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613897_0139E_moskalskaja_o_i_deutsche_sprachges...doc
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§ 67. Die Erweiterung des Geltungsbereiches des geschriebenen Deutsch. Die ritterliche Dichtung

Zunehmende Verwendung der deutschen Sprache als Schriftspra­che. Dai Latein spielte auch in der minelhochdeutscben Zeit eine groЯe Rolle im schriftlichen Verkehr. Doch beginnt ihm seit dem 12. Jh. die deutsche Sprache immer mehr den Vorrang abzuringen.

Zum Unterschied von der geistlich-klцsterlichen Kultur der althoch­deutschen Zeit entsteht in dcrhochmiitelalterlichen Feudalgesellschaneine weltliche ritterlich-hцfische Kultur, die sich bewusst der deutschen Spra­che bedient. In der Ьbergangszeit vom Allhochdeutschen und am Anfang der mittelhochdeutschen Periode sind literarische Sprachdenkmдler noch nicht sehr zahlreich. Es sind die gelehrte Prosa und das geistliche Gedicht. Die geistliche Prosa ist durch Psalter und durch die Ubersetzung und Aus­legung des „Hohen Liedes Salomonis** vertreten, das vom Abt Williram von Ebersberg um 1060-1070 angefertigt wurde und eine An Mischprosa darstellte, wo viele lateinische Ausdrucke im deutschen Text unьberserzt blieben. Von der gelehrten Prosa sind zu nennen; der .J^hysiologus" (Ьber­setzung eines mittelalterlichen noch seht hilflosen unJ lanuMi^hen Hand

buches fьr Zoologie). ..Merigarto*" feine Beschreibung der Frde) und eim ge Arznei- und Kraulerbьcher Die betrдchtlichsten Werke geistlicher Dich tung sind der Hymnus ..Ezzos Gesang von den Wunden Christi" (um 1064), die um dieselbe Zeit entstandene ..Genesis" (eine Nachdichtung der bibli­schen Schopfungsgeschichte), das ..Annolied", ein episches Gedicht vom Leben des Kцlner Erzbischofs Anno. Die Blutezeil der ritterlichen Dich tung sind das 12. und das 13. Jh.

Die wichtigsten Kulturzentren dir mittelhochdeutschen Zeit. Ein rci ches kulturelles Leben erblьht zuerst um die Mitte des 12 Jh am mittleren und unteren Rhein. Hauptwerke der mittclrheinischen Literatur sind die Spiel mannsepen ..Kцnig Rother" und „Herzog Ernst", die die Traditionen der allen epischen Volksdichtung fortsetzen und von fahrenden Spielleuten vor getragen wurden, die Liberset zu ngsromane in Versen: das „Rolandslicd" des Regcnsburger Geistlichen Konrad (Pfaffe Konrad), dem altfranzцsischen Epos des 11. Jh. nachgedichtet, das „Alexanderlied" des Pfaffen Lamprecht, gedichtet nach dem provenzalischen Epos ьber Alexander den Groben (be­liebter SagenstofT im Mittelalter). Reimchroniken: die ..Kaiserchronik", ver­mutlich auch von Konrad von Regensburg gedichtet und das Leben und Wirken romischer und deutscher Kaiser von Casar bis Konrad III. nach la­teinischen Quellen und verschiedenen Sagen behandelnd; die ersten hцfi­schen Epen tRitlerromane in Versen): ..Eneif". das Epos vom Trojaner Hel­den Ancas (nach der franzosischen Bearbeitung von Vergils ..Дneis"). ge­schaffen vom hervorragenden flдmischen Dichter Heinrich von Veldeke (um 1140- 1200). dem Begrьnder des hцfischen Epos in Deutschland und Schцp­fer zahlreicher lyrischer Gedichte

Am Ende des 12. Jh verlagert sich das Zentrum des kulturellen Lebens nach Sudwesten, wo im Verlaufe des 13 Jh. die ntlerlichc Dichtung aufblьht und sich eine hochmittelalterhche Dichtersprache, das sog „klassische" Mit telhochdculsch. herausbildet Diese Sprache entwickelt sich auf der Grundla­ge des Nordalemannischen und Ostfrankischen, ist also mit dem sudwrsldeul sehen Sprachraum verbunden. Das Ansehen dieser Sprache wachst zusam men mit dem Einfluss Schwabens und Frankens Unter der schwдbischen Dynastie der Staufer (1138-1254) blьhen hier reiche Stдdte auf Augsburg. StraЯburg, Basel. Worms. Mainz. Der Rhein wird zur wichtigsten Arterie des deutschen und auslдndischen Handels Der Hof der Staufer wird zum Mittel punkt des politischen und kulturellen Ixhcns des Landes

