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4. Ursachen der Polysemie

Die Polysemie entsteht

a) durch Bedeutungsextension, d.h. ein Lexem wird auf weitere Denotate angewandt - sein Bedeutungsumfang erweitert sich,

b) durch Bedeutungsdifferenzierung, d.h. die Bedeutungen gliedern sich weiter auf.

Die häufigste Ursache der Polysemie ist die Verwendung eines Lexems für Objekte, die bisher nicht durch dessen Bedeutungsextension erfasst wurden. Ein Lexem tritt in neue Kontexte, in neue Umgebungen. So entstehen neue Sememe durch metony­mische Verschiebungen und metaphorische Übertragungen.

Z.B. haben viele „Klimawörter" metaphorische Sememe, die gesellschaftliche Sachverhalte widerspiegeln: politisches Klima, Sturm der Entrüstung, politische Atmosphäre, gespannte Atmosphäre. Mit „Krankheitsmetaphern" wird auf politi­sche Sachverhalte referiert: so mit Kollaps, Krise.

Polysemie kann auch durch Bedeutungsentlehnung entstehen. Unter dem Einfluss des lateinischen casus übernimmt das deutsche Fall eine zusätzliche Bedeu­tung: .grammatische Kategorie des Nomens'. Das Wort ist damit polysem gewor­den.

Eine weitere Ursache kann auch im elliptischen Gebrauch und in der häufigen Aktualisierung in bestimmten Kontexten liegen: So bedeutet Geschmack in er hat (keinen) Geschmack, .(kein) guter Geschmack', ,Urteilsvermögen'. Auch hier wirkt Analogie: er hat keine Umgangsformen, keinen Namen, kein Benehmen, kein Temperament - in allen Fällen ist nicht die Existenz des Bezeichneten verneint, sondern die jeweils positive Qualität. Diese Bedeutungen sind offensichtlich durch häufigen elliptischen Gebrauch und Wirken des Prinzips der Analogie entstanden.

Polysemie entsteht auch dann, wenn ein bereits veraltetes Wort wieder in den lebendigen Sprachgebrauch übernommen wird und sich eine neue Bedeutung her­ausbildet: Das Wort Truhe (сундук, ларь) trat mit dem Gegenstand, den es bezeichnet, in den Hintergrund. Heute wird es wieder für Behältnisse verwendet, die mit dem früher als Truhe benannten Gegenstand lediglich bestimmte Formen gemeinsam haben: Fernsehtruhe, Tiefkühltruhe, Wäschetruhe.

Bei einigen jüngeren Komposita wird eine Konstituente in zahlreichen Verbindungen übertragen gebraucht, so dass sich neue Sememe bei isolierter Verwendung entwickelt haben: Zentrum: ,Mitte', .Mit­telpunkt von etwas', .Innenstadt' (DUDEN, 771) geht heute viele usuelle Verbin­dungen ein: Kulturzentrum, Freizeitzentrum, Sportzentrum, Einkaufszentrum, Naherholungszentrum, Trainingszentrum, Ausstellungszentrum. Hier ist ein neues Semem entstanden: .Örtlichkeit, die bestimmt ist für + Verbbasis'.

Homonymie

Homonyme (griech. homonymos = ,gleichnamig', grch. homos 'gleich', onoma 'Name') sind Wörter mit gleichem Formativ und völlig unterschied­licher Bedeutung, z.B. die Mutter „Verwandtschaftsname", die Mutter „Schraubenmutter". Sie entstehen im Deutschen grundsätzlich durch (1) den Zerfall der Polysemie und (2) durch eine zum gleichen Ergebnis führende lautliche Entwicklung.

(1) So entwickelten sich z.B. die Homonyme der Bauer („Landmann") und das (der) Bauer („Vogelkäfig") aus einem Etymon: ahd. buan, mhd. buwen „wohnen, bewohnen, Landwirtschaft betreiben"; die ety­mologische Zusammengehörigkeit ist im Neuhochdeutschen nicht erhalten.

