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Der rettende Engel / Der rettende Engel 2

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Глава 11

Dr. Norden konnte zufrieden sein mit seiner Vermittlung. Als er zwei Tage später an Ellen Fortners Haus vorbeifuhr, um einen Krankenbesuch in der Nähe zu machen, sah er, daß Handwerker fleißig am Werk waren. Dr. Jacobs war dabei, die Hecke zu stutzen.

Da hielt Dr. Norden auf dem Rückweg doch mal an, um ein paar Worte mit Hans Jacobs zu tauschen.

»Es geht ja schon tüchtig voran«,sagte er.

»Und sehr schnell. Bald kann ich einziehen. Ich muß Ihnen ein herzliches Dankeschön sagen, Dr. Norden».

»Man freut sich, wenn man einen Tip geben kann, der dann auch zum Erfolg führt."

Dr. Jacobs Augen blickten munter durch die Brillengläser hindurch. Sein Gesicht hatte eine frische Farbe. Die Gartenarbeit, so sagte er, bekäme ihm ausgezeichnet, und so ganz gehöre er doch nicht zum alten Eisen.

Es kommt immer auf die Einstellung an, dachte Dr. Norden. Manche Menschen waren schon alt in jungen Jahren, sahen das Leben nur von der negativen Seite, waren unzufrieden oder übersättigt, und manche zerbrachen gar an dem geringsten Widerstand. Nun, zu denen gehörte Dr. Jacobs gewiß nicht.

Ellen freute sich, wie elastisch er durch , den Garten ging, dann treppauf, treppab, als es galt, seine Zimmer einzuräumen. Sie sorgte für eine kräftige Brotzeit und sah verwundert, wie er sich mit den Möbelpackern an den Tisch setzte um sich freundlich mit ihnen unterhielt.

Er ist ein guter Mensch, ich brauche nicht zu bereuen, dachte sie.

Die Arbeit hatte sie abgelenkt von Susanne. Zweimal hatte diese angerufen aber Ellen hatte nicht mal gemerkt, da ihre Stimme bedrückt klang, so sehr war sie im Arbeitseifer.

Susanne fühlte sich einsam in den Wohnung. Von den Nachbarn hatte sie noch niemanden getroffen. Manchmal hatte sie sogar das Gefühl, daß überhaupt keine vorhanden waren.

Aber als sie sich dann mühte, da Schild mit dem Namen Hammerstedt ab zuschrauben, kam eine junge Frau von oberen Stockwerk herab.

Sie war ziemlich groß, sehr schlank und sehr apart. Sie trug weiße Jeans und einen lässigen Pulli. Ihr kastanienbraunes Haar wies den modernsten Haar schnitt auf Grüngraue Augen musterten Susanne.

»Hallo«, sagte sie mit einer rauchigen Stimme, »ist Herr Hammerstedt ausgezogen?«

«Ich habe die Wohnung übernommen«, erwiderte Susanne stockend. »Susanne Fortner ist mein Name."

»Dana Iven heiße ich«, sagte die andere. «Dann ist dieser Widerling auch nicht mehr hier, oder haben Sie den etwa auch als Untermieter übernommen?«

»Ich weiß nicht, wen Sie meinen*, sagte Susanne, aber ihr Herz begann angstvoll zu klopfen.

"Peter heißt er wohl, mehr weiß ich auch nicht. Na, vor dem passen Sie man auf. Dem mug man gleich gehörig auf die Finger klopfen, ein unverschämter Kerl. Aber Sie sind ja nicht von gestern.« Sie lächelte. «Kommen Sie auf einen Drink zu mir?«

«Das ware eigentlich an mir«, sagte Susanne verlegen, »aber ich habe nichts da.« Und in ihr war dieses Unbehagen, weil jene Dana so abfällig über Peter gesprochen hatte. Neugierig war sie aber doch, wie diese dazu kam.

»Ich habe genug da«, sagte Dana. »Mein Mann kommt erst morgen zurück, da haben wir Zeit, uns ein bißchen näher kennenzulernen. Ich bin ja heilfroh, wenn man mal mit jemanden reden kann.«

Susanne ging mit hinauf. Die Wohnung war genauso groß und ähnlich eingerichtet, wie die untere. Irgendwie kam Susanne dies alles merkwürdig vor. Aber sie war voller Spannung, nun etwas mehr über dieses Haus und seine Bewohner zu erfahren.

