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Аннотация

Образование (цифровое обучение)

Die neuen Kommunikationsformen im Internet machen Karriere in Studium und Fortbildung // Deutschland.2005.№4. S.49-51. Новые формы коммуникации в Интернете способствуют обучению и повышению квалификации // Дойчланд. 2005.№4. С.49-51.

Главный образовательный принцип современности – учеба в течение всей жизни, так как рынок профессий нестабилен. В статье представлены подходы к реализации этого принципа: новые формы передачи знаний с помощью Интернета, к учебе и доступу к знаниям, интернационализации обучения, виртуальный рынок обучения, новые навыки получения и передачи знаний, изменение функции преподавателей в сетевом обучении и др.

Статья представляет интерес для широкого круга читателей, заинтересованных в повышении квалификации.

Брандес М.П. Переводческое реферирование (на материале немецких и русских общественно-политических текстов)

Тексты на реферирование на немецком языке.

Text 1. Euroweit.

Nach und nach wird umgestelltauf die Bachelor- und Master-Studiengänge. In den Firmen herrscht noch Informationsbedarf.

Lange wird es die altbekannten Hoschulabschlüsse Magister und Diülom nicht mehr geben; zunehmend werden sie vom Bachelor/Master ersetzt. Bereits 1999 wurde die Umstellung festgelegt, als 29 europäische Bildungsminister vereinbarten, Hochschulabschlüsse zu vereinheitlichen. Die Hauptunterschied zwischen den neuen und alten Studiengängen besteht in der Länge der Regelstudienzeit: Bereits nach sechs Semestern wird der berufsqualifiizierende Bachelor vergeben. Um einen Master zu ertragen, ist eine Bewerbung für ein Aufbaustudium von zwei bis vier Semestern nötig.

Die Umstellung soll bis 2010 erfolgen. Schon jetzt bieten viele deutsche Hochschulen die aufeinander aufbauenden (konsekutiven) Abschlüsse an. In Hamburg sind es 14 Bachelor-Studiengänge, neun an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW), drei n der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) und je einer an der Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik (HWP) und der Europäischen Fernhochschule Hamburg (EFH). Zum Teil laufen sie noch parallel zu vergleichbaren Diplomstudiengängen.

Mehr Internationalität soll das neue System bringen und die Studenten schnell und zielorientiert auf das Berufsleben vorbereiten. Die Hochschulen reagieren fast durchgehend mit Zustimmung, nur wenige Professoren der HAW, dass durch eine Verkürzung der Studienzeit das Praxissemester wegfallen könnte, das sich im Acht-Semester-System gut bewährt hat. Wo genau gekürzt wird, ist noch nicht geklärt.

Die Technische Universität Hamburg-Harburg (TUHH) war 1994 eine der ersten deutschen Universitäten, die den Bachelor einführten. Er ist besonders bei ausländischen Studenten beliebt. Die deutschen Hochschüler, die noch die Wahl haben, tendieren dagegen weiterhin zum Diplomabschluss – meist aus Unsicherheit darüber, wie der Arbeitsmarkt auf die Bachelor-Absolventen reagieren wird.

Auch die Professoren sind noch abwartend. „Der Lehrkörper ist nicht gegen die Umstellung, weder inhaltlich noch wegen der zusätzlichen Arbeit“, so Jutta Werner von der TUHH. „Von großen Firmen erfahren wir Akzeptanz und Unterstützung. Nur der Mittelstand kann noch nicht viel mit dem Bachelor anfangen, deshalb sind wir im Moment etwas vorsichtig“.

Eine Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) vom Juni 2004 bestätigt dies. Demnach wissen knapp 70 Prozent der deutschen Unternehmen über Bachelor und Master Bescheid (20002 waren es 40 Prozent). Bei den 675 befragten Hamburger Firmen sind es sogar 82 Prozent. 68 Prozent von ihnen glauben, dass der Bachelor die Kenntnisse vermitteln kann, die sie von Hochschulabsolventen erwarten.

Die Hamburger Zahlen überzeichneten das positive Bild, da an der Umfrage überproportional viele größere Unternehmen teilgenommen haben, heißt es von der Handelskammer. Diese seien in der Regel besser über den Bachelor informiert als der Durchschnitt.

„Es ist wichtig, dass Unternehmen wie Philips auf dem globalen Markt interessant bleiben. Wir begrüßen daher die internationale Vergleichbarkeit der Abschlüsse“, sagt Frank Suntinger von der Philips GmbH.

(Брандес М.П. Переводческое реферирование (на материале немецких и русских общественно-политических текстов):)

Text 2. Studienfinanzierung – eine Herausforderung

Knapp 800 Euro braucht ein Student pro Monat. Das hat das Deutsche Studentenwerk ermittelt. Dazu kommen mancherorts noch 500 Euro Studiengebühren. Das ist viel Geld – gerade für ausländische Studierende.

Savas Özel ist 26 Jahre alt, hat einen deutschen Pass und türkische Wurzeln. Er studiert Maschinenbau an der Fachhochschule Gummersbach. "Nebenjobs habe ich während meines Studiums immer machen müssen", erzählt Savas, "im Moment jobbe ich als Altenpfleger, als Nachhilfelehrer und arbeite für die Studentenvertretung". Auf diese Weise finanziert er sich sein Leben als Student: "Ein Job alleine würde dafür nicht reichen."

Weil er einen deutschen Pass hat, muss Savas nur darauf achten, dass er nicht mehr als 20 Stunden pro Woche arbeitet, damit noch genug Zeit für sein Studium bleibt. Für seine Kommilitonen mit ausländischem Pass gelten strengere Regeln: Wenn sie nicht aus der EU kommen, dürfen sie höchstens 90 ganze Tage im Jahr oder 180 halbe Tage arbeiten – sonst verlieren sie den Studentenstatus. Für EU-Bürger gelten je nach Herkunftsland unterschiedliche Regelungen. "Die Studienfinanzierung ist für viele ausländische Studierende ein gravierendes Problem", sagt Achim Meyer auf der Heyde, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks. Das Studentenwerk fordert deshalb schon seit längerem, die Regeln zu lockern – bisher vergeblich.

Rund ein Viertel der Studenten bekommt Geld vom Staat

Für Studierende, egal welcher Nationalität, gilt deshalb: Sie sollten sich so früh wie möglich Gedanken um ein Finanzierungskonzept machen. Helfen kann ihnen dabei die Sozialberatung des Studentenwerks, die es an jeder Hochschule gibt. Mögliche Geldquellen sind dabei Zahlungen der Eltern, Geld vom Staat nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz – kurz BAföG –, Stipendien und Studienkredite.

