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Учебный год 22-23 / Michaels - schuldrechts.doc
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V. Entwicklungen seit 1900

vor § 241

ner die Rechtspflicht gegenüber dem Staat, die sich als Obligation darstellen lässt. Schließlich stellte sich die Frage nach der Anwendbarkeit von Schuldrecht im öffent­lichen Recht auch noch nicht mit aller Schärfe, als sich in Deutschland ab dem 18. Jahrhundert die Dichotomie zwischen öffentlichem Rechl einerseits und Privatrecht als Recht der bürgerlichen Gesellschaft andererseits heraus bildete476. Denn öffent­liches Recht umfasste dabei zunächst nur den kleinen Teil des Rechts, der sich auf den Staat als Polizetstaat richtete177; die Staatslehre trennte davon den Staat als Privatperson, als »Fiskus» und Teilnehmer am Vermögensverkehr. Nur hier kam Privatrecht zur Anwendung, aber hier konnte man auch nicht eigentlich von öffent­lichem Recht sprechen. Auf dieser Grundlage meinte etwa das Reichsgericht apodik­tisch: «Vermögensrechtliche Ansprüche ... gehören begriffsmäßig in das Gebiet des Privatredltsr'™

Erst mit der Herausbildung eines Verwaltungsrechts im 19. Jahrhundert47'', maß- 63 geblich unter dem Einiluss Frank reich s4Sü, stellte sich die Frage nach Anwendbarkeit des Privat- (und Schuld-) rechts auf dieses neue Rechtsgebiet. Zunächst Wurde sie verneint. Otto Mayer, der Vater des modernen allgemeinen deutschen Verwaltungs­rechts, konstruierte zwar einerseits das Verwattungsrecht formaljuristisch und inso­fern ganz ähnlich wie das Privat recht162"1. Folglich waren auch seine Rechts institute denen des Privatrechts nachgebildet: parallel zum privat recht liehen entstand das •öffentliche Rechtsgeschäft«482, das seinerseits als eine Art Schuld Verhältnis im wei­teren Sinne ein »besonderes Gewalt Verhältnis*483 hervorbringen konnte, parallel

einen europäischen Gesellschaf tsver trag« (Forum Constitutionis Europac, 5/04), (http://www.whi-berlin .de /docu inen! s/bot .pd f).

*** Dieter Grinrin. Recht und Staat der bürgerlichen Gesellschaft, 1987. insbes B4((.;/on Schrö­der, Priva.recht und öffentliches Rechl, Zur Eulwicklung der modernen Rechtssystematik in dei NalurrceJjlslehre des 1.8. Jahrhunderts, in: Fcslschi ift für Joachim Gernhulier, 1993, 9fil-974; Björne, Deutsche Rechlssysteme (Fn.51). ISff. Zur Herausbildung eines öffentlichen Rechts Mici.a-elSlolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland, Bd.l, 1988, insbes. SOI.

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vor § 2*1

Syslcmf ragen des Schuldrechis

zum privatrecht liehen der öl [entlieh recht liehe Vertrag35,1, und so weiter. Rechte des Slaa.es konnten entweder dem Forderungsrechl oder dem dinglichen Recht enispre-chendE5, andererseits konnten »Unterthanen« Ansprüche gegen den Staat in der Form der Forderung haben'"'6. Aber das öffentliche Rechl war vom Privatrechl grundverschieden, weil es auf Übcr-/Unterordnung statt Gleichordnung beruhte. Folglich verbot sich generell die Anwendbarkeit privatrech Ii icher Normen'187 - wo Privatrechl anwendbar war, handelte der Staat auch privat wir tschaft lieh, wo er öf­fentlich tatig wurde, war Privatrecht ausgeschlossen. Das Hauptproblem dieser An­sicht war, dass eigenständige öffentlichrechtliche Normen und Institute zunächst kaum vorhanden waren; folglich griff man aus der Not auf Vorschriften des Schuld­rechis zurück. Begründet wurde das manchmal damit, dass die Situationen doch vergleichbar seien, manchmal aber auch mit dem Argument, im Schuldrecht fänden sich allgemeine Rechtsgrundsätze, die d.e Trennung von privatem und öffentlichem Recnt daher überwänden"8".

Im 20. Jahrhundert sind zwei gegen sä uzliche Entwicklungen zu beobachten. Einer­seits ist das Bedürfnis nach Anwendbarkeil privalrechtlicher Nonnen gesunken, weil im Zuge der Ausdiflerenzierung des öffentlichen Rechts eigene Normen des Vcrwal-lungsrechts entstanden und entstehen; insbesondere die Kodifikation des Allgemei­nen Verwaltungsrechts in den Verwaltungsverfahrensgesetzen von Bund und Län­dern war hier wesentlich*8*. So ist etwa der öffentlich rechl liehe Verlrag, der ur­sprünglich aus allgemeinen Prinzipien begründet (und bekämpft) wurde49", mittlerweile positivrechtlich in §§5411. VwVfG geregelt451, andererseits bestimmt § 62 S.2 VwVfG ausdrücklich, dass Lücken (»ergänzend») durch Normen des Schuld­

*** Otlo Mayer, Zur Lohre vom öffentlich rechtlichen Vertrage, Archiv für öffenlliches Rechl 3 (1838),1-86; vgl auch Rull Michael Devin. Oer Vertrag in der Lehre Otlo Mayen. 2004.

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