
2. Direkte und übertragene Bedeutung
Man unterscheidet direkte Bedeutung und übertragene Bedeutung.
Direkte Wortbedeutung entsteht bei der primären Nomination bestimmter Erscheinungen und Gegenstände der objektiven Realität. Vgl. das Adjektiv „schwarz" als Farbbezeichnung „von der dunkelsten Farbe, die alle Lichtstrahlen absorbiert, kein Licht reflektiert", z.B. schwarze Schuhe, schwarzes Kleid, eine Trauerkarte mit schwarzem Rand. Die parallelen Termini für diese Bedeutung sind: wörtliche, eigentliche, nominative Bedeutung.
Übertragene Bedeutung entsteht bei der sekundären Nomination. Die Benennung vollzieht sich in diesem Fall nicht mit den Mitteln der konkret sinnlichen Beobachtung, sondern auf Grund eines qualitativ höheren Abstraktionsvorganges, wobei das Konkretsinnliche der eigentlichen oder direkten Bedeutung des Wortes zu einer neuen Bezeichnungsfunktion führt.
So entsteht auf Grund der konkret sinnlichen Farbbezeichnung „schwarz" eine Reihe von abgeleiteten Bedeutungen zur Bezeichnung für abstrakte Begriffe wie
(a) „düster, unheilvoll", z.B. schwarze Gedanken;
(b) „boshaft", „niederträchtig", z.B. eine schwarze Tat, schwarze Pläne;
(c) „illegal", z.B. etwas schwarz kaufen.
Der parallele Terminus zur übertragenen Bedeutung ist uneigentliche Bedeutung.
Den Kern eines polysemen Wortes bildet die direkte Bedeutung. Sie wird als Hauptbedeutung bezeichnet. Diese Bedeutung taucht auch bei isolierter Nennung des Wortes im Bewusstsein der meisten Angehörigen der Sprachgemeinschaft zuerst auf.
Die abgeleiteten Bedeutungen, das sind nominativ abgeleitete und übertragene, heißen Nebenbedeutungen.
Ein mehrdeutiges Wort z. B. das Wort Haus
1. Hauptbedeutung: ,Bauwerk' — ein neues Haus, ein mehrstöckiges Haus, vgl. auch Hochhaus, Wohnhaus;
2. abgeleitete Bedeutungen: 1) .Heim': nach Hause, zu Hause, vgl. auch Elternhaus; 2) , Haushalt', , Familie': der Herr des Hauses, die Frau des Hauses, das Haus führen; 3) ,Anstalt', .Klub', ,Hotel': das Haus der Jungen Pioniere, das Haas der Solidarität; vgl. auch Krankenhaus, Kulturhaus; 4) .Volksvertretung': Zwei neue Gesetze wurden vom Hohen Haus beschlossen, vgl. auch Oberhaus, Unterhaus.
Vgl. das Bedeutungsgefüge des Adjektivs „blau":
grün
1) Hauptbedeutung ,von grüner Farbe', z. B. grünes Gras, grüne Wiesen, grünes Laub, grüne Wolle, Seide, grünes Kleid;
2) abgeleitete Bedeutungen
a) ,unreif', z. B. grünes Obst, grüne Äpfel, Pflaumen;
b) umg. übertr. ,unerfahren': Er ist noch ganz grün; ein grüner Junge;
c) ,frisch (saftig)' als Antonym zu getrocknet, geräuchert, eingesalzen, z. B. grüne Erbsen2, grünes Holz, grüne Heringe.
3) phraseologisch gebundene Bedeutungen
a) ,gewogen': jemandem nicht grün sein;
b) ,linke (Seite)', z. B. grüne Seite, an jemandes grüner Seite gehen.
Die Mehrdeutigkeit des Wortes stört die Menschen beim Prozess des Redens nicht, denn in jedem Kontext wird die Bedeutung des Wortes näher bestimmt. Der Kontext hebt die Mehrdeutigkeit des Wortes auf.
Die Sememe lassen sich voneinander abgrenzen, wenn sie in unterschiedlichen Distributionen auftreten.