Dana begann auch gleich lebhaft zu erzählen. »Das war ja ein ausgesprochenes Männerhaus«, sagte sie mit einem spottischen Unterton. »Von der Firma für leitende Angestellte gebaut. Ich bin noch nicht lange verheiratet. Erst drei Monate. Mein Mann igt ein Kollege von Jörg.« Sie warf Susanne einen fragenden Blick zu. »Sind Sie mit ihm liiert?« Susanne errötete. »Nein, ich kenne ihn gar nicht. Ein Freund von Hammerstedt hat mir die Wohnung vermittelt.«

«Komisch, daß die Firma eingewilligt hat. Aber vielleicht bleibt er jetzt in Ägypten, er ist ja so ein Einzelgänger.«

Es beruhigte Susanne nun doch ein wenig, daß von Ägypten die Rede war.

»Mein Mann ist auch dort, aber er kommt morgen zurück«, erzahlte Dana. »Er ist Chefingenieur, und Hammerstedt ist der Chefkonstrukteur. Ein schwieriger Mensch. Na dann, Susanne, ich freue mich, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben,«

Susanne wußte nicht, ob sie sich freuen sollte. Dana war ihr schon sympathisch, aber da war diese Bemerkung, die ihr zu schaffen machte.

»Sie sprachen da von einem Untermieter«, sagte sie vorsichtig. »Vielleicht war es auch nur Besuch. Jan sagte jedenfalls, daß es der Schwager von Jörg gewesen sei. Ein undurchsichtiger Bursche, wollte gleich mit mir anbandeln. Aber wie schon gesagt, solchen muß man gleich auf die Finger klopfen.« Susanne war blaß geworden. Sie hätte fast ihr Glas verschüttet Dana sah sie forschend an.

»Haben Sie etwa auch schon seine Bekanntschaft gemacht?« fragte sie leichthin.

»Es war Herr Rossow, der mir die Wohnung vermittelt hat«, sagte sie mit einiger Überwindung. »Er hatte die Vollmacht von Herrn Hammerstedt." Von den zehntausend Mark sagte sie aber nichts.

Dana runzelte die Stirn. «Hoffentlich hat das seine Ordnung«, murmelte sie. »Ich weiB, daB die Wohnungennur von der Firma vergeben werden. Aber billig sind sie ja nicht. Wenn Jan morgen zurückkommt, werden wir ja erfahren, was mit Hammerstedt los ist.« Sie machte eine kleine Pause. »Woher kennen Sie diesen Rossow? Ich erinnere mich, daß der Name einmal fiel". »Vom Verlag. Ich bin Graphikerin, er ist Werbefachmann.« « »Was Sie nicht sagen. Ich dachte, er ware . . .«, aber sie unterbrach sich und verschluckte, was sie sagen wollte. »Er war wohl mit Hammerstedts Schwester verheiratet, die aber schon vor Jahren tödlich verunglückt ist. Genaues weiß ich nicht. Nehmen Sie nicht alles wörtlich. Bei Jan geht auch alles zu einem Ohr rein, zum anderen raus, wenn es nicht

urn den Beruf geht.«

«Sind Sie auch berufstätig?« lenkte Susanne ab.

»Natürlich, sonst würde ich ja eingehen. Ich bin Designerin, entwerfe Stoffmuster. So ein biBchen ähnlich sind ja unsere Berufe. Ich habe gleich gemerkt, daB wir was gemeinsam haben.«

Dana verriet nicht, welche Gedanken sie sonst bewegten. Sie ahnte, daB mit der Wohnung irgend etwas nicht stimmte. Sie kannte ja die Bedingungen. Aber Susanne war ihr sympathisch, und sie wollte sie nicht verschrecken. Sie wollte erst mit ihrem Mann sprechen. Aber als Susanne sich dann verabschiedete, sagte sie doch: »Nehmen Sie sich vor diesem Rossow in acht, Susanne. Da steckt nicht viel dahinter. Das ist so ein Abenteurer. Aber ich hoffe, daB wir uns oft sehen. Wir Frauen müssen zusammenhalten.«

»Sie sind sehr nett«, sagte Susanne leise. »Ich habe bisher mit meiner Mutter zusammengewohnt, und ganz einfach ist es nicht, ganz auf sich gestellt zu sein.«

»Das ging mir auch mal so, aber eines Tages muB man sich entscheiden. Falls Sie etwas brauchen, lauten Sie einfach an. Ich arbeite zu Hause.«

»Ich habe Sie noch nie gesehen", sagte Susanne.

