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Учебный год 22-23 / Michaels - schuldrechts.doc
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IV. Entwicklungen vor dem bgb

vor § 241

Wird die Obligation hinsichtlich ihres Objekts definiert, so wird für die Systematik auch relevant, um was für ein Objekt es sich handelt. Eine Beziehung zu Sachen (als körperliche Gegenstände) können nur auf Sachleistung gerichtete Obligationen ver­mitteln. Eine entsprechende Unterteilung von Obligationen findet sich bei Gaius, der drei mögliche Inhalte der Obligation nannte: dare, jacere, praeslare (etwa: Eigen­tum verschaffen220, tun, gewähren)225. Nur dare war notwendig auf Sachen gerich­tet. Relevant wurde insbesondere die Trennung zwischen dare und facere79. Grund war die Annahme, dass man im nachklassischen80 römischen Rechl aus obligatio dandi auf Naturalerfüllung23*, aus obligatio faciendi dagegen nur auf Geldcrsatz zu haften habe22". Während die Naturalerfüllungspflicht aus der obligatio dandi im Mittelalter unstreitig war, beschäftigte die Frage bei der obligatio faciendi die Auto­ren et heb lieh23". Dabei zeigt sich am Beispiel des Kaufvertrags eindrucksvoll die Macht der Klassifizierung: Diejenigen, die für eine Natura lerfüllungspflicht plä­dierten, argumentierten nur teilweise damit, dass auch die obligatio faciendi jeden­falls manchmal in natura zu erfüllen sei. Teilweise argumentieren sie umgekehrt klassifikatorisch: Weil der Kaufvertrag zur Naturalerfüllung verpflichte, müsse er

> ■ i: sie itzl aufgehört habe, mein Eigentum zu sein, und dass ich sie bereits als Eigentum des anderen anerkenne«; ders-, Encyclopädie der pbilosophisehen Wissenschaften im Grundrisse, 3-Ausgabe Heidelberg 1830, 503 (§493); vgl. auch Peter Landau, Hegels Begründung des Verlags­rechts. Archiv (ui Rechts- und SoziaIphilosophie 59 (1973). 117, 1351.; wiederabgedruckt In M Wiedel.'Hg.). Materialien zu Hegels Rechtsphilosophie, Bd.l], 1975,176-197. Hegel immanent? Kri­tik hei Höste. Hegels System (Fn.218), 503: weil zur Idee bei Hegel das Moment der Reahlal kons­titutiv dazugehöre (Hegel, Rechtsphilosophie [Fn.217], 55 |§51J), sollte Eigentum erst mil Besitz-Übergabe übergehen.

**■ Die In den Digesten genannten auf dare gerichteten Obligationen waren samtlich nichtver­tragliche Rückgabepflichten; indes ist wohl unzweifelhaft, dass im Rahmen der stipitlatio auch eine Verpflichtung zum dnre vereinbart werden kunnle: Käser. Römisches Privatiecht f (Fn.2li), 538 (§128 11.1).

w C gi nict 1V2 Fnunts D. 44 7 3 pr. Die Begriffe überschnitten sich und erfüllten zunächst Wohl auch keine klassifikatorische Funktion.

*~ Vgl. Paulus D. 45,1,2 pr.: »SlipuJalionum quaedam in dando, quedam in laciendo cunsis-tunt«.

"7 Im klassischen römischen Rechl gab der Grundsalz des Gel dorsal zes: »omnis cundemnalio pecuuiaria«; vgl. Helmut Blank, Cnndemnatio peeuniaria und Sachzugrilf. ZUG (RA) 99 (1382), 303-316.

-7h D. 6.1,68 (wohl nachklassischc Intcrpolalicn); vgl. Hermann Dileher. Gcldkondemnalion und Sadhkondemnation in der mittelalterlichen Rechistheorie, ZRG (RA) 78 (1961), 277,279-283. A.A. zur obligatio dnudi insbesondere Carl Friedrich Ferdinand Sintenis, Was isl Gegenstund der Klagen aus Oblig^ti-nibus ad faciendum überhaupt und der acte: emli im Besondern, d.i. worauf sind diese nach heuligem Rechte zu richten, wie isl die Verurtheilung zu fassen, und wie die Hülfe zu vollstrecken?. Zeitschrift für Qvilprozess 11 (1838). 20,63-69; vgl. auch Rai/ Michaels, Sach­zuordnung durch Kau (vertrag. Traditionsprin zip, Konsensprinzip, iusud rem in Geschichte, Theo­rie und gellenden Recht 2002, 85f.

JW HKK/Doi-ii.§241,Rn.9.

3111 Dazu monographisch Tilman Repgen, Vertragstreue und ErlULIungszwnng in der mittelalter­lichen F.echlswisscnschalt. 1994; zusammenfassend HKK/ftepgen, §§362-371, Rn 21-24. kurz auch HKK/Ddih, §241, Rn.U.

