
13. Die grammatische Kategorie der Person
ist in allen Sprachen in Gestalt der Personalpronomen vertreten. In vielen Sprachen ist sie auch eine formale (morphologische) Kategorie des Verbs. Es ist prinzipiell für jede Sprechsituation charakteristisch, dass es einen Sprecher (1. Person), einen Adressaten (Angesprochenen, 2. Person) und etwas/jemand, über den man spricht (3. Person), gibt.
In vielen Sprachen und Sprachfamilien – auch im Indogermanischen, zu dem das Deutsche gehört – werden die Verben in diesen drei Personen konjugiert:
Singular
ich liebe (1. Person)
du liebst (2. Person)
er/sie/es liebt (3. Person)
Plural
wir lieben (1. Person)
ihr liebt (2. Person)
sie lieben (3. Person)
Die Höflichkeitsform „Sie“ zählt von ihrer Bedeutung her zur 2. Person (entweder Singular oder Plural), fällt aber formal – abgesehen von der Großschreibung – mit der 3. Person Plural zusammen.[1]
Die Unterscheidung des grammatischen Geschlechts (Genus: er – maskulin, sie – feminin, es – neutrum) bei der 3. Person Singular kommt nur in einem Teil der Sprachen der Welt vor. Sie kann je nach Sprache auch bei der 1. und 2. Person auftreten, auch im Plural.
Mit dem Wort Person ist die grammatikalische Person gemeint. Vor allem die 3. Person umfasst nicht nur natürliche Personen sonder auch Nicht-Personen (Tiere, Pflanzen, Dinge, Abstrakta usw.):
(die Lampe) |
Sie steht auf dem Tisch. |
(der Sommer) |
Er ist schon bald wieder zu Ende. |
(das Leben) |
Es kann so schön sein. |
(die Rosen) |
Sie duften herrlich. |
Weiter gilt, dass für die 1. und 2. Person immer die entsprechenden Personalpronomen stehen.
ich gehe du gehst wir gehen ihr geht
In der 3. Person steht entweder ein Personalpronomen der 3. Person oder ein Substantiv (bzw. eine Substantivgruppe, ein Nebensatz usw. mit Subjektfunktion). Er/sie/es geht weg. Die Lampe steht auf dem Tisch. Die auf der ganzen Welt bekannte und beliebte Schauspielerin geht nach Amerika. Dass er immer noch nicht hier ist geht mir auf die Nerven.
14. Die Fragen der Wortbildungstypologie Die formell-strukturellen Typen der Wörter
Hauptbegriffe der Wortbildung und der wortbildenden Typologie.
Die Wortbildung gehört zu den universalen Spracheigenschaften. Aber ihr Wert für die Bereicherung des Wortschatzes ist für verschiedene Sprachen nicht gleich, z. B. im Ukrainischen, Russischen und Deutschen ist die Wortbildung produktiver als Polysemie und Homonymie. Im Englischen und Französischen ist dagegen der semantische Weg mehr produktiv. Unterschiedlich ist auch die Bedeutung der Wortbildungstypen und Produktivität der Wortbildungsarten in verglichenen Sprachen. Im Ukrainischen überwiegt z. B. Suffigierung, im Deutschen – Zusammensetzung, die in der deutschen Sprache viel intensiver als im Ukrainischen ist. Der typologische Vergleich der deutschen und ukrainischen Wortbildung kann nach einigen Merkmalen durchgeführt werden: formell-strukturelles Wortbildungsmodell, Vorhandensein und Art der Motivation, Verbindung mit dem Ableitungswort oder Wortverbindung, Zugehörigkeit zur Wortart, allgemeines semantisches Modell.
Zu den Hauptarten der Wortbildung, die für deutsche und ukrainische Sprachen gemeinsam sind, gehören affixlose (implizite) Wortbildung, Ableitung (Präfigierung und Suffigierung), Zusammensetzung, Zusammenrückung, Kurzwortbildung.
Wortbildungsmittel sind in verglichenen Sprachen Wortbildungsmorpheme – Präfixe und Suffixe, phonetische Wurzelveränderung. Im Rahmen jeder Wortbildungsart unterscheidet man verschiedene Wortbildungstypen. Unter dem Wortbildungstyp versteht man eine Gesamtheit der abgeleiteten Wörter aufgrund der Gemeinsamkeit der Struktur und lexikalisch-semantischer Eigenschaften des Stammes oder des Wortes, von dem das abgeleitete Wort gebildet wurde. Unter der Wortbildung versteht man also sprachliche Prozesse, mit deren Hilfe nach bestimmten Wortbildungstypen neue Wörter gebildet werden. Unter Wortbildungsmodellen versteht man Muster oder Strukturschemata, nach denen mit wortbildenden morphematischen Mitteln (Affixen: Präfixen, Suffixen) Reihen gleichstrukturierter Wörter gebildet werden können.
