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Kapitel 7

Auktionen

7.1Lernziele

Auktionen sind eine sehr alte Form der Zusammenf¨uhrung von Angebot und Nachfrage mit einem praktisch unersch¨opflichen Anwendungsbereich: Sklaven, Kunstwerke, Konkursmassen, Haushaltsaufl¨osungen wurden und werden in Auktionen verkauft. Selbst das gesamte r¨omische Kaiserreich wurde im Jahr 193 n. Chr. von einem gewissen Senator Didius Julianus ersteigert. Anbieter waren die Pr¨atorianer (kaiserliche Garde), die zuvor schlicht den amtierenden Kaiser Pertinax ermordeten und dann bei 6250 Drachmen (= 25000 Sesterzen) pro Pr¨atorianer den Zuschlag f¨ur das Kaiserreich erteilten.1 Didius Julianus ereilte aber eine fr¨uhe Form des ”winner’s curse”: 66 Tage nach Abgabe seines Angebots wurde er seinerseits erschlagen.

Ein entscheidendes Merkmal von Auktionen besteht darin, dass der Verk¨aufer die Bewertungen und damit Zahlungsbereitschaften des in Rede stehenden Guts durch den oder die potentielle(n) K¨aufer nicht kennt. W¨urde er n¨amlich diese Bewertungen kennen, so k¨onnte der Verk¨aufer das Gut einfach dem K¨aufer mit der h¨ochsten Zahlungsbereitschaft zu genau diesem Preis anbieten. Eine Auktion ist also ein m¨oglicher Mechanismus f¨ur einen Verk¨aufer, etwas uber¨ die Zahlungsbereitschaften der potentiellen K¨aufer zu erfahren.

Moderne Auktionen umfassen so unterschiedliche Dinge wie

die Platzierung von Staatsund anderen Anleihen auf Finanzm¨arkten;

die Allokation von Mobilfunklizenzen;

die Privatisierung von Staatseigentum – in sehr großem Umfang in den osteurop¨aischen L¨andern nach dem Fall des Eisernen Vorhangs;

1Dies entspricht in heutiger Kaufkraft einer Summe von etwa 100.000 US-$. Bei einer St¨arke der Pr¨atorianergarde von ca. 10.000 Mann summierte sich der Gesamtbetrag f¨ur das R¨omische Reich also auf rund eine Milliarde US-$.

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180

KAPITEL 7. AUKTIONEN

die Vergabe ¨o entlicher Auftr¨age1;

die Vergabe von Bohrund Sch¨urfrechten;

die Allokation von Umweltverschmutzungsrechten;

und auch aufgrund geringer werdender Transaktionskosten auch den Kauf bzw. Verkauf relativ geringwertiger G¨uter zwischen Privatkunden – beispielsweise uber¨ Ebay.

Durch die M¨oglichkeit elektronischer Auktionen hat sich das Spektrum der Einsatzm¨oglichkeiten von Auktionen dramatisch erweitert. Selbst modernes Rechnerdesign greift auf Auktionsmechanismen zur¨uck, indem konkurrierenden Verwendungen von Prozessorkapazit¨at ein Wert beigelegt wird. Diejenige Verwendung mit der h¨ochsten ”Zahlungsbereitschaft” wird dann als erstes durchgef¨uhrt – was letztlich einen optimalen Umgang mit Flaschenh¨alsen der Prozessorkapazit¨at und damit eine optimierte Rechnerleistung erm¨oglicht. Gerade bei Rechnern, die parallel an verschiedenen Aufgabenteilen, die miteinander zusammen h¨angen, arbeiten, leuchtet die Verwendung einer solchen ”internen Auktion” unmittelbar ein.

