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«Rosenkranzfest» 1506

Es wurde nach der Bestellung der deutschen Kaufleute in Venedig gemalt.

Dürer legte auf dieses Gemälde besonderen Wert, er wollte hier in Venedig, dem Zentrum einer hervorragenden Malerschule, beweisen, daß er nicht nur ein ausgezeichneter Graphiker, sondern auch ein guterMaler war, und zwar ein deutscher Maler. Das gelang ihm auf glänzende Weise.

Dürers Tafel stellt eine Rosenkranz - Laienbruderschaft dar. Es handelt sich um ein religiöses Thema, das in einem Bild die irdische Welt mit der überirdischen verbindet.

Alle Teilnehmer an der Feier sind damals lebende Persönlichkeiten. Unter ihnen sind Papst Julius II., Kaiser Maximilian I. und Dürer selbst. Neben dem Thron der Madonna knien sowohl deutsche Kaufleute als auch Italiener. Sie gruppieren sich um die beiden Häupter der christlichen Welt, um Papst Julius II., der links neben der Madonna, und um Kaiser Maximilian I., der rechts kniet.

Die einzelnen Figuren gehören zu seinen besten Porträts, sie sind großzügig aufgefaßt, erfüllt von tiefer Menschlichkeit, das Ganze ist ein imposantes Gruppenporträt, eine der großen künstlerischen Leistungen nicht nur der deutschen Kunst. Die Szene spielt in einer Landschaft, die mit italienischen Landschaften nichts gemein hat. Es ist ein breites Alpental, von einem Fluß durchströmt, mit einer Stadt am Fuße hoher Berge. Die Erinnerung an Dürers Reise über die Alpen ist offenkundig. Die Madonna dagegen ist typisch dürerisch. In dem Farbenakkord von Violett, Rot und Blau spürt man den Einfluß der venezianischen Malerei. Diesen Einfluß sieht man auch in der Komposition des Bildes. Für die zentrale Gruppe der Madonna, des Papstes und des Kaisers verwendete er das beliebte Renaissanceschema eines Dreiecks. Es handelt sich jedoch auf keinen Fall um eine Nachahmung italienischer Gemälde. Dürers Tafel ist ein deutsches Bild.

In dem Gemälde herrscht Ordnung und heitere Stimmung, der Mensch befindet sich in vollkommener Harmonie mit der herrlichen Frühlingslandschaft, also mit dieser irdischen Welt und der Welt Gottes, repräsentiert durch die Madonna, das Jesuskind und die Engelchen. So stellt sich uns Dürersreifer Humanismus dar, die wirkliche deutsche Renaissance. Dürer legte alles in dieses Bild, was damals den Stolz der deutschen Kunst ausmachte. Und das Gemälde ist tatsächlich der Höhepunkt der damaligen deutschen Malerei. Es besitzt ein herrliches, leuchtendes und blendendes Kolorit, eine wunderbare präzise Zeichnung, vollendete Wiedergabe der verschiedenen Stoffe, glänzende Charakteristik der porträtierten Figuren, eine tiefe geistige Wahrhaftigkeit. Außerdem legte er in das Bild sein Entzücken über die Reise und die Natur in den Alpen, über Venedig und seine gesamte schöpferische Kraft und sein Selbstbewußtsein.

3.5. Versuchen Sie das Bild «Rosenkranzfest» zu beschreiben. Halten Sie sich dabei an die Schwerpunkte aus Aufgabe 2.1.

3.6. «Hieronymus im Gehäus» 1514

Dieser Kupferstich ist einer von den drei berühmten Meisterstichen Dürers, die 1513-1514 entstanden.

Dargestellt ist ein Kirchenheiliger, der die Bibel aus dem griechischen Urtext ins Lateinische übersetzt und ganz allgemein die menschliche Gelehrsamkeit versinnbildlicht. Dürer setzt ihn in ein Zimmer, wie es in den bürgerlichen Wohnhäusern des 16. Jahrhunderts allgemein anzutreffen war. Der Löwe, der neben einem kleinen schlafenden Hund im Vordergrund am Boden liegt, soll darauf hindeuten, daß der Heilige in der Einsamkeit der Wüste gelebt hat. Es sind auch viele Dinge zu sehen, die wir zum Teil kaum noch kennen; links die Fensterbank, darunter eine Truhe, darauf Bücher und Kissen, auf dem Fensterbrett ein Totenkopf, auf dem Tisch ein kleines Schreibpult, an der Wand im Hintergrund ein großer Hut, wie er zur Kleidung kirchlicher Würdenträger gehört, links daneben eine Sanduhr. Unter der Decke hängt ein Kürbis. Die Schuhe links unter der Bank tragen dazu bei, häusliche Geborgenheit zu zeigen. Ganz wundervoll ist das Licht dagestellt, das durch die Butzenscheiben der Fenster in den Raum fällt.

Das Besondere an dem Bild ist, wie in ihm das Dunkle nicht einfach dunkel ist und das Helle nicht nur hell wirkt. Licht, Schatten und das Farbige der Wirklichkeit sind in feinste Grauabstufungen umgesetzt worden.