Die meisten Studierenden, das zeigen die Erfahrungen der Studentenwerke, finanzieren sich mit einem Mix aus diesen unterschiedlichen Einnahmequellen, wobei das Geld der Eltern und Einkünfte aus Jobs die wichtigsten Finanzquellen sind: Drei von vier Studentinnen und Studenten in Deutschland müssen nebenbei jobben, um sich das Studium leisten zu können.

Seit mittlerweile 40 Jahren gibt es mit dem BAföG staatliche Unterstützung für Studierende, deren Familien bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschreiten. Rund ein Viertel der Studenten bekommt diese Zuschüsse. Das Besondere dabei: Die BAföG-Zahlungen müssen nach dem Studium nur zur Hälfte zurückgezahlt werden. Wenn sie bestimmte Bedingungen erfüllen, können auch Studierende aus dem Ausland BAföG beantragen. Wer nicht genau weiß, ob er berechtigt ist, kann sich Rat bei den Studentenwerken der jeweiligen Universitäten suchen.

Vorsichtig sollten Studierende dabei insbesondere sein, wenn sie einen Kredit aufnehmen: Hier raten Fachleute dringend zu einer vorherigen ausführlichen Beratung, damit das Studium nicht mit einem unüberwindbaren Schuldenberg beendet wird. "Grundsätzlich sollte man immer versuchen, erst einmal alle anderen Geldquellen auszuschöpfen", sagt die Kreditexpertin Stefanie Laag von der Verbraucherzentrale NRW.

Autor: Armin Himmelrath

Redaktion: Svenja Üing

http://www.dw-world.de/dw/article/0,,15298761,00.html

16.08.2011

Text 3.vSozialsystem

Hartz IV: Wie viel Geld ist nötig zum Leben?

Deutsche Langzeitarbeitslose erhalten derzeit 374 Euro monatlich plus Unterkunft. Ob das reicht, damit hat sich das Bundessozialgericht beschäftigt. Doch - wieviel ist eigentlich "genug"?

374 Euro, das ist in Deutschland der Regelsatz, den eine alleinstehende arbeitslose Person im Rahmen des Arbeitslosengeldes II - umgangssprachlich "Hartz IV“ genannt - monatlich erhält. Gezahlt wird die Summe von der Bundesagentur für Arbeit. Ein je nach Region unterschiedlich hoher Satz für die Unterkunft kommt noch hinzu, gezahlt von der zuständigen Kommune.

Das sei genug, argumentierte die Bundesregierung, die den Finanzbedarf durch eine alle vier Jahre erhobene "Einkommens-und Verbrauchsstichprobe“ bestimmt. Doch wieviel ist tatsächlich genug? Welcher Betrag reicht zum Leben? Über diese Frage hat am Donnerstag (12.07.2012) das Bundessozialgericht in Kassel verhandelt. Eine Frau hatte vor dem Bundessozialgericht gegen die 374 Euro geklagt, sie forderte 1000 Euro. In einem früheren Fall hatte das Bundesverfassungsgericht die Hartz-IV-Sätze allerdings bereits für zulässig erklärt.

Wie viel ist genug?

Kritiker fordern indes schon lange mehr Unterstützung. Auch der Vorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Ulrich Schneider spricht sich im Interview mit der DW für eine stärkere Unterstützung der Arbeitslosen aus: "Mit diesen 374 Euro hat man überhaupt keine Chance, halbwegs menschenwürdig über den Monat zu kommen. Bei der Berechnung wurde dermaßen getrickst, dass man nur von einem Kleinrechnen sprechen kann“, so Schneider. "Nach unseren Berechnungen hätte eine verfassungskonforme Berechnung der Regelsätze einen Betrag von mindestens 420 Euro ergeben.“ Dazu müsse laut Schneider ein angemessener Betrag für einmalige Leistungen kommen, also für größere Anschaffungen wie Haushaltsgeräte und Möbel.

Die Sätze müssten laut Schneider neu berechnet werden. Zwar würden die Beträge anhand der Stichprobenanalyse bereits nach Bedarfsbereichen aufgeschlüsselt - allerdings lieferten die verfälschte Zahlen, auch deshalb, weil ohnhein nur die untersten 15 Prozent der Verdiener in die Stichprobe einbezogen würden. “Die Berechnungen müssen realitätsgerecht sein, transparent und sachgerecht. Es müssen alle Aufwendungen aufgenommen werden und genau das hat die Bundesregierung nicht getan. Das zeigen Beispiele wie 6,93 Euro monatlich für Windeln oder auch Beträge wie 1,15 Euro im Monat für Eis, Pommes oder Currywurst bei Schulausflügen von Kindern.“

Kein Luxus für Arbeitslose

Eis, Pommes und Currywurst - wo hört tatsächlicher Bedarf auf, und wo beginnt schon Luxus? Kritiker des Arbeitslosengeldes argumentieren immer wieder, dass zu viele Zugeständnisse bei Genuss-und Unterhaltungswaren im Rahmen des Arbeitslosengeldes Arbeitslose davon abhielten, aktiv nach einer neuen Beschäftigung zu suchen.

Ulrich Schneider möchte im Zusammenhang mit Hartz-IV–Sätzen nicht von “Luxus” sprechen. “Das Bundesverfassungsgericht hat zwei Dinge festgelegt: Erstens kann es nicht sein, dass jemand als Hartz-IV-Empfänger erkennbar ist und zweitens muss in bescheidenem Maße eine Teilhabe an dieser Gesellschaft ermöglicht werden.” Dies sei aber kaum gewährleistet, wenn zum Beispiel das Geld für Anzugsreinigungen gestrichen würde. “Geschehen ist das mit dem Argument, Hartz-IV–Empfänger bräuchten keinen Anzug. Das ist eine massive Ausgrenzung, Teilhabe findet da nicht mehr statt.“

Selbst die vom Wohlfahrtsverband errechneten 420 Euro pro Monat hält er nicht für einen ausreichenden Betrag, der in Deutschland für das Nötigste reiche - wegen gestiegener Lebenshaltungskosten in den letzten Jahren. “Man muss sich anschauen, wie allein die Energiekosten in den letzten fünf bis sechs Jahren gestiegen sind, zum Beispiel 20 Prozent Preissteigerung allein beim Strom. Das führt dazu, dass vielen Menschen der Strom abgeschaltet wird. Das kratzt dann schon an der Menschenwürde, da müssen Hartz-IV-Sätze nachgebessert werden“, meint Schneider. Ob es gleich, wie im Kasseler Fall, 1000 Euro pro Monat sein müssten - da ist allerdings auch der Wohlfahrts-Chef vorsichtig: “Wenn die Klägerin sagt, sie habe im Moment eine größere Anschaffung zu machen, dann kann das schon einmal hinkommen. Für eine einzelne Person als Grundbedarf pro Monat - also für Kleidung, Nahrung und so weiter - wären 1000 Euro sicherlich sehr hoch gegriffen.“

Das Bundessozialgericht in Kassel

Das Bundessozialgericht in Kassel sah das genauso. Es wies die Klage der Frau am Donnerstag ab. Doch auch ohne Urteil aus Kassel wird sich das Bundesverfassungsgericht bald wieder mit dem Thema Hartz IV auseinandersetzen müssen. Denn das Sozialgericht Berlin hält die aktuellen Beträge immer noch für unzureichend und hatte daher schon im April einen Fall nach Karlsruhe weitergereicht.