Auktionen sind einer spieltheoretischen Analyse zug¨anglich, weil es sich um eine Situation mit strategischer Interaktion zwischen Anbieter und ggf. mehreren Nachfragern handelt. Auch die Interaktion verschiedener Bieter untereinander kann strategische Elemente beinhalten. Da zudem den Beteiligten wichtige Informationen fehlen (wie oben bereits gesagt, fehlt dem Anbieter immer die Information uber¨ die Bewertung des Auktionsgegenstands durch die Bieter) sind Auktionen letztlich nichts anderes als Spiele mit unvollkommener Information. Die Interdependenz zwischen dem Verhalten der an einer Auktion beteiligten Akteure kommt vor allem darin Ausdruck, dass das Gebot eines Nachfragers abh¨angig vom Verhalten der anderen Nachfrager ist,

¨

da ja auf konkurrierende Gebote reagiert werden muss – entweder mit Uberbieten oder mit R¨uckzug. Dabei kann es sich um dynamische oder statische Spiele handeln, je nachdem, ob man uber¨ mehrere (beliebig viele?) Runden mitsteigern oder aber nur ein einziges Angebot abgeben kann.

Die systematische spieltheoretische Analyse von Auktionen begann mit der Arbeit von William Vickrey (1961).2 Einen breiten, jedoch sehr anspruchsvol-

¨

len Uberblick uber¨ die inzwischen sehr große Literatur zu Auktionen bietet das Buch von Krishna (2002).

Abschnitt 7.2 auf der n¨achsten Seite befasst sich mit einigen grundlegenden Begri en der Auktionstheorie, insb. mit vier wichtigen Grundformen von Auktionen. In Abschnitt 7.3 auf Seite 187 wird dann kurz dargestellt,

1Hier erh¨alt der Anbieter den Zuschlag, der zum niedrigsten Preis eine bestimmte Leistung durchf¨uhrt.

2

¨

 

Im Jahr 1996 wurde William Vickrey f¨ur diese Arbeiten der Nobelpreis f¨ur Okonomie

(zusammen mit James Mirrlees) zuerkannt.

7.2. GRUNDLEGENDE BEGRIFFE

181

inwiefern bzw. unter welchen Umst¨anden die Auktionen zu gleichen bzw. un-

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terschiedlichen Ergebnissen f¨uhren, d.h. es geht um die Aquivalenzeigenschaften unterschiedlicher Auktionsformen. Abschnitt 7.4 auf Seite 189 widmet sich einer sehr bekannten und instruktiven auktionstheoretischen Anomalie, dem ”winner’s curse”. Bis zu diesem Punkt wird (wenigstens implizit) davon ausgegangen, dass jeweils nur ein Objekt versteigert wird. Allerdings geht es in Auktionen gar nicht so selten auch darum, dass mehrere Objekte gleichzeitig versteigert werden – sei es als fixe Pakete oder auch in B¨undeln, die ex ante nicht ”fertig gesch¨urt” sind. Diese Situation einer solchen ”multiobject auction” ist theoretisch sehr interessant, weil die Bewertungen einzelner Gegenst¨ande in einer solchen Auktion typischerweise eine Funktion der Verteilung aller Gegenst¨ande ist.1 Dieser Umstand verkompliziert die Analyse der strategischen Interaktion zwischen Verk¨aufer und K¨aufern bzw. auch zwischen verschiedenen potentiellen K¨aufern ganz erheblich. Diese Situation ist aber nicht nur theoretisch spannend, sondern auch empirisch interessant. Bei den in den letzten Jahren spektakul¨arsten Versteigerungen wurden die Rechte an bestimmten Frequenzspektren f¨ur die mobile Kommunikation mit dem UMTS-Standard verkauft. Da es hierbei um die simultane Versteigerung mehrerer Frequenzpakete ging, waren dies typische Beispiele f¨ur multi-object auctions. Abschnitt 7.5 auf Seite 192 befasst sich mit den wichtigsten theoretischen Aspekten, aber auch mit einer kurzen Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte der UMTS-Auktionen.

7.2Grundlegende Begri e

7.2.1Wert und Bewertung einer Auktion

Ein f¨ur jede Auktion zentrales Merkmal ist die Bewertung des Auktionsgegenstands durch die verschiedenen Bieter.2 Dabei ist zun¨achst zwischen dem Wert eines Gegenstandes f¨ur einen Bieter und der Sch¨atzung dieses oft nicht genau bekannten Wertes oder - um ein k¨urzeres Wort zu haben - der Bewertung zu unterscheiden. Gibt es hier einen Unterschied, so liegt o ensichtlich eine Bewertungsunsicherheit durch den Bieter vor – was der Normalfall sein d¨urfte. Im Folgenden sei mit vi die Bewertung eines Gegenstandes durch den Bieter i bezeichnet. Hinsichtlich dieser Bewertungen werden die folgenden Unterscheidungen bzw. Begri sbestimmungen vorgenommen:

Wenn eine Bewertung vi allen anderen Bietern j 6= i unbekannt sind, spricht man von private values.

