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613897_0139E_moskalskaja_o_i_deutsche_sprachges...doc
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§ 109. Die Ausgestaltung der attributiven Wortgruppe

Die Wortstellung in der attributiven Wortgruppe. Bereits seit dem 13.- 14. Jh. wurde im Gegensatz zur alteren Zeil die Voranslellung von Ad-lektiven. Partizipien und Pronomen in den attributiven Wortgruppen in der Prosa vorherrschend. Nur vereinzelt und nur in der gehobenen dichterischen Sprache kamen noch immer attributive Wortgruppen mit nachgestellten At-tnbuten vor, z. B. dis kleid htj dieses weiЯe Kleid*. Herr min mein Herr'. ktnd mins 'mein Kind' u. дhnl.

Gegen Jas Ende der fruhneuhochdeutschen Sprachperiode wurde die Voranstellung attributiver Affektive, Partizipien und Pronomen und somit die feste Stellung dieser Art von Attributen allgemein:

Da macht man cm gras fear auf dem marcki 'Da legte man auf dem Marktplatz ein groЯes Feuer an*.

Nachgestellt wurden nur noch abgesonderte Attribute und Beinamen i Appositionen!:

Alle menschen, die ie wurden, die gesehen/ in, ьbel und gut 'Alle Men­schen, die jemals lebten, ubel und gut. werden ihn sehen'.

Darьber cze unkund geben wir diesen brif versigelt mit unserm keiserli-i heu mstgel 'Als Urkunde darьber geben wir unseren Brief mit unserem kaiserlichen Siegel versiegelt"

Kayser Karls des Grasten Mutter *dic Mutler Karls des GroЯen"; von Keyser Ludwigen des vierdten Eltern die Eltern des Kaisers Ludwig IV.

Die ungeregelte freie Stellung der Attribute wurde also im Fruhneuhoch­deutschen durch folgende differenzierte Typen der Wortstellung in der attri­butiven Wortgruppe abgelцst:

a) vorangestelltes adjektivisches Attribut: ein gros fear;

bj nachgestelltes abgesondertes adjektivisches Attribut: alle menschen, ьebel und guat,

c) nachgestellter Beiname: Kayser Karls des Groszen.

Die Regelung der Kongruenz. Im AlthiKhdeutschen waren sowohl in der attributiven als auch in der prдdikativen Funktion kongruierende und kongruenzlose Formen des Adjektivs mцglich (vgl. S. 100). In deT mittel­hochdeutschen Zeit wurde der Gehrauch kongruenz.loser (unflektierter) For­men der attributiven Adjektive noch hдufiger. Solche Wortgruppen wie ein vtl edel nuigedin, ein edel ntfer guat (vgl. S. 187 f.) waren im Mittelhoch­deutschen und im Fruhneuhochdeutschen bis zum ausgehenden 16. Jh. so­wohl in der Dichtung als auch in der Prosa sehr gebrдuchlich Am Ende des 16 Jh aber wurde die unflektierte Form des Adjektivs bzw des Partizips in den attributiven Wortgruppen durch die flektierten Formen verdrangt

Viel frьher wurde bereits die unflektierte Form des Adjektivs bzw. des Partizips im Prдdikativ zur Regel. Flektierte Formen waren hier im ausge­henden althochdeutschen Zeitalter im Ruckgang begriffen: im Mittelhoch­deutschen und im Fruhneuhochdeutschen war die unflektierte Form des Adjektivs bzw. des Partizips im Prдdikativ schon allgemein. Auch fьr das abgesonderte adjektivische Attribut wurde die kongruenzlosc Form der Ad­jektive bzw. Partizipien typisch.

Auf diese Weise wurde der differenzierte Gebrauch der flexionslosen und der flektierten Formen von Adjektiven und Partizipien im Prдdikativ und in den attributiven Worteruppen im Laufe der fruhneuhochdeutschen Sprach­periode zur Regel.

Die Kongruenz des Adjektivs bzw. des Partizips wurde zum Merkmal des einfachen (nicht abgesonderten) Attributs.

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Gebrauch von starken und schwachen Formen des Adjektivs. Die

Norm des Gebrauchs der starken und schwachen Formen des Adjektivs in den attributiven Wongruppen, die in der deulschen Gegenwartssprache durch die Tendenz zur Einflexion (Monoflexion) bedingt wird, hat sich in allen Einzelheiten erst um die Wende des IS. Jh herauskristallisiert.

Im Althochdeutschen gab es nur eine feste Regel, die zum Ausgangs­punkt fьr die Entwicklung der heutigen Norm wurde. Nach dem bestimm­ten Artikel wurde immer die schwache Form des Adjektivs gebraucht, z. Ь. der wenago man "der elende Mensch", diu unmeina magad die heili­ge Jungfrau; thie holdun sealka thine 'deine treuen Diener', die alten Ii Ute 'die alten Leute*, uuih iha} samariianisga 'das samaritanische Weib* u. a Auch war nach Demonstrativ- und Possessivpronomen die schwa­che Form des Adjektivs im Althochdeutschen schon hautig, z B. min ttohn \un mein lieber Sohn, ther unser Haha druhtin unser lieber Herr", dtui scцnun werlt diese schone Welt' Aber in derselben Stellung ka­men auch starke und flexionslose Formen des Adjektivs vor, z. B. unser atmtiii ha, muoi 'unsere arme Seele", ir almahn'e gor euer allmachtiger Gцll' u. a