Datum 13.07.2012

Autorin/Autor Friedel Taube

Redaktion Johanna Schmeller

http://www.dw.de/dw/article/0,,16091029,00.html

Text 4. Deutsche Geschichte

Rolling Stones - in Ostdeutschland ein Mythos

Die Rolling Stones sind 50. In Deutschland hatte die Band von Anfang an Fans auf beiden Seiten der Mauer. In der DDR allerdings hatten die Fans es schwer - die Musik der Briten war von der Regierung verpönt.

"Wuschel ging nicht zur Tanzschule. So was interessierte ihn nicht. Wuschel interessierte sich auch für sonst nichts, außer für Musik. Und für Musik interessierte er sich auch nur dann, wenn sie von den Rolling Stones war. Während die anderen vom Platz zur Tanzschule gingen, versuchte er, die Exile on Main Street, das 72er Doppelalbum der Rolling Stones aufzutreiben."

Wuschel ist einer der Helden aus dem 1999 erschienenen Roman „Am kürzeren Ende der Sonnenallee“. Autor Thomas Brussig beschreibt in dem Buch den Alltag einer Gruppe Jugendlicher in der DDR der späten Siebziger. Die ersehnte Musik aus dem Westen war offiziell verpönt, die Platten nur zu horrenden Schwarzmarktpreisen zu kriegen. Umso beliebter war sie bei den Jugendlichen. Doch die "Beatmusik" war offiziell als "subversiv" eingestuft, die Regierenden in der DDR fürchteten sich vor der vermeintlich aufrührerischen Wirkung des Rock 'n'Roll. Walter Ulbricht, von 1950 bis 1971 Chef des Zentralkomitees der DDR und damit ihr mächtigster Politiker, drückte es so aus: "Ist es denn wirklich so, dass wir jeden Dreck, der vom Westen kommt, nun kopieren müssen? Ich denke, Genossen, mit der Monotonie des Je-Je-Je, und wie das alles heißt, ja, sollte man doch Schluss machen."

"Rolling Stones" nur über Westsender zu hören

Radiomoderator Günther Schneidewind, Jahrgang 1953, ist trotzdem mit dem "Je - je - je“ aufgewachsen. Er war Moderator beim DDR-Jugendsender "DT64", der ab und zu auch westliche Musik spielen durfte - allerdings nicht jede. Noch bis 1982 standen die Rolling Stones offiziell auf dem Index. Die einzige Möglichkeit die Band zu hören, war, heimlich Westsender zu verfolgen und Sendungen mitzuschneiden. "Die Stones hatten lange Haare, machten übermäßig laute Musik und verdienten damit auch noch eine Menge Geld - das war klar, dass die von den Jugendlichen idealisiert wurden", sagt Schneidewind. "Die Jugend-Ideale, die in der DDR zu gelten hatten, fußten auf der sozialistischen Moral und Ethik und hingen in jedem Klassenzimmer. Das war komplett entgegengesetzt zu dem, was die Stones da produzierten. Man sah eine echte Gefahr, dass die Jugendlichen rebellisch würden."

Tatsächlich verfehlten die Stones nicht ihre Wirkung. Viele Jugendliche in der DDR waren fasziniert von der Art, wie Jagger, Richards und Co. sich gaben. "Die haben eine Aufbruchstimmung bedient, wie sie bis dato in der Nachkriegszeit beispiellos war. Dinge, die in der Schule und staatlichen Gremien gepredigt wurden, wurden über Bord geworfen", erinnert sich Schneidewind. 1968, im Jahr der Studentenunruhen in den USA und Westeuropa, wurden auch die Texte der Rolling Stones zunehmend politisch. Bestes Beispiel, der Song "Street fighting man", in dem sich die Gruppe aber von Gewalt distanzierte und textete: "What can a poor boy do, except to sing for a rock 'n' roll band" - was bleibt also, außer in einer Band zu singen? "Auch dies wurde von den DDR-Herrschenden verurteilt", sagt Schneidewind. "Die Durchsetzung der Weltrevolution - damit war in der DDR doch der Kampf mit der Waffe in der Hand gemeint! Und so hat man die Stones oder die Beatles plötzlich als Pazifisten bezeichnet und gesagt: 'Das ist nicht in unserem Sinne, das ist ideologiefeindlich, Punkt, Ende.'"

Ein Gerücht mit Folgen

1969 verbreitete sich eine Nachricht in Ostberlin wie ein Lauffeuer: Die Rolling Stones sollten am 7. Oktober 1969, dem 20. Jahrestag der DDR, auf dem Hochhaus des Springer-Verlages in Westberlin, in Sichtweite der Mauer, spielen. Völlig absurd war der Gedanke nicht - schließlich hatten erst wenige Monate zuvor die Beatles ein Konzert auf dem Dach ihres eigenen Plattenlabels in der Londoner Innenstadt gegeben und damit ein Verkehrschaos ausgelöst. Hunderte Stones-Fans aus der DDR pilgerten also am 7. Oktober an die Mauer, um ihre Idole zu sehen. Auch die Volkspolizei der DDR war in heller Aufregung, riegelte die Gegend an der Grenze am Nachmittag ab. Einzig: Die Rolling Stones selbst wussten nichts von dem Konzert. Der "Termin" war von einem Redakteur des westberlinischen Sender "RIAS" frei erfunden worden - ein Scherz, der bei den Hörern im Ostteil der Stadt eine starke Eigendynamik entwickelt hatte.