»War auch nicht möglich. Ich war drei Wochen bei meinen Eltern in Holland. Bin erst heute nacht zurückgekommen.«

» Sonst habe ich auch noch niemanden getroffen«, sagte Susanne. »Das wird auch so bleiben. Die Männer sind meistens unterwegs und jeder lebt für sich allein«, fügte sie ironisch hinzu. »Wenn sie wochenlang in einem Team nur unter Männern gearbeitet ha­ben, wollen sie abschalten.«

»Würden Sie mir bitte sagen, was dieser Hammerstedt für ein Mensch ist, Dana? Falls es noch etwas zu regeln gibt, Ware ich gern vorbereitet."

»Er muß ein Genie sein, mehr weiB ich Such nicht. Sehr reserviert, aber Jan halt groBe Stücke auf ihn. Ein eingefleischter Junggeselle ist es jedenfalls. Mein Mann ist auch keiner der viel redet. Meine Eltern haben auch den Kopf geschüttelt, wieso ich gerade ihn geheiratet habe, aber wo die Liebe hinfällt, bleibt sie liegen«, fügte sie lachend hinzu. «Und wenn wir erst ein Baby haben, ist es Schluß mit den Auslandsgeschäften, das hat er mir versprochen. Sie bringen halt viel Geld, und das kann man immer brauchen. Wir wollen ja auch mal ein eigenes Haus haben, dafür wird fleiBig gespart.«

Nun, von Dana hatte Susanne eine Menge erfahren, und über sich selbst hatte sie wenig gesagt. Dana machte sich ihre Gedanken und ertappte sich dabei, daB sie öfter nach unten lauschte, aber dort war alles still,und auch der Lift war nicht zu hören.

Und Susanne lag in dem Bett, das ihr noch fremd war und starrte mit leeren Augen zur Decke.

Wenn Mutti recht hat wegen Peter, wie stehe ich dann da, dachte sie. Und in dieser Nacht träumte sie wie der so unruhig, daß sie ein paarmal aufschrie und davon erwachte. Und wieder war ein Samstag gekommen.

Urn neun Uhr lautete es an ihrer Tür. Peter? dachte sie, und ihr Herz schlug dumpf, als sie die Tür öffnete. Aber Dana stand davor und wünschte fröhlich einen guten Morgen.

»Ich habe Ihnen Brötchen mitgebracht, Susanne«, sagte sie.

»Wie lieb. Dann könnten wir ja ge­meinsam frühstücken. Kaffee habe ich. Er ist sogar schon fertig.«

Sie war froh, nicht allein zu sein. Dana blickte sich in der Wohnung um, aber sie sagte nichts über die Möbel. Sie sagte auch nichts über Rossow.

Sie war ein impulsiver Mensch, stets bereit, anderen ohne Vorurteile zu begegnen, aber wenn sie dann nachdachte, stieg auch ein gesundes Mißtrauen in ihr empor. Die Tatsache, daB Susanne die Wohnung durch Peter Rossow bekommen hatte, hatte dieses nach einigem ich Nachdenken geweckt. Jetzt wollte sie mit allem Takt und aller Diplomatie in

Erfahrung bringen, wie gut Susanne diesen Rossow kannte.

Jetzt bewies sie, daB sie auch eine gute Hausfrau war. Im Handumdrehen war noch

der Tisch hübsch gedeckt. Schinken, Wurst und Käse hatte Dana ausgepackt.

»Ich habe nur Konfitüre und Honig«, gestand Susanne ein.

«Wenn Sie lieber süß frühstcken, tun Sie's«, lachte Dana. »Ich mag's lieber

kräftig.« »Ich müßte noch einkaufen gehen. Vielleicht besucht mich meine Mutter

heute«,erklärte Susanne. Ich müBte sie noch anrufen. Mir ist erst gestern abend

aufgefallen, daß das Telefon gesperrt ist. Aber das werde ich wohl neu anmelden

»Sprechen Sie doch lieber erst mal mit,Herrn Behr«, bemerkte Dana beiläufig.

