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Spieltheorie_WS1213

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2.6. ALTERNATIVE DARSTELLUNGEN VON SPIELEN

39

b)die Pr¨aferenzordnungen aller Spieler (h¨aufig nicht explizit, da einfach die Auszahlungen gereiht werden),

c)die Reihenfolge aller Spielz¨uge,

d)die Informationsmenge, die jeder Spieler an jedem Punkt des Spiels hat,

e)alle M¨oglichkeiten, die jeder Spieler an jedem Punkt des Spiels hat (Strategiemenge),

f)die Auszahlungen, die jeder Spieler an allen denkbaren Endknoten erh¨alt.

Die Darstellung der extensiven Form erfolgt ublicherweise¨ mit Hilfe eines Spielbaums, der bereits f¨ur die Darstellung und L¨osung von ”Paradiesspiel” und ”Schatzsuche” eingef¨uhrt wurde. Generell besteht ein Spielbaum aus Knoten (wobei Anfangsund Endknoten o ensichtliche Besonderheiten aufwei-

¨

sen), die durch Aste bzw. Kanten miteinander verbunden sind.

Jeder Knoten eines Spielbaums ist definiert durch

a)die Geschichte des Spiels, d.h. der Weg vom Beginn des Spiels bis zu diesem Knoten (im Anfangsknoten ist diese Informationsmenge leer);

b)die Angabe des Spielers, der einen Zug machen kann;

c)die Informationen, uber¨ die dieser Spieler bei der Entscheidung uber¨ diesen Zug dabei verf¨ugt;

d)die alternativen Aktionen, die diesem Spieler zur Verf¨ugung stehen. Die-

¨

se werden durch die nach rechts weggehenden Aste aus einem Knoten gekennzeichnet. In der grafischen Darstellung geht man dabei ublicher¨- weise von einer endlichen Anzahl von Handlungsalternativen in einem gegebenen Knoten aus (so wie das bspw. bei Schach der Fall ist), was allerdings kein zwingendes Merkmal ist. In einem Modell, das den Wettstreit verschiedener Unternehmen abbildet, kann in einem bestimmten Knoten beispielsweise eine kontinuierlich variierbare Preisoder Mengenentscheidung gefordert sein;

e)die Auszahlungen f¨ur alle Spieler, wenn es sich um Endknoten handelt; die Merkmale b), c) und d) tre en f¨ur Endknoten nicht zu.

Merkmal c), d.h. die Information, die einem Spieler zur Verf¨ugung steht wurde in den bisherigen Beispielen nicht explizit ber¨ucksichtigt, da es sich um Spiele mit vollkommener Information handelte. In einem Spielbaum wird unvollkommene Information dadurch zum Ausdruck gebracht, dass Knoten umrahmt bzw. durch gestrichelte Linien verbunden sind, wenn der Spieler der am Zug ist, nicht weiß, an welchem der Knoten er sich

¨

40 KAPITEL 2. EINFUHRUNG: ELEMENTE DER SPIELTHEORIE

 

 

Petra

 

Boxkampf

Ballett

 

 

 

Boxkampf

(2, 1)

(0, 0)

Peter

 

 

Ballett

(0, 0)

(1, 2)

 

 

 

Abbildung 2.15: Battle of the sexes

Die erste Zahl in den vier Eintr¨agen in der Ergebnismatrix gibt jeweils die Auszahlung f¨ur Peter, die zweite Zahl die Auszahlung f¨ur Petra an.

befindet. Damit kann beispielsweise zum Ausdruck gebracht werden, dass f¨ur den Spieler, der als zweiter zieht, der Zug des ersten Spielers nicht beobachtbar ist. Diese fehlende Information kann, muss aber nicht, zu einer anderen L¨osung des Spiels f¨uhren. Dieses Merkmal wird anhand eines Beispiels n¨aher erl¨autert.