3.7. Lesen Sie den Text: «Venezianische Versuchung»:

Dürer legte den Pinsel aus der Hand und trat von der Staffelei zurück. Er betrachtete sein Werk nachdenklich. Dann lächelte er ein wenig, nickte der jungen Frau zu, die in der Nähe des geöffneten Atelierfensters stand und bat sie, vor dem Gemälde Platz zu nehmen. Dürer blieb hinter ihrem Stuhl stehen und sah ihr Gesicht nur auf der Leinwand.

«Habe ich recht?» fragte er nach einer Minute des Schweigens. «Seid Ihr das, Donna Borsiere?»

Sie blieb stumm.

«Freut Ihr Euch?»

«Ich bin sehr glücklich.»

Ein Ahnungsloser hätte in den beiden wohl gestalteten Menschen mit Vergnügen die ungleichen Hälften eines Ganzen gesehen - am letzten aber in ihm einen landfremden Maler und in ihr eine Vertreterin seiner reichen, venezianischen Kundschaft.

Er war sechsunddreißig Jahre alt und hatte doch bereits seinen Fuß auf die höchsten Sprossen menschenmöglichen Ruhms gesetzt.

In ruhiger Selbstsicherheit trug er die Kleidung eines venezianischen Edelmanns. Die vollendete Anmut, mit der ihm das lockige Haar sein freimütiges Antlitz einfaßte, hatte nichts Weibliches - bloß ausgerechnet der allzu sorglich gepflegte Bart machte ihn einiger Koketterie verdächtig: «barbatus» neckten ihn, den «barteten Maler», die Freunde.

Die Frau erschien dagegen um vieles schlichter. Sie war eine gebürtige Nürnbergerin, sie hatte Döring geheißen, bevor sie einem venezianischen Kaufmann angetraut worden war, an dessen Seite sie sich vor Jahren in der Fremde niedergelassen hatte. Sie war glücklich, daß ihr Borsiere gerade ein solches Bildnis, gerade von solcher Hand gönnte. So hatte Dürer die junge Frau oft gesessen, und das waren sehr wortkargige Stunden gewesen, als hüte sich Dürer, das in den geschwätzigen Artigkeiten zu vergeuden, was er mit seinen wissenden Augen aufzuforschen und auf der Leinwand in Farbe umzusetzen hatte. Nun aber in dieser Stunde war sein Auftrag erfüllt. Und er sah, daß es gut war, und er fühlte sich gedrängt, sich über eine unklare Befangenheit plaudernd hinwegzutäuschen. Vollenden hieß für ihn immer auch Abschied nehmen.

Es fror ihn ein wenig bei dem Gedanken an die rauhere Heimatluft. Ihm schien, als müsse er, der hier ein Herr unter Herren gewesen war, dort wieder nichts anderes als ein Irgendwer im Getriebe der Zunft - und Städteordnung werden.

«Ich habe sehr gefürchtet, daß mein Konterfei vor Eurer Abreise nicht mehr fertig werden würde», gestand die Frau.

«Das war überflüssig. Wenn ich nicht fertig geworden wäre damit, so hätte dieses Bild alleine genügt, mich noch um einiges länger in Venedig festzuhalten. Freilich das Bild. Mit den Menschen wird man nicht fertig, solange man selber ein Mensch ist. Ich muß vieles in Venedig zurücklassen, was ich liebe: Bilder und Menschen». «Das klingt fast, als beneidet Ihr mich darum, daß ich hier bleibe». Dürer verließ seinen Platz und stellte sich neben die Staffelei, Anna Borsiere gegenüber.

«Was meiner wartet? Weniger Geld und weniger Versuchung? Weniger Gloria und mehr Aufrichtigkeit. Weniger grelles Licht und weniger finsterer Schatten: mein Vaterland, Nürnberg. Das Grab meines Vaters und die Zuversicht meiner alten Mutter und», er lächelte verhalten, «das Regiment meiner Hausfrau.»

Es klopfte. Dürer öffnete eilig.

«Maestro?» rief er überrascht und komplimentierte den greisen Bellini, das ehrwürdige Oberhaupt der venezianischen Malerschule, über die Schwelle.

Bellini, dessen Beweglichkeit in verblüffendem Widerspruch zu den hohen Jahren stand, durchquerte den Raum und stand alsbald vor der Staffelei mit dem Porträt.

Es schien, als verschlüge es ihm den Atem. Seine Aufgeräumtheit war mit einem Male dahin. Er wich zögernd zwei Schritte zurück und machte schmale Augen. In seinem runzligen Gesicht haftete nicht mehr die Spur eines Lächelns. Donna Borsiere und Dürer traten leise herzu. Nach ein paar hundert Herzschlägen erst löste sich Bellini aus dem Banne des Bildes. Er wechselte schweigend einen Händedruck mit dem Meister und ergriff dann mit beiden Händen die Rechte der jungen Frau.