Das Signal war aber klar: Es gab sie, die Rock 'n' Roll-Fans in der DDR, und sie waren nicht bereit, sich zu verstecken. Im Laufe der kommenden Jahre kam es von Seiten der Regierung dann auch zu einer Aufweichung der strengen Regeln gegenüber Musik aus dem Westen. 1982 erschien sogar eine LP mit ausgewählten Liedern der Rolling Stones auf dem volkseigenen Label AMIGA. Im August 1990 dann, bereits nach der "Wende", war es soweit: Am 13. August, dem historischen Datum des Mauerbaus, spielten die Rolling Stones ihr erstes und einziges Konzert in der DDR. "Das war dann natürlich auch ein Signal: Jetzt ist die politische Entwicklung unumkehrbar. Wenn sogar die Rolling Stones bis auf das Gebiet der DDR vorgedrungen sind, dann kann man das Rad der Geschichte nicht mehr zurückdrehen", beschreibt Schneidewind die damalige Stimmung.

Rock-Musik als Motor der Wende

Für viele DDR-Bürger war es auch die Sehnsucht nach westlicher Musik, die den Freiheitsdrang beflügelte. "Die Leute wurden ja in den Bann gezogen von dem, was die Stones machten. Man beschäftigte sich mit den Texten von Jagger und seinem literarischen Hintergrund und fragte sich, was da eigentlich dahintersteckt. Da hat man dann jenseits von Engels und Marx mal gesucht, wo denn die philosophischen Ideale herkamen", so Schneidewind. Ob die Rolling Stones und andere Westbands zum Mauerfall beitrugen? Günter Schneidewind ist sich da sicher: "Viele sagen ja, Kunst könne keine gesellschaftlichen Veränderungen herbeiführen. Ich finde aber schon, dass das so ist!"

Wuschel, der Held aus der Sonnenallee, musste auf seine "Exile on Main Street" allerdings noch einige Jahre warten. Zwar gelingt es ihm im Roman, die Platte zu besorgen. Bei einem Ausflug in den Mauerstreifen wird er dann jedoch von Grenzsoldaten beschossen. Wuschel, der die LP unter der Jacke versteckt hat, bleibt unversehrt: Die Kugel prallt an der "Exile on Main Street" ab. Die Platte geht kaputt - aber dem Stones-Fan aus der DDR rettet sie das Leben.

Datum 11.07.2012

Autorin/Autor Friedel Taube

Redaktion Johanna Schmeller

http://www.dw.de/dw/article/0,,16088529,00.html

Text 5. Kunst

Ein Krankenhaus für die Kunst

Über hundert Künstler haben aus einem stillgelegten Krankenhaus bei Bonn ein Kunstprojekt über Leben, Tod und Krankheit gemacht. Nicht nur sie verändern das Gebäude, auch das Gebäude beeinflusst die Künstler.

Es duftet nach frischen Blumen. Die Luft ist warm und feucht. Im zweiten Stock des St. Josef-Krankenhauses in Königswinter bei Bonn riecht es wie in einer Gärtnerei. In einem Raum am Ende des Flures ist der Boden mit Erde bedeckt, Pflanzen wachsen, Grabkerzen sind aufgestellt, an den Wänden hängen Bilder von einer Frau. Zu sehen ist die Ehefrau des Mannheimer Künstlers Günter Karl. Sie ist vor anderthalb Jahren gestorben. Karl hat hier einen Kunstraum und zugleich einen Trauerraum eingerichtet, um an seine Frau zu erinnern und ihren Tod zu verarbeiten. "Ich konnte vor einem Jahr nicht mal einen Pinsel heben oder mit einem Bleistift mal eine Zeichnung machen", erinnert sich Karl. "Ich war wie gelähmt damals. Ich konnte nicht mehr arbeiten." Mit seiner verstorbenen Frau sei er 39 Jahre zusammen gewesen. Inzwischen geht es Günter Karl wieder besser - und sein Kunstprojekt im Krankenhaus St. Josef in Königswinter hat ihm dabei geholfen.

Sechs Etagen, 4000 Quadratmeter, 100 Künstler

Das Krankenhaus St. Josef ist kein gewöhnliches Krankenhaus - es ist ein Kulturkrankenhaus. Im Sommer vergangenen Jahres zogen Patienten, Ärzte und Krankenschwestern in ein neues Gebäude. Das alte Gebäude steht seitdem leer und wartet auf den Abriss. Da kam der Künstler Helmut Reinelt auf die Idee, den riesigen Bau für ein Kunstprojekt zu nutzen. Nach einiger Überzeugungsarbeit stimmte auch der Krankenhausbetreiber zu, erzählt Reinelt. "Dann habe ich andere Künstler gefragt, ob sie Lust haben, mitzumachen." Durch Mundpropaganda verbreitete sich die Nachricht.

"Endstation - St. Josefs letzter Sommer" heißt das Kunstprojekt, das dabei herausgekommen ist. Mittlerweile machen über 100 Künstler mit. Auf über 4000 Quadratmetern Fläche, auf sechs Etagen malen, bauen und gestalten sie die Räume um. Zusätzlich gibt es mehrmals in der Woche Konzerte, Lesungen oder Theateraufführungen. Kostenlos. "Wir finanzieren uns selber, es gibt keinerlei staatliche Zuschüsse bisher. Jeder, der hier mitmacht, leistet einen Beitrag, ein Startgeld." Pro Person sind es 35 Euro. Mit diesem Budget wird alles finanziert, was nötig ist.

Krankheit, Tod, Aufbruch ins Unbekannte

Aus dem sterilen Krankenhaus ist mittlerweile ein bunter Ort der Kunst geworden. Die ehemals sterilen, gleichförmigen Räume haben einen individuellen Charakter bekommen. Und nicht nur die Künstler beeinflussen das Gebäude, auch umgekehrt beeinflusst das Krankenhaus die Arbeit der Künstler. Regine Kleiner und Andrea Goost haben den ehemaligen Leichenkeller des Krankenhauses umgestaltet. Ihre Deckenmalerei erinnert an einen Himmel, die Wände sind meerblau angestrichen. In den Fächern des Leichenkühlschranks haben sie Kohle und Salz ausgebreitet als elementare Bestandteile des Lebens. "Das Meer hat etwas vom Aufbruch ins Unbekannte, ins Ungewisse", erklärt Regine Kleiner. "Das Schiff auf dem Seziertisch ist das Instrument für den Übergang. Und Meer und Himmel suggerieren Weite, die einen Kontrast bilden soll zu diesem Raum."

