Добавил:
Upload Опубликованный материал нарушает ваши авторские права? Сообщите нам.
Вуз: Предмет: Файл:
реферирование и аннотирование.docx
Скачиваний:
0
Добавлен:
01.04.2025
Размер:
216.49 Кб
Скачать

Text Dritter Mann

Als der amerikanische Präsident und der deutsche Kanzler am vergangenen Donnerstag zusammensaßen, war es fast ein bißchen so wie in der schlimmen alten Zeit des Kalten Krieges: Der unsichtbare dritte aus dem Kreml war immer dabei.

Putin erhält von den beiden westlichen Regierungschefs trotz des schmutzigen Tschetschenien-Kriegs einigen Vertrauensvorschuß. Nach dem wankelmütigen und unberechenbaren Jelzin, da waren sich der Amerikaner und der Deutsche bei ihrem zweieinhalbstündigen „Gedankenaustausch” (Schröder) schnell einig, regiert nun ein Mann in Moskau, der endlich für Stabilität in dem wankenden Riesenreich sorgen konnte. Putin sei ohne Frage ein außergewöhnlich interessanter und fähiger Politiker, fand Clinton. Schröder stimmte zu.

Natürlich wissen die beiden, daß kurzfristig aus Rußland kein Rechtsstaat mit Gewaltenteilung wie in Europa und den USA zu machen sein wird, selbst wenn Putin von der „Diktatur des Rechts“ spricht die in Zukunft die gängige juristische Willkür und die Korruption bei Justizbehörden ablösen soll. Nur allzu schnell konnte dieser autoritäre Kurs zu Konflikten mit den Menschenrechten führen. Was tun?

Clinton, nach übereinstimmenden Berichten aus beiden Delegationen glänzend vorbereitet, empfahl Schröder ein Buch zur Lektüre, das ihm selbst zum besseren Verständnis des neuen Zaren verholten habe. Darin werde Putin als ein Mann beschrieben, der die Exzesse des Stalinismus zwar verurteile, ohne sich jedoch kategorisch vom zentralen Zwangssystem zu lösen.

Mit Genugtuung registrierten die Deutschen, daß es Clinton nicht darauf anlegte, den Kanzler zu belehren. Der US-Präsident berücksichtigt, daß Schröder im Verhältnis zu Rußland eine besondere Verantwortung zu übernehmen hat. Die Deutschen verstehen die Äußerungen des US-Präsidenten als Ermutigung. Deutschland solle bei der Heranführung Rußlands an den Westen eine Hauptrolle einnehmen, animierte der Amerikaner den Kanzler. Dafür wurden viel Zeit, Expertenwissen und vor allem jede Menge Geld gebraucht.

Der Testlauf beginnt am 15 Juni, wenn Putin Berlin besucht.

Jetzt sind - vor allem in der deutschen Wirtschaft - die Hoffnungen groß, daß Schröder den Russen darauf verpflichtet, endlich Planungssicherheit für Unternehmen in Rußland herzustellen. Den Industriebossen ist an einem prosperierenden Rußland gelegen - und sei es auf Staatskosten. Immer wieder rufen deutsche Firmenchefs im Kanzleramt an und drängen Schröder, er möge Moskau mit neuen Milliardenkrediten versorgen.

Wenn Putin, aus Madrid kommend, in der Woche nach Pfingsten in die deutsche Hauptstadt einschwebt, wird Schröder schon ein bisschen mehr wissen über seinen kühlen, schwer durchschaubaren Gast. Clinton, zu dem der Kanzler persönlich ein freundschaftliches Verhältnis gefunden hat, wird ihm von seinen Erfahrungen in Moskau berichten.

Der amerikanische Präsident bewegte sich im vereinigten Berlin mit einer Selbstverständlichkeit, als sei diese Stadt nie geteilt gewesen. Mit Putin wird das schwerer.

So schlug das deutsche Protokoll vor, daß Präsident und Kanzler einen Kranz in der Neuen Wache Unter den Linden niederlegen - in jener Gedenkstätte, der Helmut Kohl durch entpolitisierte Ausstattung gezielt jede historische Brisanz nahm.

Brüsk lehnten die Russen ab Stattdessen wollen sie am Treptower Ehrenmal im Osten Berlins der russischen Opfer des Faschismus gedenken. Hier hatten sich die russischen Besatzer 1994 zu dem eigens komponierten Lied „Lebe wohl, Deutschland“ im Stechschritt verabschiedet.

Spiegel“ 23 / 2000

AUFGABEN ZUM TEXT

Aufgabe 1. Lesen Sie den Text, gliedern Sie ihn ein, betiteln Sie jeden Teil!

Aufgabe 2. Erklären Sie die Bedeutung folgender Begriffe!

- der Vertrauensvorschuß;

- der unberechenbare Politiker;

- das wankende Riesenreich;

- die Gewaltenteilung;

- die Diktatur des Rechts;

- die Industriebosse.

Aufgabe 3. Was bedeuten für Sie die folgenden Sehenswürdigkeiten von Berlin?

  • die Neue Wache;

  • Unter den Linden;

  • das Treptower Ehrenmal.

Aufgabe 4. Finden Sie im Text die Sätze, wo die Hauptgedanken des Textes zum Ausdruck kommen!

Aufgabe 5. Finden Sie die Sätze, wo der russische Präsident charakterisiert wird!

Aufgabe 6. Beantworten Sie die Fragen:

- Welche positiven Eigenschaften des russischen Präsidenten werden im Text hervorgehoben?

- Warum soll Deutschland bei der Heranführung Rußlands an den Westen eine Hauptrolle einnehmen?

- Worauf bestehen die deutschen Firmenchefs?

- Warum lehnten die Russen ab, einen Kranz in der Neuen Wache niederzulegen?

Aufgabe 7. Kommentieren Sie!

- „Der amerikanische Präsident bewegte sich im vereinigten Berlin mit einer Selbsverständlichkeit, als sei diese Stadt nie geteilt gewesen. Mit Putin wird das schwer.

Aufgabe 8. Nehmen Sie Stellung!

- Die Russen lehnten ab, einen Kranz in der Neuen Wache niederzulegen. Stattdessen wollen sie am Treptower Ehrenmal im Osten Berlins der russischen Opfer des Faschismus gedenken. Hier hatten sich die russischen Besatzer 1994 zu dem eigens komponierten Lied „Lebe wohl. Deutschland“ im Stechschritt verabschiedet.

Aufgabe 9. Finden Sie einen anderen Titel für den Text!

Aufgabe 10. Schreiben Sie ein Kurzreferat zum Problem des Artikels!