»Er verwaltet die Wohnungen. Aber den können Sie erst am Montag erreichen.

Hat Sie Herr Rossow über die Gepflogenheiten nicht informiert?«

»Nein, das hat er wohl vergessen«,sagte Susanne kleinlaut.

»Es gibt so eine Art Hausordnung,wegen der Reparaturen und so. Telefonieren können Sie gern von unserer diе Wohnung aus, Susanne. Wohnt Ihre

Mutter in der Nähe?«

»Nein, wir haben ein Haus im westlichen Vorort.«

»Und da sind Sie ausgezogen? Gab es etwa Differenzen?«

»Nein, nicht so direkt. Meine Mutter wollte die obere Wohnung vermieten.«

Sie schämte sich, als sie es ausgesprochen hatte, aber sie konnte Dana unmöglich die wahren Beweggründe erzählen.

»Es ist auch besser, wenn sie mal richtig selbständig wird. Jetzt habe ich eine Kostprobe bekommen.* Und sie wird Federn lassen, dachte Dana plötzlich, denn sie ahnte, daß es um einen Mann ging. So etwas hatte sie

im Gefühl.

Kommt Rossow eigentlich ab und zu noch her?« fragte sie. »Er ist jetzt auch im Ausland«, erwiderte Susanne ausweichend. »Er sagte «, mir, daß er Herrn Hammerstedt in Kairo besuchen wolle"

»Na, ob der sich freut? Es hat einen er ziemlichen Krach zwischen ihnen gegeben. Jan hat gesagt, daß er Jörg noch nie so wütend gesehen hätte.« Susanne war es, als schrumpfe sie immer mehr zusammen. Und Dana, die sie nicht aus den Augen ließ, konnte es nicht entgehen, wie das Mienenspiel der anderen wechselte.

» Aber das ist Männersache«, sagte sie. »Jan gent auch manchmal in die Luft, das macht der Streß. Sie tragen ja eine Riesenverantwortung. Es geht ja bei solchen Projekten um viele Millionen, und wenn da was nicht stimmt, die Folgen sind nicht abzusehen. Ich bin froh, wenn Jan wieder da ist. Ich mag es überhaupt nicht, wenn er in Ländern arbeitet, deren Mentalität uns so fremd ist. Mein Mann war auch im Iran, aber er kam zum Glück zurück, bevor es da drunter und serer drüber ging. Und dann war er plötzlich ganz wild aufs Heiraten. Damit ich versorgt sein soll, wenn wirklich mal was passieren sollte, hat er gesagt. Aber darum ging es mir nun wirklich nicht. Nur um unser Baby. Wir werden nämlich eins haben, so in sechs Monaten. Er weiB es noch gar nicht. Damit werde ich ihn zur Begrüßung überraschen*, sie lächelte. »Ich rede schrecklich viel, aber ich muß mich einfach ablenken. Ich kann es kaum noch erwarten, bis er da ist. Um acht Uhr hole ich ihn ab.«

Dann gingen sie hinauf zu Danas Wohnung, da Susanne ihre Mutter anrufen wollte. Aber als sie vor der Tür standen, hörten sie schon das Telefon läuten. Schnell schloß Dana die Tür auf. Atemlos meldete sie sich, und 'dann wurde sie kreidebleich.

»Ja, ich komme», stammelte sie, und der Hörer fiel ihr fast aus der Hand.

»Sie haben Jan mit einem Sonderflugzeug gebracht. Er ist krank. Ich muß sofort in die Klinik, Susanne.«

«Soil ich Sie hinfahren, Dana?« fragte Susanne.

»Kennen Sie die Behnisch-Klinik?«

»Ja, in der Gegend wohnen wir.«

»Frau Dr. Behnisch ist eine Kapazität für Tropenkrankheiten«, murmelte Dana. »Jan kennt sie von früher, deshalb wollte er dorthin. Das hat mir Jörg gesagt.« Sie starrte Susanne an. »Ja, es war Jörg Hammerstedt, der mich anrief. Ich ware Ihnen dankbar, wenn Sie mich zur Klinik bringen würden. Ich kann nicht selbst fahren.»