Viele Künstler haben Themen wie Leben, Tod und Krankheit bewusst gewählt. Helmut Reinelt freut sich über die Wechselwirkung zwischen Kunst und Gebäude. Er betont jedoch, dass die häufige Auseinandersetzung mit dem Tod bei dem Kunstprojekt Zufall ist. "Wir haben das nicht beabsichtigt. Auch die Bezeichnung Endstation hat weniger mit dem Tod zu tun als vielmehr damit, dass auch das Gebäude keine Zukunft hat."

Im Herbst wird das Gebäude abgerissen. So lange können die Künstler dort weiterarbeiten. Manche Räume werden schon bald wieder anders aussehen als jetzt. Das ganze Kunstprojekt ist ein Prozess, auch der Trauerraum von Günter Karl. Er will ihn umgestalten, mehr Farbe reinbringen, ihn fröhlicher machen. Der Raum soll Karls Stimmung wiedergeben. Und die ist jetzt schon viel heller.

Datum 17.07.2012

Autorin/Autor Christoph Ricking

Redaktion Sabine Oelze

http://www.dw.de/dw/article/0,,16069170,00.html

Text 6. Leben im E-Zeitalter

Auf Wiedersehen, liebes Bücherregal

Die Deutschen sind eine leseverrücktes Volk. Der Buchhandel kann sich jedenfalls nicht über mangelnde Umsätze beklagen. Auch E-Books sind auf dem Vormarsch - mit Folgen für die Möbelindustrie.

Ein Blick ins Bücherregal verrät viel. Wo ist der Besitzer hingereist? Hatte er eine Harry-Potter-Phase, liest er Marcel Proust im Original oder interessiert er sich nur für "1000 ganz legale Steuertricks"? Ein Bücherregal ist mehr als ein Möbelstück, es ist ein Steckbrief. Manche lieben den Anblick so sehr, dass sie sich im Internet "Bookshelf Porn" ansehen, "Bücherregal-Porno" mit hübsch gefüllten Borden. Was aber passiert in Zeiten von elektronischer Literatur mit dem Möbel?

In Deutschland ist der E-Book-Markt anders als in den USA mit einem Prozent des Gesamtumsatzes im Buchhandel zwar noch klein. Aber 2011 wurden mit 4,7 Millionen Netz-Büchern doppelt so viele verkauft wie im Jahr zuvor. Sie gelten als Hoffnungsträger. 90 Prozent der Verlage wollen E-Books fest in ihr Programm nehmen. Das Medienverhalten hat sich ohnehin revolutioniert. Nicht nur Teenager sitzen mit dem Laptop vor dem laufenden Fernseher, das Smartphone liegt daneben. Elektronische Lesegeräte für Bücher sind billiger geworden.

"Billy ade", titelte schon die "Neue Zürcher Zeitung". Soweit ist es bei Ikea nicht. "Wir haben da eine duale Strategie", sagt Sprecherin Annette Wolfstein. Regalklassiker Billy, weltweit mehr als 35 Millionen Mal verkauft, hat einen etwas tieferen "großen Bruder" bekommen, zum Beispiel geeignet für Bildbände. Das klassische Bücherregal verschwindet aber nicht. "Bücher sind ja auch etwas, mit dem man sich gerne umgibt."

Die "Miniaturisierung" des Wohnens

Der Traditionshersteller Interlübke blickte in die Zukunft und nahm "Bookless" ("buchlos") ins Sortiment, ein Regal- und Vitrinensystem wie eine Art moderner Setzkasten. Das Design soll das Leben mit Büchern, Medien und Lieblingsstücken neu interpretieren. Das E-Book trete bei vielen an die Stelle raumgreifender Enzyklopädien, erklärt Geschäftsführer Leo Lübke. Von einer "Miniaturisierung" ist die Rede. Wohnen wird filigraner.

Wenn Rafael Horzon, Berliner Autor ("Das weisse Buch") und Möbelhersteller, auf die Frage nach der Zukunft des Bücherregals antwortet, klingt leise Ironie mit: Das Möbelstück demonstriere auch Bildung und Reichtum, findet er. Man denke nur an die Fotos von Schriftstellern oder Geisteswissenschaftlern: ein Foto von Marcel Reich-Ranicki, nicht vor einer mächtigen Bücherwand, sondern vor einem einzigen an die Wand genagelten E-Book-Reader. "Das macht nichts her!"

Eine Diamanten-Stele für den E-Book-Reader

Und vor Jahren, als Internet und E-Mails in den Alltag einzogen, sei ja auch schon das papierlose Büro ausgerufen worden, erinnert sich Horzon. "Damals hatten wir große Angst, dass nun niemand mehr Regale kaufen würde. Allerdings hatten wir nicht damit gerechnet, dass in Büros nun täglich Millionen von E-Mails ausgedruckt werden, die dann abgeheftet und in Regale gestellt werden."

Noch sei der Markt der E-Books so klein, dass er sich in der Bücherregal-Branche nicht bemerkbar mache. Horzon hat eine Vision: "Wenn in einigen Jahrzehnten tatsächlich niemand mehr Bücher, sondern nur noch einen E-Book-Reader besitzt, dann werden wir eine kleine Stele anbieten oder einen kleinen Schrein, aus massiver Bokassa-Eiche, auf Wunsch mit Roh-Diamanten verziert, in den dann dieser Reader gebettet werden kann."

Schriftsteller Ingo Schulze ("Simple Storys") hat gerade 220 Umzugskartons mit Büchern gepackt. Er mag Papierbücher und schätzt auch das digitale Lesen, das ganze Kontinente erschließe. Aber: "Wenn es um Literatur geht, um eben jenen Roman oder jenen Gedichtband, der für Tage oder Wochen zum Begleiter wird, hätte ich Schwierigkeiten mit dem digitalen Lesen." Was ihm persönlich ein Bücherregal bedeutet? "Zu Hause ist ja nicht nur der Ort, an den die Rechnungen geschickt werden, zu Hause ist auch der Ort, an dem die Bücher warten."

Caroline Bock, DPA

16. Juli 2012, 21:45 Uhr

http://www.stern.de/kultur/buecher/leben-im-e-zeitalter-auf-wiedersehen-liebes-buecherrega

Text 7.Weltwirtschaft

IWF: Weltwirtschaft wächst weniger stark

Die Weltwirtschaft erholt sich langsamer, als der Internationale Währungsfonds bisher angenommen hat. Das liegt an der Schuldenkrise in der Eurozone, aber auch an der schwachen Entwicklung der Schwellenländer.