Beispiel: Battle of the sexes

Peter und Petra sind befreundet und w¨urden gerne den Abend miteinander verbringen, haben aber keinerlei M¨oglichkeit, sich vorher zu koordinieren. Gl¨ucklicherweise gibt es in der Stadt nur zwei Veranstaltungen, die in Frage kommen: Einen Boxkampf und einen Ballettabend. Peter w¨urde am liebsten zum Boxkampf gehen, Petra zum Ballett.1 Beide w¨aren aber sehr ungl¨ucklich und jeweils am schlechtesten dran, wenn sie sich verpassen w¨urden – es w¨are dann sogar beiden egal, in welcher Veranstaltung sie alleine sein m¨ussen.

Abbildung 2.15 zeigt die Auszahlungen bei allen vier denkbaren Konstellationen.

Die extensive Form dieses Spiels kann auf zwei ¨aquivalente Arten dargestellt werden, die in Abbildung 2.16 auf der n¨achsten Seite zu sehen sind. Die gestrichelten Ellipsen um die jeweils zwei Knoten sind jeweils so zu lesen, dass die Person, die hier zu entscheiden hat (Petra in Teil (a) und Peter in Teil (b)), nicht weiß, an welchem Knoten sie sich befindet, sondern dar¨uber allenfalls eine subjektive Wahrscheinlichkeitsvorstellung hat. Daher kann in diesem Spiel ”alles passieren” – auch wenn die beiden Gleichgewichte mit den Auszahlungen (0, 0) eindeutig inferior sind.

W¨are die Information f¨ur den Spieler, der als zweiten zieht, vorhanden, so

1Es gibt nat¨urlich Varianten des Spiels, die etwas weniger tradierte Vorstellungen von geschlechterspezifischen Pr¨aferenzunterschieden unterstellen (”Bach oder Strawinsky”). Die hier vorgestellte Variante ist die Originalgeschichte von Luce/Rai a 1957.

2.6. ALTERNATIVE DARSTELLUNGEN VON SPIELEN

41

Peter Petra

 

 

.

 

 

Boxk

 

.

Ballett

Boxk

Bal

 

.

lett

Boxk

 

 

Ballett

 

 

(a)

(2,1)

(0,0)

(0,0)

(1,2)

Petra Peter

 

.

 

Boxk

.

Ballett

Boxk

Ballett

.

Boxk

 

 

Ballett

 

(b)

(2,1)

(0,0)

(0,0)

(1,2)

Abbildung 2.16: Die extensive Form der battle of sexes.

andern¨ sich folgende Merkmal von ”battle of sexes”:

Zum einen h¨atten die beiden Spielb¨aume in Abbildung 2.16 eine jeweils eindeutige L¨osung.

Zum anderen macht es bei vollkommener Information einen Unterschied, wer zuerst zieht. Zieht Peter zuerst, w¨are die eindeutige L¨osung {Boxkampf, Boxkampf}, zieht Petra zuerst, so ist es {Ballett, Ballett}. Peter bzw. Petra h¨atten dann jeweils einen first mover advantage, der zu der von dem first mover pr¨aferierten L¨osung f¨uhrt. Petra (Peter) k¨onnte das zu erzwingen versuchen, indem (sie) er am Vorabend (nat¨urlich glaubw¨urdig) ank¨undigt, bereits zwei Karten f¨ur den Ballettabend (Boxkampf) zu haben– aber das w¨are dann ein anderes Spiel.

2.6.2Normalform

In der Normalform eines Spiels werden bestimmte Informationen unterdr¨uckt, d.h. es findet gegen¨uber der extensiven Form eine Informationsreduktion statt.

Daraus folgt sofort, dass ein Spiel in extensiver Form eine eindeutige Normalform, ein Spiel in Normalform aber keine eindeutige extensive Form aufweist.

Konkret beinhaltet die Normalform die folgenden Informationen:

a)die Menge der Spieler,

b)die Pr¨aferenzordnungen aller Spieler (wiederum h¨aufig nicht explizit, da einfach die Auszahlungen gereiht werden),

c)alle Aktionsm¨oglichkeiten, die jeder Spieler hat (Strategiemenge),

d)die Auszahlungen, die jeder Spieler an allen denkbaren Endknoten erh¨alt.

