- •1.Der Sprachwandel. Sprachinterne und sprachexterne Ursachen des Sprachwandels.
- •2.Gegenstand und Aufgaben der Sprachgeschichte. Periodisierung der deutschen Sprachgeschichte.
- •3.Vorgeschichte der deutschen Sprache: indoeuropäische Sprachen, germanische Stämme und ihre Sprachen.
- •4.Vom Indogermanischen zum Germanischen: sprachliche Neuerungen.
- •5.Der ahd. Sprachraum und die ahd. Territorialdialekte.
- •6.Das Wort „Deutsch“. Die Entwicklung des Schrifttums.
- •7.Sprachliche Denkmäler des Ahd.
- •8.Vokalsystem des Ahd.
- •9.Diphthonge. Ahd. Diphthongierung. Monophtongierung.
- •10.Der primäre Umlaut. Umlauthinderungen.
- •12.Konsonantenbestand des Ahd.
- •13. Die ahd. Lautverschiebung, Vokaldehnung durch Nazalschwund.
- •14. Gemination, Geminationsarten. Vereinfachung der Gemination.
- •15.Das ahd. Substantiv.
- •16.Das ahd. Adjektiv.
- •17.Das ahd. Verb. Schwache Verben. Präsens. Präteritum.
- •18. Das ahd. Verb. Starke Verben. Präsens. Präteritum.
- •19.Der Gebrauch der Tempusformen im Ahd.
- •20.Präterito-Präsentien im Ahd. Athematische Verben.
- •21.Die Entwicklung der analythischen Formen des Verbs.
- •22.Das Pronomen. Die Numerale.
- •23.Die Entwicklung des Artikels.
- •24.Die Hauptmerkmale des ahd. Satzbaus. Der einfache Satz. Der komplexe Satz. Die Satzverbindungen
- •25.Der Wortschatz.
- •1.Zeitlich-räumliche Gliederung. Gesellschaftliche Verhältnisse in der mhd. Periode.
- •2. Das deutsche Sprachgebiet. Die Ostexpansion.
- •3.Die Existenzformen des Mhd.
- •4.Mittelhochdeutsche Mundarten. Mittelniederdeutsch.
- •5.Die Entwicklung der mhd. Prosa: geistliche, wissenschaftliche Prosa, Rechtsprosa, Kanzleiprosa.
- •6.Wortschatz des Mhd: Wandel im Wortschatz, Bedeutungsentwicklung, abstrakte Lexik
- •7.Wortschatz der höfischen Dichtung und des Heldenepos, terminologische Schicht, Berufslexik.
- •8.Langvokale und Diphtonge im Mhd.
- •9.Vokalharmonie: Umlautung. Umlauthemmungen. Sekundärumlaut.
- •10.Vokalismus der Nebensilben: Bewahrung, Abschwächung, Schwund (Apokope, Synkope)
- •11.Kurzvokale im Mhd. E–Laute. Ablaut: qualitativer und quantitativer.
- •12.Vokalismus des Mhd., neue Konsonanten.
- •13.Konsonantismus: Konsonantenverdoppelung. Auslautverhärtung.
- •14.Konsonantismus: Assimilation. Dissimilation. Konsonantenschwund.
- •15.Deklination der Substantive.
- •17.Adjektive im Mhd. Steigerung.
- •18. Die Vereinfachung der Verbalflexion: die Abwächung des Themavokals, Abwächung der Suffixe der schwachen Verben
- •19. Ausgleich der Personalendungen. Umlaut und Brechung bei den Verben
- •20. Präsens und Präterium Konjunktiv. Der Ablaut in den Formen der starken Verben
- •21. Kategorie der Zeit
- •22. Die fortschreitende Differenzierung im Gebrauch der Zeitformen des Konjunktivs
- •23. Satzbau
- •Die zeitlichen Grenzen der fnhd. Periode. Kulturgeschichtliche Entwicklung.
- •2. Deutsch in fruebuergerlicher Zeit. Die grossen Schreibsprachen. Sprachliche Einigungstendenzen.
- •3.Luthers Rolle in der Entwicklung der deutschen Sprache.
- •4.Wortschatz im Fnhd.
- •5.Entlehnungen.
- •6. Vokalismus: Diphthongierung, Monophthongierung, Rundung, Entrundung.
- •8. Großschreibung.
- •9. Wandlungen im konsonantischen Bereich.
- •10. Deklination der Substantive.
- •11. Neue Formmittel zur Pluralbildung der Substantive.
- •12. Satzbau: die Wortstellung im einfachen Satz, die Satzverbindung.
- •13. Negation, Entwicklung der verbalen Klammer.
- •14. Der komplexe Satz. Die Satzverbindung.
- •15. Entwicklung des Futurs.