Zusammensetzung und Typen der Komposita in zu vergleichenden Sprachen.
a) Typ der Determinativkomposita mit allgemeiner Semantik „Gegenstand und seine Eigenschaft“, die durch attributive Wortverbindungen motiviert sind: Berggipfel, Brotscheibe, Pelzmantel; хлібозавод, електростанція, водопровід. Dieser Kompositatyp ist in der deutschen Sprache sehr produktiv, weil fast jede attributive Substantivgruppe in ein Kompositum verwandelt werden kann. In der ukrainischen Sprache ist dieser Wortbildungstyp eingeschränkt, was auf die größere Produktivität der Suffigierung im Ukrainischen zurückgeführt wird (садовий будинок - Gartenhaus).
b) Typ der Determinativkomposita, die durch Verbindung eines Substantivs mit einem Attribut (Deverbativum oder Substantivform des Verbes) motiviert sind. Ihre Semantik ist vielfältig: „Gegenstände“, „Lebewesen“, „Abstrakta“, „Ziel“, „Handlung“ usw.: Trinkbecher (Becher zum Trinken), Denkkraft (Kraft des Denkens), Lockbewegung (lockende Bewegung).
Die deutschen Komposita haben eine vielfältige morphologische Struktur: die erste Komponente des Kompositums kann durch verschieden Wortarten ausgedrückt werden: nicht nur durch das Substantiv, Adjektiv, Zahlwort, Pronomen, Adverb (was auch für die ukrainische Sprache eigen ist), sondern auch durch das Verb.
Die Komposita mit dem Verbstamm sind im Deutschen sehr produktiv, was eine der typologischen Eigenschaften dieser Sprache bildet. Solche ukrainischen Komposita wie серцеїд, блюдолиз, скалозуб sind eher Ausnahmen und bilden eine einzelne Gruppe – zusammengesetzte Wärter mit Umdeutung.
c) Typ der zusammengesetzten Adjektive mit allgemeiner Semantik „verstärkend-komparative Determination“, die durch komparative Wortgruppen motiviert sind: himmelhoch, schneeweiß, steinhart; білосніжний, лимоннокислий, мідно-червоний.
In der deutschen Sprache ist dieser Typ der Zusammensetzung der Adjektive produktiv, im Ukrainischen ist er aber nur mit einer nicht zahlreichen Gruppe der Wörter vertreten. Im Ukrainischen überwiegen syntaktische Wortverbindungen wie z. B. blitzschnell (зі швидкістю блискавки), zuckersüß (солодкий, як цукор).
d) Typ der zusammengesetzten Verben mit allgemeiner Semantik „lokal determinierte Handlung“, die durch verbal-adverbiale Wortgruppen motiviert sind: hereintragen, dahinterstehen, zurückkommen. Dieser Typ der zusammengesetzten Verben fehlt im Ukrainischen. Die Information, die im Deutschen solche Verben ausdrücken, wird im Ukrainischen durch Präfixverben oder verbal-adverbiale Wortgruppen wiedergegeben, z. B. заносити, стояти позаду, повертатися usw. Eine der typologischen Eigenschaften der ukrainischen Sprache ist eine schwache Entwicklung der Verbkomposition im Vergleich zum Deutschen, wo sie produktiv ist und eine wichtige Rolle in der Bereicherung des deutschen Wortschatzes spielt.
Suffigierung und Typen der Suffixwörter im Deutschen und Ukrainischen.
a) Typ der Suffixsubstantive mit allgemeiner Semantik „Träger der Handlung“, die durch das Verb motiviert sind, ist in der deutsche Sprache überwiegend mit dem Suffix -er und seinen Varianten -ler und -ner (Lehrer, Sportler, Redner), seltener mit dem Suffix -ling (Prüfling) vertreten. Im Ukrainischen werden für diesen Typ mindestens 14 Suffixe verwendet: -ар (друкар), -ач, -увач (глядач, відвідувач), -ець (борець), -ик (керівник), -чик (льотчик), -тель (вихователь), -ій (водій), -ун (балакун), -ак (співак), -ух (пастух), -ень (учень), -ич (погонич), -ил (чудило). Das zeugt davon, dass die Suffigierung im Ukrainischen produktiver als im Deutschen ist.
b) Der Typ der Suffixsubstantive; die durch Substantiv motiviert sind, mit allgemeiner Semantik „Träger der Handlungseigenschaft“ ist im Deutschen nur mit einem Suffix vertreten, während es in der ukrainischen Sprache 6 Suffixe solcher Art gibt: -er (-ler, -ner): Fischer, Sänger, Künstler, Pförtner; -ар (-яр) (шахтар, школяр), -ач (циркач), -ик (залізничник), -ік (механік), -анин (заробітчанин), -чук (Ковальчук).
