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25.Der Wortschatz.

Es gibt drei Wege der Erweiterung des Wortschatzes : Wortbildung, Bedeutungswandel und Entlehnung. Laut M.V. Gamsjuk sind die Ursachen der Worschatzerweiterung: die rasche Entwicklung des Feudalismus und die Entwicklung der neuen Religion(die Christianisierung).

Ein Drittel des gemeingermanischen Wortschatzes bilden die germanischen Stämme, die in anderen ie Sprachen fehlten. Diese Wörter sind in urgermanischer Zeitperiode entstanden und betreffen folgende Sachgruppen:

1) Schifffahrt und Fischerei. dt.See – ahd.sē o – as.sēo – en.sea – got. - sajws;

dt.Schiff – ahd.scif (scef) – as.skip – ae.skip – en.ship – got.skip;

dt.schwimmen – ahd. swimman – as.swimman – ae.swimman – en. swim – got. sumjan;

Ebenso:Segel,Strand,Mast,Kahn,Netz,Aal,Hering usw.

2) Viehzucht und Jagd. dt.Rind – ahd.rind (hrind) – as.hrī ð – ae.h rīðer – en.ruther – got.hrindis;

dt.Heide – ahd.heida – as.hētha – ae.heð – en.heath – got.haiði;

dt.Kalb – ahd.kalb– as.calf – ae.cælf – en..calf – got.kalbō;

Ebenso: Ross, Schaf,Lamm,Bär,Rabe usw.

3) Haushalt.

dt.Haus – ahd.hūs – as.hūs – ae.hūs – en.house – got hūs;

dt.Hof – ahd.hof – as hof – ae.hof; Ebenso:Bett, Halle, Hütte, Saal, Wand usw. 4) Gemeinschaftsleben. dt.Ding – ahd.dink (think,ding,dinc) – as.thing – en.thing;

dt.Volk – ahd.folk (folch) – as.folk (folc) – ae.folc – en.folk;

dt.Friede – ahd.fridu – as.friðu (frithu) – ae.freoðu (frið, friðu) > frith;

Ebenso:Sache, Adel, Jünger usw.

Entlehnungen

In historischer Sicht sind solche Entlehnungen aus anderen Sprachen von Interesse, die noch die Spuren der phonetischen Prozesse enthalten, d.h. die Entlehnungen, die phonetisch völlig assimiliert sind.

Zu den ältesten lexikalischen Entlehnungen gehören die Entlehnungen aus dem Keltischen: dt.Eisen – got.eisarn – ais.īsern – ae.īse rn – ahd., as.īsarn – keltt.*īsarno-; dt.Reich – got.reiki (reiks) – ae. rīce – as.rīki – ahd.rīhhi (rīchi) – keltt.rīx; dt. Amt – got.andbahti – ae.ambeht – ais.ambātt – ahd.ambaht[i] – kelt.amb[i]aktos ‘der Diener’ u.a.

Die erste Schicht der lateinischen Wörter ist in die deutsche Sprache am Ende v. u. Z. und am Anfang u. Z. erschienen. Es waren Wörter aus dem Bereich des Handels, der Landwirtschaft, des Bauwesens, des Haushalts u.a. Das sind, um die allgemein bekanntesten zu nennen, folgende Entlehnungen: dt.Essig – ahd.ezzīoh (< L.acetum); dt.Fenste r – ahd.venstar (< L.fenestra); dt.Frucht – ahd.vruht (< L.frūctus); dt.kaufen – ahd.koufan (< L.caupo); dt.Keller – ahd .kellāri (< L.cellārium); dt D.Kessel – ahd.kezzil (< L.catinus); dt.Kirsche – ahd.kirsa (< L.cerēsia);

dt.Korb – ahd.korb (< L.corbis); dt.Küche – ahd .c huhhina (< Lvulg.cocīna); dt .Kurbis – ahd.kurbi₣ (< L.cucurbita); dt.Mauer – ahd.mūra (< L.mūrus); dt.Münz e – ahd.munizza (< L.moneta); dt.Pfeffer – ahd.pfeffar (< L.pipe r); dt .Pflaster – ahd.pflastar (< L.plastrum); dt.pflücken – ahd.phlukkōn (< Lvulg.piluccare); dt.Schussel – ahd.scuzzila (< L.scutula,scutella); dt .Tis h – ahd.tisc (< L.discus); dt.Trichter – ahd.trahtari (< L.t ractārius); dt.Wein – ahd.wīn (< L.winum); dt.Ziegel – ahd.ziegal (< L.tēgula) usw.