Z.B.: das Schild - die Schilder (вывеска)

der Schild - die Schilde (щит)

Das Schild des Ritters war gleichzeitig sein Emblem, da darauf sein Wappen dargestellt war (abgebildet war). Ein ebensolches Emblem war das Schild des Handwerkers: beim Schuster – ein Schuh, beim Becker – eine Semmel usw. Dann wurde die Bezeichnung des Ritterschildes (der Name) auf das Schild des Handwerkers übertragen. Zuerst entstanden 2 lexikalisch-semantische Varianten eines Wortes, später – zwei selbständige Wörter mit verschiedenen grammatischen Formen.

Weitere Beispiele für Homonyme, die infolge des Zerfalls der Polysemie entstanden, sind folgende Wörter:

lesen – чистить

lesen – перебирать

die Feder – перо

die Feder – пружина

der Lauf – бег

der Lauf – ствол

(2) Homonyme können infolge phonetischer Prozesse entstehen, wenn die Wörter verschiedenen Ursprungs infolge des Lautwandels zufällig gleichlauten:

der Ball - ahd. balla – verwand mit latainischem Wort follis ( мяч).

der Ball – vom franz. ball (бал).

die Saite - mhd. seite (струна)

die Seite - mhd. site (сторона)

das Tor - mhd. tor (ворота)

der Tor - mhd. tore (глупец)

das Reis - mhd. ris (ветка)

der Reis – vom italienischen riso (рис).

Oder: die Homonyme die Bremse „Insekt" zu „brummen" und die Bremse „Hemmschuh" zum Mittelniederdeutschen pramen „drücken" haben sich aus verschiedenen Wörtern entwickelt, die lautlich zusammengefallen sind.

Er unterscheidet zwischen „totaler und partieller Homonymie":

Totale Homonymie liege dann vor, wenn Lexeme außer in ihrer Bedeutung in allen Lexemeigenschaften, „insbesondere in ihrem gesamten Formenspektrum" überein­stimmen, wie bei Weiche ('Gleisverbindung') und Weiche ('Körperteil').

Partielle Homonyme stimmten nicht in allen Formen überein, wie bei Bank: Ban­ken vs. Bänke.

Die Arten von Homonymen:

1) Homophone – sind Wörter, die gleiche lautliche Formen haben, aber verschiedene Bedeutungen:

die Straeusse (букет)

der Strauss

die Strauße (птица страус)

das Lied - die Lieder (песня)

das Lid - die Augenlider (веко)

die Saite (струна)

die Seite (сторона)

die Weise (способ)

die Waise (сирота)

2) Homographen – sind Wörter, die gleich geschrieben werden, aber verschiedene Bedeutengen haben:

lesen (читать, перебирать), der Preis (цена, приз), die Mutter (мать, гайка).

3) Homoformen – sind Wörter, bei denen die Wortformen zufällig übereinstimmen.

Ich führe diese Arbeit (1.Per, Sng, Pras, Ind.)

Die Mutter sagte, er führe morgen nach Moskau (3.P., Sng. Prat. Kon-v).

Das traditionelle Polysemie-Homonymie-Konzept:

Etwas vereinfacht gesagt handelt es sich bei Homonymie um Lexeme mit verschiedenen Bedeutungen, die zufällig dieselbe Form haben. Von Polysemie spricht man dagegen, wenn ein Lexem ein Spektrum von zu­sammenhängenden Bedeutungsvarianten hat, wenn also nur „klei­nere" Bedeutungsvariation vorliegt.

Viele Diskussionen um die Abgrenzung von Polysemie und Homonymie laufen darauf hinaus, dass es kein Kriterium gibt, nach dem eine klare Grenzziehung zwischen beiden möglich wäre. Wenngleich die praktischen Bedürfnisse der Lexi­kographie erfordern, Entscheidungen darüber zu treffen, welche Einheiten als Hom­onyme betrachtet werden, so zeigen doch gerade Wörterbucheintragungen, wie unterschiedlich solche Festlegungen getrof­fen werden.

So sind z. B. im WDG für Flügel zwei Wörter eingetragen:

Flügel 1

(1) ,am Rumpf sitzendes, bewegliches Organ der Vögel und Insekten ...'

