernachlässigt: Inhaltlich war sie nicht mehr relevant, weil man alle Obligationen, also auch die sachbezogene obligatio dandi, als auf den Willen des Schuldners gerichtet ansah und damil die Unterscheidung mate­riell rechtlich Ihre Berechtigung verlor; Behandlungen des Unterschiedes in Lehrbü­chern des 19. Jahrhunderts sind daher kure26i. Die Frage der Naturalerfüllung ande­rerseits wurde ins Prozessrecht verwieser,2", wo die Besonderheit von auf Sachleis­tung gerichteten Forderungen allerdings noch erkennbar ist36*.

Problematisch war innerhalb dieses Systems nun weniger die Abgrenzung des Schuidrechls vom Sachenrecht, sondern die Abgrenzung des Schuldrechis vom F'a-milienrechl, denn beide betrafen nun Rechtsverhältnisse zwischen Personen. Tat-sachlich hatte etwa Vultejus 1S90 beide in der Lehre vom homo (Mensch) zusammen behandelt und der res entgegengesetzt2'7. Für Savigny regelte das Familienrecht Beziehungen zur Person als Ganzer, nicht zu ihren einzelnen Handlungen268 und stellte darauf ab, dass Familienrecht auf Notwendigkeit und sittlicher Gleichord­nung, das Schuldrecht dagegen auf Willkür und rechtlicher Uber-AJnterordnung von

Weücre Nachweise zur Ablehnung der Institution Unordnung bei Björne, Deutsche Rechtssyslemu (Fu. 51), 173-176.

HKK/fiii/iter, §§90-103, Rn.6. »■ RGZ (v. It.l. 18S7 - il 277/86) 17, 57. Vgl., auch zum Unterschied zu Frankreich (wo das Forderungsrechl als bien behandelt wird) OMMOfA Krampe, Obligation comme bien - Droit fran­cais et allemand, Archives de Philosophie du droit 44 (200Ü). 205-215.

361 Bernhard Windscheid. Lohrbuch des Pandektenrechts, Bd.l, 6.Aull. Frankfurt a.M 1887, 563 f. (§168).

Oben Rn.29.

Vgl. etwa Brinz. Pandekten ll/l (Fn.165). 911. (§239). ;" Sin/ejiis,Zeit5chrillfürCWilprozessll(lB38),20fl.; vgl. dazu Wilhelm Rüllcn, Zui Entste­hung des Erfüllungszwangs Im Schul dverhaltuis, In: Festschrift für Gernhuber, 1993, 939-959; auch HKK/Hepreii, §§362-371. Rn.12. u Siehe unten Rn.56.

Vu'ie/ni. Jurisprudentia Romana (Fn.33l; den., DiKeptatinnum schollsticarum iuris Uber unus, Marburg 1589. Kap.16; vgl, Srintzing, Geschichte I (Fn.33), 457f.. 460.

lr* Savigny, System 1 (Fn.llU), 349. Ähnlich schon gegon Vultejus Vitalins, In librum tertium (Fn.202), 3.14.2 (S.4).

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Gläubiger und Schuldner beruhe26* (wahrend spater Hedemann gerade umgekehrt meint, Familienrecht betreffe Über-/Unterordnung, insbesondere von Vater zu Kind-'0, Schuldrecht dagegen betreffe Gleichordnung271), Auch andeie suchten die Abgrenzung darin, dass Familien- und Erbrecht nichl nur auf juristischer, sondern zugleich auf ethischer Basis beruhten273. Bei Hegel etwa war aus diesem Grunde das Familienrecht nicht Teil des »abstrakten Rechts« (in dem Eigentum, Vertrag, Un­recht zu finden sind), sondern der »Sittlichkeit«273; folglich waren Ehe und Staat keine Verträge, da sie sich nicht auf einzelne äußere Sachen beziehen37*.

