
- •Die germanische Sprachfamilie
- •Indogermanische Sprachen um 500 V. Chr.
- •Übersicht: Indoeuropäische Sprachen in Europa Die erste oder die germanische Lautverschiebung
- •Übersicht: Germanische Lautverschiebung
- •Die germanische Akzentverschiebung
- •Der Zerfall des Germanischen
- •Die zweite oder hochdeutsche Lautverschiebung
- •Karte: Die hochdeutsche Lautverschiebung bis zur Benrather Linie Stimmlose Okklusive im 'Anlaut'; in der 'Geminatie' (Verdoppelung); nach einem Konsonanten:
- •Stimmlose Okklusive nach einem Vokal:
- •Ingwäonismen
Der Zerfall des Germanischen
Die nord- und west- germanischen Sprachen heute Karte: Hunef (1.0)
Durch die Migration der Germanen und lokale Einflüsse zerfiel das Germanische in verschiedene Zweige, nämlich ins Nord-, Ost- und Westgermanische. Nach 500 n. Chr. zerfiel auch das Westgermanische. Zwischen dem 6. und 8. Jh fand diezweite Lautverschiebung statt, die nicht so bedeutend für die Entwicklung des Niederländischen war, durch die sich jedoch die Unterschiede zwischen dem Niederländischen und dem Deutschen erklären lassen.
Die zweite oder hochdeutsche Lautverschiebung
Die zweite Lautverschiebung begann im Süden des deutschen Sprachraums und breitete sich Richtung Norden bis zur sog. Benrather Linie aus. Die wichtigste Veränderung betraf die germanischen stimmlosen Okklusive. Die Veränderungen werden nachfolgend kurz illustriert.
Karte: Die hochdeutsche Lautverschiebung bis zur Benrather Linie Stimmlose Okklusive im 'Anlaut'; in der 'Geminatie' (Verdoppelung); nach einem Konsonanten:
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Althochdeutsch |
Deutsch |
Niederländisch |
p > pf |
Got. pund Osa. appel |
pfunt apfuli |
Pfund Apfel |
pond appel |
t > (t)s |
Got. tiuhan Osa. settian |
ziohan setzen |
ziehen setzen |
trekken zetten |
k >kch/ch |
Osa. wekkian Osa. makon |
wecchan mahhon |
wecken machen |
wekken maken |
Stimmlose Okklusive nach einem Vokal:
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Althochdeutsch |
Deutsch |
Niederländisch |
p > ff/f |
Osa. opan Osa. slâpan |
offan slâf(f)an |
offen schlafen |
open slapen |
t > ss |
Osa. fôt Osa. water |
fuoz wazzar |
Fuß Wasser |
voet water |
k > ch |
Osa. ik Osa. bok |
ih buoh |
ich Buch |
ik boek |
Das westgermanische Sprachgebiet wurde durch die hochdeutsche Lautverschiebung in zwei Teile geteilt: den südlichen hochdeutschen Teil, und den nördlichen niederdeutschen und niederländischen Teil, der diese Lautverschiebung nicht mitmachte. Die Dialekte nördlich der Benrather Linie behielten ihre ursprünglichen Konsonanten. Der Übergang von ik zu ich ist die Veränderung, die sich am stärksten, nämlich bis nach Limburg, durchsetzen konnte.
Hochdeutsch ist das Deutsche der höher gelegenen Gebiete unterhalb der Linie Köln-Berlin;Niederdeutsch das des Unterlaufs der großen Flüsse Rhein, Elbe, Weser und Ems. (vgl. van der Sijs (2002)). Hier kann man mehr Informationenüber die Sprachgeschichte des Deutschen finden.
Benrather Linie Karte: Hardcore-Mike (CC BY-SA 3.0)
Ingwäonismen
Die Bezeichnung Ingwäonischgeht auf die klassischen Geschichtsschreiber des 1. Jh. n. Chr. Plinius und Tacitus zurück, die drei westgermanische Stämme unterschieden: Hermionen, Istväonen und Ingväonen. Die Ingwäonen wohnten entlang der Küste von Gallien bis Dänemark.
Ein zweiter Unterschied innerhalb des westgermanischen Sprachgebietes betrifft die sogenannten 'Küstenerscheinungen'. Es gibt systematische Unterschiede zwischen Altenglisch, Altfriesisch und Altsächsisch auf der einen und Althochdeutsch auf der anderen Seite. Man verwendet für diese Küstenerscheinungen auch die Bezeichnung Ingwäonisch oder Nordseegermanisch. Eigentlich ist Ingwäonisch keine eigene Sprache, es zeigt jedoch einige lautliche und grammatikalische Eigenarten auf, die sich entlang der Nordseeküste verbreitet haben. Durch die Ingwäonismen können einige Unterschiede zwischen Englisch und Friesisch (die viele ingwäonische Merkmale aufweisen), dem östlich gelegenen Deutsch (in dem es keine Ingwäonismen gibt) und dem dazwischen liegenden Niederländisch, das ein Übergangsgebiet bildet, aufgezeigt werden.
Ein bekannter Ingwäonismus ist die sog. Ersatzdehnung, der Verlust des Nasals und die Dehnung des Vokals vor einem Frikativ.
Germanisch |
Deutsch |
Niederländisch |
Englisch |
Friesisch |
*fimfe |
fünf |
vijf |
five |
fiif |
*munþ |
mund |
mond, Dendermonde -muide, z.B. Diksmuide |
mouth |
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Andere Beispiele von Ingwäonismen im Niederländischen:
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Deutsch |
Niederländisch |
Englisch |
't' fehlt in der 3. Pers. Sg. |
ist |
is |
is |
andere Wurzel für Perspnalpronomen |
er / ihn ihr |
hij / hem haar |
he / him her |
Übergang von -ege- zu -ei- |
Segel |
zeil |
Sail |
Innerhalb des Westgermanischen nahm das Niederländische u.a. durch die genannten Entwicklungen und Merkmale einen eigenen Platz ein. Die älteste Phase der Geschichte des Niederländischen im engeren Sinn beschreibt das Altniederländische.