1Von multi-object auctions sind zu unterscheiden multi-unit auctions, bei denen es ”nur” darum geht, mehr als eine Mengeneinheit des gleichen Guts zu versteigern.

2Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob der Verk¨aufer diese Bewertungen kennt. Wie bereits im einleitenden Abschnitt gesagt, ist eine Auktion fast dadurch definiert, dass dies nicht der Fall ist.

182

KAPITEL 7. AUKTIONEN

Wenn die Bewertungen eines Gegenstands durch zwei Bieter i und j unabh¨angig voneinander sind, spricht man von independent values. Es gilt hier, dass vi vj .1

Beide Eigenschaften sind typischerweise gegeben, wenn es um Liebhaberobjekte geht oder generell um Dinge, die man f¨ur den Eigengebrauch ersteigern m¨ochte ohne eine Wiederverkaufsabsicht. Der entscheidende Punkt ist, dass im Verlauf der Auktion das Verhalten der jeweils anderen Bieter keinerlei (relevante) Information f¨ur den Wert oder die Bewertung eines Auktionsgegenstands beinhaltet. Damit ist auch eine wichtige Komponente der strategischen Interaktion ausgeschaltet.

In vielen Auktionen ist diese Unabh¨angigkeit der Bewertungen aber nicht gegeben, weil alle Bieter unvollkommenen uber¨ den Auktionsgegenstand informiert sind, dabei aber ggf. unterschiedliche Informationen haben. Wird

¨

beispielsweise das F¨orderrecht f¨ur ein Olvorkommen versteigert, so wird jeder Bieter eine eigene Absch¨atzung der Ergiebigkeit und Qualit¨at vornehmen. Dar¨uber hinaus kann ein Bieter aber auch ho en, vom Bietungsverhalten der

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anderen etwas lernen zu k¨onnen: ”Wenn meinem Mitbieter das Olfeld x E wert ist, dann wird das schon seine Gr¨unde haben, die letztlich auch f¨ur mich zutre end sind. O ensichtlich hat mein Konkurrent einen Grund anzunehmen, dass das Feld diesen Betrag wert ist. Also werde ich mal mithalten.” In diesem Fall spricht man von

interdependent values. Diese sind also gegeben, wenn die Bewertung durch den Bieter i (z.B. aufgrund des unterschiedlichen Informationsstandes zwischen den Bietern) unter anderem abh¨angt von der Bewertung durch Bieter j: vi = vi (vj, ...) i 6= j. Synonym zu interdependent values findet auch der Begri ”correlated values” Verwendung in der Literatur.

Nat¨urlich muss der interdependente bzw. korrelierte Wert f¨ur die Bieter

¨

nicht identisch sein. So kann ein bestimmtes Olvorkommen f¨ur eine Firma attraktiver sein als f¨ur eine andere, weil sie beispielsweise bereits spezielles Bohrger¨at und/oder qualifizierte Arbeiter vor Ort hat. Trotz dieser unterschiedlichen Werte bzw. Bewertungen sind in diesem Beispiel jedoch die Angebote der Konkurrenz nicht wertlos, sondern k¨onnen die eigene Bewertung beeinflussen.

Ein besonders einfacher – h¨aufig aber auch realistischer – Spezialfall von interdependent values liegt vor, wenn der Wert eines Gegenstands f¨ur alle Bieter gleich ist, d.h.

1Die Begri sverwendung in der Literatur ist leider nicht ganz einheitlich. Bisweilen wird die Eigenschaft der Unabh¨angigkeit von Bewertungen bereits als Merkmal von private values gesehen. Oft wird auch von ”independent private values” gesprochen, wobei hier dann klar ist, dass beide der o.g. Eigenschaften gemeint sind.