- •1. Die zeitlichen Grenzen des Nhd.
- •2. Die Sprachpflege im 17. Jh.
- •3. Die Entwicklung der deutschen Literatursprache im 17-18. Jhd.
- •4. Die Regelung der Rechtschreibung
- •5. Die Sprachregelung auf dem Gebiet der Grammatik
- •6. Die Entwicklung der deutschen nationalen Literatursprache im 19. Und im 20. Jh.
- •7. Entwicklungstendenzen im heutigen Deutsch
25.Der Wortschatz.
Es gibt drei Wege der Erweiterung des Wortschatzes : Wortbildung, Bedeutungswandel und Entlehnung. Laut M.V. Gamsjuk sind die Ursachen der Worschatzerweiterung: die rasche Entwicklung des Feudalismus und die Entwicklung der neuen Religion(die Christianisierung).
Ein Drittel des gemeingermanischen Wortschatzes bilden die germanischen Stämme, die in anderen ie Sprachen fehlten. Diese Wörter sind in urgermanischer Zeitperiode entstanden und betreffen folgende Sachgruppen:
1) Schifffahrt und Fischerei. dt.See – ahd.sē o – as.sēo – en.sea – got. - sajws;
dt.Schiff – ahd.scif (scef) – as.skip – ae.skip – en.ship – got.skip;
dt.schwimmen – ahd. swimman – as.swimman – ae.swimman – en. swim – got. sumjan;
Ebenso:Segel,Strand,Mast,Kahn,Netz,Aal,Hering usw.
2) Viehzucht und Jagd. dt.Rind – ahd.rind (hrind) – as.hrī ð – ae.h rīðer – en.ruther – got.hrindis;
dt.Heide – ahd.heida – as.hētha – ae.heð – en.heath – got.haiði;
dt.Kalb – ahd.kalb– as.calf – ae.cælf – en..calf – got.kalbō;
Ebenso: Ross, Schaf,Lamm,Bär,Rabe usw.
3) Haushalt.
dt.Haus – ahd.hūs – as.hūs – ae.hūs – en.house – got hūs;
dt.Hof – ahd.hof – as hof – ae.hof; Ebenso:Bett, Halle, Hütte, Saal, Wand usw. 4) Gemeinschaftsleben. dt.Ding – ahd.dink (think,ding,dinc) – as.thing – en.thing;
dt.Volk – ahd.folk (folch) – as.folk (folc) – ae.folc – en.folk;
dt.Friede – ahd.fridu – as.friðu (frithu) – ae.freoðu (frið, friðu) > frith;
Ebenso:Sache, Adel, Jünger usw.
Entlehnungen
In historischer Sicht sind solche Entlehnungen aus anderen Sprachen von Interesse, die noch die Spuren der phonetischen Prozesse enthalten, d.h. die Entlehnungen, die phonetisch völlig assimiliert sind.
Zu den ältesten lexikalischen Entlehnungen gehören die Entlehnungen aus dem Keltischen: dt.Eisen – got.eisarn – ais.īsern – ae.īse rn – ahd., as.īsarn – keltt.*īsarno-; dt.Reich – got.reiki (reiks) – ae. rīce – as.rīki – ahd.rīhhi (rīchi) – keltt.rīx; dt. Amt – got.andbahti – ae.ambeht – ais.ambātt – ahd.ambaht[i] – kelt.amb[i]aktos ‘der Diener’ u.a.
Die erste Schicht der lateinischen Wörter ist in die deutsche Sprache am Ende v. u. Z. und am Anfang u. Z. erschienen. Es waren Wörter aus dem Bereich des Handels, der Landwirtschaft, des Bauwesens, des Haushalts u.a. Das sind, um die allgemein bekanntesten zu nennen, folgende Entlehnungen: dt.Essig – ahd.ezzīoh (< L.acetum); dt.Fenste r – ahd.venstar (< L.fenestra); dt.Frucht – ahd.vruht (< L.frūctus); dt.kaufen – ahd.koufan (< L.caupo); dt.Keller – ahd .kellāri (< L.cellārium); dt D.Kessel – ahd.kezzil (< L.catinus); dt.Kirsche – ahd.kirsa (< L.cerēsia);
dt.Korb – ahd.korb (< L.corbis); dt.Küche – ahd .c huhhina (< Lvulg.cocīna); dt .Kurbis – ahd.kurbi₣ (< L.cucurbita); dt.Mauer – ahd.mūra (< L.mūrus); dt.Münz e – ahd.munizza (< L.moneta); dt.Pfeffer – ahd.pfeffar (< L.pipe r); dt .Pflaster – ahd.pflastar (< L.plastrum); dt.pflücken – ahd.phlukkōn (< Lvulg.piluccare); dt.Schussel – ahd.scuzzila (< L.scutula,scutella); dt .Tis h – ahd.tisc (< L.discus); dt.Trichter – ahd.trahtari (< L.t ractārius); dt.Wein – ahd.wīn (< L.winum); dt.Ziegel – ahd.ziegal (< L.tēgula) usw.