Auf dieser Grundlage beruht die oft vertretene These, die Gliederung des BGB beruhe auf einer »Kreuzeinteilung«275, wonach die Abgrenzung zwischen Schuld-uud Sachenrecht die Struktur der betroffenen Rechtsverhältnisse betreffe, die Ab­trennung dieser beiden Bereiche als Vermögens rechl vom Familien- und Erbrecht dagegen die betroffenen Lebensverhältnisse. Historisch wird das meist damil be­gründet, die Zuordnung zu Schuld- und Sachenrecht sei römisch recht lieh, diejenige zu Familien- und Erbrecht naturrechtlich376. Doch wird damit schon der inhaltliche Gegensatz in der Systematisierung übertrieben. So lässt sich die Pandektenordnung durchaus als Fortführung nichl nur der Institutionen377, sondern auch der juslinia-

Savigny, System 1 (Fn. 110), 349,387;ders, Obligationenrecht [ (Fn.27), 151. Ein »besonderer sittlicher Zweck« ist das Unterscheidungskrllerium noch für Ludwig Enneccerus, Hoiss Carl Nip-pertley. Lehrbuch des bürgerlichen Rechts, Allgemeiner Teil, 15. Aull 1959, 453. Zum Familien-rechlin Savignys System Clans Bexlermötter, Das Familienrechl in den Systemen derPandeklistik des 19. Jahrhunderts. Diss. Munster 1970. 47-68.

370 Insoweit als «vorherrschende Meinung- bezeichnet von Hnnecerus/Hipperdey, Allgemeiner Teil (Fn.269). 452.

Hedemann, Schuldrecht (Fn.lll), 161. (§3.1]; Sushis Wilhelm Hedemanu, Schuldrechl des Bürgerlichen Gesetzbuches, 3, Aull 1949,31. (51.111.

273 Pöschmann, Commentar (Fn.36), Einleitung VII (S. 5); Friedrich Adolph Schilling, Lehrbuch des Natuirechls, Bd.l, Leipzig 1859, 229-231 (§149) (auch mil Hinweis aul Daucrhaltigkeit); Un­ger, Entwurl (Fn.9B), 11; Staudinger/Weber, 11. Aufl. 1967. §§241, 243-248, R 15; ebenso zum Erbrecht Slaudlnger/ßoehmer, 11, Aufl. 1954, vor §1922, Rn.4(f.; vgl. HKKISchmaecket, voi §1. Rn.22.

1,1 Siehe auch Knr( Lorenz, Neubau des Privat rechts. AcP 25 (1939). 91,97,99. Ahnlich, jeden­falls zum Inhal! familienrechtlicher Verhältnisse, Inger, System I (Fn.247). 2161.

174 Hegel. Rechtsphilosophie (Fn.217), 7BI. (§75). 170 (5163). Anders noch Kant, Metaplysik der Sitten (Fn.216), 106-108 (§§24, 25): Ehe als Vertrag über den wechselseitigen Gebrauch der Geschle-bis merk male; dagegen Savigny, System 11 Fn.llO), 347 f., der aber, anders als Hegel, auch die Ehe als Verlrag verstand; Friedrich Cnrl v. Savigny, System des heutigen romischen Rechts, Bd. III, Berlin 1840,31811.; dazu Hans Kiefner, Der Einfluß Kanlsaul Theorie und Praxis des Zivil­rechts im 19. Jahrhundert, in: J. Bluhdom. J. Ritter (Hg.), Philosophie und Rechtswissenschaft. Zum Problem ihrer Beziehung im 19. Jahrhundert. 1967.3,11f., 211.

** Zuerst offenbar Zilelmanu, GrünbZ 33 (1906), 10!.; danach etwa Schwarz, ZRG (RA) 42 (1921), 580f.; Gnslou Bodsmer, Grundlagen des bürgerlichen Rechls, Bd. 11/1. 1951. 72f.; Marlin Lipp, Die Bedeutung des Nalurrcchts Iür die Ausbildung der allgemeinen Lehren des deu-jehe Privalrtchts, 1980.39.

371 Schwarz, ZRG (RA) 42 (1921), 591; Adolf Laufs, Beständigkeit und Wandel - Achtzig . ahre deutsches Bürgerliches Gesetzbuch, JuS 1980. 853, 856; HKK/Sc/nnoecIie/, vor § 1, Rn,21.