Die literarischen Gattungen der mittelhochdeutschen Dichtung. Die Hauptgattungen hochmittelalterlichcr Dicntung sind a) Versepen (Helden­epen und hofische Epen) und bf Lyrik (Minnesang) Hier schaffen die grцЯten Dichter dieser Zeit: der schwabische Riller Hartmann von Aue (um 1165­1210). der Verfasser der hцfischen Epen „Erek" und ..Iwein ". der Versiegen­de „Der arme Heinrich" und zahlreicher Kreuzzugs und Minncheder. Gott­fried von StraЯburg (ein Bьrgerlicher, gest um 1210). der Verfasser des hofi­schen Epos „Tristan", der Ritter Wolfram von Eschenbach aus Nordbayern (um 1170- 1220). der Verfasser des Versromans „Parzival" sowie mehrerer

L ichcslicder (der sog. Taglieder -Abschicdsgcsang zwischen den Liebenden bei Tagesanbruch) und Kreuzzugslieder; seiner Feder gehцren auch die unvollendeten lipen ..Tiiurel" und „Willchalm".

Auch diesen Versepen dienen als Vorbild die franzosischen Rit­terromane. So sind die Epen Hartmanns von Aue ..Erek*' und „Iwein" freie Nachdichtungen franzosischer Ritterromane des Dichters Chretien de Troyes1; der Roman, desselben franzцsischen Dichters „Pcrceval" wurde zum Ausgangspunkt fьr Wolfram von Eschenbachs „Parzifal"; dem Epos „Tristan" Gottfrieds von StraЯburg diente als Grundlage der franzosische Rittcrroman des normannischen Troubadours2 Thomas de Bretagne' „Tristan und Isolde". Besonders beliebte Helden- und Sagenkreise kehren im Schaffen mehrerer mittelalter­licher Dichter wieder <z. B. die Sage von Tristan und Isolde)

Reich vertreten ist im Sьden auch die ritterliche Lyrik. AuЯer den lyrischen Dichtungen Hartmanns \on Aue und Wolframs von Eschenbach (s. oben) sind voi allem Rheinmar der Alle oder Rheintnur von Hagenau (bei StraЯburgi und sein Schuler. der grцЯte Lyriker der mittelhochdeutschen Zeit Walther von der Vogelwetdclum 1160- 1227) zu nennen. Walther von der Vogelweide stamm­te vermutlich aus Tirol Er lebte am herzoglichen Hofe in Wien, am kaiserli eben Hofe und am Hofe des Landsgrafen Thьringens in Wartburg. Seine letz­ten Jahre verlebte er in Wurzburg. In seinen lyrischen Gedichten verherrlicht er die Schцnheit der Natur, die Liebe. Die kьnstlerische Form seiner Lieder vereinigt die Traditionen der hofischen Lyrik und die des Volksliedes. Walther von der Vogelweide ist auch der Verfasser zahlreicher politischer (iedichte (der sog. Sprьche), in denen er fьr den einheitlichen deutschen Staat gegen den Papst und die Willkьr der GniЯfeudalherren au I tritt

Aus dem bainsch-osterTCichischen Sprachraum stammen die Heldenepen, die an die altgermanischen mythischen und historischen Sagen anknьpfen.

Chretien de Troyes (/r.) - [kre'tJEda'trual ■ Troubadour (/r.) - [tru'ba'du:r| ' de Bretagne {fr) - [dabre-'lanp)

Ihre Verfasser sind unbekannt; mцglicherweise sind sie das Produkt kollek­tiver Ьberlieferung alter Sagen. Es sind das „Nibelungenlied", eines der her­vorragendsten mittelalterlichen deutschen Epen, das die altcermanische mythische Sage von Siegfried und die historische Sage vom Untergang des BurgundenTeiches vereinigt, „Gudrun"' (nach der Hauptheidin benannt), ein Epos aus dem Kreis der Wikingersugen; die Epen ьber Dietrich von Bern (dem ostgotischen Konig Theodorich) aus dem gotischen Sagenkreis.

$ 68. Die Anfдnge der bьrgerlichen Literatur

Die ritterliche Dichtung, die das Aufblьhen der ritterlichen Kultur im 12.-13. Jh. ins Leben gerufen hatte, war bereits seit der zweiten Hдlfte des 13. Jh. im Niedergang begriflen und starb bis zum 14. Jh. fast gдnzlich aus. An ihre Stelle tritt allmдhlich die stadtische oder bьrgerliche Literatur, die die wachsende Aktivitдt des werdenden Burgen ums verkьndet.

