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613897_0139E_moskalskaja_o_i_deutsche_sprachges...doc
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§ 25. Die althochdeutsche Lautverschiebung

Die althochdeutsche Lautverschiebung (2. Lautverschiebung) betrifft zwei Gruppen von Konsonanten: die germ. p, t, k und die germ. b, d, g.

Die Umwandlung im Konsonantensystem der hochdeutschen Territo-rialdialckte begann im 576. Jh. u. Z. im Bairischen und Alemannischen und erfasste in der Folgezeit, zwischen 800 und 1200 auch das Franki­sche. In ihrer Ausbreitung nordwдrts verlor sie allmдhlich an Intensitдt und machte schlieЯlich vor der Grenze des Niederdeutschen halt Durch ihre Abstufungen schuf sie sehr betrдchtliche lautliche Unterschiede zwischen den einzelnen althochdeutschen Dialekten, die auch heute zu den wesentlichsten differenzierenden Merkmalen einzelner hochdeutscher Mundarten zahlen. Zugleich stellte die 2. Lautverschiebung die Gesamt­heit der hochdeutschen Mundarten dem Niederdeutschen entgegen. Wie oben gesagt wurde, prдgt sie auch das Konsonantensystem der deutschen Literatursprache.

Spiranlisierung der germanischen p, t, k. Die germ. stimmlosen Ex­plosivlaute p. t, k wurden teilweise oder vollstдndig spirantisiert, d. h. in Frikativlaute (Spiranten) oder in Affrikaten verschoben:

a) im In- und Auslaut des Wortes nach einem Vokal wurden die germ. />. f. k zu ff, 55, hh verschoben:

as. opan - ahd. offan 'offen' as. stдpan - ahd. slдfan 'schlafen' as. etan - ahd. e^ytin 'essen' as. /* - ahd. th 'ich';

b) im Anlaut, inlautend und auslautend nach einem Konsonanten sowie hei Konsonantendehnung (s. S. 67). wurden die germ. p, r, k zu den Affrika- ten pf, z, kch {ch) verschoben:

as. tunga - ahd. zunga 'Zunge'

as. appul - ahd. apful Apfel'

as. puad- ahd pfunt 'Pfund'

as. kцrn - ahd. (bair.) (k)chorn 'Korn'.

Die Verschiebung von k > kch (ch) ist nur im Bairischen und Alemanni­schen durchgefьhrt. Im Frankischen hleibt k erhalten.

p, t. k bleiben in den Verbindungen tp. st. sk unverschoben: ahd. spil Spiel',fisk Fisch', stein 'Stein' sowie in den Verbindungen ht.ft.fr. naht 'Nachl'. kraft 'Kraft'. irrtan 'treten'; nach n in wintar "Winter".

Lenierung der vorahd. b, d, g. Die stimmhaften Explosivlaute b, d, g, die sich aus den germ. p. 6, q entwickelt hatten (s. S. 46), wurden zu p. /, k \erschoben:

as. drinkan - ahd. thnkan 'trinken'

as. bьrg, fr. bьrg - bair. pure 'Burg'

as. gebart, fr. geban - bair. kepan 'geben'.

Die Verschiebung von b.g>p,k war nur dem Bairischen und Alemanni­schen eigen. Nur die Verschiebung von d > t hat auch einen Teil des Frдnki­schen erfasst.

Der Vergleich mit dem phonologischen System der modernen deutschen Mundarten legt die Annahme nahe, dass es sich bei diesem Wandel nicht nur um den Verlust der Stimmhaftigkeit, sondern in erster Linie um die Schwдchung (Lenierung) der betreffenden Konsonanten, d. h. um die Min­derung der Muskclspannung bei der Aussprache der Explosivlaute handelte.

Durch Lenierung entstanden die sog. schwachen Explosivlaute oder Lenes b, d, g, die sich sowohl von p, t. k als auch von b, d, g unterschei­den. Sie sind stimmlos wie p. t. k. doch letztere werden mit starker Mus kelspannung gesprochen (sind Portes); b. d. g dagegen werden wie b. d, g mit geringer Muskelspannung gesprochen, was den stimmhaften Ex­plosivlauten eigen ist.

Aus Mangel an geeigneten alphabetischen Zeichen im lateinischen Al­phabet wurden die Lenes b, d, g in den althochdeutschen Handschriften durch />. /. k wiedergegeben. Doch zeugen die hдufigen Schwankungen in der Schrei hung {gores und gades 'Gottes', dhrdtn und drado schnell, heftig, sehr'. mennisco und mennisgo Mensch') davon, dass weder die Buchstaben p, f. I noch die Buchslaben b. d. g dem wahren Charakter der bezeichneten Laute vцllig entsprachen.

Die Abstufungen der althochdeutschen Lautverschiebung in den alt­hochdeutschen Territorialdialekten. Die allhochdeutsche Lautverschiebung war im Sьden des althochdeutschen Sprachraums, im Bairischen und im Alemannischen entstanden und war nur hier ein spontaner Lautwandel.

