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Учебный год 22-23 / Michaels - schuldrechts.doc
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V. Entwicklungen seit 1900

vor § 241

als - nur scheinbar419 contra legem (§ 1205) durch die Rechtsprechung eingeführtes - Sicherungseigentura. Man spricht insofern, analog zur »Verdinglichung obligato­rischer Rechte« (dazu sogleich) von der »Obligatorisierung des Sachenrechts«420, dem Einfluss scliuldreehtlicher Verein bar in geu auf den Inhalt der Sachenrechte, ins­besondere in der Kreditwirlschaft. Soweit damit indes ein Vorrang des Schuldrechts vor dem Sachenrecht behauptet werden sollte, svärv das missverständlich: erst das Zusammenspiel von Schuldrecht (Darlehens vertrag) und Sachen recht (dingliche Si­cherung) ermöglicht die moderne Kredit Wirtschaft. Aber Sachenrecht und Schuld­recht sind doch funktional verknüpft, Sachenrecht immer mehr auf Schuldrecht be­zogen. Noch deutlicher wird der Bedeut angszuwachs des Schuldrechts an einem anderen Konzept, das Dubischar als «Verschuld recht lichung der Vermögens Verfas­sung« bezeichnet hat421. Gemeint ist damit, dass Vermögens Positionen immer häu­figer als Schuldrechte auftreten: Dividendenanspriiche von Aktionären, gesell-schaf:srechl liehe (= schuld rechtliche) Beteiligungen, Lebens Versicherungsverträge, moderne Anlage-«Produkte- wie Derivate. Diese schuldrechtlichen Positionen er­langen ihren wirtschaftlichen Wert dadurch, dass sie leichter veräußeri und als Kre­ditsicherung verwende! werden können als Eigentum, Während diese Entwicklung funklional im 20. Jahrhundert neu ist, bedeutet sie klassifikatorisch eine Ruck kehr zum gaianisch-weiten rej-Begriff - der Erkenntnis, dass Obligationen ebenso wie Sachen Objekte des Rechts darstellen und Wert haben. Gleichzeitig betont sie damil die Bedeutung des Forderungsrechts als Gegenstand der Vermögenszuordnung,

Verlahrensrechti 1994, 27. 31 m.w.N.; vgl. auch BCHZ (v. 15.6. 1964 - VII] 305/62) 42, 53, 56: keine Behandlung als Nebeurecht nach §401.

"* Zur Zeit der Gesetzgebung war die SicherLngsubereignung bereits akzeptiert: RGZ (v. 10.1. 1885 - 1431/84) 13,200: RGZ (v. 2.6.1890-VI 68/90) 26,180; nach Erlass des BGB RGZ [V. 8.11. 1904 - VII173/04) 59, 146, Zur Debatte über die Zuliissigkeil im 19. Jahrhundert Frank Theken, Die Sicherungsubereignung und ihre rhmischrechtlichen Grundlagen in der Klassik. TRG 69(2001), 119. 130-138; Jansen. Binnenmarkt (Fn.146), 60f. Anders dagegen die Ansicht in der Schweiz ($717 ZGB) und itt Österreich {Helmut Koziot, Kozioi-Welsei -Grundriss des bürgerlichen Rechts, Bd.l, 12. Aufl.. 2002, 365t; zum IPR Judith Scl,acherreiter. Publizitalsloscs Sicherungseigentum im deutsch-österreichischen Grenz verkehr, ZlltV 2005,17311.).

Wolfsong Wicgand, Funktion und Stellung des Sachenrechts (Fn.94), 1181.

hKIDubischar, 1980. vor §§241(1.. Rn. 14-17. Manchmal bezeichncl nun mil -Verschuld-rechtlichung« auch die Ausweitung der Privatautonome in Bereichen wie dem Arbeitsrecht {Her­mann Reichold, Von der »Sozialautonomic« zurück zur Parleiautonomie, .lahrbuch Junger Zivil-rechlswissenschafller 1992, 63) und dem Familienrecht (Diäter Schwab, Gemeinsame el.erliche Verantwortung - ein Schuldverhaltnis? FamRZ 2002, 1303; zum Verhältnis zwischen Vcrlrags-und Eherechl jetzt auch Susan Emmenegger. In guten wie in schlechten Zeiten: Vertragsrecht liehe Wirkjngen des ehelichen Kooperationsprinzlps. in: Festschrift für Peter Gauch. 2004. 395-407). Aber Privatautonomie ist begrifflich nicht auf klassisches Vertragsrechl oder Schuldrecht begrenzt; in der Sache gehl es dabei also nichl um Ausweit jng genuin schuldrechtlicher Kategorien; vgl. auch Gralj-Peter Calliess, Die Zukunlt der Privatau.onomie. Zur neueren Entwicklung eines gemein-europaischen Rechtsprinzips. Jahrbuch Junger Zivilrechi&wissenschaftler 2000.35-110.