7.2. GRUNDLEGENDE BEGRIFFE

183

common values vorliegen. In diesem Fall gilt also i : vi = v + εi, wobei εi ein unabh¨angig mit Mittelwert von Null verteilter St¨orterm ist. v ist dann der typischerweise zwar unbekannte, aber f¨ur alle Bieter identische Wert. Der St¨orterm bringt hier zum Ausdruck, dass auch bei einem gleichen Wert des Auktionsgegenstands die Bewertungen nicht identisch sein m¨ussen, da individuelle Abweichungen vom wahren Wert aufgrund von Informationsunvollkommenheiten, die in Bewertungsunsicherheiten resultieren, auftreten k¨onnen.

Ein Beispiel f¨ur common values sind IPO’s junger Aktien. Auch wenn ex ante die Einsch¨atzungen des Werts junger Aktien zwischen Bietern deutlich voneinander abweicht, sind diese plausiblerweise ex post f¨ur alle Bieter gleich viel wert – jedenfalls wenn man von Dingen absieht wie Erlangung von Sperrminorit¨aten durch den Kauf dieser Aktien oder unterschiedliche Korrelationsmuster mit schon existierenden Portfolios.

7.2.2Auktionsformen

Unabh¨angig von der Bewertung durch die Teilnehmer an einer Auktion gibt es extrem viele und verschiedene konkrete Auktionsformen – der Phantasie sind da kaum Grenzen gesetzt.1 Bei aller Formenvielfalt lassen sich jedoch vier Grundformen unterscheiden, die in Abbildung 7.1 aufgelistet sind und nachfolgenden jeweils kurz erl¨autert werden.

Auktionen k¨onnen generell mit o enen oder verdeckten Geboten arbeiten. Bei o enen Geboten ist weiterhin zu unterscheiden, ob der Bietprozess abnehmende oder zunehmende Preise nennt. Bei verdeckten Auktionen kann danach unterschieden werden, ob der Preis dem h¨ochsten oder dem zweith¨ochsten Gebot entspricht.

 

Auktionen

offene Auktionen

 

verdeckteAuktionen

Englische A.

 

First Price Sealed Bid

(First Price Open Cry)

 

Holländische A.

 

Vickrey

(absteigende Gebote)

 

(Second Price Sealed Bid)

Abbildung 7.1: Vier Auktionsformen

1Ab Ende des 17. Jhd. wurden die G¨uter der ostindischen Kompanie in England in sog. Kerzenauktionen verkauft. Dabei wurde eine kleine Kerze angez¨undet; den Zuschlag erhielt, wer das letzte Angebot vor dem Verl¨oschen der Kerze machte.

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KAPITEL 7. AUKTIONEN

Vickrey Auctions (Second Price Sealed Bid)

Diese Form der Auktion sieht vor, dass alle Bieter ihre Gebote (ohne vorherige Absprache) in verschlossenen Umschl¨agen hinterlegen. Der Auktionator ¨o net dann alle Umschl¨age und erteilt demjenigen Bieter den Zuschlag, der das h¨ochste Gebot abgegeben hat. Dieser muss dann jedoch nur den Preis des zweith¨ochsten Gebots bezahlen. Daher wird diese von Vickrey (1961) zuerst beschriebene Form auch als ”second price sealed bid auction” bezeichnet.

Obgleich das Design auf den ersten Blick etwas eigenartig aussieht, l¨asst sich eine Vickrey-Auktion f¨ur den Fall von private independent values besonders einfach analysieren. Das Ergebnis lautet wie folgt:

Theorem: Die ehrliche Bekanntgabe der eigenen Bewertung des Auktionsgegenstandes ist eine schwach dominante Strategie eines Bieters in einer Vickrey-Auktion.

Beweis: Die Bewertung des Auktionsgegenstandes durch Bieter i sei mit vi bezeichnet. Wenn i mehr als vi bietet, und er das h¨ochste Gebot abgibt, muss er u.U. einen Preis bezahlen, der uber¨ seiner Zahlungsbereitschaft liegt. Verliert er die Auktion dennoch, ist sein Nutzen einfach Null. Also wird er niemals einen h¨oheren Betrag als vi bieten. Wenn er jedoch einen niedrigeren Betrag bietet, ist es denkbar, dass er die Auktion verliert und der Zuschlag zu einem Preis p < vi erfolgt, der auch f¨ur Bieter i attraktiv gewesen w¨are. Daher wird i nie ein niedrigeres Gebot als vi abgeben. Dies ist eine (nur) schwach dominante Strategie, weil f¨ur p = vi Bieter i gerade indi erent ist, ob er die Auktion gewinnt oder verliert.