Kall Michaels

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vor § 241

Syslemfragen des Schuldrechts

auch eine obligatio dandi enthalten231. Auch im 18. Jahrhundert blieb die Trennung zwischen auf Sachen und auf Handlungen gerichteten Obligationen wichtig231. Im Code civil fuhrt bei der Obligation de faire (obligatio faciendi) die Nichterfüllung grundsätzlich zum Geldersatz2", bei der Obligation de donner (obligatio dandi) andererseits gibt es dem Konzept des Gesetzes nach gar keine Nichterfüllung, weil die obligatio dandi bereits mit ihrem Abschluss erfüllt wird"*. Freilich hat sich die Praxis über diese Folgen der Klassifizierung hinweggesetzt - einerseits kann auch die obligatio faciendi in natura durchgesetzt werden233, andererseits hat sich im Kaufrecht entgegen dem Gesetzestext (Art.15891 CC) auch derbloE verpflichtende Kaufvertrag (promesse synalhigmatique de vente) entwickelt236. Das österrei­chische Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch trennt wie das preußische Allgemeine Landrecht im Sachenrecht die Obligationen als die »persönlichen Sachenrechte«33'; die einzelnen Obligationen sind im Allgemeinen Landrecht jeweils bezogen auf das Eigentum an verschiedenen Stellen behandelt238. Die funktionale Verbindung zeigte sich auch in der Lehre von titulus und modus, wonach obligatorische Rechte durch

551 Zum Ganzen Hermann l:rcderik Wilhelm David Fischer, De geschiedenis van de leele exe-culie blj koop, 1934.

lu Pürier. Versuch (Fn.lBl), allerdings nichl für abschließend gehalten. Weiterentwicklung bei Habemikkel, InstimiionesIV (Fn.lBl); Holacker, institutiones II (Fn.lBl): Vertrageauf Saehilber-nag ung, auf Rechtsübertragung und auf Handlungen.

,ls Art. 1142 CC;zum Ursprung Osama Monla, L'origine doclruiale de l'artiele 1142 du Code civil. Essai sur I'adage -Nemo praeciac cogi pocest ad factum-. Revue hisinrique de droil Irancais ei elrsnger 73 (1995), 201-219.

*** Art 1138 CC, speziell für den Kaufvertrag Art. 1583, zur eigenlumsübertragenden Wirkung der Obligation Art.711; vgl. dazu Pascal Chaatl, Serge Vicente, Letransferldeproprietepurreflet des obligations dans lecode civil, Revue ti lroe;trielle du droit civil 2000.477-506; Michaels, Such­Zuordnung (Fn.228). 148-159, Eugen Buche', DieEigenlums-Translalivwirkung von Schuldvcrlrü­gen; Das »Woher- und -Wohin- dieses Modells des Code Civil. ZEuP 1998,615-669. Das fuhrt zui Frage, ob eine obligatio dandi neben dem übertragenen dinglichen Recht überhaupt exinien; vgl. Muritl Fahre Mogimn, Le mythe de l'obligation de donner. Revue Irimeslrielle du droil civil 19%, 85-107; CAozoi/Vieenle, a.a.O.; Jiröme Huei, Desdifferenlessorles d'obligations et, plus pariicu-lietemcut. de l'obligation de donner, la mal nommee, la mal nimee. in: Lecontrat au debut du XXI' siede. Etudes ollertes ä Jacques Ghestin, 2001,425-139.

3,3 Wilfnd jeandidier, L'exicution forece des obligations coniractuulles de faire, Revue irimes­lrielle di droit civil 1976, 700-714. Wichtigstes Duichselzuitgsmittel isl die ustreinte (Zwangs-gcld), geregelt in Loi n. 91-650 vom 9. Juli 1991, Art.33-37; vgl. Konrad Zweige«, Hein Kotz, Einführung in die Rechisvergleidiung, 3. Aufl. 1996, 472-477 (535 III).

' " Louis Boyer, Lespromesses synallagmatiques de vente -Contribulion ala theorie des ivanls-contrats, Revue irimestrielle de droit civil 1949,1-35; Cass. 3"civ. (v. 20.12.1994). La »emain» juridique (Jurisclasseur periodique) 1995.11.22491 mit Anm. von Lnrnuiniel.

m Vgl. Wesener, Sachenrechte (Fn.38). 213

**■ Diese Gliederung übernahm Svarez als Entwurfsverfasser von seinem Lehrer Darjes [vgl. Dar/es, Jurisprudentiae universalis [Fn.47]), welcher wiederum von Wolff beeinflussl war: Wug-ner, Wissenschaft (Fn.191), 125; Wteoeeer, Privarrechisgcschlchie (Fn.178), 332. Vgl auch den Brief des preußischen Croßkanzlors und Justizmmislers an seinen Mitarbeiter vom S8.ll. 1783. abgedruckt bei Hnnj Brandl, Eigen tu mserwerb und Auslauschgeschüfl, 1940,1

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Rai! Michaels

IV. Emwictlungen vor dem BGB

vor § 241

Übergabe in dingliche Rechte übergingen23'81. Ein Teil der Naturrechts lehre entwarf sogar den Vertrag als Verfügungsgeschält; der Gläubiger erhiell ein Recht nur da­durch, dass dei' Schuldner ihm einen Teil suner I relheit übertrug™ dis Vertrags­recht war auch damit dem Sachenrecht näher gerückt201. Auch im englischen Recht findet sich noch für die Forderung der Begriff der chose in action (oder moderner: thing hi action); er beschreibt Sachen, die man nicht in Besitz hat, aber durch actio erlangen kann242.