Der frankische Dialekt hat sich dagegen den verschobenen Konsonan­tismus unter dem Einfluss der oberdeutschen Tcrritorialdialekte angeeig­net und wurde auf diese Weise allmдhlich „verhochdeutscht" Die Ver­schiebung verbreitete sich hier wellenartig in einzelnen Gruppen von Wцr­tern, so dass neben Wцrtern mit verschobenen Konsonanten auch viele Worter mit unverschobenen Konsonanien weiterleben. Als erster wies auf diesen besonderen Charakter der Ausbreitung der Lautverschiebung im frдnkischen Sprachraum F. Engels hin. der im Zusammenhang mit seiner Untersuchung „Zur Geschichte der Urgermanen" eine sprachwissenschaft­liche Abhandlung ьber den frдnkischen Dialekt schrieb und die sprachli­che Einheit des Frankischen als eines der Hauptdtalekte des Deutschen bezeichnete'. In der Neuzeit hat die Untersuchung der rheinischen Mund­arten durch den hervorragenden deutschen Sprachforscher Theodor Frings die Richtigkeit der Schlussfolgerungen von F. Engels vollauf bestдtigt. Nach Th. Frings vollzog sich die Ausbreitung der zweiten Lautverschiebung im Mittelfrankischen von 800 bis 1200. Dabei sollte man in Bezug auf den frankischen Sprachraum „nicht von Lautverschiebung, sondern von laut­verschobenen Wortern sprechen""1.

ne/.* F. Der frдnkische Dialekt // Zur Geschichte und Sprache der deutschen Frьh­zeit. - B.. 1963.

3 Frings Th. Germania Romana. - B. 1963. - S. 210.

Die Lautverschiebung drang in das Frankische vom Sьden herein, und zwar aus dem Gebiet, wo die Franken im 5. - 6. Jh. die Alemannen abge lost und sich mit ihnen vermischt hatten Daher war die Intensitдt der Lautverschiebung im Sьd- und Ostfrankischen am grцЯten, was einer der Hauptgrьnde fьr deren Eingliederung in die oberdeutsche Dialekf-gruppc ist (vgl. S.63) Hier waren alle Verschiebungserscheinungen auЯer * > kch(ch) (kind > kclunt). b> p {bin > pin), g > k (ginuog > kinuok) vorhanden; letztere Verschiebungen blieben dem Bainschcn und Aleman­nischen als ihre spezifischen Kennzeichen vorbehalten Vgl die verscho-

bencn / unverschobenen Formen pist - bist '(du) bist*, piqueme - bique-me (es) komme', kauuihit - gtuuihit geheiligt* im bair. und ostfr. Text des „Vaterunsers";

a) bair. Fater unser, du pist in himilum. kauuihit si namn din, piqhueme rihht din 'Vater unser, du bist im Himmel, geheiligt sei dein Name, es kom­me dein Reich';

b) ostfr.: Fater unser, thь thar bist in himile. si gihcilagцl thin namo, que-me thin rihhi.

Je weiter die Verschiebung im frдnkischen Sprachraum vordrang, de­sto schwacher wurde sie. Im Rhcinlrдnkischen fehlt die Verschiebung P > Pf ipund > pfund. appel > apfel). Niehl immer erfolgt hier auch die Verschiebung von d > t (dohter > tohter). Das Nachlassen der Lautver­schiebung macht sich noch mehr im Mittellrдnkischen bemerkbar: hier fehlt auch die Verschiebung von p> pf,d > r. Im Ripuanschen fehlt zum Teil die Verschiebung von /> >ffif). so in den Knnsommtenverbindun-gen rp, lp (werpen > werfen, helpen > helfen). Kennzeichnend fьr das Mittelfrankische sind die unverschobenen Formen der Fronomen dar, wai, et, allet. Ganzlich unberьhrt von der zweiten Lautverschiebung bleibt das Niederfrankische, das aus diesem Grunde zur niederdeutschen Dia­lektgruppe gezahlt wird.

Das Niederdeutsche hat die zweite Lautverschiebung nicht durchgemacht und bewahrte den alten gemeingermanischen Konsonanlcnbestand. was die lautliche Verwandtschaft des Niederdeutschen mit dem Englischen. Nie­derlдndischen und den anderen germanischen Sprachen erklart.

Die Grenze zwischen dem Hochdeutschen und dem Niederdeutschen geht von Dьsseldorf am Rhein duich Magdeburg an der Elbe bis Frankfurt an der Oder. Es ist die sog. Benrather Linie, benannt nach dem Ort Benrath, sьdцst­lich von Dьsseldorf, wo diese Grenzlinie den Rhein schneidet.

Der Lautverschiehungsstand in der deutschen Literatursprache. Die deutsche Literatursprache hat die zweite Lautverschiebung in folgendem Um­fang aufgenommen.

Die Verschiebung von p.t.k> ff, 55. hh (f. 5. h) im In- und Auslaut des Wortes nach einem Vokal ist vцllig durchgefьhrt: das. essen: schlafen, hel­fen; Buch, sprechen.

Ebenfalls durchgefьhrt ist die Verschiebung vonp,t>pf, z im Anlaut des Wortes, nach einem Konsonanten und hei Konsonantenvcrdoppelung. Die Verschiebung von k > kch {ch) dagegen bleibt aus (vgl. o.): zehn. Herz; Pfei­fe. Apfel: doch: Kind. Korn.

Von den stimmhaften Explosivlauten b, d, g ist nur d > t verschoben: Tochter, trinken.

Die Verschiebung von b > p, g > k bleibt aus bin, bei, genug.