Das Design der Vickrey-Auktion findet sich auch in der Realit¨at h¨aufig wieder. Durch die M¨oglichkeit, in ebay einen Bietagenten zu beauftragen bis zu einer bestimmten Summe alle eingehenden Gebote um die Bietmarge zu uberbieten,¨ bezahlt letztlich der H¨ochstbietende die zweith¨ochste marginale Zahlungsbereitschaft (plus Bietmarge), nicht aber sein H¨ochstgebot. In einer Online-Auktion ist dies allein schon deswegen ein sinnvolles design, weil potentielle K¨aufer dadurch die M¨oglichkeit haben, alle relevanten Angaben zu einem beliebigen Zeitpunkt einzugeben und dann das Ende der Auktion auch nicht vor dem Bildschirm abzuwarten.

First Price Sealed Bid Auctions

Bei dieser Auktionsform werden ebenfalls Gebote in verschlossenen Umschl¨agen (oder auf eine andere Art verdeckt) abgegeben. Allerdings bezahlt hier der H¨ochstbietende auch den von ihm genannten Preis. Zumindest auf den ersten Blick erscheint diese Auktionsform plausibler und aus der Sicht des Verk¨aufers deutlich attraktiver zu sein.

Allerdings ist es selbst bei independent private value auctions deutlich schwieriger, eine gleichgewichtige Bietstrategie zu formulieren. Die ehrliche Bekanntgabe der Bewertung vi ist n¨amlich kein Optimum mehr, da ja dann der erwartete Nutzen aus einer gewonnenen Auktion gleich Null w¨are. Trivialer-

7.2. GRUNDLEGENDE BEGRIFFE

185

weise g¨alte dann n¨amlich, dass p = vi

vi − p = 0. Jeder, der eine solche

Auktion gewinnt, ist also gerade indi erent, ob er gewinnt oder verliert, wenn als Bietstrategie die Bekanntgabe von vi gew¨ahlt wird.

Daher muss eine gleichgewichtige Bietstrategie in jedem Fall ein Gebot benennen, das unterhalb von vi liegt. Wie viel man darunter gehen sollte, ist aber nicht einfach und auch nicht generell zu beantworten, da sich der folgende trade-o auftut: Je geringer das Gebot ist, desto h¨oher w¨are die Di erenz vi − p im Fall des Zuschlags und damit der Nutzen aus einer gewonnenen Auktion. Auf der anderen Seite geht aber mit einem geringeren Gebot auch die Wahrscheinlichkeit zur¨uck, dass man den Zuschlag erh¨alt. Eine Abw¨agung dieser beiden E ekte bedingt mindestens eine Vorstellung uber¨ die Verteilung der Zahlungsbereitschaften aller Bieter – egal, ob diese jeweils unabh¨angig oder miteinander korreliert sind. Diese Vorstellung ist notwendig, um absch¨atzen zu k¨onnen, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein bestimmtes Gebot tats¨achlich gewinnen wird. Eine genauere formale Analyse unterbleibt hier.

Wenden wir uns nun den o enen Auktionen zu, bei denen der gerade aktuelle Preis w¨ahrend der laufenden Auktion allen Beteiligten bekannt ist. Es leuchtet ein, dass nun aus dem Bieterverhalten w¨ahrend des Auktionsprozesses im Prinzip bestimmte Informationen uber¨ die Bewertungen des Auktionsgegenstandes durch die jeweils anderen abgeleitet werden k¨onnen. Es bleibt zu sehen, inwiefern diese Informationen f¨ur die beteiligten Bieter relevant sind und zu entsprechend verschiedenen Bietstrategien f¨uhren.