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42 KAPITEL 2. EINFUHRUNG: ELEMENTE DER SPIELTHEORIE

Abbildung 2.17: Normalform von Gemeinsame Schatzsuche

Es fehlen also die Angaben uber¨ die Informationen, die die Spieler bei ihren Z¨ugen haben sowie ggf. uber¨ die Reihenfolge der Z¨uge. Daher sind in der Auszahlungsmatrix in Abbildung 2.15 auf Seite 40 alle Angaben der Normalform von ”battle of sexes” enthalten. Wenn das Spiel wirklich simultan gespielt wird, gehen in der Normalform auch eine Informationen verloren: Es gibt in diesem Fall keine Reihenfolge der Z¨uge und die Spieler haben jeweils keine Information uber¨ das Verhalten der oder des Anderen.

2.6.3Koalitionsspiele

Mit Koalitionsspielen werden wir uns erst an sp¨aterer Stelle (Kapitel 8) befassen. Da in der Literatur neben extensiver Form und Normalform zumeist gleich die Koalitionsform als dritte Art der Darstellung eines Spiels eingef¨uhrt wird, wird diese hier ebenfalls kurz erl¨autert. Wie der Begri bereits nahe legt, ist die Koalitionsform insbesondere geeignet, kooperative Spiele darzustellen. Die Koalitionsform beinhaltet daher Angaben uber¨

a)die Spieler sowie

b)die maximalen Auszahlungen, die jede denkbare Koalition von Spielern f¨ur sich garantieren kann.

Als Beispiel kann hier das denkbar einfachste 2-Personen Spiel dienen, das als Parabel f¨ur eine Verhandlung verstanden werden kann: ”Gemeinsame Schatzsuche”.1 Dieses Spiel funktioniert genau wie in Abschnitt 2.2.4 auf Seite 12 beschrieben mit dem Unterschied, dass nun 2 Personen den Weg finden m¨ussen und sie dann gemeinsam die Auszahlung W vorfinden, die sie dann unter sich aufteilen k¨onnen. Der einzig richtige Weg durch das Labyrinth war {links, rechts}. Abbildung 2.17 zeigt die Normalform des Spiels, wobei hier zun¨achst einfach angenommen wird, dass der Gewinn h¨alftig aufgeteilt wird. Beide Spie-

1Das Beispiel ist angelehnt an Gardner (1995), ch. 1.

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43

2.7. LOSUNGSKONZEPTE

Abbildung 2.18: Koalitionsform von Gemeinsame Schatzsuche.

ler k¨onnen also auf sich allein gestellt, keine positive Auszahlung gew¨ahrleisten. Wenn aber beide – und das ist dann eine Koalition – den richtigen Weg zur¨ucklegen, k¨onnen sie zusammen die Auszahlung W sicherstellen.

In diesem einfachen Spiel kann die Koalitionsform in einer einfachen Grafik zusammengefasst werden, was in Abbildung 2.18 geschieht. Hier wird klar, dass e zienterweise jeder Punkt auf der Linie zwischen (0, W ) und (W, 0) realisiert werden kann. Der schra erte Bereich unterhalb dieser Linie entspricht nicht- e zienten Aufteilungen.

2.7L¨osungskonzepte

Die L¨osung der bisherigen Spiele erfolgte mehr oder weniger entlang von Plausibilit¨ats¨uberlegungen, die gerade auf die jeweilige Situation passten. In diesem Abschnitt werden L¨osungskonzepte von Spielen etwas genauer betrachtet. Diese L¨osungskonzepte sollen dazu dienen, vorhersagen zu k¨onnen, welche Strategien die Spieler in einer bestimmten Situation w¨ahlen werden. Ein h¨aufig gebrauchter Begri in diesem Zusammenhang ist derjenige des Gleichgewichts eines Spiels. Es ist n¨utzlich, diesen Begri zu definieren:

Definition: Ein Gleichgewicht eines Spiels ist eine Strategienkombination, die f¨ur alle I Spieler die jeweils beste Strategie darstellt. Diese werden

notiert als s = {s1, s2, . . . , sI }.