(2) umg. .Tragfläche des Flugzeugs'

(3).seitlicher (beweglicher) Teil eines mehrteiligen Ganzen'

(4).Seitengebäude, das sich unter einem Winkel an sein Hauptgebäude anschließt'

(5).äußerster seitlicher Teil einer im Glied angetretenen Formation'

Als Flügel 2 wird .Klavier' angeführt.

Der duden gibt nur ein Wort an und schließt .Klavier' in diese Bedeutung ein. agricola verfährt ebenso.

Geht man bei der Unterscheidung lediglich von semantischen Kriterien aus, so ist es tatsächlich unmöglich, Homonyme von polysemen Wörtern zu unterscheiden.

Wenn eine Unterscheidung nicht als überflüssig erachtet wird, erweist es sich als zweckmäßig, grammatische Kriterien heranzuziehen: Man kann lexikalische Ein­heiten mit gleichem Formativ in der Grundform dann als Homonyme betrachten,

- wenn sie sich in ihrer Wortart und ihrem grammatischen Formenbestand unter­scheiden.

Substantiv und Adverb: Morgen - morgen

Präposition und Präfix: auf dem Hof- aufschließen

Verb u. subst. Infinitiv: essen - das Essen

Adjektiv und Substantiv: gut - das Gute

Substantiv und Präposition: Dank — dank

- Lexeme haben unterschiedliche grammatische Kategorien, z. B. Substantive mit unterschiedlichem Genus: das Band (,Gewebestreifen') - der Band (,Buch') der Bund (,Bündnis') - das Bund (,Bündel') der Erbe (,Erbender') - das Erbe (.Erbteil')

Diese Lexeme werden trotz etymologischer Verwandtschaft als Homonyme be­trachtet.

- Lexeme haben unterschiedliche grammatische Merkmale und sind überdies ety­mologisch nicht verwandt: der Kiefer - mhd. kiver gehört zu einer ide. Wurzel *gep(h) ,Mund' die Kiefer - verdunkelte Zusammensetzung aus Kien und Föhre der Otter - mhd. öfter, ahd. ottar - ide. Wurzel *udro - ,Wassertier' die Otter - aus älterem noter, der omd. Entsprechung von mhd. nater -,Schlange'

- Die grammatischen Formen unterscheiden sich bei heute gleicher Grundform.

Verben werden stark oder schwach konjugiert: hängen, hing, gehangen :/: hängen, hängte, gehängt.

Substantive bilden unterschiedliche Pluralformen: Band - Bande, Bänder; Licht - Lichter, Lichte; Gesicht - Gesichter, Gesichte; Bank - Banken, Bänke.

- Orthographische Unterschiede signalisieren Homonyme.

Auch bei der Abgrenzung nach grammatischen Kriterien ergeben sich Schwierig­keiten, vor allem dann, wenn sich bei regulärer Mehrdeutigkeit, also dem klassi­schen Fall für ein Wort, Abweichungen im grammatischen Verhalten zeigen. Bei Stoffbezeichnungen besteht eine reguläre Beziehung zwischen Stoffbezeichnung und dem Semem .Produkt aus dem Stoff. Die semantische Beziehung ist regulär, aber die Fähigkeit zur Pluralbildung ist unterschiedlich ausgebildet.

Adjektive können a) die Herkunft und b) ,sich verhalten wie' benennen, a) kann nicht gesteigert werden und nicht in prädikativer Form erscheinen, die metaphori­sche Variante ist komparierbar und kann auch prädikativ verwendet werden. Auch hier ist die semantische Beziehung regulär.

So erweisen sich auch grammatische Kriterien als nicht geeignet, in allen Fällen Homonyme von polysemen Wörtern zu unterscheiden. Hier ist das Kategorienpaar „Zentrum und Peripherie" angebracht. Wir sprechen von Homonymen, wenn die sprachlichen Einheiten unterschiedlichen Wortarten angehören, unterschiedliche grammatische Kategorien und Formen bilden. Übergänge sind vorhanden, wenn die Sememe in regulären semantischen Beziehungen zueinander stehen. In den Fällen von regulärer Mehrdeutigkeit nehmen wir Polysemie an.

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