
- •Die Wortbildung als der wichtigste Weg und das produktivste Verfahren der Wortschatzerweiterung
- •6. Neologismen und ihre Klassifikationen
- •7. Linguistische Merkmale der Neologismen unserer Zeit
- •8. Lexikologische und lexikografische Aspekte der Neologismenforschung
- •V. Die wortbildung als der wichtigste weg und das produktivste verfahren der wortschatzerweiterung
- •1. Die Wortbildung als linguistische Disziplin. Gegenstandsbereich der Wortbildung. Allgemeine Charakteristik der wichtigsten Begriffe der Wortbildungslehre
- •2. Zusammensetzung (Komposition)
- •3. Ableitung (Derivation)
- •4. Zusammenbildung
- •5. Kurzwortbildung (Abkürzung)
- •5. Kurzwortbildung (Abkürzung)
- •6. Konversion (Wortartwechsel)
- •7. Wortschöpfung durch Lautnachahmung
2. Zusammensetzung (Komposition)
Die Zusammensetzung ist die wichtigste und häufigste Form der deutschen Wortbildung. Zusammensetzungen entstehen, wenn zwei oder mehrere selbstständige Wörter zu einer neuen Worteinheit verbunden werden.
Die Komponenten des zusammengesetzten Wortes sind so eng verschmolzen, dass es als selbstständige Einheit aufgefasst wird. Die strukturelle Einheitlichkeit der Form wird verschiedenartig charakterisiert: phonetisch - durch die Hauptbetonung der ersten Komponente - "Arbeitsֽplan; orthographisch - durch die Zusammenschreibung; grammatisch - durch ein grammatisches Merkmal für den ganzen Komplex.
Die Komponenten der Zusammensetzung verlieren ihre lexikalische Selbstständigkeit, und der ganze Komplex bekommt eine einheitliche Bedeutung.
Die substantivische Zusammensetzung ist in der deutschen Sprache besonders produktiv, z. B. Schifffahrtsgesellschaftsdirektorsstellvertretersgemahlin (6 Komponenten, 57 Buchstaben).
Nach der Theorie von M.D. Stepanova werden die deutschen Zusammensetzungen von drei Prinzipien ausgehend klassifiziert:
1. Nach dem morphologischen Prinzip werden die Zusammensetzungen verschiedenen Wortarten zugeordnet. Die Zugehörigkeit der Zusammensetzung zu einer bestimmten Wortart hängt in der Regel vom zweiten Element ab, das die grammatische Charakteristik des ganzen Kompositums darstellt. Als erstes Element kann eine beliebige Wortart auftreten.
2. Nach dem strukturell-genetischen Prinzip geht man von der formalen Struktur der Komposita aus. Hier unterscheidet man:
a) eigentliche oder echte Zusammensetzungen;
b) uneigentliche oder unechte Zusammensetzungen;
c) Zusammenrückungen.
3. Nach dem syntaktisch-semantischen Prinzip, d.h. nach dem logischen Verhältnis zwischen den Komponenten unterscheidet man drei Abarten:
a) Bestimmungszusammensetzungen mit determinativem Verhältnis (Bestimmungskomposita, Determinativkomposita, attributive Zusammensetzungen). Diese Art der Zusammensetzung ist durch die attributive Verbindung der Komponenten charakterisiert - die erste Komponente bestimmt die zweite.
Die Bedeutung solcher Zusammensetzungen ist keine Summe der Bedeutungen der Bestandteile, sondern eine neue, abstrahierte, übertragene oder umgedeutete Bedeutung.
Eine Abart der attributiven Zusammensetzungen sind die Bahuvrihi, die den Menschen durch eine seiner Eigenschaften charakterisieren. Was die Bedeutung angeht, ist es eine Abart der metonymischen Übertragung (die Übertragung vom Teil aufs Ganze): Schreihals, Trotzkopf.
b) Kopulative Zusammensetzungen mit kopulativem Verhältnis. Sie bestehen aus zwei grammatisch gleichwertigen Elementen, die auf Grund der Beiordnung in Verbindung treten. Jedes Element behält seine selbstständige Bedeutung, aber die Bedeutung des Ganzen drückt einen neuen Begriff aus.
c) Satz- oder Imperativnamen (syntaktische Wörter) mit erstarrtem Verhältnis.
3. Ableitung (Derivation)
Unter Ableitung versteht man die Bildung neuer Wörter mit Hilfe von Affixen (d.h. von Präfixen und Suffixen). Dabei unterscheidet man zwei aktive Prozesse: Suffigierung und Präfigierung.
Das Suffix trägt mehr Information, denn es verändert oft die Zugehörigkeit des Wortes zur Wortart, das Präfix bewirkt diese Veränderung nicht: Erfolg - Misserfolg, stehen - verstehen.
Die Klassifikation der Affixe (vor allem der Suffixe) beruht auf vier Prinzipien:
1. Nach dem genetischen Prinzip (nach der Herkunft) unterscheidet man:
1) Affixe, die aus selbstständigen Wörtern entstanden sind;
2) Affixe, die sich infolge der Neuverteilung der Stämme entwickelt haben.
3) Affixe, die aus Fremdsprachen entlehnt sind.
2. Nach dem morphologischen Prinzip unterscheidet man Suffixe und Präfixe verschiedener Wortarten.
3. Nach dem semantischen Prinzip werden die Suffixe in 10 semantische Gruppen zusammengefasst:
1) die Suffixe, die zur Bildung von Personenbezeichnungen dienen: -er (von lat. -arius), -ist, -in, -ling, -ent, -ant, -at, -et, -eur u. a.
2) Abstammungsbezeichnungen: -aner, -er, -e, -in;
3) Zustandsbezeichnungen: Vaterschaft, Einsamkeit, Gesundheit;
4) Kollektiva: Studentenschaft, Bauerntum, Kartei;
5) Abstrakta: Dunkelheit, Kenntnis, Hoffnung, Leidenschaft;
6) Handlungen, Tätigkeiten: Lauferei, Begräbnis, Reinigung, Demonstration;
7) Ort der Handlung: Gießerei, Molkerei, Schlosserei;
8) Resultat der Handlung: Sammlung, Ergebnis, Formation;
9) Gegenstandsbezeichnungen: Wecker, Fäustling, Briefschaft, Zeitung;
10) Diminutiva: Tisch-chen, Rös-lein, Kind-erl (österr.).
4. Nach dem historischen Prinzip werden abgegrenzt:
a) unproduktive Suffixe und Präfixe;
b) produktive Affixe;
c) Affixe, die sich allmählich aus selbstständigen Wörtern entwickeln (Halbsuffixe und Halbpräfixe).