Die bьrgerliche Literatur des 13. Jh. ist durch folgende Gattungen vertre­ten a) Schwanke, d h. derb komische Kurzgeschichten, z. B. der „Pfaffe Amis" des fahrenden Dichters Stricker, eine Sammlung von Schwanken ьber den listigen Pfaffen Amis, h» didaktische Dichtung - gereimte Spruche mit belehrendem Inhalt, z. B. das Lehrgedicht des fahrenden Dichters Freidank ..Bescheidenheit . cl Versnovellen, i B. die Verserzahlung des цsterreichi­schen Dichters Wernhcr der Gдrtner ..Meier Helmbrecht" (um 1275).

Besonders zu erwдhnen ist fьr das 13.-14. Jh. die mittelniederlandische Literatur, die um diese Teil einen lebhaften Aufschwung erlebt. Nach Hein rieh von Vcldckc. der hier im 12 Jh. mit seiner ..Eneil" als Begrьnder des deutschen hцfischen Epos auftrat (vgl. S. 148), schaffen hier der Dichter J van Maerlanl. der Verfasser mehrerer Ritlerromane. die Dichter Melis Stokc. Hein van Aken. Dicderich van Assenede. Gleichzeitig entwickelt sich hier auch die bьrgerliche Dichtung - die lidaklische und satirische gesellschafts-kntische Dichtung, z. B. das Tierepos ..Van den vos Reinaerde *. die nie­derlдndische Fassung des franzцsischen Tierepos ьber Reineke den Fuchs tfr. ..Roman de Renart"). Hier entsteht im 13-14. Jh auf der Basis der sudniederlandischcn (nicdertrankischen) Mundarten von Flandern und Bra bunt eine eigene regionale Literatursprache, die mittelniederlandische Dich-ler sprдche (da* Die Ischl, die sich weiter im Zusammenhang mit der wach­senden wirtschaftlichen und politischen Selbstдndigkeit dieser Gebiete ge­genьber Deutschland selbstдndig entwickelt und spater zur Grundlage der nationalen niederlдndischen Sprache wird (vgl. S ll>y>

$ 69. Die Entwicklung der mittelhochdeutschen Prosa

Im Laule des mittelhochdeutschen Zeitalters wird auch der Bereich der deutschen Prosa immer mehr erweitert. War fьr das althochdeutsche Zeitalter fast ausschlieЯlich geistliche Prosa und vor allem geistliche Ubersetzungspro­sa charakteristisch, so entwickeln sich in der behandelten Epoche verschiede­ne Gattungen von Prosa Es uberwiegt immer mehr die Originalprosa.

In der mittelhochdeutschen Zeit bestehen folgende Prosagattungen: 1 geist­liche Prosa. 2. historische Prosa. 3. Rechts-. Geschдfts- und Kanzleipmsa, 4. Anlange der wissenschaftlichen Prosa.

Geistliche Prosa. Die geistliche Prosa ist durch Predigtsammlungen. Bthelubertragungen und Psalter vetireten. Unter den Predigtsammlungen sind die Predigten des fahrenden Volkspredigers Berthold von Re­gensburg (1220-1272) von be­sonderer sprachhistorischer Be­deutung. In ihnen entwickelt sich eine neue Stilgattung der deut­schen Onginalprosa - die red­nerische Prosa, die sich unmit­telbar an den Hцrer wendet, rhe­torische Fragen, sprichwцrtliche Redewendungen gebrauch! und die volkstьmliche Sprache des Alltags verwendet.

Von groЯer Bedeutung sind auch die theologischen Schriften der Mystiker, des religiцsen Den- kers und Predigers Meister rickhart (1260-1327). seines Schulers Heinrich Seuse (1295-1366). des Predigers Johannes Tauler (1300- 1361). der Mystikenn Mechthild von Magdeburg (1210-1280). Die Mystiker suchen durch Abkehr von der Wirklichkeit, durch Ekstase. Predigt des Berthold von Regenshurg Versenkung in das innere Ich. durch vor einer Kirche (aus e.ner Handschnft asketische Ьbungen unmittelbare <'es '

Verbindung des Menschen mit der

Gottheit zu erreichen (..das seelische Ringen um den persцnlichen Besitz Got­tes"). Die Bedeutung der Traktale. Predigten und Briefe der Mysuker fьr die Entwicklung der deutschen Prosa bestand dann, dass die Verfasser dieser Sehn Iten in ihrem Streben, das religiцse Erlebnis auszusprechen, nach starker, bildhafter Ausdnicksweise suchten, zahlreiche abstrakte Worter und philosophische Ter­mini bildeten und ganze Wortbildungsmodelle neu prдgten. Die Schriften der Mystiker sind der erste Ansatz zur deutschen philosophischen Fachsprache