Zweimal im Jahr, im Frühling und im Herbst, gibt der Internationale Währungsfonds bekannt, wie er die Entwicklung der Weltwirtschaft einschätzt. Der letzte "Ausblick auf die Weltwirtschaft" (World Economic Outlook) wurde im April veröffentlicht. Seitdem verlief das Wachstum so schleppend, dass der IWF nun seine Prognosen für das Gesamtjahr 2012 und für das nächste Jahr nach unten korrigieren muss.

Demnach wird die Weltwirtschaft in diesem Jahr um 3,5 Prozent wachsen, das sind 0,1 Prozentpunkte weniger als bisher angenommen. Für 2013 sehen die Experten ein Wachstum von 3,9 Prozent, das sind 0,2 Prozentpunkte weniger als bisher.

Nun wird es die Welt nicht weiter erschüttern, wenn der IWF seine Prognose um ein oder zwei Zehntel Punkte senkt. Interessanter sind daher die Bewertungen einzelner Länder und Region - und vor allem die politischen Empfehlungen, die der Währungsfonds damit verknüpft.

Zum Erfolg verdammt

So ist die Schuldenkrise in der Eurozone aus Sicht des IWF der Hauptgrund für die eingetrübten Aussichten. Wenn die Politik zu spät oder zu zögerlich handelt, kann die Krise eskalieren, heißt es im Bericht. "Euroländer, die unter Druck stehen, müssen ihren Reformkurs fortsetzen", sagte Olivier Blanchard, Chefvolkswirt des IWF, bei der Vorstellung der Prognose am Montag in Washington. "Solange sie das tun, müssen die anderen Länder bereit sein zu helfen", fügte Blanchard hinzu.

Allerdings gibt es zurzeit wenig Hinweise, die auf einen Erfolg der südlichen Euroländer hoffen lassen. Griechenlands Forderung von vergangener Woche, mehr Zeit für die Umsetzung der vereinbarten Reformen zu benötigen, sorgte für einigen Ärger bei den Geldgebern aus Europäischer Union, Europäischer Zentralbank und IWF, der sogenannten Troika. "Ich habe das Gefühl, dass sich die Geduld bei der Troika dem Ende neigt", sagte der deutsche Wirtschaftsminister Philipp Rösler. Ebenfalls schlecht waren die Nachrichten aus Italien, einem weiteren Euroland der südlichen Peripherie. Am Freitag stufte die Ratingagentur Moody's die Bonität des Landes um gleich zwei Stufen herab, und der italienische Unternehmerverband vermeldete: "Die Wirtschaft säuft ab, die Rezession verschärft sich."

Lob für Eurogipfel-Beschlüsse

Trotzdem gibt sich der IWF optimistisch. Die Beschlüsse vom Eurogipfel Ende Juni seien Schritte in die richtige Richtung - nämlich in Richtung Bankenunion. Allerdings ist eine gemeinsame Haftung für die Schulden der Banken in der Eurozone höchst umstritten und wird, wenn überhaupt, nicht kurzfristig umgesetzt werden. Hinzu kommt, dass das Bundesverfassungsgericht in Deutschland erst am 12. September 2012 über die Eilanträge gegen den Euro-Rettungsschirm und den Fiskalpakt entscheiden wird. Bis dahin liegt die Rettung der Währungsunion auf Eis.

Für Deutschland erwartet der IWF ein Wachstum von 1,0 Prozent (+0,4 Punkte) in diesem und 1,4 Prozent (-0,1 Punkt) im nächsten Jahr. In Frankreich wächst die Wirtschaft dagegen kaum (+0,3 %), in Italien und Spanien wird sie laut IWF-Prognose sogar schrumpfen - in diesem und auch im nächsten Jahr. Auch in der gesamten Eurozone geht die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr zurück (-0,3 %). Im nächsten Jahr könnte es dann wieder leicht aufwärts gehen (+0,7 %), wenn auch weniger stark als bisher erwartet.

Auch die USA sind laut IWF-Bericht ein möglicher Schwachpunkt für die Weltwirtschaft, obwohl der Währungsfonds hier ein Wachstum von 2,0 Prozent in diesem und 2,3 Prozent im nächsten Jahr erwartet. Allerdings warnt der IWF vor der "fiskalischen Klippe", die der US-Wirtschaft Ende 2012 droht. Dieser Begriff bezeichnet die Auswirkungen von Gesetzen, die Anfang 2013 in Kraft treten. Dazu gehören eine Reihe von Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen.

Fiskalische Klippe

Die Gegner dieser Maßnahmen, und zu denen gehört auch der IWF, fordern eine Aufhebung dieser Gesetze, weil sie das Wirtschaftswachstum gefährden. "Die USA müssen die fiskalische Klippe vermeiden und die Verschuldungsgrenze erhöhen", so der IWF-Bericht. Doch der US-Kongress ist zerstritten, ein Kompromiss im Jahr der Präsidentschaftswahl gilt es äußerst schwierig. "Wenn sich die politischen Akteure in den USA nicht einigen können", so der Bericht, werde sich die US-Wirtschaft abschwächen, mit "signifikanten Auswirkungen für den Rest der Welt".

Davon wären auch Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien betroffen. Schon jetzt hat sich dort die Wirtschaftsentwicklung verlangsamt, weil weniger ins angeschlagene Europa exportiert wird. Hinzu kommt eine geringere Nachfrage in den Ländern selbst.

Der IWF hat seine Prognosen vom April daher deutlich nach unten korrigiert: für Indien um 0,7 Prozentpunkte für dieses und das nächste Jahr, für Brasilien um 0,6 Punkte in diesem Jahr und für China um 0,3 Punkte im nächsten Jahr.

Insgesamt jedoch stehen Entwicklungs- und Schwellenländer vergleichsweise gut da. Um 5,6 Prozent in diesem und 5,9 Prozent im nächsten Jahr wird ihre Wirtschaft im Durchschnitt wachsen, so der IWF - wovon die Industrieländer aber immer noch träumen können.

Datum 17.07.2012

Autorin/Autor Andreas Becker

Redaktion Rolf Wenkel

http://www.dw.de/dw/article/0,,16100352,00.html

Text 8. Naturkatastrophen

Frühwarnsystem für Tsunamis

Das deutsch-indonesische Messnetz GITEWS soll nach schweren Beben vor riesigen Flutwellen warnen. Es hat sich bewährt und Kanzlerin Merkel war bei ihrem Besuch der Warnzentrale in Jakarta beeindruckt.