Im Mittelhochdeutschen blieb die Verbindung zwischen der schwa­chen Deklination und dem bestimmten Artikel erhalten Zugleich ent-Mrickelte sich immer mehr die Tendenz zur Einflexion in der attributiven Wortgruppe; in den obliquen Kasus wurden nach den Pronomen vorwie­gend schwache Formen des Adjektivs gebraucht, dagegen standen im N. A. Sg nach den Possessivpronomen starke Formen des Adjektivs, z. B. sin rehler name sein wirklicher Name', sin junger Up 'sein junges Leben . min klagendem herze mein klagendes Herz', sin heiligiu muoter seine heilige Mutter*.

Der Schwund der flexionslosen Formen des Adjektivs aus den attributi­ven Wurtgruppen. der im ausgehenden 16. Jh. erfolgte (vgl. S. 2271. war der nдchste Schritt zur Herausbildung der heutigen Regeln der Kongruenz in den attributiven Wortgruppen

Auf diese Weise haben sich gegen das Ende der fruhneuhochdeutschen Sprachperiode die wichtigsten Momente der syntaktischen Prдgung der at­tributiven Wortgruppc festgesetzt

a) die Kongruenz in den attributiven Wortgruppen war bereits Regel;

h) die Einflexion als Grundprinzip bei der Auswahl der Dcklinations-form des kongruierenden Adjektivs war ebenfalls vorherrschend

$ IIB. Die Wortstellung im einfachen Satz

Die Beweglichkeit des Subjekts, der Objekte und der Adverbialien und die Abhдngigkeit ihrer Stellung im Satz, von der kommunikativen Satzper-speklive. die dem Althochdeutschen eigen war (vgl. S 128 f.). kennzeich­nen auch die deutsche Gegenwartssprache.

Die Entwicklung des unbestimmten Artikels schuf neue Ausdrucksmog-liehkeilen der kommunikativen Salzperspektive und nef neue Modelle der

Wortstellung ins Leben. Der unbestimmte Artikel ermцglichte die Hervor­hebung des Subjekts als Rhema auch ohne die Inversion Vgl.:

Ј5 wuochs in Burgonden ein vil edel magedin Es wuchs in Burgund ein sehr edles Mдdchen auf.

Ein wolf sine sьnde vlцh 'Ein Wolf wollte seine Sunden bьЯen'.

Dieses neue Modell der Wortstellung bildete den Ausgangspunkt fьr die Entwicklung zweier stilistisch differenzierter Varianten der Wortstellung:

  1. Fьr den neutralen Stil bleibt die Hervorhebung des Subjekts und der Objekte durch Verschiebung zum Salzende die Regel (vgl. S. 129):

  2. Die Anfangstellung des hervorgehobenen Subjekts bzw. der Objekte, die die Entwicklung des unbestimmten Artikels ermцglicht, wird dagegen zum Kennzeichen der Emphase.

Die neue Variante der emphatischen Hervorhebung bleibt in der Folge­zeit nicht auf Substantive beschrankl. wo der unbestimmte Artikel die kom­munikative Hervorhebung kennzeichnete, sondern wird zur allgemeinen Regel. Diese emphatische Wortstellung ist hдufig in den Schriften Luthers zu finden:

Leret doch der elend mensch, dus.. 'Behauptet doch der elende Mensch, dass...'

Ist doch auЯ solchem predigen und beychten nit mehr dan eytei haЯ erwachsen Ist doch aus solchen Predigten und Beichten nichts als Hm erwachsen'.

Die Tendenz zur festen Stellung des Prдdikats war bereits in der mittel­hochdeutschen Zeit vorhanden In den Prosadenkmalern des 13.-14. Jh. be­hauptete das finde Verb im einfachen Aussagesatz die zweite Stelle:

Der trvhge vater ginc zu sente Jacobe clagende unde weinende Der betruhte Valer ging zum heiligen Jakob, klagend und weinend'.

In deme selben dosier was ein munich gar gutes (ebenes 'In demselben Kloster war ein Mцnch, der das Leben eines Gerechten lebte'.

E.i kriegeten zwene meister mit einander "Es haderten zwei Meister mit einander'

Da diese Wortstellung verschiedenen Prosagattungen eigen war. darf man annehmen, dass die literarische Tradition dieser Zeit das aufzeichnete und zur Regel machte, was schon langst eine fortschreitende Tendenz der deut­schen Sprache gewesen war.

Doch trotz der Verallgemeinerung der zweiten Stelle des Prдdikats im einfachen Aussagesatz und der Дnderung der Wortstellung in den attributiven Wortgruppen (s. S. 227) war die Wortstellung der behandel­ten Zeit noch weit entfernt von der heutigen Norm Es fehlten noch fol­gende wichtige Kennzeichen der heutigen Wortstellungsnorm: u) die verbale Klammer, b) die Endstellung des finiten Verbs im Gliedsatz. Sie entwickelten sich erst im Laufe der neuhochdeutschen Sprachperiode (s. unten).