Holl¨andische Auktion

Bei der holl¨andischen Auktion wird vom Verk¨aufer (bzw. Auktionator) zun¨achst ein H¨ochstpreis benannt, der anschließend kontinuierlich gesenkt wird. Der Verk¨aufer kann sich dabei die M¨oglichkeit vorbehalten, einen Mindestpreis anzugeben, bei dem das Angebot zur¨uckgezogen w¨urde. Jeder der potentiellen K¨aufer kann jederzeit die Auktion beenden, indem er den gerade angezeigten Preis akzeptiert.1 Das mag nicht besonders allt¨aglich klingen, in Rasmusen (2001, p. 328) wird aber uber¨ die kanadische Tabakb¨orse berichtet, in der die K¨aufer um eine Art Uhr herumsitzen, die den Preis jeweils um 1/4 Cent nach

1F¨ur alle, die sich schon einmal mit der genauen Prozedur der Allokation von Zentralbankgeld durch die EZB an die Gesch¨aftsbanken befasst haben: Dort gibt es auch ein holl¨andisches (und als Gegenst¨uck: amerikanisches) Verfahren zur Allokation des Zentralbankgelds f¨ur eine gegebene Struktur von Angeboten seitens der Gesch¨aftsbanken im Rahmen eines Zinstendergesch¨afts. Nach dem holl¨andischen Zuteilungsverfahren werden alle akzeptierten Gebote zu dem niedrigsten von der EZB noch akzeptierten Zins bedient. Im Gegensatz dazu wird bei amerikanischen Zuteilungsverfahren jedes Gebot zu dem genannten Zins bedient. Mit dieser Unterscheidung hat das hier besprochene holl¨andische Auktionsverfahren nichts zu tun. In der Auktionstheorie haben sich f¨ur diese Unterscheidung innerhalb von multi-unit auctions die Begri e uniform price auction (alle Bieter bezahlen das gleiche) versus discriminatory price auctions (unterschiedliche Bieter bezahlen f¨ur das gleiche unterschiedlich viel) eingeb¨urgert.

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KAPITEL 7. AUKTIONEN

¨

unten z¨ahlt. Etwas Ahnliches kann man bisweilen beim Verkauf verderblicher Waren beobachten, wenn Anbieter gegen Handelsschluss die Preise sukzessive senken. Ein wichtiges Merkmal dieser Auktionsform ist, dass sie trotz des o enen Formats keine relevante Information uber¨ die Bewertungen durch die anderen Bieter liefert. Denn erst wenn ein Bieter den Auktionsgegenstand uber¨- nimmt, signalisiert er etwas uber¨ seine Zahlungsbereitschaft.1 Und genau dann ist die Auktion auch schon zu Ende. Deshalb ist f¨ur diese Auktionsform auch die Unterscheidung zwischen private values und interdependent bzw. common values nicht wirklich bedeutsam.

Englische Auktion

Die g¨angigste Form ist die sog. englische Auktion, in der bindende und allen Teilnehmern sofort bekannte Angebote genannt werden m¨ussen und das h¨ochste Angebot den Zuschlag zu dem letztgenannten Preis erh¨alt.2 Jeder Bieter wird hier seine Bietstrategie w¨ahlen vor dem Hintergrund des Wertes, den er dem Auktionsgegenstand beimisst, seinen Einsch¨atzungen bzgl. der Bewertungen des Gegenstands durch die anderen Bieter und dem Verlauf der Auktion, d.h. den bereits abgegebenen Angeboten.

Bei independent value auctions, die als englische Auktion durchgef¨uhrt werden, liegt die optimale Strategie jedes Teilnehmers auf der Hand: Man bietet unterhalb des eigenen Werts bzw. der eigenen Bewertung immer mit und uberbietet¨ dabei andere Gebote um den geringstm¨oglichen Betrag.3 Das Ergebnis der Auktion wird sein, dass der Spieler mit der h¨ochsten Bewertung den Artikel zum Preis der zweith¨ochsten Bewertung zuz¨uglich der minimal

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notwendigen Uberbietung erh¨alt. Dies ist auch der Fall bei interdependent values, weil ja im Verlauf der Auktion relevante Signale uber¨ die Bewertungen des Auktionsgegenstandes durch die Mitspieler bekannt werden. Relevant sind diese Signale deswegen, weil eine o enbarte h¨ohere Bewertung der Mitbieter w¨ahrend der laufenden Auktion in die Revision der eigenen (interdependenten) Bewertung einfließen und rechtzeitig in ein entsprechend hohes eigenes Gebot umgesetzt werden kann.