c) Systematische Trennung von Schuld- und Sachenrecht

Savigny waren beide oben beschriebenen Verbindungen zwischen Schuld- und Sa­chenrecht noch bewussl: Die Obligation »hal zu [dem Eigentum] auch noch spe-ciellere Beziehungen: erstlich durch die mögliche Schätzung der Obligationen in Geld, welche nichts Anderes Lst, als Verwandlung in Geldeigenthum; zweytens da­durch, daß die meisten und wichtigsten Obligationen keinen anderen Zweck haben, als zum Erwerb von Eigenlhum, oder zum vorübergehenden Genuß desselben, zu führen.«243. Das isl, genau besehen, eine Einordnung der Forderung »erstlich« als Gegenstand, »zweytenst als Mittel der Vermögenszuordnung; folglich konnte das Obligationen recht noch bei Savigny gut Teil der res sein244. Freilich war die erste Funktion noch mil der Ansicht verknüpft, dass Forderungen einen Vermögenswert hnbenmüssten^idiein der zweiten Funktion gcnannlen »meisten und wichtigsten« Obligationen bedeuteten eine Beschränkung auf die obligatio dandi, also die auf Erwerb oder mindestens Genuss dinglicher Rechte gerichteten Obligationen246. Die­

Karl Magnus Pösclnnann, Commentar (Fn,36), Einleitung VII (S,5).

2U1 KKK/Ocsrnnmii, 5,145-156, Rn.28. m.w.N.ln Fn.128; siehe auch Rn.31.

7al Dem eutspi'ichl auch, wenn Grotius für das Naturrechl postuliert, dass bereits der Karfver-

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vor § 241

Sys lern fragen des Schuldrechts

ser Zusammenhang ermöglichte es Savigny, insoweit in Nachfolge des gaianischen res-Begriffs, Sachen- und Schuldrechl zum Vermögensrecht zusammenzufassen'-''82 und insbesondere vom Familienrecht abzugrenzen83.

Gleichzeitig war es aber auch Savigny, der innerhalb des Vermögensrechts die scharfe Trennung von Schuld- und Sachenrecht postulierte, weil beide unterschied­liche Rechtsverhaltnisse behandelten. Der menschlichen Willkür waren unterworfen die unfreie Natur (Sachenrecht) und Handlungen anderer (Schuldrecht); Eigentum und dingliches Recht waren Herrschaft über die »unfreye Natur«, Obligatton ande­rerseits Herrschaft über fremde Personen - nicht als ganze (denn das wäre Sklave­rei), wohl aber über einzelne Handlungen84 ''*. Dazwischen zeige sich zwar »ein sehr freyer Spielraum für mann ichfaltige Bestimmungen des positiven Rechts verschie­dener Völker«85, der aber den grundsätzlichen Unterschied und darüber hinaus die Unabhängigkeit nicht überdecken dürfe: Zu trennen waren »Eigenthum als selbstän­dige Herrschaft über eine Sache, ohne Rücksicht auf die Obligation, die etwa als Vermittlung und Vorbereitung dazu diente; die Obligation als selbständige Herr­schaft über eine fremde Handlung, ohne Rücksicht auf das dingliche Recht worauf diese Handlung vielleicht abzweckt«; dies allein war die »der Natur jener Rechte völlig angemessene Behandlung«86.

Tatsächlich lässt sich eine solche scharfe Trennung zwischen Schuld- und Sachen­recht auf das römische Rechl zurückführen, allerdings zunächst nicht auf materielles Schuld- und Sachenrecht, sondern auf das Recht der Klagearten. Im römischen Rechl existierte eine scharfe Trennung zwischen actio in personam und actio in rem, per­sönlicher und dinglicher Klage87. Diese Trennung hatte materiellrechtliche Entspre­

slens die Ausübung und den Genuß eines solchen, iu erlangen«. Die zugehörige Fußnote erklärt, dass darail die »dandi obligaliones« gemein! sind; zur Bedeutung lür das Verhältnis zum Sachen­recht noch unlen Hn.56.

247 Savigny, System l (Fn.110), 340, 367ff.; zur Parallelität des Vermögen sbegiiffs zum gaia­nischen res-Begriff ebd. 403. Zur Relevanz des Vermögenswerts der Obligation für diese Zusam­menfassung auch Rudolf Stammler, Das Rechl dei Schuldverhältnisse in seinen allgemeinen Leh­ren, Beilin 1S97, 1. Der Begriff des Vermögensrechts als Zusammenfassung von Schuld- und Sa­chenrecht wird von vielen übernommen: v£l etwa Joseph Unger, System des österreichischen allgemeinen Privat rechts, Bd.l, 5.Aufl. Leipzig 1892,213-215. Umfassend Gerold Itaop, Kodifika­tionsgeschichtliche Zusammenhänge des Abtretunjjsverbo 15,1992; s. auch unten Rn.87.

Ralf Mil haels