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613897_0139E_moskalskaja_o_i_deutsche_sprachges...doc
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§ 62. Anomalien im Hau der komplexen Sдtze

Neben den komplexen Sдtzen von regelmдЯiger Struktur kommen in den alt­hochdeutschen Sprachdenkmдlern hier und da Satze mit verschiedenen strukturel­len Besonderheiten vor. Das sind Resterscheinungen aus einer alteren Entwicklungs­stufe des komplexen Salzes, die einigermaЯen ihren Werdegang verfolgen lassen.

Hier seien nur die auffдlligsten Anomalien verzeichnet.

1. Rьckfalle aus der berichteten Rede in die direkte Rede:

In mehrfachzusammeneesetzten komplexen Sдtzen wird die Form der berichte­ten Rede nur im ersten Gliedsalz streng eingehalten, dann erfolgt ein Rьckfall in die direkte Rede:

Inti gisuuor iru. iln. , sц uuas sц thu Inns sц gibu ih thir 'Und er schwor ihr, dass ich (er) dir (ihr) alles, worum du (sie) bittest (bittet), geben werde'.

Her fragen gisluont fahem uuortum hwer sin fater wдri fireo in folche. ...eddo hwellihhes cnuosle\ du si\ Er begann mit wenigen Wonen zu fragen, wer sein Vater unter den Menschen gewesen sei., .oder aus welchem Geschlechts du (er) seist (sei)'.

2. Konjunktionslose Angliederung des Attributsatzes:

Ih scal tu sagen inibot. gibцt ther himilisco got Ich soll euch das Gebot ьber­bringen, (das) Gnu abgab'.

Da im Gliedsatz kein Relativpronomen das Bezugswort des Hauptsatzes vertritt, ist das Bezugswort iimbot Gebot') Satzglied des Haupt- und des Gliedsatzes. Sol­che Strukturen darf man wohl als Urbilder der werdenden komplexen Satze mit at­tributiver Verbindung betrachten.

3. Gebrauch der Personalpronomen der I. und 2. Person in der Funktion der Relativpronomen:

lat. Pater noster qui es in celis.

ahd. Fater unser dь in hinьle bist 'Vater unser, (der) du im Himmel bist".

lal. Ego sunt, qui loquor tecum.

ahd. Thaj bin ih, giioubi mir, ih hiar spruhu mit dir 'Glaube mir. das hin ich. (der) ich hier mil dir spreche'

4. Ausdehnung der Rektion aus dem Hauptsalze auf das Relativpronomen des Attributsatzes:

Bigan thц redinnn then selben zwelif theganцn, then thar umbi inan sдym Be­gann er mil den zwцlf Jungem, (denen) die um ihn saЯen, zu sprechen'.

Das Relativpronomen then vereinig! tn sich die Funktion des Korrelats des Haupt­satzes ("denen") und die des Relativpronomens des Gliedsatzes ("die"). Es hat die Dativform, da es vom Prдdikat des Hauptsatzes regiert wird Diese Erscheinung nennt man Attraktion (Anziehung). Es ist eine Relikterscheinung, die darin wurzelt, dass dem Relativpronomen ein Demonstrativpronomen zugrundelag. das zuerst zum Hauptsatz gehцrte, dementsprechend von dessen Prдdikat regiert wurde und eine vermittelnde Stellung zwischen Haupi- und Gliedsatz einnahm. Frst allmдhlich wurde dieses Pronomen in den Gliedsau einbezogen.

DAS tLTSДCHSISCHE

$ 63. Das Altsдchsischc

Das Altsachsische war die Sprache des Herzogtums Sachsen im Norden des Deutschen Reiches.

In den ersten Jahrhunderten der schriftlichen Ьberlieferung bewahrte das Altsachsische noch die Stellung einer selbstдndigen altgermanischen Spra­che gegenьber dem Althochdeutschen, da Sachsen erst nach den Sachsen­kriegen Karls des GroЯen (772-K04) dem Frankenreich angeglie­dert wurde

Das Mis.ichsische gehцrte zu- sammen mit dem Angelsдchsi- schen (Altenghschen) und Friesi- schen zum ingwaonischen Zweig der westgermanischen Sprachen, wahrend die althochdeutschen Ter- ritorialdialekte auf istwдonischer Grundlage und herminonischer Grundlage erwachsen waren (s. S. 50). Doch weisen das Alt- sдchsische und das Althochdeut- sche als nachstverwandte westger- manische Sprachen viel Gemein- sames im Wortschatz und im ge- samten Sprachkorper auf: sie wei- sen auch gemeinsame Entwick- lungstendenzen auf, z. B. die Mo- Das Altsachsische im 9. Jh.

nophlhongierung der altert manischen Diphthonge ai und an (*. S 68». den

Umlaut Is. S. 68), die westgermanische Konsonantcndchnung (s. S 67) u. a.

Daneben bestehen auch betrдchtliche Eigenheiten (s. ui.

Bereits im 9. Jh. beginnt auch die Annдherung des Ahsдchsischen an das Althochdeutsche unter dem Einfluss der frдnkischen Mundarten, der schon im ..Heliand". dem bedeutendsten Werk des ahsдchsischen Schrifttums, bemerk­bar ist. Im 10. Jh.. als die sachsischen Herzцge deutsche Kцnige und romische Kaiser werden (919- 1024). nimmt der Einfluss des Althochdeutschen zu. „Die sachsischen Heinriche und Ottonen lernten zweifellos, mit ihren suddeutschen Vasallen hochdeutsch zu sprechen", schreibt V. M. Shirmunski' Der hochdeut­sche Einfluss dauert auch im ganzen Spatmittelalter an

Das bedeutendste Denkmal des AlLsachsischen ist das Poem ..Heliand' („Der Heiland"), das um 830 im Auftrag Ludwigs des Frommen, des Sohnes Karls des GroЯen, geschrieben wurde und der christlichen Missionierung unter den Sachsen dienen sollte. Es schildert in dichterischer Form das Le­ben und Wirken von Jesus Christus.

Infolge der Konsolidierung der deutschen Nationalitдt entwickelte sich das Altsachsische in den nachfolgenden Jahrhunderten zu einer Dialektgruppe der deutschen Sprache, die uns heute als das Niederdeutsche (Plattdeutsche) entgegentritt.