«Madonna», sagte er bewegt, «das Leben hat mich gelehrt, daß unsere Wünsche oft ohnmöchtig sind. Dennoch beglückwünsche ich Sie von ganzem Herzen. Was Ihnen nur aber immer beschieden sein mag: dieser Mensch hat ihnen gegeben, was selbst die Götter den Sterblichen verweigern - er hat Ihre Schönheit unverwelklich gemacht für immer».

Dürer führte seine Gäste in eine Ecke des Ateliers, dort standen Stühle um ein Marmortischchen. Der Altmeister ließ sich im Armsessel nieder. Seine Blicke wanderten über die kahlen Wände.

«Leer, ausgeräumt, eingepackt. Du hast es eilig, mein Lieber.» «Seit meiner Ankunft sind zwei Jahre verflogen. Muß ich Ihnen erst sagen, daß ich nicht leichten Herzens heimkehre?» «Nicht leichten Herzens», sagte er, ja? Dann wandte sich Bellini an Anna Borsiere und fuhr sogleich fort: «Gedulde dich, Freund, mit achtzig Jahren wirst du das Abschiednehmen gelernt haben. Ich weiß, daß wir einander schwerlich begegnen werden. Aber ich bin vergnügt, daß ich dir begegnet bin, ich werde mich bis zu meiner letzten Stunde der Zeiten freuen, in denen du dich meinen Schüler nanntest. Daß du gleichermaßen mein Lehrer gewesen bist, gegen diese Einsicht mag sich deine Bescheidenheit sträuben; ich weiß dennoch besser, wie es sich damit verhält.»

«Und den Besten unter uns wünschte ich etwas von deinem Erbe, etwas vom Fleiß und der Gewissenhaftigkeit des nürnbergischen Handwerkers und von deiner Liebe zu den kleinen Dingen. Wäre ich nur etwas jünger, ich besuchte dich selbst in deiner Heimat».

«Sie beschämen mich, Maestro», murmelte Dürer verwirrt. «Sie stellen mich hin, als hätte ich mir um Sie großen Dank verdient - als käme es nicht vielmehr mir zu, Sie meiner Verehrung und ständigen Dankbarkeit zu versichern. Ich wüßte nicht, Maestro, auf welche Weise ich mich für Ihre Güte erkenntlich zeigen könnte.»

«Nicht leichter als das! Willst du mir nun endlich einen von deinen Haarpinseln verehren?»

Dürer sah ihn verständnislos an: «Einen was?»

«Einen Haarpinsel! Wie soll ich mich anders ausdrücken? Gibt es im Deutschen ein besseres Wort dafür?»

«Aber, Maestro, haben Sie Geduld und erklären Sie sich deutlich!» «Ich möchte gern einen von den Pinseln haben, wie du sie aus Nürnberg mitgebracht hast, um sie beim Malen von Haarlocken zu verwenden!»

Dürer sprang auf, lief zu einer Truhe, kniete vor ihr nieder und begann darin zu wühlen.

Bellini strahlte: «Du brauchst wahrhaftig nicht zu fürchten, daß ich dein Geschenk mißbrauchen werde. Es kommt in keine andere Hand als in die meine».

In wenigen Augenblicken stand Dürer wieder vor dem Alten. Es hatte ein halbes Dutzend Pinsel zusammengeklaubt und steckte sie ihm fächerförmig entgegen.

Bellini warf einen Blick auf die Pinsel und wurde nun ernstlich ärgerlich.

«Was soll das!» rief er gekränkt. «Dergleichen habe ich selber die schwere Menge! Den Haarpinsel! Willst du mich nicht verstehen? Den vielfach gespalteten Haarpinsel, mit dem du die einzelnen Haare einer Locke parallel durch die Kurven führst! Gib mir den Pinsel, mit dem du die Haare malst!»

Dürer stutzte, dann legte er unbesehen fünf Pinsel beiseite und ging mit unbewegter Miene zur Staffelei. Dort hob er vorsichtig das Bildnis A.Borsiers herunter und setzte eine leere Tafel an seine Stelle.

Bellini sah ihm mit Unmustfalten auf der Stirn zu. Dürer benetzte den Pinsel mit Farbe und begann vor seinen Augen zu improvisieren: in wenigen Minuten ringelte er eine Locke auf die Leinwand, die ganz denen glich, von denen Bellini überzeugt war, daß sie nur mit einem besonderen technischen Kniff herzustellen seien.

«Nein!» protestierte der Altmeister und schlug sich die Hände vor die Augen.

«Das glaube ich nicht! Das ist nicht wahr! Noch einmal! Weiter!» Dürer lächelte und fuhr fort, Bellini erbebte, und seine Blicke folgten fasziniert den Bewegungen der schönen Hände.

«Hör auf!» bat er schließlich, «es ist genug. Ich habe bis zur Stunde geglaubt, daß ich mich in meinem Fache auskenne, und hätte einen heiligen Eid darauf geschworen, daß das nicht möglich ist, was du vor meinen sehenden Augen getan hast.»

(nach Reinhard Höhne