GITEWS (German Indonesian Tsunami Early Warning System) ist ein Netz aus verschiedenen Sensor-Typen, speziell angepasst an die Geologie im Indischen Ozean: Da die erdbebengefährdete Zone nicht weit von der Küste entfernt ist, treffen die Flutwellen bereits 30 bis 40 Minuten nach einem Beben aufs Land. Entsprechend kurz sind die Vorwarnzeiten. Um dennoch reagieren zu können, setzen die Experten auf eine Kombination verschiedener Techniken:

160 an Land stationierte Seismometer registrieren, wenn irgendwo im Indischen Ozean die Erde bebt. Außerdem messen GPS-Empfänger an Land die Deformation der Erdkruste, 20 Küstenstationen überwachen den Wasserpegel. Sämtliche Daten laufen in einer Zentrale zusammen, dem Warnzentrum. Dort simuliert ein Computer in Minutenschnelle, in welche Richtung der Tsunami läuft und wie hoch seine Flutwelle ausfallen dürfte.

Eigentlich hatte das Frühwarnsystem auch 20 Tsunami-Bojen enthalten sollen - jede von ihnen 250.000 Euro teuer, groß wie eine Litfasssäule und gespickt mit GPS-Empfänger, Windmesser und Thermometer. Zudem sollte jede Boje mit einem Drucksensor am Meeresgrund verbunden sein. Dieser hätte die Tsunami-Wellen kraft der von ihnen verursachten Druckschwankungen registrieren sollen. Für zehn Bojen sollte das Deutsche Geoforschungszentrum in Potsdam (GFZ) zuständig sein.

Tsunami-Bojen wieder abgebaut

Doch die Bojen erwiesen sich für den Einsatz in Indonesien als wenig zweckmäßig: Ihre Signale kamen zu spät für eine effektive Frühwarnung, Fischer missbrauchten sie als Anlegestellen, die Wartung war schlicht zu teuer. Deshalb wurden die Bojen aus dem GITEWS-Projekt herausgenommen. In Zukunft könnten sie - so die Hoffnung - für andere Messnetze im freien Ozean verwendet werden.

Im Ernstfall funktioniert GITEWS heute wie folgt: Im Sundabogen, der seismisch aktiven Region vor der Küste Indonesiens, bebt der Meeresgrund. Ein bis zwei Minuten später registrieren die Seismometer das Beben, melden seine Stärke und Ausdehnung. In einem Datenzentrum in der indonesischen Hauptstadt Jakarta laufen sämtliche Informationen von Seismometern, GPS-Empfängern und Küstenpegel-Stationen zusammen. Die Warnzentrale ist rund um die Uhr von Experten besetzt, die in aller Eile entscheiden müssen, ob sie Alarm auslösen oder nicht.

Fünf Minuten, nachdem ein Seebeben festgestellt wurde, das eine kritische Größe überschreitet, wollen die Fachleute in der Lage sein, entweder Alarm zu geben oder aber Entwarnung. Bei einem Tsunami bliebe dann - zumindest für die indonesischen Hauptinseln - rund eine halbe Stunde Zeit, um die Bevölkerung zu warnen.

Bei dieser Entscheidung hilft der Computer, beziehungsweise eine vom GFZ entwickelte Software namens "SeisComP3". Sie gleicht die einlaufenden Daten blitzschnell mit tausenden von vorberechneten Szenarien ab, die auf einer Festplatte gespeichert sind. Ob die Bevölkerung alarmiert wird, entscheidet allerdings nicht der Rechner, sondern die diensthabenden Experten. Radio, Fernsehen und SMS sollen die Warnung dann bis ins abgelegenste Fischerdorf bringen. Das Ziel: eine fünfzigprozentige Trefferquote. Auf jeden "richtigen" Alarm soll bei GITEWS nur ein Fehlalarm kommen. Ein durchaus ehrgeiziges Unterfangen - bisher existierende Frühwarnsysteme geben deutlich öfter Fehlalarm.

Vor materiellen Schäden Tsunami kann das -Frühwarnsystem nicht bewahren, aber die Menschen früh genug warnen, damit sie sich in Sicherheit bringen.

Erste Bewährungsproben bestanden

Bislang schlug das System zweimal Alarm: Am 12. September 2007 gab es eine Reihe schwerer Erdbeben vor der Südküste Sumatras. GITEWS, obwohl noch nicht vollständig installiert, konnte diese Erdstöße nach dreieinhalb Minuten lokalisieren und die Magnitude ausrechnen. Innerhalb von fünf Minuten gab das Datenzentrum eine Frühwarnung heraus - 20 Minuten vor Eintreffen der Welle.

Dann, am 11. April 2012, erschütterten zwei Beben der Stärke 8 bis 9 den Grund des Indischen Ozeans. Auch hier funktionierte die Warnkette einwandfrei - die Welle allerdings blieb aus. Zum Glück hatten sich die Kontinentalplatten nicht vertikal verschoben wie beim Mega-Tsunami von 2004, sondern horizontal. Dadurch wurde kaum Energie ins Wasser übertragen, es konnte sich keine Flutwelle bilden.

Seit März 2011 liegt die Verantwortung für das Frühwarnsystem ganz in indonesischer Hand. "Dennoch unterstützt Deutschland weiterhin den Betrieb, insbesondere bei der Aus- und Weiterbildung des Personals für das Warnzentrum", sagt GFZ-Vorstandsvorsitzender Reinhard Hüttl. Denn auch wenn der technische Aufbau abgeschlossen ist, müssen Wissenschaftler, Verwaltung und Bevölkerung in Indonesien weiterhin geschult werden - etwa wie sie sich bei einem Alarm verhalten sollen.

Zwar wurde der Ablauf einer Tsunami-Warnung bis hin zur Räumung des Küstenabschnitts bereits in drei Testregionen durchgespielt. Doch nun geht es für die indonesischen Behörden darum, die Erfahrungen und Maßnahmen ins gesamte Land zu tragen - eine Aufgabe, die noch viele Jahre in Anspruch nehmen dürfte.

Datum 11.07.2012

Autorin/Autor Frank Grotelüschen

Redaktion Judth Hartl

http://www.dw.de/dw/article/0,,15890201,00.html

Text 9. Stress besser bewältigen

Die unterschätzte Macht der Rituale

Flexibilität gilt als Erfolgsfaktor. An liebgewonnenen Gewohnheiten zu hängen, entspricht nicht dem Zeitgeist. Doch Rituale und immer wiederkehrende Abläufe sind enorm wichtig für unser Wohlbefinden.