Mit dieser Definition ist allerdings weder gesagt, dass ein Gleichgewicht existiert, noch dass dieses – wenn es denn existiert – eindeutig ist. Es leuchtet beispielsweise auch ohne genauere formale Analyse ein, dass bei ”battle of

the sexes” gleich zwei Strategiekombinationen, n¨amlich sA = {Boxkampf,Boxkampf} und sB = {Ballett,Ballett}, ein Gleichgewicht darstellen.

Ein L¨osungskonzept ist nun einfach eine Regel, die aus allen m¨oglichen Strategiekombinationen, die sich aus den Strategiemengen der I Spieler

¨

44 KAPITEL 2. EINFUHRUNG: ELEMENTE DER SPIELTHEORIE

ergeben, das gerade definierte Gleichgewicht herausfindet. In Abh¨angigkeit von der genauen Situation sind mehr oder weniger sophistizierte Regeln notwendig, um ein Gleichgewicht identifizieren zu k¨onnen.

Im ersten Unterabschnitt 2.7.1 befassen wir uns mit dem einfachsten Konzept, der Elimination dominierter Strategien. Danach wird in 2.7.2 mit

Zermelo’s Theorem die Charakterisierung der L¨osung des Schachspiels gegeben. Es ist zwar – wenig uberraschend,¨ da Schach nach wie vor als interessantes Spiel gilt – nicht m¨oglich, gleichgewichtige Strategien zu formulieren, dennoch l¨asst sich uber¨ die Eigenschaften des Spiels etwas ableiten. Im Anschluss daran wird das wohl wichtigste Konzept der Spieltheorie uberhaupt¨ eingef¨uhrt, das Nash-Gleichgewicht. Unterschiedliche Formen dieses Gleichgewichtskonzepts sind entscheidend f¨ur das Au nden von L¨osungen f¨ur Spiele, die keine dominanten Strategien aufweisen. W¨ahrend in 2.7.3 dieses Konzept in einem Rahmen eingef¨uhrt wird, der die Ermittlung einer L¨osung in einer reinen Strategie zul¨asst, wird in 2.7.4 die Idee eines Nash-Gleichgewichts in gemischten Strategien erl¨autert.

2.7.1Elimination dominierter Strategien

Es gibt Situationen – auch wenn diese nicht sehr h¨aufig sein m¨ogen – in denen eine bestimmte Verhaltensweise eindeutig schlechter oder eindeutig besser ist als alle anderen Optionen, egal was die anderen Mitspieler tun. In diesem Fall ist das L¨osungskonzept denkbar einfach: Man w¨ahlt die Strategie, die unter allen Umst¨anden eindeutig die beste ist (dominante Strategie) bzw. verwirft die Strategien, die unter allen Umst¨anden schlechter sind als realisierbare Alternativen (dominierte Strategien).

Diese Idee wird in den beiden folgenden Definitionen pr¨azisiert.

F¨ur einen Spieler i I ist eine Strategie si eine strikt dominante Strategie, wenn gilt, dass

ui (si , si) > ui (si, si) si, si=6 si

(2.15)

Alle si 6= si heißen dann strikt dominierte Strategien.

Lesehilfe f¨ur Gleichung (2.15): ui (·) bezeichnet die Nutzenbewertung der Auszahlungen der Strategiekombinationen, die in der Klammer stehen, si bezeichnet eine beliebige Strategienkombination aller anderen Spieler (”nicht von i”), si heißt, dass die Ungleichung ”f¨ur alle” Strategiekombinationen der anderen Spieler gelten muss. si 6= si bezeichnet eine beliebige Strategie des Spielers i, die nicht strikt dominiert ist.

V¨ollig analog kann eine schwach dominante Strategie definiert werden. F¨ur einen Spieler i I ist eine Strategie si eine schwach dominante Strategie,

wenn gilt, dass

 

ui (si , si) ≥ ui (si, si) si, si=6 si

(2.16)

¨

45

2.7. LOSUNGSKONZEPTE

Abbildung 2.19: Seeschlacht

Das Spiel ist ein Nullsummenspiel, die Situation bedingt, dass Kenney nur gewinnen und Imamura nur verlieren konnte, wenngleich unterschiedlich viel.