Historische Prosa. Das erste historische Werk in deutscher Sprache ist die „Sдchsische Weltchronik", niederdeutsch um 1225 vom Patrizier aus Obersachsen Eike von Repgow vertust. Auf diese erste Prosachronik fol­gen seit dem Ende des 13. Jh. und im 14. Jh. mehrere Chroniken der Stдdte: die ..Chronik der Stadt Kцln" von Gottfried Hagen (Ende des 13. Jh.. kцlni­sche Mundart), die „Chronik von St Gallen" Christian Kuchimeisters. die „Limhurger Chronik" Tileman Ehlens, die ..StraЯburger Chronik" Closners, die „Chronik von Mьnchen" von Jorg Ralzmeycr. die niederdeutsche „Mag­deburger Schoppenchronik" u. a.

Rechtspntsa. Dei Aufschwung der Stдdte und die Entwicklung der stдd­tischen Selbst Verwaltung erforderten auch die Aufzeichnung des Studtrechts. Die ersten Sammlungen des Stadlrechts werden im 12. Jh. noch lateinisch verfasst, doch schon im 13. Jh. entstehen die ersten deutschen Aufzeichnun­gen. Das erste und bedeutendste Werk deutschet Rechtsprosa ist der ..Sach­senspiegel", eine Aufzeichnung des sachsischen Rechts Der Patrizier Eike von Repgow. der schon erwдhnte Verfasser der ..Sachsischen Weltchronik", der sieh als Scholle und Richter belдtigte. fasste diese Sammlung zuerst lateinisch ab und ubenrug sie dann ins Niederdeutsche. Auf diese Samm­lung des Stadtret hts lolgten dann in dei /weiten I lallte des 13. Jh. der ..Schwa­ben spiegel" und der ..Spiegel deutscher Leute" (Verfasser sind unbekannt) WH ie die Sladtrectite mehrerer deutscher Stдdte aus dem 14. Jh.

Geschдfts- und Kanzleiprosa. Dieselben historischen Voraussetzungen fьhrten zur Entwicklung der deutschen Kanzlei- und Geschaftsprosa. Bis zum 13 Jh bedienten sich alle deutschen Kanzleien (stadtische, fьrstliche und kaiserliche Kanzleien. Schreibstuben der Bischofssitze u. a.) sowie die Notare und die Gerichtshцfe ausschlieЯlich des Lateins Doch Ende des 12. Jh. beginnt auch in diesem Bereich das Vordringen der deutschen Sprache. Den schwabischen und rheinischen Stдdten, wo die Zьnfle und der Handel schon um diese Zeit aufblьhten, gehцrt in dieser Hinsicht der Vorrang. Die meisten deutschen Lirkunden des 13. Jh. stammen aus den stдdtischen Kanzleien von Basel. Zьrich Konstanz. Luzern. Freihurg. SlraЯhurg. Augsburg. Mainz, Wien und Regensburg Am Mitlelrhein gehцrt zu den ersten die Kolner stдdtische Kanzlei Zu ihnen gesellen sich dann die mittelrheinischen Stдdte Worms, Spcicr und Frankfurt Die fьrstlichen und bischцflichen Kanzleien bedienen sich der deutschen Sprache zuerst nur im Verkehr mit der Stдdteverwaliung und in pnvatrechtlichcn Urkunden Im eigenen Verkehr beharrten sie jedoch noch das ganze 13. Jh ьber auf dem Latein Seit dem Ende des 13. Jh. dringt die deutsche Sprache auch in die kaiserliche Kanzlei und in die grцЯten fьrst­lichen Kanzleien ein. So werden bereits unter Rudolf von Habsburg (1273­1291) in der kaiserlichen Kanzlei Urkunden teilweise deutsch verfasst.

In den darauffolgenden Jahrhunderten wird der Gebrauch der deutschen Sprache in den kaiserlichen Kanzleien zur Regel. Auf diese Art bildet sich noch eine funktionale Stuart der deutschen Prosa - der Kanzleistil mit seiner eigenen Terminologie, seinen Redewendungen und Formeln heraus

Anfange der wissenschaftlichen Prosa. Die ersten Schriften, die zur wissenschaftlichen Prosa gerechnet werden kцnnen, stammen bereits aus dem 11 Jh. ts S 147 I ) In der darauffolgenden Zeit erscheinen mehrere Arzneibucher sowie naturkundliche Schriften, vor allem der deutsche „Lu-cidarius" (um 1190). der neben theologischen Belehrungen Geographie. Kosmographie. Astronomie und Physiologie behandelte und bis zum 16. Jh. das beliebteste Volkslesebuch blieb. Diese Prosagaltung steht aber natьr­lich noch in den Anfangen Vorherrschend auf dem Gebiet des Wissens bleibt das Latein.