Der Tatort am Sonntagabend, das gemütliche Feierabendbier oder die Joga-Übungen nach dem Aufstehen – jeder hat seine eigenen festen Rituale. Manche genieren sich dafür – schließlich liegen eher Flexibilität, Offenheit für Neues und Abenteuerlust im Trend. Bloß keine Routine aufkommen zu lassen – beruflich wie privat – gilt vielen als oberstes Gebot. Zu Unrecht, findet Hirnforscher Gerald Hüther. Bewusst gestaltete Rituale strukturieren nämlich den Tag, geben Orientierung und Halt. „Individuelle Rituale haben eine große Wirkung, vor allem in der Stressbewältigung“, sagt Hüther.

Rituale beruhigen Nervenzellen im Gehirn

Gerade in Krisensituationen sind ritualisierte Handlungen besonders wichtig. Denn Angst und Stress sorgen für Unruhe in den neuronalen Netzwerken des Gehirns. Die Nervenzellen feuern ungeordnet – und das sorgt für somatische Reaktionen: Die Knie werden weich, der Atem stockt, die Hände zittern. Wiederkehrende Abläufe können laut Hüther in solchen Situationen enorm helfen. Rituale synchronisieren die gestörte Beziehung der Nervenzellen, die Information fließt wieder in geordneten Bahnen. „Man kann sich diesen Informationsfluss vorstellen, wie Menschen, die im Park spazieren gehen und einem bestimmten Weg folgen, statt wild durcheinander zu laufen“, sagt Hüther.

Die Wirkung von Ritualen nutzen

Der Hirnforscher rät, Rituale als Bewältigungsstrategie ganz gezielt einzusetzen. Dabei geht es nicht darum, an starren Regeln und überholten Traditionen festzuhalten, sondern sich Aktivitäten zu suchen, die man gerne in seinen Tagesablauf integriert. Allgemeingültige Regeln, welche Rituale besonders gut helfen, gebe es nicht. Jeder müsse für sich selbst herausfinden, was ihm gut tut.

Von bloßem Aktivismus und Ablenkungsmanövern in Krisenzeiten hält Hüther dagegen nicht viel. „Shoppen oder Fernsehen sind nur eine Art Ersatzbefriedigung. Vorrübergehend schaffen sie Ablenkung, lösen aber das eigentliche Problem nicht.“ Bewusste Rituale dagegen lenken den Blick nach innen statt nach außen – und sie können nicht abhängig machen.

Dabei dürfen Rituale nicht zur Routine werden. „Routinen wie Autofahren laufen automatisch ab, ohne dass sich das Gehirn anstrengen muss“, sagt Hüther. Geraten Tätigkeiten aus dem Fokus der Aufmerksamkeit, seien sie jedoch nicht mehr mit Gefühlen und Bedeutsamkeit verknüpft. Ihr Einfluss auf die neuronalen Prozesse im Gehirn schwindet. „Deshalb können Routinen im Gegensatz zu Ritualen Irritationen der Netzwerke nicht ausgleichen“, sagt Hüther. Ein bisschen Anstrengung und Kreativität gehören also dazu, damit Aktivitäten ihre positive Wirkung entfalten können.

Donnerstag, 12.04.2012, 12:04 · von FOCUS-Online-Redakteurin Anna Vonhoff

http://www.focus.de/gesundheit/gesundleben/stress/hirnforscher-erklaert-warum-rituale-entspannen_aid_735056.html

Text 10. Wissenschaft

Viel Fernsehen macht Kinder langfristig dick

Wer als Kleinkind schon Stunden vor der Glotze hängt, ist später dicker und unbeweglicher als Sprösslinge mit Fernsehverbot. Jede Stunde vor dem Fernseher wirkt sich einer kanadischen Studie zufolge langfristig auf Körperumfang und Sportlichkeit aus.

Je länger Kinder in jungen Jahren vor dem Fernseher sitzen, desto größer ist ihr Hüftumfang zum Ende der vierten Klasse, berichten Forscher der Universität Montreal im «International Journal of Behavioral Nutrition and Physical Activity». Die Wissenschaftler um Caroline Fitzpatrick und Linda Pagani hatten die Eltern von mehr als 1300 Kindern im Alter von etwa 2,5 Jahren nach deren Fernsehgewohnheiten befragt. Zu späteren Messzeitpunkten erfassten sie den Hüftumfang und die Fähigkeit der Kinder, aus dem Stand zu springen.

Die Muskelkraft der Kinder mit längerem Fernsehkonsum war demnach später geringer. Der Hüftumfang nahm den Forschern zufolge zu: Ein Kind, das mit 4,5 Jahren 18 Stunden pro Woche vor dem Fernseher sitze, habe mit zehn Jahren durchschnittlich 7,6 Millimeter mehr Hüftumfang als ein Kind, das nicht ferngesehen habe.

Angesichts der relativ geringen Werte geben die Wissenschaftler zu bedenken, dass sich der negative Effekt über die Jahre akkumuliere. «Hoher TV-Konsum verdrängt nicht nur aktive Formen der Freizeitgestaltung, sondern lehrt womöglich ein falsches Bild gesunder Ernährung«, erklärte Pagani in einer Mitteilung zur Studie.

18 Stunden und mehr pro Woche - so viel Zeit verbrachten 15 Prozent der Kleinkinder nach Angaben der Eltern vor dem Fernseher. Zu Beginn der Studie, im Alter von etwa 2,5 Jahren, sahen die Kinder bereits durchschnittlich 8,8 Stunden pro Woche fern. Als Kontrollwerte bezogen die Wissenschaftler auch Daten wie den Body-Mass-Index (BMI) der Mutter, ihren Schulabschluss und das Einkommen ein.

In den USA empfiehlt die Vereinigung amerikanischer Kinderärzte «American Academy of «Pediatrics», dass Kinder ab zwei Jahren nicht mehr als zwei Stunden täglich fernsehen sollten. Die deutsche Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien rät Eltern und Erziehenden, Kinder unter drei Jahren brauchten gar kein Fernsehen. Vier- bis Fünfjährige könnten bis zu 30 Minuten am Tag fernsehen, am besten mit einem Erwachsenen.

Dass auch die Arbeitszeiten beider Elternteile das Gewicht der Kinder beeinflussen, stellten australische Forscher um Vivienne Moore von der University of Adelaide in einer Studie fest. Insbesondere Kinder, deren Väter abends, nachts oder am Wochenende arbeiteten, seien einem erhöhten Übergewichtsrisiko ausgesetzt, berichteten sie kürzlich im «Journal of Obesity». Sie vermuten einen Zusammenhang zwischen den Arbeitszeiten und den Koch- und Ernährungsgewohnheiten in den Familien.

18. Juli 2012, 06:14 Uhr

dpa

http://www.stern.de/wissen/viel-fernsehen-macht-kinder-langfristig-dick-1859759.html