Alle si 6= si heißen dann schwach dominierte Strategien. Man spricht von einem Gleichgewicht in (strikt oder schwach) dominanten Strategien, wenn f¨ur alle Spieler (strikt oder schwach) dominante Strategien gefunden werden k¨onnen.

Dieses L¨osungskonzept kann auf ein Spiel auch wiederholt angewendet werden. Es ist beispielsweise denkbar, dass es f¨ur einen Spieler keinerlei dominante bzw. dominierte Strategien gibt, f¨ur einen anderen aber durchaus. Dann kann man dessen dominierte Strategien eliminieren und ein ”neues” Spiel betrachten, das nur noch aus den nicht eliminierten Optionen besteht. Man spricht dabei von der Ermittlung eines Gleichgewichts in dominanten Strategien mittels Iteration. Ein Beispiel aus dem milit¨arischen Bereich ist geeignet, dieses L¨osungskonzept zu verdeutlichen.

Seeschlacht

Folgende ”Geschichte” umschreibt die Situation. Im zweiten Weltkrieg hatte der japanische General Imamura den Auftrag, Truppen per Schi nach Neuguinea zu transportieren. Dabei hatte er die Wahl zwischen zwei verschiedenen Routen, einer k¨urzeren ”Nord”-Route und einer etwas l¨angeren ”S¨udroute”. Der amerikanische General Kenney hatte den Auftrag, diesen Transport aus der Luft anzugreifen und m¨oglichst stark zu dezimieren. Kenney wusste um die beiden alternativen Routen, hatte aber keine M¨oglichkeit, genau zu wissen, welche Imamura w¨ahlen w¨urde. Kenney hatte aber die Option, die Flugzeuge loszuschicken und wieder zur¨uckzurufen f¨ur den Fall, dass sie die Flotte der Japaner verfehlten. In diesem Fall w¨urde aber Zeit verloren gehen, die man auf den eigentlichen Angri h¨atte verwenden k¨onnen. Da die Verluste der Japaner gleichzeitig auch ”Gewinne” der Amerikaner sind, kann die Situation als Nullsummenspiel dargestellt werden, das die in Abbildung 2.19 gezeigte Normalform aufweist. Kenney hat o ensichtlich keine dominante Strategie. Er

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46 KAPITEL 2. EINFUHRUNG: ELEMENTE DER SPIELTHEORIE

w¨urde seine Flugzeuge optimalerweise sofort dahin schicken wollen, wo sich Imamura mit seinen Schi en befindet.

Wenn Imamura w¨usste, dass Kenney nach S¨uden fliegen l¨asst, w¨urde er die Nordroute w¨ahlen, wenn er aber w¨usste, dass Kenney seine Flugzeuge zur Nordroute schickt, w¨are er indi erent zwischen den beiden ihm zur Verf¨ugung stehenden Optionen.

Imamura hat also eine schwach dominante bzw. schwach dominierte Strategie: Entscheidet er sich f¨ur Nordroute, so kann sein Verlust im schlechtesten Fall {Nord, Nord} genau so hoch sein, wie im besten Fall bei einer Entscheidung f¨ur die S¨udroute. Also ist ”S¨ud” f¨ur Imamura eine schwach dominierte Strategie und kann eliminiert werden. Damit bleibt nur noch die erste Spalte der Matrix in Abbildung 2.19 auf der vorherigen Seite ubrig¨. Hier hat aber Kenney eine (sogar strikt) dominante Strategie, n¨amlich Nord. Also kann die untere Zeile eliminiert werden.

Damit ist {Nord, Nord} ein Gleichgewicht in dominanten Strategien, das mit dem L¨osungskonzept der iterierten Elimination (schwach oder strikt) dominierter Strategien ermittelt wurde. Diese Konstellation wurde dann auch in der Tat von den beiden Gener¨alen realisiert.

In gleicher Weise kann auch die L¨osung von ”Paradiesspiel” aus der Auszahlungsmatrix in Abbildung 2.3 auf Seite 11 per iterierter Elimination dominierter Strategien ermittelt werden.