1. Militarbezeichnungen: kezzil (< lat. catinus) «Kessel», phal « lat. palus) «Pfahl», milla (< lat. milia «tausend» Schritte) «Meile», rranlel (< lat. mantel-luni) «Mantel».
2. Handel: koufen «lat. caupo «Schenkwirt») «kaufen», munizza (< lat. moneta) «Munze»; korb « lat. corbis) «Korb», sac (< lat. saccus) «Sack».
3.Steinbau und Haushalt: ziagal (<lat. tegula) «Ziegel», mura (< lat. murus) «Mauer», kellari (< lat. cellarium) «Keller», fenstar (< lat. feneslra) «Fenster», phanna (<lat. patina) «Pfanne», charzä (< lat. charta) «Licht», «Kerze», spiagal « lat. speculum) «Spiegel».
4. Acker- und Gartenbaus: sihhila (<lat. secula) «Sichel», kölo (< lat. caulis) «Kohl», zwival (<lat. caepa) «Zwiebel», bira(< lat. pirum) «Birne», winzuril (<lat. vinitor) «Winzer», ezzih (<lat. acetum) «Essig».
5. Verwaltung und öffentliches Leben: voget (< mlat. vocatus) «Vogt», zins (< lat. census) «Zins», karkari (< lat. carcer) «Kerker», ketina (< lat. catena) «Kette», kanzelie (< lat. cancelli) «Kanzlei».
cäepa) K Zahlreiche Entlehnungen gibt es aui dem Oebiet der Verwaltung und des öffentlichen Lebens: voget « mlat. vocatus) «Vogt», zins « lat. census) «Zins», karkäri (< lat. carcer) «Kerker», ketina « lat. catena) «Kette», kanzelie « lat. cancelli) «Kanzlei».
6. das Christentum: krüzi (< lat. crux) «Kreuz», klöstar (< lat. claustrum) «Kloster», nunih (< lat. monachus) «Mönch», piligrim « lat. peregrinus) «Pilger», priestar (lat. presbyter) «Priester», tempal (<c lat. templum) «Tempel». Klosterbildung: briaf (< lat. brevis libellus «kurzes Schreiben») «Brief», scriban (<C lat. scribere) «schreiben», scuola>(< lat. schola) «Schule», tavala (< lat. tabula) «Tafel», tincta (<lat tincta aqua «gefärbte Flüssigkeit») «Tinte».
Im 3.-5. Jh. wurde bei den Germanen die siebentägige Woche eingeführt. Die Wochentage wurden nach dem griechisch-römischen Muster benannt: Sonntag (< lat. dies solis) «Tag der Sonne», Montag « lat.; dies lunae) «Tag des Mondes» usw.
Griechische Einflüsse in der germanischen Lexik sind schwächer vertreten. Vor allem sind das Begriffe aus dem Gebiet des Christentums: biscof (<gr. episkopos) «Bischof», angil « gr. aggelos) «Engel», apostel; «gr. apostolos) «Apostel» u. a.
Vom 8. Jh an drang das Christentum immer weiter in den germanischen Lebensbereich vor. Mit dem Ausbau der Kirchenorganisation und der Einführung des Gottesdienstes kam auch eine zweite Welle griechisch-lateinischer Entlehnungen. Diese Entlehnungen schließen auch die Lexik, die mit der Bildung und dem Schulwesen verbunden ist, ein: dt.Bischof – ahd.biscof (< agr. episkopos); dt.Brief – ahd.briaf,brief (< L.brēvis); dt.Kloster – ahd.klōster (< L.claustrum); dt.Mönch – ahd.munih (< L.monachus); dt.opfern – ahd.opfarōn (< L.operāri); dt.Pfaffe – ahd.pfaffo (<agr.papás); dt.schreiben – ahd.scrīban (< L.scribĕre); dt.Schule – ahd.scuola (< L.schola); dt.segnen – ahd.seganōn (< L.signāre); dt .Tinte – ahd.tinkta (< L.tincta) usw.
Mit der Entwicklung des Schrifttums und der Übersetzerstätigkeit der religiös-philosophischer Schulbildung ist die Entstehung vieler Lehnübersetzungen verbunden: L.conscientia – ahd.giwizzenī ‘Gewissen’; L.communio – ahd.gimeinida ‘Gemeinde’; L.spiritualis – ahd.geistlīh ‘geistlich’ usw.