Ralf Michaels

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Sys temf ragen des Schuldrechts

il) Verdingiichung und Vergegensiändlichung obligatorischer Rechte

Sine zweite Entwicklung wird, in Nachfolge einer Schrift von Dtäckeit. mit der Be­zeichnung »Verdinglichung Ohligs torischer Rechte» versehen (wobei Begriff und Konzept älter sind und dem germanischen Recht entstammen): die Ausstattung von Forde ruogsrechten mit bestimmten Dritt Wirkungen122. Dulckeits Argument enthielt zwei Schritte: Erstens habe der Gläubiger gegenüber dem Schuldner aufgrund des obligatorischen Vertrags nicht bloß ein Recht auf eine Handlung, sondern bereits ein »relatives Eigen? am geschuldeten Gegenstand; folglich sei der Schuldner danach nur noch kraft Rechtsscheins dinglich Berechtigte]', und dieses relative Eigen (und also das obligatorische Recht) werde durch das bloße Hinzukommen von Besitz zu einem dinglichen Recht. Zweitens habe dieses durch Besitz verstärkte Recht nun, weil es dinglich sei, auch Drittwirkungen, die das besitzlose obligatorische Rechl nicht gehabt habe, Der Ansatz, obligatorische Rechte verwandelten sich von selbst durch das Hinzutreten von Besitz in dingliche Rechte, hatte Grundlagen im germa­nischen Recht der »Gewere« und der gemeinrechtlichen Lehre von litulus und fftö-dus423, vor allem aber in Hegels Rechtsphilosophie421.

Erweitert wurde dieser Ansatz 1957 von Brecher. Im Rahmen einer Begründung für ein Prinzip des Vertragsübergangs (heute §613 a), speziell des Eetriebsüber-gangs, entwickelte dieser die »verding!ichende Wirkung der Organisation«143. Ver-dinglichung bezog sich hier nicht mehr nur auf Sachen, sondern weiter auf Gegen­stande des Rechts, Brecher definierte damit das Schuldverhältnis jedenfalls teilweise um von einer persönlichen Beziehung der Vertragspartner zu einer Beziehung zwi­schen Person und Gegenstand, hier dem Gegenstand des Unternehmens126. Parallel wandelte sich das durch Schuld Verhältnis begründete Zweipersonenverhältnis zur Funktionseinheil Organisation, die ihrerseits Außenwirkung hatte; folglich sollte das Schuldrecht jedenfalls teilweise durch ein Organisationsrecht ersetzt und sollten die (oft mehr als zwei) Funktionsträger in einer Funktionseinheit zusammengefasst werden; daraus waren auch Folgerungen für die Behandlung Dritter im Schuldver­hältnis zu ziehen42'. Die französische Rechtswissenschaft kennt mit dem droit re/atif au bien eine ähnliche Figur144.

ft2z Gerhard Dulckeit, Die Verdinglichung obligatorischer Rechte (Recht und Slaatin Geschichte und Gegenwart, 158/15°), 1951. Zu Ansalzen iin germanischen Rechl Otto v. Gierkc, Deutsches Privalrechl, Bd.II: Sachenrecht, 19D5, 611f

,Ia OhenFn.239.

1?* Oben Rn.31. Dulckeit selbsl griff auf eine eigene frühere Arbeit zu Hegel zu.-ück: Dulckeit, Rechlsbegrifl und Rechlsgeslalt (Fn.222), 97ff.

Walter Schmidt-Rimpler, 1957,181 ff.. 209 (Zitat), 1S6-18B (zur Voren(Wicklung in der Rechtspre­chung),

"■z!l Hans Claudius Fieker, Veruagsübemahme und droits relatifs au bieu - Ein Beitrag zur Leh-

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Ralf Michaels