2.7.2Zermelo’s Theorem

Eines der historisch ersten noch vor dem ersten Weltkrieg entwickelten spieltheoretischen Ergebnisse bezieht sich auf Schach. Dieses Spiel ist insofern ”einfach” als die Spielregeln leicht zu formulieren sind und alle Spieler an jedem Entscheidungsknoten vollkommene Information sowohl uber¨ die Geschichte des Spiels haben als auch uber¨ ihre jeweiligen Handlungsoptionen. Wenn man ein hinreichend großes Papier (und Geduld) h¨atte, w¨are es prinzipiell m¨oglich, f¨ur Schach einen vollst¨andigen Spielbaum aufzuzeichnen.1 Aufgrund dieser prinzipiellen M¨oglichkeit l¨asst sich sagen, dass Schach ein endliches Spiel ist. An den Endknoten steht immer einer von drei Auszahlungsvektoren, da entweder einer der beiden Spieler gewinnt (und der andere dann verliert) oder ein Remis erzielt wird. Diese Auszahlungsvektoren f¨ur die Spieler 1 und 2 seien – mit o ensichtlicher Bedeutung – wie folgt benannt: (g, v), (r, r), (v, g).

Damit sind die wichtigsten Elemente f¨ur den Beweis des folgenden Theorems genannt:

Zermelo’s Theorem: F¨ur Schach gilt, dass entweder a) Weiß den Gewinn des Spiels sicherstellen kann, oder b) Schwarz den Gewinn des Spiels sicherstellen kann, oder c) beide Spieler ein Remis sicherstellen k¨onnen.

1Da zu Beginn des Spiels prinzipiell 20 Z¨uge m¨oglich sind, sind beim dritten Zug (das ist der zweite Zug von Weiß) bereits 400 verschiedene Knoten zu ber¨ucksichtigen.

¨

47

2.7. LOSUNGSKONZEPTE

Zu beachten ist jeweils das Wort ”sicherstellen”. Es geht also nicht um die nat¨urlich v¨ollig triviale Behauptung, dass beim Schach irgendeiner gewinnt oder aber ein Remis herauskommt.

Mit diesem Ergebnis l¨asst sich kein Schachspiel gewinnen, es bedeutet aber, dass f¨ur Schach im Prinzip ein Strategienpaar formuliert werden k¨onnte, welches das Spiel deterministisch macht und nur eine der drei genannten M¨oglichkeiten zul¨asst. Der Beweis von Zermelo’s Theorem ist instruktiv und soll daher skizziert werden.1

Zun¨achst wird das Theorem nicht f¨ur Schach bewiesen, sondern f¨ur ein ”neues” Spiel, das eine endliche Anzahl t von Z¨ugen hat. Nennen wir es t- Schach. Wenn Zermelo’s Theorem f¨ur ein beliebiges t-Schach bewiesen werden kann, so gilt es auch f¨ur Schach. Der Grund daf¨ur besteht darin, dass Schach wie t-Schach ein endliches Spiel ist. Untersuchen wir also gleich den letzten, d.h. den t-ten Zug von t-Schach. Unabh¨angig davon, wer am Zug ist – nennen wir ihn Spieler 1 – muss nun gelten, dass

entweder Spieler 1 einen Sieg erzwingen kann,

oder Spieler 2 gewinnt, egal wie Spieler 1 zieht,

oder Spieler 1 ein Remis erzwingen kann.

Schauen wir nun auf ein Spiel mit einem Zug weniger, also auf t−1-Schach, in dem Spieler 2 den letzten Zug hat. Hier gibt es wieder drei M¨oglichkeiten:

entweder Spieler 2 kann den Sieg erzwingen,

oder Spieler 1 gewinnt, egal wie Spieler 2 zieht,

oder Spieler 2 ein Remis erzwingen kann.

Im dritten Fall wird das Ergebnis bzgl. t-Schach relevant. Diesen Gedanken kann man nun beliebig nach hinten fortsetzen. Da es nicht notwendig war, t in irgendeiner Weise zu beschr¨anken, ist damit auch Zermelos’s Theorem f¨ur Schach bewiesen.