1. Militarbezeichnungen: kezzil (< lat. catinus) «Kessel», phal « lat. palus) «Pfahl», milla (< lat. milia «tausend» Schritte) «Meile», rranlel (< lat. mantel-luni) «Mantel».

2. Handel: koufen «lat. caupo «Schenkwirt») «kaufen», munizza (< lat. moneta) «Munze»; korb « lat. corbis) «Korb», sac (< lat. saccus) «Sack».

3.Steinbau und Haushalt: ziagal (<lat. tegula) «Ziegel», mura (< lat. murus) «Mau­er», kellari (< lat. cellarium) «Keller», fenstar (< lat. feneslra) «Fenster», phanna (<lat. patina) «Pfanne», charzä (< lat. charta) «Licht», «Kerze», spiagal « lat. speculum) «Spiegel».

4. Acker- und Gartenbaus: sihhila (<lat. secula) «Sichel», kölo (< lat. caulis) «Kohl», zwival (<lat. caepa) «Zwiebel», bira(< lat. pirum) «Birne», winzuril (<lat. vinitor) «Winzer», ezzih (<lat. acetum) «Essig».

5. Verwaltung und öffentliches Leben: voget (< mlat. vocatus) «Vogt», zins (< lat. census) «Zins», karkari (< lat. carcer) «Kerker», ketina (< lat. catena) «Kette», kanzelie (< lat. cancelli) «Kanzlei».

cäepa) K Zahlreiche Entlehnungen gibt es aui dem Oebiet der Verwaltung und des öffentlichen Lebens: voget « mlat. vocatus) «Vogt», zins « lat. census) «Zins», karkäri (< lat. carcer) «Kerker», ketina « lat. catena) «Kette», kanzelie « lat. cancelli) «Kanzlei».

6. das Christen­tum: krüzi (< lat. crux) «Kreuz», klöstar (< lat. claustrum) «Kloster», nunih (< lat. monachus) «Mönch», piligrim « lat. peregrinus) «Pilger», priestar (lat. presbyter) «Priester», tempal (<c lat. templum) «Tempel». Klosterbildung: briaf (< lat. brevis libellus «kurzes Schreiben») «Brief», scriban (<C lat. scribere) «schreiben», scuola>(< lat. schola) «Schule», tavala (< lat. tabula) «Tafel», tincta (<lat tincta aqua «gefärbte Flüssigkeit») «Tinte».

Im 3.-5. Jh. wurde bei den Germanen die siebentägige Woche ein­geführt. Die Wochentage wurden nach dem griechisch-römischen Muster benannt: Sonntag (< lat. dies solis) «Tag der Sonne», Montag « lat.; dies lunae) «Tag des Mondes» usw.

Griechische Einflüsse in der germanischen Lexik sind schwächer vertreten. Vor allem sind das Begriffe aus dem Gebiet des Christentums: biscof (<gr. episkopos) «Bischof», angil « gr. aggelos) «Engel», apostel; «gr. apostolos) «Apostel» u. a.

Vom 8. Jh an drang das Christentum immer weiter in den germanischen Lebensbereich vor. Mit dem Ausbau der Kirchenorganisation und der Einführung des Gottesdienstes kam auch eine zweite Welle griechisch-lateinischer Entlehnungen. Diese Entlehnungen schließen auch die Lexik, die mit der Bildung und dem Schulwesen verbunden ist, ein: dt.Bischof – ahd.biscof (< agr. episkopos); dt.Brief – ahd.briaf,brief (< L.brēvis); dt.Kloster – ahd.klōster (< L.claustrum); dt.Mönch – ahd.munih (< L.monachus); dt.opfern – ahd.opfarōn (< L.operāri); dt.Pfaffe – ahd.pfaffo (<agr.papás); dt.schreiben – ahd.scrīban (< L.scribĕre); dt.Schule – ahd.scuola (< L.schola); dt.segnen – ahd.seganōn (< L.signāre); dt .Tinte – ahd.tinkta (< L.tincta) usw.

Mit der Entwicklung des Schrifttums und der Übersetzerstätigkeit der religiös-philosophischer Schulbildung ist die Entstehung vieler Lehnübersetzungen verbunden: L.conscientia – ahd.giwizzenī ‘Gewissen’; L.communio – ahd.gimeinida ‘Gemeinde’; L.spiritualis – ahd.geistlīh ‘geistlich’ usw.

Wortbildung im Althochdeutschen

Die Bereicherung des Wortschatzes erfolgt auch durch die Bildung neuer Wörter aus eigenem Material, durch die Ableitung neuer Wörter mit Hilfe der wortbildenden Affixe und auch durch Konversion.