Susanne nahm sich zusammen. Auch sie hatte einen gewaltigen Schrecken bekommen, einen doppelten sogar, als Jörg Hammerstedts Name erwähnt wur­de. Aber Danas Angst brachte ihr die Fassung zurück.

»Sie dürfen nicht gleich das Schlimmste denken«, sagte sie.

"Was würden Sie denken, wenn es um den liebsten Menschen geht?« fragte Dana leise.

Was wurde ich denken, wenn es sich um Peter handeln wurde, dachte Susan­ne, aber sie fand keine Antwort darauf. Einerseits war sie ganz konzentriert, andererseits schaltete sie völlig ab. Der Verstand war jetzt starker als das Gefühl.

Sie kannte den Weg zur Behnisch-Klinik genau. Dort war sie vor zwei Jahren am Blinddarm operiert worden.

»Ein paar Straßen weiter wohnen wir«, sagte sie, als sie die Klinik fast erreicht hatten.

«Dann können Sie ja jetzt Ihre Mutter besuchen«, sagte Dana tonlos. »Tun Sie es, Susanne, wenn etwas zwischen Ihnen steht. Ja, tun Sie's. Man weiß doch nie, was geschehen kann.«

Und die Angst um ihren Mann sprach aus ihren Worten. Da war nichts mehr vorhanden von der selbstsicheren, fröhlichen Frau. Ihr Gesicht war blaß, ihre Stimme zitterte, ihre Augen schwammen in Tränen.

»Ich bleibe gem bei Ihnen, Dana«, sagte Susanne leise.

»Sie können jetzt doch nicht helfen«, flüsterte Dana. »Ich bleibe bei Jan.*

»Dann komme ich am späten Nachmittag vorbei«, sagte Susanne. »Und falls Sie Hilfe brauchen, Dana, ich bin jederzeit dazu bereit.«

  1. глава

Susanne fuhr zu ihrer Mutter. Ellen war sichtlich überrascht. »Wir stecken noch mitten in der Arbeit, Susi«, sagte sie. »Ich hatte schon ganz vergessen, daß bereits Samstag ist. Aber ich kann dich gleich mit Dr. Jacobs bekannt machen.«

Der kam die Treppe herunter, und salonfähig sah er nicht gerade aus.

«Freut mich, Sie kennenzulernen, Su­sanne", sagte er lächelnd. «Ich hoffe, daß wir uns auch gut verstehen werden.«

Widerstreitende Empfindungen bewegten Susanne. Sie konnte nicht ein­fach abweisend sein. Er war so herzlich und so sympathisch. Aber ihr eigenes Di­lemma wurde ihr erst recht bewußt dadurch. »Komm doch morgen zum Essen, Susi«, sagte Ellen. »Da sind wir fertig und machen es uns gemütlich. Es sei denn, du hast was Besseres vor.«

»lch muß mich um eine Freundin kümmern«, erwiderte Susanne tonlos. »Ihr Mann ist krank aus Ägypten zurückgekommen

»Aus Ägypten«, wiederholte Ellen, denn eine vage Erinnerung kam ihr, daß Susanne im Zusammenhang mit Peter Rossow von Ägypten gesprochen hatte. Aber Ellen wollte jetzt keinesfalls an Peter denken, und so schwieg sie.

»lch konnte ja ein bißchen helfen«, sagte Susanne zögernd.

»Iwo, wir sind bald fertig«, sagte Dr. Jacobs, »aber wie ware es denn, wenn s wir heute abend zum Esen gehen würden, falls ich die beiden Damen einladen darf.«

»Das ist sehr nett«, sagte Susanne leise, »aber ich muß mich wirklich um Dana kümmern. Ich weiß noch nicht, was mit ihrem Mann ist. Ich werde sie nachher von der Klinik abholen.«

»Du hast noch nie was von einer Dana erzählt«, warf Ellen ein.

»Ich habe sie auch erst kennengelernt. Sie wohnt in der Wohnung über mir und ist sehr nett.«

»Das ist beruhigend«, meinte Ellen. »Du bist mir doch nicht böse, wenn ich mir deine Wohnung erst nächste Woche anschaue?«

Es war alles ganz friedlich. Susanne hatte keinen Grund, wegen irgend etwas böse zu sein.