Das Theorem zeigt zweierlei:

F¨ur Schach kann prinzipiell eine gleichgewichtige Strategienkombination ausgerechnet werden, auch wenn dies selbst mit den derzeitigen Rechenkapazit¨aten nicht m¨oglich ist. Auch der beste Schachcomputer ist nicht in der Lage, alle m¨oglichen Strategiekombinationen zu ber¨ucksichtigen – auch wenn dies generell denkbar ist.2

1Die Beweisf¨uhrung ist angelehnt an Eichberger (1993), p. 11.

2Daher ist die F¨ahigkeit von Computern, Schach zu spielen, ein denkbar schlechtes Beispiel f¨ur die Behauptung, dass Computer ”intelligent” in einem vern¨unftigen Sinn des Worts sein k¨onnen. ”Intelligenz” hat etwas mit einer flexiblen Beurteilung von und Reaktion auf

¨

48 KAPITEL 2. EINFUHRUNG: ELEMENTE DER SPIELTHEORIE

• Auch wenn man das Gleichgewicht (d.h. die L¨osung) eines Spiels nicht explizit benennen kann, ist es m¨oglich, Aussagen uber¨ dieses Gleichgewicht zu tre en.

2.7.3Nash-Gleichgewicht und Fokus-Punkte

In okonomischen¨ (und auch anderen) Situationen ist die Existenz einer dominanten Strategie eher die Ausnahme als die Regel. Z.B. in ”battle of the sexes” haben weder Petra noch Peter eine dominante bzw. dominierte Strategie, in einem Oligopol kommt es ebenfalls immer darauf an, was die Konkurrenz macht. Die Liste ließe sich beliebig verl¨angern.

Dennoch kann auch f¨ur sehr viele Spiele ohne Gleichgewicht in dominanten Strategien eine plausible L¨osung angegeben werden, die auf dem L¨osungskonzept des sog. Nash-Gleichgewichts beruht. Dieses Konzept wurde entwickelt von und ist benannt nach dem Nobelpreistr¨ager John Nash (1950a) – einer der wichtigsten Figuren der Spieltheorie uberhaupt¨.

Ein Nash-Gleichgewicht kann wie folgt charakterisiert werden:

Eine Strategienkombination s = {s1, s2, . . . , sI } heißt Nash-gleichgewichtig, wenn keiner der I Spieler sich durch eine Abweichung von si besser stellen kann, solange die anderen Spieler bei si bleiben.

Formal l¨asst sich dies wie folgt ausdr¨ucken:

i gilt, dass ui si , si ≥ ui si, si si

(2.17)

Ein Vergleich mit dem L¨osungskonzept dominanter Strategien macht klar, dass das Nash-Gleichgewicht ein weniger anspruchsvolles Gleichgewichtskonzept ist in dem Sinn, dass ein Spiel kein Gleichgewicht in dominanten Strategien haben kann, es aber dennoch ein Nash-Gleichgewicht (oder auch mehrere) aufweist. Der Grund daf¨ur liegt darin, dass eine Strategie nur dann dominant ist, wenn sie unabh¨angig von der Strategiewahl der/des Mitspieler(s) optimal ist. Im Gegensatz dazu erfordert ein Nash-Gleichgewicht diese Optimalit¨at einer Strategie nur bez¨uglich der Strategien der Mitspieler, die auch f¨ur diese optimal sind. Daraus folgt, dass jedes Gleichgewicht in dominanten Strategien auch ein Nash-Gleichgewicht ist. Mit anderen Worten: Die Menge aller Spiele mit einem Gleichgewicht in dominanten Strategien ist eine echte Teilmenge der Spiele mit einem Nash-Gleichgewicht.

Zur Illustration greifen wir zun¨achst noch einmal auf ”Seeschlacht” zur¨uck und gehen alle denkbaren Kombinationen durch.

• Wenn Imamura ”Nord” w¨ahlt, antwortet Kenney mit ”Nord”.

eine Situation zu tun, die generell nicht vollst¨andig vorhersehbar sein muss. Schach ist ein im Prinzip vollst¨andig vorhersehbares Spiel. Daher ist es durchaus vorstellbar, dasss eine Tages ein Computer herausfindet, welche der drei Alternativen des Zermelo-Theorems zwingend ist.

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