Schon im Ahd war die Ableitung ein produktives Mittel der Wortbildung.

Abgeleitete Substantive

1) Benennungen für Agens. entstanden:

– durch den Übergang der verbalen Stämme in die Kategorie des Substantivs, z.B. ahd.boto ‘Bote’;

– als Substantivierung des Präsens-Partizip, z.B. ahd.friunt (von friōn‘ lie be n’);

– mit Hilfe des Suffixes -āri, z.B. ahd.fiscāri (von ‘Fischer’);

– mit Hilfe des Suffixes -īn für Feminina, z.B. AHD.friuntīn ‘Freundin;

Benennungen für Werkzeuge. entstanden:

– mit Hilfe des Suffixes -īl, z.B. ahd.sluzzīl ‘Schlüssel’; dieses Suffix hatte auch die diminutive Bedeutung;

Benennungen für abstrakte Nomina. Entstanden mit Hilfe der Suffixe:

-ī, -ida , z.B. ahd.jungī ‘Jugend’,reinida ‘Reinheit’;

-lung, -ing, z.B. ahd.nibe lungi ‘Nibelungen’,kuning ‘König’;

-nis, -nissa, -nissi, z.B. ahd.sūbarnissi ‘Säubernis’,virst andnissi ‘Verständnis’;

-heit, -scaf, -tuom, z.B. AHD.frīheit ‘Freiheit’,ritterscaf ‘Ritterschaft’.

Es muss hier betont werden, dass die ahd Substantive, gebildet anhand der Suffixe -heit, -scaf, -tuom, nicht Ableitungen, sondern Zusammensetzungen waren. Auch: gast-nüs «Herberge», boum-garto «Garten», mitti-tag «Mittag», slaf-kamara «Schlafzimmer», nah-giburo «Nachbar», wit-mari «weitbekannt».

Konversion : helfa (<helfan) «Hilfe», klaga (<klagon) «Klage».

Eine besondere Gruppe bilden archaische Substantive, gebildet von verbalen Stämmen mit dem Suffix -t, z.B. ahd.giburt (vongiberan), und die impliziten Ableitungen von verbalen Stämmen, z.B. ahd.trunk (von

trinken).

Abgeleitete Adjektive

Zu den Suffixen, mit deren Hilfe AHD Adjektive gebildet wurden, gehören: -ig (-ic, -ag), z.B. AHD.ric htig (<reht),wirdic (<wert),bluotag; -isc, z.B.diutisc ‘deutsch’; -īn, z.B. ahd.guldīn (<gold);

-līh (für hauptsächlich adnominale Ableitungen; stammt aus dem ahd Substantiv līh ‘Körper’), z.B. AHD.manlīh ‘männlich’;

-bāri (mit der Bedeutung «tragend»), z.B. ahd.liohtbāri ‘leuchtend’;

-haft (mit der Bedeutung «habend»), z.B. ahd.minnihaft ‘Liebe habend’;

-sam, z.B. AHD.ērsam ‘ehrlich’.

Abgeleitete Verben

Das verbale Suffix der schwachen Verben -en entwickelte sich nach der Abschwächung der unbetonten Vokale (1) aus dem germanischen Suffix- jan (im Ahd das Suffix -en der schwachen Verben der 1. Klasse), (2) aus dem Suffix -ōn (im Ahd das Suffix der schwachen Verben der 2. Klasse) und (3) aus dem Suffix -ēn (von got. -jan, -ōn, -ēn; im Ahd das Suffix der schwachen Verben der 3. Klasse).

Die Suffixe spielten im Ahd keine große Rolle in der Wortbildung

der Verben. Die verbale Ableitung war vom Anfang an präfixaler Natur. Die unbetonten ahd Präfixe be-,ge-,er-,ver-,zer-,ent-,emp- hatten eine grammatische Funktion: Sie wurden verwendet für die Bildung der terminativ-perfektiven Verben (глаголы совершенного вида). Deren wortbildende Funktion trug den sekundären Charakter und rückte sich an die erste Stelle, nachdem die Kategorie des Aspekts (der Aktionsart) verschwunden war.

Die so genannten trennbaren Präfixe hatten im Ahd eine größere Selbständigkeit, so dass die Grenze zwischen den trennbaren Präfixen, Adverbien und Präpositionen nicht so deutlich war, da diese Präfixe in vorliterarischer Zeit aus Adverbien und Präpositionen entstanden sind. (ufstantan «aufstehen», uzgangan «ausgehen»; irdenken «erdenken», forasagen «vorhersagen», zigangan «vergehen» u. a.)

MHD

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