Wortbildung im Althochdeutschen
Die Bereicherung des Wortschatzes erfolgt auch durch die Bildung neuer Wörter aus eigenem Material, durch die Ableitung neuer Wörter mit Hilfe der wortbildenden Affixe und auch durch Konversion.
Schon im Ahd war die Ableitung ein produktives Mittel der Wortbildung.
Abgeleitete Substantive
1) Benennungen für Agens. entstanden:
– durch den Übergang der verbalen Stämme in die Kategorie des Substantivs, z.B. ahd.boto ‘Bote’;
– als Substantivierung des Präsens-Partizip, z.B. ahd.friunt (von friōn‘ lie be n’);
– mit Hilfe des Suffixes -āri, z.B. ahd.fiscāri (von ‘Fischer’);
– mit Hilfe des Suffixes -īn für Feminina, z.B. AHD.friuntīn ‘Freundin;
Benennungen für Werkzeuge. entstanden:
– mit Hilfe des Suffixes -īl, z.B. ahd.sluzzīl ‘Schlüssel’; dieses Suffix hatte auch die diminutive Bedeutung;
Benennungen für abstrakte Nomina. Entstanden mit Hilfe der Suffixe:
-ī, -ida , z.B. ahd.jungī ‘Jugend’,reinida ‘Reinheit’;
-lung, -ing, z.B. ahd.nibe lungi ‘Nibelungen’,kuning ‘König’;
-nis, -nissa, -nissi, z.B. ahd.sūbarnissi ‘Säubernis’,virst andnissi ‘Verständnis’;
-heit, -scaf, -tuom, z.B. AHD.frīheit ‘Freiheit’,ritterscaf ‘Ritterschaft’.
Es muss hier betont werden, dass die ahd Substantive, gebildet anhand der Suffixe -heit, -scaf, -tuom, nicht Ableitungen, sondern Zusammensetzungen waren. Auch: gast-nüs «Herberge», boum-garto «Garten», mitti-tag «Mittag», slaf-kamara «Schlafzimmer», nah-giburo «Nachbar», wit-mari «weitbekannt».
Konversion : helfa (<helfan) «Hilfe», klaga (<klagon) «Klage».
Eine besondere Gruppe bilden archaische Substantive, gebildet von verbalen Stämmen mit dem Suffix -t, z.B. ahd.giburt (vongiberan), und die impliziten Ableitungen von verbalen Stämmen, z.B. ahd.trunk (von
trinken).
Abgeleitete Adjektive
Zu den Suffixen, mit deren Hilfe AHD Adjektive gebildet wurden, gehören: -ig (-ic, -ag), z.B. AHD.ric htig (<reht),wirdic (<wert),bluotag; -isc, z.B.diutisc ‘deutsch’; -īn, z.B. ahd.guldīn (<gold);
-līh (für hauptsächlich adnominale Ableitungen; stammt aus dem ahd Substantiv līh ‘Körper’), z.B. AHD.manlīh ‘männlich’;
-bāri (mit der Bedeutung «tragend»), z.B. ahd.liohtbāri ‘leuchtend’;
-haft (mit der Bedeutung «habend»), z.B. ahd.minnihaft ‘Liebe habend’;
-sam, z.B. AHD.ērsam ‘ehrlich’.
Abgeleitete Verben
Das verbale Suffix der schwachen Verben -en entwickelte sich nach der Abschwächung der unbetonten Vokale (1) aus dem germanischen Suffix- jan (im Ahd das Suffix -en der schwachen Verben der 1. Klasse), (2) aus dem Suffix -ōn (im Ahd das Suffix der schwachen Verben der 2. Klasse) und (3) aus dem Suffix -ēn (von got. -jan, -ōn, -ēn; im Ahd das Suffix der schwachen Verben der 3. Klasse).
Die Suffixe spielten im Ahd keine große Rolle in der Wortbildung
der Verben. Die verbale Ableitung war vom Anfang an präfixaler Natur. Die unbetonten ahd Präfixe be-,ge-,er-,ver-,zer-,ent-,emp- hatten eine grammatische Funktion: Sie wurden verwendet für die Bildung der terminativ-perfektiven Verben (глаголы совершенного вида). Deren wortbildende Funktion trug den sekundären Charakter und rückte sich an die erste Stelle, nachdem die Kategorie des Aspekts (der Aktionsart) verschwunden war.
Die so genannten trennbaren Präfixe hatten im Ahd eine größere Selbständigkeit, so dass die Grenze zwischen den trennbaren Präfixen, Adverbien und Präpositionen nicht so deutlich war, da diese Präfixe in vorliterarischer Zeit aus Adverbien und Präpositionen entstanden sind. (ufstantan «aufstehen», uzgangan «ausgehen»; irdenken «erdenken», forasagen «vorhersagen», zigangan «vergehen» u. a.)
MHD