»Ist schon recht, Mutti. Ich schaue _ morgen mal vorbei, wenn Dana in der Klinik ist. Dann sah sie Hans Jacobs an. »lch hoffe, daß Sie sich hier wohl fühlen, Herr Doktor.«

»Ja, das tue ich schon, Susanne. Verzeihen Sie, daB ich Sie einfach so anrede, aber Ihre Mutti spricht so nett von Ihnen, daß ich es wage."

»Es ist mir recht", erwiderte Susanne und dann verabschiedete sie sich mit einem Händedruck von ihm und mit einem Kuß von ihrer Mutter.

»Nun, mein Freund, nett habe ich doch von Susanne nicht erzählt«, sagte Ellen zu ihm mit einem traurigen Unterton.

»Haben Sie die Kritik überhört?« »Gewiß nicht, aber das brauchte ich ja nicht kundzutun«, erwiderte er. "Susanne soll mich nicht als einen Eindringling betrachten, und außerdem habe ich das Gefühl, daß sie sich schon jetzt in ei­nem Zwiespalt befindet.«

»Tatsachlich? Nun, das muß sie durchstehen«, sagte Ellen energisch. «Was immer auch kommt, Sie haben ein neues Zuhause.«

Er nahm ihre Hand und zog sie an seine Lippen. »Und dafür schulde ich Ih­nen innigen Dank. Es waren jetzt schon wundervolle Tage.«

»Ganz schon anstrengende, meine ich.«

»Gerade deshalb.« Er lächelte. »Man hat viel weggeschwitzt, wenn ich das so sagen darf. Mir ist es, als sei ich von einer Zentnerlast befreit.«

Sie betrachtete ihn nachdenklich. »lnwiefern, wenn ich das fragen darf?« «In mancherlei Hinsicht. Sehen Sie, : meine Frau war lange krank. Es war alles nicht mehr so wie früher. Sie hat mir so unendlich leid getan, aber Mitleid verdrängt die Liebe, die man fur seinen Partner empfunden hat. Dann der Wechsel vom Berufsleben zum Pensionär. Ich hatte mir das einfacher vorgestellt. . Im Büro hat man sich geärgert und sich gewünscht, die Tür hinter sich zuzuschlagen. Und als es dann geschah, wuBte ich nicht, was ich mit all der Zeit anfangen sollte. Der Tag war so lang, ,, und ich konnte soviel darüber nachdenken, was werden würde, wenn ich die Wohnung räumen mußte. Wie ein Damoklesschwert hing dieser Gedanke über mir. Ich hatte keinen Bekanntenkreis mehr, seit meine Frau starb. Und

wer will sich schon mit einem alten, ungeselligen Witwer befassen.«

»Sie sind weder alt noch ungesellig. Ich ärgere mich immer maßlos, wenn wir schon zum alten Eisen geworfen werden, kaum daB wir die Fünfzig überschritten und ein paar graue Haare und Falten ha­ben.«

»lch bin schon ganz grau und habe viele Falten.«

» Aber ein junges Herz und noch Mark in den Knochen«, sagte Ellen heiter. »Das haben Sie ja bewiesen. Und jetzt denken wir nicht über Susannes Probleme nach, sondern stärken uns. Sie ist mir nicht verloren, das habe ich auch gespürt. Ich bin nur glücklicher weise nicht mehr so sentimental, wie noch vor einer Woche.«

Und sie verstanden sich, sie konnten miteinander reden, sie lernten sich von Stunde zu Stunde besser kennen.

«Also, reden wir auch mal übers Essen*, sagte Ellen dann. »Sie brauchen nicht immer in ein Restaurant zu gehen. Sagen Sie mir, was Ihnen schmeckt, und dann bekommen Sie es auch bei mir. Wenn es Ihnen dann nicht schmeckt, bin ich auch nicht böse.«

»Es hat mir aber immer geschmeckt«, : erwiderte er. »Nur müssen wir uns dann über das Haushaltsgeld unterhalten. Ellen warf ihm einen schrägen Blick zu. »ich führe ein Haushaltsbuch, und darin werden samtliche Rechnungen eingeheftet. Sie machen die Buchführung, und dann wird darüber geredet, was Sie beitragen wollen. Recht so?« >

»Einverstanden, aber ab und zu darf ich auch mal was mitbringen, was nicht registriert wird«, erwiderte er schmunzelnd. Und dann drückte er ihre Hand.

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