Englische Auktionen weisen die sog. ”no-regret property” auf. Auch wenn nach der Auktion die Bewertungen aller Bieter klar w¨aren, bleibt das Verhalten aller Beteiligten optimal und daher nicht im Nachhinein zu bedauern. Der Gewinner bedauert den Gewinn nicht, weil er unterhalb der eigenen Bewertung des Gegenstands geblieben ist – egal ob diese Bewertung durch die im Verlauf der Auktion abgegebenen Gebote der anderen beeinflusst wurde

1Zuvor erf¨ahrt man auch schon etwas, dass n¨amlich niemandes Bietstrategie vorsieht, zu einem entsprechend hohen Preis ein Gebot abzugeben. Aber diese Information ist o ensichtlich f¨ur das eigene Verhalten irrelevant.

2Daher wird diese Auktionsform auch ”first price open cry” bezeichnet.

3Die meisten Auktionsregeln schreiben bestimmte minimale Erh¨ohungsschritte vor, die typischerweise vom bereits erreichten Betrag abh¨angen.

¨

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7.3. AQUIVALENZEIGENSCHAFTEN VON AUKTIONEN

oder nicht. Und alle ”Verlierer” der Auktion brauchen nicht zu bedauern, dass sie den Zuschlag nicht erhalten haben, weil dieser ja zu einem Preis erfolgte, der h¨oher liegt als ihre Bewertung – also subjektiv uberteuert¨ ist. Im Gegensatz dazu weisen Holl¨andische Auktionen diese ”no-regret property” nicht auf, weil ja der Gewinner den Zuschlag potentiell deutlich uber¨ der ihm unbekannten zweith¨ochsten Bewertung erh¨alt.

¨

7.3 Aquivalenzeigenschaften von Auktionen

Die Beschreibung der vier Auktionsformen im letzten Abschnitt l¨asst nicht ohne weiteres erkennen, ob bzw. unter welchen Unterschieden diese zum gleichen Ergebnis gelangen. Ein guter Teil der Auktionstheorie besch¨aftigt sich mit genau dieser Frage. Der normative Hintergrund dabei ist die Beratung vor allem von Anbietern, aber auch von Nachfragern von G¨utern, die versteigert werden sollen. Insbesondere die Versteigerung der UMTS-Lizenzen generierte dabei einen immensen Bedarf f¨ur Beratung. Es ist wichtig, die Konsequenzen unterschiedlicher Auktionsdesigns zu verstehen, um hier entsprechenden Rat f¨ur das design von Auktionen – und gegeben das design f¨ur das Verhalten in Auktionen – geben zu k¨onnen.

¨

Die st¨arkste Aquivalenz besteht zwischen der Holl¨andischen Auktion und der First Price Sealed Bid Auktion. Diese beiden Auktionsformen sind strategisch aquivalent¨ in dem Sinn, dass sich die Bieter jeweils identisch verhalten. Auch ohne formalen Beweis kann man sich dies relativ einfach verdeutlichen: Der entscheidende Punkt ist, dass bei beiden Auktionen keinerlei relevante Informationen uber¨ die Bewertungen der jeweils anderen Bieter bekannt werden. Bei der First Price Sealed Bid Auktion ist dies durch die Konstruktion der Auktion vollkommen klar, wie bereits erw¨ahnt wird aber auch beim o enen, holl¨andischen Auktionsformat die erste relevante Informa-

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tion erst dann bekannt, wenn die Auktion vor¨uber ist. Die Aquivalenz h¨angt deshalb auch nicht davon ab, ob es sich um private independent oder interdependet value auctions handelt.

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Eine schw¨achere Form der Aquivalenz liegt zwischen der englischen Auktion und einer Vickrey-Auktion vor. Beide sind n¨amlich nur dann identisch, wenn alle Bieter eine private valuation vornehmen. Dann wird in beiden Formaten derjenige Bieter mit der h¨ochsten Zahlungsbereitschaft das Gut zu dem Preis erhalten, den der Bieter mit der zweith¨ochsten Zahlungsbereitschaft maximal bietet – bei der englischen Auktion zuz¨uglich der Bietmarge. Liegen hingegen interdependent values vor, so sind die beiden Formen nicht identisch. Das o ene englische Format erm¨oglicht es n¨amlich, w¨ahrend des Bietvorgangs die eigene Bewertung aufgrund der Gebote der anderen nach oben zu korrigieren, w¨ahrend das geschlossene Format der Vickrey-Auktion dies nicht zul¨asst.

