
Begrenzung
Die genauen sprachlichen Grenzen sind heute umstritten. Historisch waren die niederfränkischen Mundarten nördlich der Benrather Linie und westlich der Einheitsplurallinie verbreitet. Die Mundartgrenze verlief an der IJssel und stimmte dort ziemlich genau mit den früheren Herrschaftsgrenzen der gelderischen Niederquartiere Arnheim und Nimwegen überein. Diese Einheitspluralline ist aber inzwischen weit abgeschwächt und die Dialekte des Ost- und West-Veluws, die sich westlich der IJssel befinden, werden heute dem Niedersächsischen zugerechnet.
Die niederfränkische Dialektgruppe ist im Südwesten durch den französischen Sprachraum begrenzt. Die Küstendialekte der Nordsee bilden hier den Übergang zum Friesischen und weisen insofern ein starkes friesisches Substrat auf, das nach Norden hin weiter zunimmt. Das Holländische weist das stärkste Substrat unter den niederfränkischen Dialekten auf, darunter am meisten das Stadtfriesische. Das Seeländische weist in seinem an Belgien grenzenden Küstengebiet ein starkes Substrat des Westflämischen auf.
Verbreitung
Das staatsübergreifende Hauptverbreitungsgebiet des Niederfränkischen liegt in den Niederlanden und in Belgien (Flandern); des Weiteren in der Region Dünkirchen in Frankreich und im nordwestlichen Rheinland in Deutschland (Bundesland Nordrhein-Westfalen).
Die niederfränkischen Dialekte Deutschlands werden wegen ihrer Ortslage auch als Niederrheinisch bezeichnet und die jeweiligen Ortsdialekte umgangssprachlich als „Platt”, wissenschaftlich meist „Ortsname-er Platt”.
Sie werden heute als Übergangsdialekte zwischen dem Niederländischen auf der einen und dem Niederdeutschen auf der anderen Seite betrachtet.
Niederfränkisch unterscheidet sich von den übrigen fränkischen Dialekten durch die weitgehende fehlende zweite (oder hochdeutsche) Lautverschiebung. Breite dialektale Übergangsgebiete gibt es zum Ripuarischen, Niedersächsischen und zum Friesischen (siehe Dialektkontinuum). Nur im unmittelbaren Grenzgebiet zum Mittelfränkischen erscheint t häufig als z oder s.
Niederfränkische Dialekte werden heute noch vorwiegend in den Regionen westlich von Rhein und IJssel in den Niederlanden, im flämischen Teil Belgiens, aber auch am Niederrhein in Deutschland gesprochen. Am stärksten sind die niederfränkischen Dialekte noch bei den Flamen verbreitet.
Gliederung
Niederfränkische Varietäten verändern sich aufgrund des bis heute bestehenden Dialektkontinuums ständig. Durch den Einfluss der jeweilige Dachsprache in Deutschland (Deutsch) und in den Niederlanden (Niederländisch) sind die örtlichen Mundarten in ihrer dialektalen Ausprägung stark bedrängt und die Zahl der muttersprachlichen niederfränkischen Dialektsprecher verringert sich von Generation zu Generation.
Hinzu kommt, dass die verschiedenen niederfränkischen Ortsdialekte in den Niederlanden sich weniger ausgeprägt vom Standard-Niederländischen unterscheiden, als beispielsweise die niedersächsischen oder die friesischen Mundarten in den Niederlanden und daher einem stärkeren Verdrängungsdruck durch die niederländische Dachsprache unterliegen.
Zum Niederfränkischen zählt man heute die folgenden Varietäten, von denen zwei den Status von National- und Schriftsprachen haben:
Niederländisch in den Niederlanden, Belgien und Suriname bzw. dessen europäische Dialekte
Brabantisch
Holländisch
Limburgisch
Ostflämisch
Seeländisch
Westflämisch
Westhoekflämisch
Afrikaans (in Südafrika und Namibia)
Negerholländisch (kreolisiertes Niederländisch, das zwischen dem 18. und 19. Jahrhundert auf den westindischen Jungferninseln St. Thomas und St. Jan gesprochen wurde.)
Ceylon Dutch (kreolisiertes Niederländisch, das zwischen dem 17. und 18. Jahrhundert auf dem heutigen Sri Lanka gesprochen wurde. Gilt auf der Insel seit 1907 als ausgestorben.)
Von ihrer Herkunft her müssten aber auch Teile deutscher Mundarten zum Niederfränkischen gerechnet werden:
Kleverländisch, das lange Zeit dem Niederländischen ausgesetzt war.
Verschiedene Bergische Dialekte, die durch die sogenannte „Kölner Expansion“ stark dem Ripuarischen ausgesetzt waren und damit heute zwischen dem Ripuarischen und dem eigentlichen Niederfränkischen stehen.
Eine genauere Beschreibung des Niederrheinischen erfolgt im nächsten Abschnitt.