Die angeführten Beispiele zeugen davon, dass viele Bedeutungen, die im Ukrainischen einige Suffixe ausdrücken, nur einem Suffix -er (seltener -ling) eigen sind. Er ist besonders aktiv bei der Bildung von den Verben. Im Vergleich zum Ukrainischen lässt die deutsche Sprache eine breitere deverbative Bildung der Substantive zu. Manchmal ist es schwer direkte Entsprechungen den deutschen Ableitungen auf -er im Ukrainischen zu finden: z. B. Schläfer, Störer, Ausbrecher.
c) Für die Bildung der Deverbativa, die eine objektivierte Handlung bezeichnen, werden in der deutschen Sprache 6 Suffixe und in der ukrainischen doppelt so viele Suffixe verwendet: -e (Sorge), -er (Treffer), -erei (Schießerei), -nis (Erkenntnis), -ung (Beratung), -t (Sucht); -анн (-янн) (прибирання, поневіряння), -енн (-єнн) (чищення, освоєння), -інн (служіння), -тт (сміття), -іт (гуркіт), -к (витівка), -б (молотьба), -н (метушня), -н-еч (колотнеча), -от (турбота), -анин (стрілянина), -анк (мовчанка), -ан (стусан).
d) Typ der Suffixsubstantive, die durch Substantiv motiviert sind, mit allgemeiner Semantik „Verkleinerung, Zärtlichkeit, Zuneigung“. Mit dem entwickelten differenzierten Suffixsystem hat die ukrainische Sprache viele Suffixe subjektiver Einschätzung, z. B. -ок, -ик, -к, -очок (-ечок), -очк, -ечк, -инк, -иночок, -иц (-ичк), -оньк, -еньк, -ець, -ен, -атк (-ятк), -ц, -усь, -ус(я), -унь, -ун(я): дубок, столик, соловейко, ставочок, сонечко, хатинка, хустиночка, сестриця, сестричка, голівонька, хлібець, зайченя, лошатко, віконце, дідусь, бабуня.
Diese Suffixe drücken in unserer Muttersprache verschiedene Bedeutungen und Schattierungen der Verkleinerung, Zuneigung, Zärtlichkeit aus. In der deutschen Sprache erfüllen diese Funktion einigermaßen nur die Suffixe -chen und -lein. In der ukrainischen Sprache gibt es auch mehr Suffixe zum Ausdruck subjektiver negativer Einschätzung. Um die Begriffe der Vergrößerung, Grobheit, Abwertung, Familiarität auszudrücken, werden Suffixe -ищ, -иськ, -ак (-як), -ук(юк), -уг(юг), -аг(-яг), -ур(-юр), -ань, -ух, -л (вовчище, писака, зміюка, катюга, ціп ура, здоровань) gebraucht. In der deutsche Sprache existieren nur 4 Suffixe negativer Einschätzung: -ling (Dichterling), -bold (Witzbold), -ian (Grobian), -rich (Wüterich).
Es sei hervorgehoben, dass im Ukrainischen Suffixe subjektiver Einschätzung auch für die Bildung der Adjektive gebraucht werden, was der deutschen Sprache völlig fremd ist. Zum Ausdruck der Vergrößerung und Grobheit eines Merkmales oder einer Eigenschaft werden Wortbildungsmorpheme -езн, -ецьк, -енн, -анн, -уч (юч), -ач(-яч), -ущ(ющ), -ащ(-ящ) verwendet. Zum Ausdruck der Verkleinerung eines Merkmals oder einer Eigenschaft dienen Suffixe: -ісіньк, -есеньк, -уват(-юват), -еньк, -ав(-яв), -аст(-яст): легесенький, гарненький, малуватий, здоровезний, чорнющий, страшенний. Den ukrainischen Suffixbildungen solcher Art entsprechen im Deutschen Wörter mit bestimmter konnotativer Bedeutung, es werden auch zusätzliche lexikalische Mittel verwendet, manchmal spielt eine große Rolle die Intonation für die Wiedergabe emotioneller Schattierungen. Das Vorhandensein der Substantive und Adjektive mit Suffixen subjektiver Einschätzung im Ukrainischen ist also eine der typologischen Eigenschaften dieser Sprache.
e) Typ der Suffixadjektive, die durch Präpositionsgruppe motiviert sind, mit allgemeiner Semantik „Stoffeigenschaft“. Im Deutschen sind das Adjektive mit Suffixen -en (-ern): golden, eisern, silbern; im Ukrainischen -ан(-ян), -н, -ичн, -ов, -ев, -єв: вівсяний, гречаний, м’ясний, пшеничний, фруктовий, соєвий. Dieser Wortbildungstyp ist in der deutschen Sprache weniger produktiv. Aber das wird hier durch Zusammensetzung ersetzt, z. B. Sandstein, Weizenbrot, Holztisch.
f) Typ der Suffixverben; die durch das Adjektiv motiviert sind; mit allgemeiner Semantik „eine Eigenschaft bekommen, verleihen“. Im Ukrainischen ist diese Gruppe der Verben solcher Art zahlreicher, z. B. -en (-eln, ern): reifen, dunkeln, mildern, -ieren: stolzieren; -а (міцнішати), -и (білити), -і (зеленіти), -ува (поліпшувати), -ну (киснути). Das Suffix -ieren ist bei der Bildung der Verben von Adjektiven wenig produktiv. Der geringe Gebrauch dieses Wortbildungstyps wird in der deutschen Sprache durch Wortgruppen „Adjektiv + werden“ (reif werden) und „Adjektiv + machen“ (sauber machen) kompensiert.