¨

Ein sehr wichtiges Aquivalenzergebnis der Auktionstheorie ist die Tatsache,

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KAPITEL 7. AUKTIONEN

dass f¨ur independent private valuations in allen Auktionsformen der erwartete Preis, den ein Auktionsgegenstand erzielt, der gleiche ist. Dieses Ergebnis von Vickrey (1961) firmiert in der Literatur als revenue equivalence theorem. Wichtig ist, dass dieses Ergebnis zweierlei nicht impliziert:

Zum einen sind die gleichgewichtigen Bietstrategien nicht allen vier Formen die gleichen; so hatten wir ja gesehen, dass bei der Second Price Sealed Bid Auktion das ehrliche O enlegen der Bewertung gleichgewichtig ist, w¨ahrend dies f¨ur eine First Price Sealed Bid Auktion nicht der Fall ist.

Zum anderen impliziert das genannte Ergebnis nicht, dass in jeder private value Auktion unabh¨angig von der Form der gleiche Preis resultiert. Dies ist deshalb nicht der Fall, weil es f¨ur das holl¨andische und das First Price Sealed Bid Format jeweils eine Sch¨atzung der zweith¨ochsten Zahlungsbereitschaft braucht. Man kann nun plausiblerweise davon ausgehen, dass diese Sch¨atzung in der Erwartung bzw. bei hinl¨anglich h¨aufiger Wiederholung der Auktion im Durchschnitt korrekt ist – was dann zu dem revenue equivalence theorem f¨uhrt. Das impliziert aber nicht, dass jede Realisation f¨ur die Sch¨atzung korrekt und damit das Ergebnis konkreter Auktionen immer identisch ist

Wichtige Unterschiede zwischen den Formaten – und bei der Formulierung der weiteren Details innerhalb eines Auktionsformats – betre en vor allem die

Wahrscheinlichkeit, dass sich Bieter in irgendeiner Weise – nat¨urlich zum Nachteil des Verk¨aufers – koordinieren k¨onnen. Verschiedene Auktionsformen machen aber die sog. Bieterkollusion unterschiedlich leicht. Angenommen, zwei Bieter 1 und 2 wissen voneinander, dass 1 die h¨ohere Zahlungsbereitschaft hat und sie einigen sich darauf, dass zwar 1 die Auktion gewinnt, dass aber das H¨ochstgebot auch (deutlich) unterhalb der Zahlungsbereitschaft des 2 bleibt.1 In einer o enen englischen Auktion ist dies einigermaßen leicht durchzusetzen, denn 1 sieht sofort, wenn 2 sich nicht an die Abmachung h¨alt und kann dann glaubw¨urdig die Auktion bis uber¨ die Zahlungsbereitschaft des 2 hinaus treiben. In diesem Sinne erm¨oglicht die englische Auktion die rechtzeitige Entdeckung eines Abweichens von kollusivem Verhalten und stabilisiert damit die Kollusion. Demgegen¨uber w¨are bei einer First Price Sealed Bid Auktion die Kontrolle schwieriger, da der 2 die Auktion nun tats¨achlich gewinnt, wenn er sich gerade nicht an die Abmachung h¨alt und ein klein wenig mehr bietet als zuvor f¨ur den 1 ausgemacht. Wenn der 1 die Auktion ganz sicher gewinnen will, muss er die Bewertung des 2 wirklich uberbieten¨ – und diesen

1F¨ur sich genommen ist das nat¨urlich f¨ur den 2 keine dominante Strategie, da er ja bis zu seiner Bewertung gehen k¨onnte. Allerdings k¨onnte es Teil einer gleichgewichtigen Strategie in einem gr¨oßeren Zusammenhang sein; innerhalb dieses ”großen Spiels” w¨urde Bieter 1 dem Bieter 2 dann ebenfalls bestimmte Vorteile zukommen lassen m¨ussen.

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