177 Oben Fn.197.

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nischen Sludienordnung ansehen, in der Familien- und Erbrecht ihren Platz hat­ten378. Richtig ist daneben, dass das Faniilienrecht im klassischen römischen Rechl keine eigene Kategorie daisteilte93, aber das war weniger eine Konsequenz der Systemaiisierung, sondern eher der Tatsache, dass das Familienrecht insgesamt we­niger verrech tlicht war. Vor allem aber behauptet die These von der Kreuzeinteilung einen Kompromiss im Streit zwischen fundamental unterschiedlichen Kriterien (In­halt der Rechte oder Bedeutung der Lebensverhältnisse), der zur Zeit der Gesetzge­bung noch nicht abgeschlossen war294"1. Zu ihrer Zeil wurde die Gliederung der Pan-dektistik selten als Kompromiss betrachtet, sondern eher vollständig entweder als strukturell oder als lebenssachverhallsbezogen gedeutet. Tatsächlich berief sich Hei­se in seiner Gliederung ausdrücklich auf Kant-S\ Dieser wiederum hatte das Fami-lienrechl wie Sachen- und Schuldrecht struklurell begründet: nach ihm behandeile das Schuldrecht persönliche Rechte, das Sachenrecht dingliche Rechte, das Famili­enrecht dagegen »auf dingliche Art persönliche Rechte"262, ein Konzept, das Savig­ny zwar ablehnte2"'1, das aber in seiner Kategorisierung des Familienrechts als Rechl an der Perion als ganzer noch zu erkennen ist. In diesem System war lediglich da! Erbrecht eine schwierig zu erklärende separate Kategorie295. Auch Gierte als Kriti­ker meinte, die Systematik aller vier Bücher auf ein Kriterium zurückführen zu können, nämlich die Objekte der Rechte: neben Sachen und Willen für Sachen- und Schuldrecht nannte er eine andere Person für das Familienrecht und »die leer gewor­dene Stelle einer weggefallenen Persönlich keil« für das Erbrecht255. Andererseits finden sich Deutungen, die insgesamt Lebenssachverhalte, nicht Rechtsstrukturell betreffen; so soll etwa Schuldrecht vergänglich, Sachenrecht und Familien recht da­gegen auf Dauer gerichtet sein96 - angesichts von DauerschuldVerhältnissen einer­

1797 MuHei-FretiH/ili, KubcIsZ 37 (1973), 634-636. B™ Wmds-hetd, Pandekten I (Fn.262), 38f_ Fo.2 ($13).

31 Heiie,GmndriIJ(Fn.Sl),16f.,Fn.6,129 mil Fn.1 zum EinIluss Kants; vgl. auch Müller-Frei enfels, RabeisZ 37 (1973), 646; ebenso Albrecht Schceppe, Das römische Privalrechl in seinci heutigen Anwendung, Bd.IV: Pamilieurerht. 4. Aull. Cottingen 1832. lt.; Johann Friedrich Lud u/ig, Vorlesungen über das gemeine Civilrechl 1, Göllingen 1838 (ND 1998). 3571. (358 zum Erh-rechl); ebenso im Ergebnis Ludwig Kuhlenbeck, Von den Pandekten II (Fn.110), 2, der beide Rechtsverhältnisse als -l elativn bezeichnet, damil aber inhaltlich nichts anderes meint als »persön­lich«.

la Dazu noch unten Rn.42. 2"3 Unten Fn.319.

!" Vgl. Heise, Grundriss (Fn.51), 1571.; v. Savigny, System I (Fn.llO), 387. trennte zwischen 'gleichzeitigem" (Schuld- und Sachenrecht) und 98succuslvem99 (Erbrecht) Vermögensrecht: vgl auch Menger. Besilzlose Volksklassen (Fn. 107) 381.; lerner Jotowicz. Roman Foundations(Fn. 184). 71!.

285 v. Cieike, Entwurl (Fn.107), 82.

lung); Georg Karl Neuner, Wesen und Arien der Prival rech «Verhältnisse, Kiel 1866, 69, Willy

Ralf Michaelf